Diotima (Bruchstücke einer älteren Fassung) Lange tot und tiefverschlossen, Grüßt mein Herz die schöne Welt, Seine Zweige blühn und sprossen, Neu von Lebenskraft geschwellt; O! ich kehre noch ins Leben, Wie heraus in Luft und Licht Meiner Blumen selig Streben Aus der dürren Hülse bricht. Die ihr meine Klage kanntet, Die ihr liebezürnend oft Meines Sinnes Fehle nanntet Und geduldet und gehofft, Eure Not ist aus, ihr Lieben! Und das Dornenbett ist leer, Und ihr kennt den immertrüben Kranken Weinenden nicht mehr. Wie so anders ists geworden! Alles was ich haßt und mied, Stimmt in freundlichen Akkorden Nun in meines Lebens Lied, Und mit jedem Stundenschlage Werd ich wunderbar gemahnt An der Kindheit goldne Tage, Seit ich dieses Eine fand. Diotima! selig Wesen! Herrliche, durch die mein Geist, Von des Lebens Angst genesen, Götterjugend sich verheißt! Unser Himmel wird bestehen, Unergründlich sich verwandt Hat, noch eh wir uns gesehen, Unser Wesen sich gekannt. Da ich noch in Kinderträumen, Friedlich wie der blaue Tag, Unter meines Gartens Bäumen Auf der warmen Erde lag, Da mein erst Gefühl sich regte, Da zum erstenmale sich Göttliches in mir bewegte, Säuselte dein Geist um mich. Ach und da mein schöner Friede, Wie ein Saitenspiel, zerriß, Da von Haß und Liebe müde Mich mein guter Geist verließ, Kamst du, wie vom Himmel nieder Und es gab mein einzig Glück, Meines Sinnes Wohllaut wieder Mir ein Traum von dir zurück. Da ich flehend mich vergebens An der Wesen kleinstes hing, Durch den Sonnenschein des Lebens Einsam, wie ein Blinder, ging, Oft vor treuem Angesichte Stand und keine Deutung fand, Darbend vor des Himmels Lichte, Vor der Mutter Erde stand, Lieblich Bild, mit deinem Strahle Drangst du da in meine Nacht! Neu an meinem Ideale, Neu und stark war ich erwacht; Dich zu finden, warf ich wieder, Warf ich meinen trägen Kahn Von dem toten Porte nieder In den blauen Ozean. – Nun, ich habe dich gefunden! Schöner, als ich ahndend sah In der Liebe Feierstunden, Hohe Gute! bist du da; O der armen Phantasien! Dieses Eine bildest nur Du, in deinen Harmonien Frohvollendete Natur! Wie auf schwanker Halme Bogen Sich die trunkne Biene wiegt, Hin und wieder angezogen, Taumelnd hin und wieder fliegt, Wankt und weilt vor diesem Bilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hab, ins tiefste Herz getroffen, Oft um Schonung sie gefleht, Wenn so klar und heilig offen Mir ihr eigner Himmel steht, Wenn die Schlacken, die mich kümmern, Dieses Engelsauge sieht, Wenn vor meines Friedens Trümmern Dieser Unschuld Blume blüht; Habe, wenn in reicher Stille, Wenn in einem Blick und Laut Seine Ruhe, seine Fülle Mir ihr Genius vertraut, Wenn ihr Geist, der mich begeistert, An der hohen Stirne tagt, Von Bewundrung übermeistert, Zürnend ihr mein Nichts geklagt. Aber, wie, in zarten Zweigen, Liebend oft von mir belauscht, Traulich durch der Haine Schweigen Mir ein Gott vorüberrauscht, So umfängt ihr himmlisch Wesen Auch im Kinderspiele mich, Und in süßem Zauber lösen Freudig meine Bande sich.