Erstes Selbstgespräch »Was ich gewesen, ward und könnte sein Und nicht bin?« O, ein Knäul von tausend Fragen, Vorwürfen, Zweifeln, Selbstverdammung, Pein Der innern Folter webt mich ein! Ich erwach'! Gedankenloser Schlaf – und Du, Traumvoller Schlaf – wo seid Ihr? Falsche Ruh, In die mich Höllenzephyrs wehten! Pestische Ruh! Der Lustschweiß meines Traums wird Angstschweiß! ach, Auf meiner Stirn zu Eis! – Eis wie ein Frühlingsbach Vom nordlichen Hauch der kalten Mitternacht! – Eis wie die Todesthrän' im Aug' der Menschlichkeit! – So stirbt die kalte Thrän' zu Stein! – – – Ich träges Schilf an der Vergessenheit Ufer, gewiegt von stygischen Zephyrs, ach, Verwuchs im Staube – saust' der trüben Nacht Müssige Lieder, und jetzt, da Morgen beginnt, Ich, von Hoffnungsthau entperlt, vom Strahl Der Sonne gewelkt, sink' in der Sichel Arm Und seufze: »Mensch! Gott erbarm'!« Ein doppelt Ich! – Was bin ich denn? Ich? Nichts Halb Thier, das schläft und ißt, Halb Herz, das stets befiehlt, und nie geschieht's, Frech spornt und, eh es büßt, Schon bebt! denn, Herz, von Menschenfleisch gewebt, Geknüpft ins Erdenthum, Nur schwach schlägst Du; oft irrt, oft bebt, Oft steht Dein Puls nach Ruhm. Wenn in Dir sonst ein Gott nie ruhig thront, Bist Du mir leere Nuß, Wo, schlafend jetzt, einst nagend, wohnt Ein Wurm, der (o Verdruß!) Der Federn erste, Deinen stärksten Ast, Des Luftbaus Stütz', zernagt Zu Moder, Schmach, Ruin! – O, faßt Mich Feuer! Ich fühl's, es tagt! Ja! leben will ich und modern nicht! – Ich will! – Was Du und Gott, Dein Göttlicher, spricht, steht da! – Staub bin ich; denn Staub wollt' ich sein! – doch nah Am dunkeln Feuermeer oben gebar sich still Ein Funke zum Gott mir, der mir glüht In jeder Nerv'! (ich fühl's!) im Auge des Adlers sieht Nach Höhn, wovor sich kreuzten, schauderten, staunten Alle! Und ich! mein jedes Staubtheil ruft mit Schalle Herauf: »Ein Mensch, ein Gott!« herauf!