Heimkehr Das ist die Heimat wieder, Durch hohe Gartenwipfel Winkt mir Willkommen das alte Haus. Wie schüchtern erst Ist aufgesprossen an allen Zweigen Maigrünes Laub im herben Hauch Des deutschen Lenzmonds! Nirgends glüht mir entgegen, Wie dort zu tausenden, Nur Eine Rose, Maasliebchen allein im Wiesengrund Und zart entfaltet am Strauch Der Päonie Knospen. Doch trauen sie nicht der trüglichen Sonne, Die lockend niederäugelt, Denn gestern erst, so hört' ich, Hat's wieder einmal Geschneit in den Münchner Frühling. Beklommnen Herzens Überschreit' ich die Schwelle. Werd' ich, verwöhnt Durch südliche Sonnenglut, An dieser kühlen Heimat Blasses Licht mich zurückgewöhnen? Doch da breitet am Fuß der Treppe Der Adorante die schlanken Arme Aus, wie betend zur Gottheit, Daß mein Eintritt gesegnet sei, Und wie empor ich steige, Begrüßt mich eine vertraute Schaar, Die meiner geharrt im langen Winter: Erinnerungen, trüb' und frohe, Hier angesiedelt in jedem Raum, Wo ich gelebt, geliebt, gelitten, Jung gewesen und alt geworden Und mein redlich Herz In festen Händen gehalten. Und in mir ruft's: Sei froh der Heimkehr! Hier bist du zu Haus und drunten An deinem See nur zu Gast. Denn deines Wesens tiefste Wurzeln Sind zäh gesenkt in die deutsche Erde, Wenn auch der Wipfel sich gern In italischen Lüften wiegt. Morgen aber, Wenn du im alten Bett zu Nacht Geruht und Amselgesang Früh dich lieblich ermuntert, Gehst du durch wohlbekannte Gassen und Plätze, Nicht wie da unten freilich Von Lorbeerhecken durchduftet, Doch zum Ersatz dafür Begegnet dir hin und wieder Ein freundlich grüßend Gesicht, Und Mancher stellt dich und drückt dir die Hand: Grüß Gott! Bist glücklich zurückgekehrt? Wir haben dich so lange vermißt. Nun, hoff' ich, bleibst du ein Weilchen hier! Ja, alte Freunde! Wenn die uns fehlen, fehlt uns das Beste doch Im Land auch, wo die Zitronen blühn. 25. Mai 1902