Der Altar der Barmherzigkeit Die Sage will uns irre führen, Daß einst Prometheus von den Thieren Dem Menschen dies und das erstahl. Er schuf nach schönen Götterbildern, Der Vorsicht Kunst darin zu schildern, Im Menschen sich ein Ideal. »Im Haupte soll die Pallas thronen; Hier,« sprach er, »soll die Weisheit wohnen Und zeig' im Blicke den Verstand. Die Stirn sei Tempel der Gedanken; Hier werd' erfunden, was in Schranken Der Menschenstirn ein Mensch erfand. Aurora soll auf seinen Wangen, Auf seinen Lippen Suada hangen; Der Zephyr fächle frischen Duft Mit unbemerkbar leichtem Flügel Zu diesem schöngewölbten Hügel; Hier athme, Mensch, der Gottheit Luft! Ich will, daß diese Geisteshöhe Gebietend auf dem Thurmbau stehe, Der über Thiere sich erhebt. In dieser Brust soll Stärke thronen, Auf diesem Busen Liebe wohnen, Empfindend, was im Menschen lebt. Sein Arm soll Geisteskräfte regen, Die schlanken Hände sollen wägen Und wirken mit Behendigkeit. Sein Schenkel steh', und seinen Rücken Soll keines Atlas' Last erdrücken; Dem Fuße geb' ich Schnelligkeit. Und inwärts diesem Heiligthume Stell' ich mir selbst zum ew'gen Ruhme Der Fühlbarkeiten Wunder dar. Hier soll mit tausend Leidenschaften Erbarmen, Zorn und Sehnsucht haften, Hier sei des Mitgefühls Altar.« Er schuf das Herz. »Aus mächt'ger Quelle Mit nie versiegter, reger Welle Ström' hier des Lebens Ueberfluß. In engen, schlaugewundnen Schranken Ström' er dem Haupte zu Gedanken Und allen Gliedern Wohlgenuß.« Ich ehr', o Vorsicht, Dein Geschäfte, Und Deinen Willen, Deine Kräfte Stell' ich mir hocherhaben dar. Jedoch verzeih dem schwachen Armen, In diesem Tempel ist Erbarmen, Ein Herz voll Liebe mein Altar.