Erstes Buch 1. Das Lied vom jungen Grafen Deutsch Aus dem Munde des Volks in Elsaß. Die Melodie ist traurig und rührend; an Einfalt beinah ein Kirchengesang. Ich steh auf einem hohen Berg, Seh 'nunter ins tiefe Thal, Da sah ich ein Schifflein schweben, Darinn drey Grafen sass'n. Der allerjüngst, der drunter war, Die in dem Schifflein sass'n, Der gebot seiner Lieben zu trinken Aus einem venedischen Glas. 1 »Was giebst mir lang zu trinken, Was schenkst du mir lang ein? Ich will jezt in ein Kloster gehn, Will Gottes Dienerin seyn.« »Willst du jetzt in ein Kloster gehn, Willst Gottes Dienerin seyn, So geh in Gottes Namen; Deins gleichen giebts noch mehr!« Und als es war um Mitternacht, Dem jung'n Graf träumts so schwer, Als ob sein allerliebster Schaz Ins Kloster gezogen wär. »Auf Knecht, steh auf und tummle dich; Sattl' unser beide Pferd! Wir wollen reiten, sey Tag oder Nacht; Die Lieb ist reitens werth!« Und da sie vor jen's Kloster kamen, Wohl vor das hohe Thor, Fragt er nach jüngst der Nonnen, Die in dem Kloster war. Das Nönnlein kam gegangen In einem schneeweissen Kleid; Ihr Häärl war abgeschnitten, Ihr rother Mund war bleich. Der Knab er sezt sich nieder, Er saß auf einem Stein; Er weint die hellen Thränen, Brach ihm sein Herz entzwey.