2. Ich fühlt' in meinen hellsten Lebenstagen Den Mut, auf diese Sonne zu verzichten Und der Vernichtung Schauer zu ertragen. Im Jetzt und Hier lernt' ich mich einzurichten, Und selbst die Neugier nach dem letzten Wort Des bunten Rätsels lockte mich mit nichten. Wohl riß die Brandung manchen vor mir fort, Der, während ich noch trieb auf hoher See, Still Anker warf im ew'gen Ruheport. Nach Sturm und Not und namenlosem Weh, Oft an ein letztes morsches Brett gebunden Und fühlend, daß auch das in Trümmer geh', Wie sahn sie gern der Irrfahrt sich entbunden, Die wenig Freude bot und viele Last; Wie gönnt' ich's ihnen, daß sie »Land« gefunden! Sie hofften nichts mehr, als zu ruhn, und fast Mit Ingrimm hörten sie die Tröster sagen, Man wecke sie dereinst nach kurzer Rast. Doch du, mein Knabe, dem noch offen lagen Die Meer' und Länder, Mut die Segel schwellt', Ein Inselland der Sel'gen zu erjagen, Wie ward dein leichter Nachen früh zerschellt, Und was die Sonne dir an Blüten gab, Verschlungen von der dunklen Wasserwelt! Und sollte nicht an deinem jungen Grab Das alte Märchen sehnlich mich beschleichen: Einst dring' ein Weckruf in die Nacht hinab, Ein Hahnenschrei aus ew'gen Lebensreichen, Den Tag verkündend, dem die Macht verliehn, Des Erdentages Unbill auszugleichen? Dann dürft' ich wieder an mein Herz dich ziehn, Den frischen Mund dir, den geliebten, küssen. (Nun dünkt mich's, ach, zu selten küßt' ich ihn!) Die hier entblättert sank zu meinen Füßen, Die Knospe säh' ich dort sich rein entfalten, Mit Duft mein neues Leben zu versüßen! – Hinweg den Schleier, den ich fern gehalten Vom hellen Aug! Er soll das trübe mir Auch jetzt nicht trocknen mit den weichen Falten. Kein Einst und Drüben, nur ein Jetzt und Hier. Erbetteln will ich nicht vom Selbstbetrug Den feigen Trost. Das eine wissen wir: Auch wir vergehn; und das ist Trost genug.