Traumbild der Geliebten Die als ein Himmelsengel mich, Ach, kurz begegnete, Zu Schottlands Hütte feierlich Mich scheidend segnete Und dann noch brünstig mich umfing Und dann an meinem Bette Noch wie an meinem Schatten hing, Ob da sie Hütte hätte. Ach, Schottlands Hütte ist hier nicht, Ein leeres Haus ist sie! Greis Fingal's Menschen sind hier nicht, Sind Alle Sklaven sie! Und ich, mit armem, wüstem Blick Such' ich mich ringsum wieder: »Komm, Traum! kommt, Brüder, noch zurück!« Und finde keine Brüder! Nicht Einen, Keinen find' ich hier, Der, Bruder für mein Herz, Mich liebte, mit mir lebte, mir Im Freudeton und Schmerz, Ach, einen Mitlaut lispelt' zu, Nicht Einen hier gefunden! Drum sink' ich jetzt in welche Ruh! Mit schmerzbetäubten Wunden, Und speise mich mit Träumen! Ist, Wo ist der süßste Traum? – Du, Schottlands Hütte, wo? wo bist Du, rauschend wilder Baum, Der noch auch edle Seelen kann, Ein liebes Dach, beschirmen, Vor Niedertracht beschirmen kann Und bergen froh in Stürmen! Ach, unser freies Vaterland, Was Sklaven nur gebiert, Wo unter Knechtetitel Tand Sich Muth und Geist verliert, Wo Viehesdummheit, Stolz und Neid Und Affenaberglauben Und Pöbelniederträchtigkeit, Ach, welch ein Herz mir rauben! Wegrauben edles Selbstgefühl Und That- und Lebensmuth, Der besten Stunden süßes Spiel Im warmen Jugendblut Und Menschheit rauben! – ach! und mir Sind wenig meiner Tage. Und, Mutter Vorsicht, dank' ich Dir Die wenigen als Plage? Komm, Traumesmädchen, komm zurück In Deiner lichten Spur, Mit Deinem Liebethränenblick, Auch als ein Schatte nur, Als Traumbild nur, mit Zauberwort, Und sprich zu meiner Seele Und schweb und zeige mir den Ort Und zeig ihn meiner Seele: »Dort wird, dort wird die Hütte sein, Der Liebe sel'ges Dach, In jener Au', in jenem Hain!« Ach, Zephyr, sprich ihr nach, Die so als Himmelsengel mich Im Göttertraum begegnet Und noch zu Schottlands Hütte mich, Prophetin, mich so segnet! Drum, Mädchen, wenn in dieser Welt (Mit Seele spricht's mein Blick) Das Schicksal stets in Ketten hält Und trennet uns zurück: In letzter Lebensstunde wird Dein Bild noch vor mir schweben, Und nur von ihm zur Hütt' geführt, Such' ich ein ander Leben!