Johannes Brahms † Und noch ein glorreich hochgefürstet Haupt Hat dieser wilde Lenz der Welt geraubt. Ein Haupt, das äußrer Würden sich entschlug, Doch in dem Reich der Schönheit Krone trug! Ihm ward in Tönen wundersamer Art Das tiefste Weltgeheimnis offenbart, Und was zu seiner lauschenden Seele drang, Beseelt ausströmen mußt' es sein Gesang, Voll heil'gen Tiefsinns, der am stumpfen Ohr Der flachen Menge freilich sich verlor, Da leichtre Kunst am lauten Markt sich bläht Und Zügelloses hoch im Preise steht. Er aber schritt, nicht buhlend um Gewinn Gemeinen Ruhms, mit heitrem Mut dahin, Gestärkt, beseligt durch der Muse Kuß, Die immer treu blieb seinem Genius, Bis dann in Süßigkeit und herber Kraft Den Neid beschämte seine Meisterschaft Und zu den Treuen, die ihn früh erkannt, Ein endlos Volk sein Zauber überwand. So, da die Welt vernahm: nach schwerer Pein Ging dieser Herrliche zum Frieden ein, Erscholl nur eine Klage weit ringsum, Daß nun die goldne Sängerlippe stumm. O wohl! Der Müde schläft am stillsten Ort, Doch sein Gesang tönt unvergänglich fort, So wie im Weltall, wenn ein Stern versinkt, Sein Licht noch lang sich durch den Äther schwingt Und in das Auge, das gen Himmel blickt, Noch einen Strahl der Freude niederschickt.