Erstes Buch 1. Das Lied vom Fischer Deutsch Von Göthe. Es stehet mit der Melodie in des Freiherrn von Seckendorfs Volks- und andern Liedern. Th. 1. Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Ein Fischer saß daran; Sah nach dem Angel ruhevoll, Kühl bis an's Herz hinan; Und wie er sitzt und wie er lauscht, Theilt sich die Fluth empor: Aus dem bewegten Wasser rauscht Ein feuchtes Weib hervor. Sie sang zu ihm und sprach zu ihm: Was lockst du meine Brut Mit Menschenwitz und Menschenlist Hinauf in Todes Glut? Ach, wüstest du, wie's Fischlein ist So wohlig auf dem Grund, Du kämst herunter wie du bist Und würdest erst gesund. Labt sich die liebe Sonne nicht Der Mond sich nicht im Meer? Kehrt wellenathmend ihr Gesicht Nicht doppelt schöner her? Lockt dich der tiefe Himmel nicht Das feucht verklärte Blau? Lockt nicht dein eigen Angesicht Dich her in ewgen Thau? Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Netzt ihm den nackten Fuß; Sein Herz wuchs ihm so sehnensvoll Wie bey der Liebsten Gruß. Sie sprach zu ihm – sie sang zu ihm – Da wars um ihn geschehn – Halb zog sie ihn, halb sank er hin Und ward nicht mehr gesehn.