22. Pallast des Frühlings Spanisch Obras de Gongora p. – Alle Töchter der Aurora, Alle Blumen in dem Garten, Standen hoffend, standen wartend Auf die königliche Rose. Und da ging sie majestätisch Auf, auf ihrem grünen Throne. Rings um ihren Königspurpur Stand der Dornen scharfe Wache. Und sie blickte liebreich nieder, Sie gebildet von der Liebe, Und die Blumen alle neigend Grüssen sie mit stummer Ehrfurcht. Die bewundert ihre Schönheit, Jene liebet ihre Güte, Diese buhlt um ihre Gnade, Hundert neiden ihre Reize. Und der Amor ihrer aller, Der sie alle liebgewinnet, Allen ihre Süsse raubet, Und nur mit dem Stachel lohnet, Summend kam die freche Biene, Lüstend auch nach ihrem Busen; Doch Ein Blick verjagt den Räuber, Und verschloß den keuschen Busen. Und die Nelken stehen neidig, (Prinzessinnen von Geblüte.) Die Jasmine, deren weisse Frische selbst die Venus heuchelt, Die Narcisse bei der Quelle, Die nur sie, nicht sich mehr siehet; Und die Lilie der Unschuld, Schmachtend in der Liebe Thränen. Hyacinthen, Anemonen, Und die Damen ihres Hofes Spröde Tulpen, die nicht duften, Aber prangen und stolzieren – Alle stehen, alle warten, Welche Freundin sie erwähle? Und sie wählt das stille Veilchen, Aller Blumen Erstgebohrne, Das im Grase sich verhüllet, Und schon, eh es da ist, duftet, Duftet frühe Lenzerquickung, Und die Hoffnung aller Schwestern. Alsobald im Lorbeerwalde Ihres Königsparadieses Fangen jauchzend vor Entzückung Nachtigallen an zu schlagen; Und so oft im grünen Frühling Dieser Pallast wiederkehret, Singen Schäferin und Schäfer Nur das Veilchen und die Rose.