Die Unsterblichkeit der Seele Da steh ich auf dem Hügel, und schau umher, Wie alles auflebt, alles empor sich dehnt, Und Hain und Flur, und Tal, und Hügel Jauchzet im herrlichen Morgenstrahle. O diese Nacht – da bebtet ihr, Schöpfungen! Da weckten nahe Donner die Schlummernde, Da schreckten im Gefilde grause Zackigte Blitze die stille Schatten. Jetzt jauchzt die Erde, feiert im Perlenschmuck Den Sieg des Tages über das Graun der Nacht – Doch freut sich meine Seele schöner; Denn sie besiegt der Vernichtung Grauen. Denn – o ihr Himmel! Adams Geschlechte sinds, Die diese Erd im niedrigen Schoße trägt – O betet an, Geschlechte Adams! Jauchzet mit Engeln, Geschlechte Adams! O ihr seid schön, ihr herrliche Schöpfungen! Geschmückt mit Perlen blitzet das Blumenfeld; Doch schöner ist des Menschen Seele, Wenn sie von euch sich zu Gott erhebet. O, dich zu denken, die du aus Gottes Hand Erhaben über tausend Geschöpfe gingst, In deiner Klarheit dich zu denken, Wenn du zu Gott dich erhebst, o Seele! Ha! diese Eiche – strecket die stolze nicht Ihr Haupt empor, als stünde sie ewig so? Und drohte nicht Jehovas Donner, Niederzuschmettern die stolze Eiche? Ha! diese Felsen – blicken die stolze nicht Hinab ins Tal, als blieben sie ewig so? Jahrhunderte – und an der Stelle Malmet der Wandrer zu Staub das Sandkorn. Und meine Seele – wo ist dein Stachel, Tod? O beugt euch, Felsen! neiget euch ehrfurchtsvoll, Ihr stolze Eichen! – hörts und beugt euch! Ewig ist, ewig des Menschen Seele. Mit grausem Zischen brauset der Sturm daher, Ich komme, spricht er, und das Gehölze kracht Und Türme wanken, Städte sinken, Länder zerschmettern, wenn ich ergrimme. Doch – wandelt nicht in Schweigen der Winde Dräun? Macht nicht ein Tag die brausende atemlos? Ein Tag, ein Tag, an dem ein andrer Sturm der Verwesten Gebeine sammelt. Zum Himmel schäumt und woget der Ozean In seinem Grimm, der Sonnen und Monde Heer Herab aus ihren Höhn, die stolze, Niederzureißen in seine Tiefen. Was bist du, Erde? hadert der Ozean, Was bist du? streck ich nicht, wie die Fittige Aufs Reh der Adler, meine Arme Über die Schwächliche aus? – Was bist du, Wenn nicht zur Sonne segnend mein Hauch sich hebt, Zu tränken dich mit Regen und Morgentau? Und wann er sich erhebt, zu nahn in Mitternachtswolken, zu nahn mit Donnern, Ha! bebst du nicht, Gebrechliche? bebst du nicht? – Und doch! vor jenem Tage verkriechet sich Das Meer, und seiner Wogen keine Tönt in die Jubel der Auferstehung. Wie herrlich, Sonne! wandelst du nicht daher! Dein Kommen und dein Scheiden ist Widerschein Vom Thron des Ewigen; wie göttlich Blickst du herab auf die Menschenkinder. Der Wilde gafft mit zitternden Wimpern dich, O Heldin, an, von heiligen Ahndungen Durchbebt, verhüllt er schnell sein Haupt und Nennet dich Gott, und erbaut dir Tempel. Und doch, o Sonne! endet dereinst dein Lauf, Verlischt an jenem Tage dein hehres Licht. Doch wirbelt sie an jenem Tage Rauchend die Himmel hindurch, und schmettert. O du Entzücken meiner Unsterblichkeit! O kehre du Entzücken! du stärkest mich! Daß ich nicht sinke, in dem Graun der Großen Vernichtungen nicht versinke. Wenn all dies anhebt – fühle dich ganz, o Mensch! Da wirst du jauchzen: Wo ist dein Stachel, Tod? Dann ewig ist sie – tönt es nach, ihr Harfen des Himmels, des Menschen Seele. O Seele! jetzt schon bist du so wundervoll! Wer denkt dich aus? daß, wann du zu Gott dich nahst, Erhabne, mir im Auge blinket Deine Erhabenheit – daß du, Seele! Wann auf die Flur das irdische Auge blickt, So süß, so himmlisch dann dich in mir erhebst – Wer sah, was Geist an Körper bindt, wer Lauschte die Sprache der Seele mit den Verwesungen? – O Seele, schon jetzt bist du So groß, so himmlisch, wann du von Erdentand Und Menschendruck entlediget in Großen Momenten zu deinem Urstoff Empor dich schwingst. Wie Schimmer Eloas Haupt Umschwebt der Umkreis deiner Gedanken dich, Wie Edens goldne Ströme reihen Deine Betrachtungen sich zusammen. Und o! wie wirds einst werden, wann Erdentand Und Menschendruck auf ewig verschwunden ist, Wann ich an Gottes – Gottes Throne Bin, und die Klarheit des Höchsten schaue. Und weg ihr Zweifel! quälendes Seelengift! Hinweg! der Seele Jubel ist Ewigkeit! – Und ist ers nicht, so mag noch heute Tod und Verderben des Lebens große Gesetze niedertrümmern, so mag der Sohn In seinem Elend Vater und Mutterherz Durchbohren, mag ums Brot die Armut Tempel bestehlen, so mag das Mitleid Zu Tigern fliehn, zu Schlangen Gerechtigkeit, Und Kannibalenrache des Kindes Brust Entflammen, und Banditentrug im Himmelsgewande der Unschuld wohnen. Doch nein! der Seele Jubel ist Ewigkeit! Jehova sprachs! ihr Jubel ist Ewigkeit! Sein Wort ist ewig, wie sein Name, Ewig ist, ewig des Menschen Seele. So singt ihn nach, ihr Menschengeschlechte! nach, Myriaden Seelen singet den Jubel nach – Ich glaube meinem Gott, und schau in Himmelsentzückungen meine Größe.