Wohlmeynende gedancken über den geburts-tag der Bleßine C.H.v.H. Bleßine laß mich doch in diesem brieffe schertzen/ Es scheint/ daß heute mir der himmel selber lacht; Es quillt/ ich weiß nicht was/ aus meinem engen hertzen/ Das alle schmertzen mir zu süssem zucker macht. Die Venus will mir selbst die dicke dinte rühren/ Cupido träget mir die weissen blätter zu; Jedoch was dieses mahl soll meine Feder führen/ Das kan nichts anders seyn/ als nur Bleßine du. Du weist am besten mir die geister zu erwecken/ Und legst im sand und eiß beblümte gärten an/ Du läst mich nicht im schlamm der bleichen sorgen stecken/ Und machest/ daß ich noch/ was lust ist/ schmecken kan. Du kanst aus nächten tag/ aus winter frühling machen/ Aus deinen augen quillt der zeug zum hurtig seyn. Du lehrst die traurigkeit und schwermuth selber lachen/ Und lockst aus trüber nacht den hellen sonnen-schein. Die jahre deiner gunst sind ohne marter-wochen/ Der schwartze sonntag wird durch dich zum oster-fest. Es läst dein paradeiß mich liebes-äpffel suchen/ Darbey die schlange sich nicht leichtlich spüren läst. Bleßine/ weist du auch/ warum ich dieses schreibe/ Warum dir meine faust itzt hundert reime schickt? Du kennst den schönen mertz/ als aus der mutter leibe Vor siebzehn jahren du die welt hast angeblickt. Da hat die Venus dich bald auff den arm geleget/ Und dich mit ihrer milch als mutter auch getränckt; Sie hat die lieblichkeit dir reichlich eingepräget/ Und selbst ihr ebenbild auf deine brust gehenckt. Sie hat mit rosen-blut die lippen dir besprützet/ Und ihre zunge hat die deinige genetzt; Sie hat dir alsobald das junge blut erhitzet/ Und warmen wunder-schnee in deine hand gesetzt. Nach diesem hat sie dich den Gratien befohlen. Die eine küßte dich/ du weist es wohl auff was; Cupido muste dir zeug zu den windeln holen/ Der niemahls allzuweit von deiner wiege saß/ Er sang dir: kindgen schlaff; dein mund ist wie rubinen/ Dein bäuchlein schwanen-weiß/ dein hals wie helffenbein/ Es wird die freyheit dir vor eine sclavin dienen/ Wann um dein brünnlein wird ein schönes püschgen seyn. Schlaff sanfft! Es müsse dich kein harter schall erwecken/ Die mutter decket dich mit ihrem flore zu. In deine lippen will sie zucker-stengel stecken/ Die mehr als zucker sind/ und lieblich seyn/ wie du. Er lehrte bald darauf die glatten Füsse schreiten/ Er macht aus seinem pfeil dir offt ein tummel-pferd/ Die Venus lacht'/ und sprach: Wie kan diß dirnlein reiten? Der himmel mache sie des besten reuters werth! Sie ließ die tauben offt in deiner kammer bleiben/ Dieweil ihr sclhnäblen dir fürtrefflich wohl gefiel/ Du fragtest: Was ist diß? was sie vor kurtzweil treiben? O fürwitz/ sagte sie/ es ist ihr liebes-spiel. Was soll ich endlich viel von deiner jugend sagen? Dich hat der himmel selbst als tochter angelacht. Und dich ohn unterlaß auff arm und schooß getragen/ Ja sammt und seide dir zu bett und stuhl gemacht. Und hat er etwan dich was sauer angeblicket/ So hat er doppelt dich auch wieder bald geliebt/ Und aus dem nebel dir den schönsten strahl geschicket/ So wie ein pinsel thut/ der neuen fürniß giebt. Bleßine/ darff ich dir mein hertze recht entschliessen? Du weist/ ich bin kein freund der schnöden heucheley; So sag ich dir/ du sitzt auff des gelückes küssen/ Und lebest noch zur zeit von scharffen dornen frey. Die lebens-göttin spinnt vor dich gar feste seide/ Die sonne deiner lust weiß nichts von untergehn. Es kaufft die freudigkeit dir zeug zu einem kleide/ Und will als dienerin dir zu gebote stehn/ Sie reichet lachende dir ihre beste schaale/ Sie schencket nectar dir biß an den deckel ein/ Sie speist verschwenderisch dich auff dem bunten saale/ Und heisset hertzen dir gemeine bissen seyn. Bleßin' ich schrey itzund/ ich fühle deine bisse/ Doch wo Bleßine beißt/ da richt sie lachen an. Beiß/ beiß Bleßine/ beiß/ dein beissen ist so süsse/ Daß ich vor liebligkeit fast nicht mehr leben kan. Ich habe schon vorlängst mein hertze dir geschencket/ Dein mund zerreist es zwar/ zermalmt es aber nicht. Ach! freundin/ glaub es mir/ worauff dein geist gedencket/ Das hab ich allbereit als diener ausgericht. Küßt aber/ schönste/ dich vergnügung und glücke/ Drückt dieses werthe paar dich freundlich an die brust/ So thu mir auch also/ du weist es/ deine blicke/ So mir dein auge shenckt/ sind strahlen meiner lust. Laß deiner lippen thau um meine lippen fliessen/ Den thau/ der erstlich mich/ wie leim den vogel/ fing. Laß die vertraulichkeit die seele mir durchsüssen/ Vertraulichkeit bleibt doch der liebe siegel-ring. Mein auge kennst du ja/ es ist zwar nicht die sonne/ Es sey dir/ was du wilt/ nur sey ihm nicht zu scharff. Wilst du mein himmel seyn/ so gönn ihm doch die wonne/ Daß es/ was himmlisch ist/ auch recht bestralen darff. Itzt schließ ich diesen brieff. Bleßine/ das gelücke Das müsse nimmermehr verändern deinen fuß/ Die sterne senden dir dergleichen freuden-blicke/ Vor denen traurigkeit zu asche werden muß. Es reihe mich und dich durch einen drat zusammen/ Es streu uns überall vergnügungs-körner ein/ Und lasse ungestört/ bey diesen süssen flammen/ Dein hauß mein paradieß, dich meinen engel seyn.