Amor und Psyche auf einem Grabmal Ein Traum, ein Traum ist unser Leben Auf Erden hier. Wie Schatten auf den Wogen schweben Und schwinden wir Und messen unsre trägen Tritte Nach Raum und Zeit; Und sind (und wissen's nicht) in Mitte Der Ewigkeit. Nach manchem voller Müh und Sehnen Verseufzten Jahr Umarmte sich in frohen Thränen Ein liebend Paar. Der Mond sah freundlich auf sie nieder; Ein zarter Ton Aus allen Büschen hallte wider: »Endymion! Ach, daß uns ewig, ewig bliebe Der Augenblick! Im ersten holden Kuß der Liebe, Das reinste Glück!« Verstummend, halbvollendet weilte Das süße Wort; Die Seel' auf Beider Lippen eilte, Sie eilte fort. Denn sieh, ein Engel schwebte nieder Zu ihrem Kuß (Gold, himmelblau war sein Gefieder), Ihr Genius. Berührend sie mit sanftem Stabe, Sprach er: »Erhört Ist Euer Wunsch. Dort überm Grabe Liebt ungestört!« Entschwungen auf dem Hauch der Liebe, Im reinsten Glück, Gewiß, daß ihnen ewig bliebe Der Augenblick, Auf amaranthnen Auen schwebte Das holde Paar Mit Allem, was je liebt' und lebte Und glücklich war. Mit Allem, was in Wunsch und Glauben Sich je erfreut, Genossen sie in vollen Trauben Unsterblichkeit. Des Weltalls süße Symphonieen Umtönten sie; Der Liebe süße Harmonieen Durchwallten sie. »Wollt Ihr zurück in jene Ferne Auf Euer Grab?« Sie sahn vom Himmel goldner Sterne Zur Erd' hinab. »O Genius, die Zeit danieden Ist träge Zeit; Ein Augenblick hier giebt uns Frieden Der Ewigkeit.« Sahst Du auf jenem Grabeshügel Die Liebenden? Der erste Kuß gab ihnen Flügel, Den Seligen. Und daß ein Bild von ihnen bliebe Im ew'gen Kuß, Verewigte hier Seel' und Liebe Der Genius.