Mirakel Heut nach Sant' Agostino verirrt' ich mich, wo sie dem wunden- Tät'gen Madonnenbild küssen den marmornen Fuß. Und da ließ mich das Glück der Wunder eines erleben, Wie sie an Fleisch und Blut wirkt der vergötterte Stein. Wenige Fraun und Mädchen – es läutete grade zur Vesper – Knieeten dort im Gebet, züchtig die Augen gesenkt, Tücher ums Haupt, darunter die silberne Nadel hervorsah Oder der blinkende Reif an dem gebogenen Kamm. Nur ein finsterer Bursch stand fern am Pfeiler. Er schien nicht Betens halber und nicht gläubigen Herzens genaht. Fest hinstarrten die Augen auf eins der knieenden Mägdlein, Und es glüht' ihm das Herz bis zu den Wangen hinauf. Doch sie achtet' es nicht, sie ließ nicht unter dem Schleier Nach dem Pfeiler zu ihm wandern verstohlenen Blick. Freilich, der Bursch war dürftig und unansehnlich; sie selber Trug in dem Schönheitskampf sicher die Palme davon. Nun vom Knieen erhob sich eins ums andere. Sittsam Trat zu der Jungfrau Bild jedes der Mädchen heran, Heftete Lippen und Stirn und wieder die Lippen in Andacht Gegen den Marmorfuß, kreuzte sich, knickst' und verschwand. Immer noch starrte der Bursch. Da kam die Schönste gegangen, Knickst' und küßte den Stein. Jetzt in gewaltiger Hast, Gleich als lief' er Gefahr, sein ewiges Heil zu versäumen, Wild wie ein reißender Wolf zwischen die Schafe sich stürzt, Drängt' er die Weiber zurück und küßte die nämliche Stelle, Und des Kicherns umher achtet' der Feurige nicht. Denn er sah nur die Eine, die purpurglühend ihn anstaunt', Und, o Wunder! er schien plötzlich verwandelt, der Wuchs Höher und stolzer der Blick. Du aber schautest mit Lächeln Auf dein liebliches Werk, Mutter der Gnaden, herab!