Das Wanders-Leben der Welt/ bey höchst schmertzlicher Wanderung und seeligem Absterben des Hn. Grafen Sebastian von Hatsfeld unn Gleichen In Namen eines wehrten Freundes in Wanders-Leben. Rom baue Schlösser auf/ und Griechenland Palläste; Versailles sey berühmt/ Escurial sey schön; Da meinen immer hin der Erden hohe Gäste Durch des Galeni Kunst unsterblich sich zu sehn; Vor allen diesen Preißt die Tugend Wanders leben/ Und rufft: hier siehet man die Wohnung dieser Welt. Hier kehren Fürsten ein/ und müssen Abschied geben/ Hier baut sich Troja auf/ und wird auch hingefällt. Du Wanders leben bleibst ein Bild der Städt' und Leute: Diß wandert morgen ab/ und jenes reis't noch heute. Schrieb jene kluge Faust zu Mosen in der Wüsten: Sie wandern/ aber doch unsicher allzumahl: So schreiben wirs zur Welt/ zum Labyrinth in Lüsten/ Die wüst' an Glück und Wohl/ und reich an Angst und Qvaal. Die höchste Tugend ist ein Pilgerim auf Erden/ Sie findet hier nicht statt/ und wandert wieder fort/ Denn ihr bewehrter Sitz muß nur im Himmel werden. Drum unglückseeliges/ doch allzu wahres Wort: Ein Graf der Lebens wehrt und rühmlich war vor andern/ Muß aus der Herberge der Welt auch wieder wandern! Wie auf den Erden Ball die Sonnen Strahlen kommen/ So kamst du theurer Graf/ zum Heil auf diese Welt/ Von herrlicher Geburt und Tugend hoch entglommen/ Zum Pharus wurdest du dem Lande vorgestellt. Dein Huld- und Weißheits-Strahl führt alle die zum Hafen/ Die Ehr-Furcht/ Lieb und Treu dir unterthan gemacht. Wenn hier im Wander-Thal uns Sturm und Unglück trafen/ So hast du uns gar offt in Ruh und Schutz gebracht. Bey allen Wegen hat uns so ein Herr vertreten/ In dem ein Hertz/ worum Gott Salomon gebeten. Wie Bienen trugest du aus Blumen fremder Erden Durch deine Reisen dir der Klugheit Honig ein. Wie Probus 1 woltest du auch zum Regenten werden/ Durch hören/ thun und sehn/ wie andre Herren seyn. Du kamst vortrefflicher/ so wie des Mondes-Strahlen Im vollem Glantz zurück. Dein Einfluß hat erqvickt. Dein Licht wolt' aus der Fern das Land mit Huld bemahlen/ Dein Schimmer hat dir Ruhm/ uns Leben zugeschickt. Die Tugend sahen wir in deiner Weißheit prangen: Biß deiner Sonnen-Gold zum Westen ist gegangen. Ihr Bürger dieser Welt/ die hier im Unglück schweben/ Bedencket und beweint die allgemeine Pein: Von Wanders-leben geht der Weg nach Grabes-leben/ 2 Da senckt man Kleinen gleich auch große Herren ein. Doch geht die Sonne weg/ so kommen tausend Sternen/ Nebst einem silber Mond ans hohe Firmament. So kan man einen Trost im Creutze fassen lernen/ Wer unsre Gräfin recht und junge Herrschafft kennt. Es rief der Graf uns zu/ indem er wolt erblassen: Ich wandre/ doch zum Heil will ich euch diese lassen. Ja seine Tugenden/ die zwar nicht wohl zu zehlen/ Doch fortgepflantzet sind/ beweisen hell und klar/ Wenn sonst die Meinung falsch von Wanderung der Seelen/ 3 Daß sie dennoch zum Ruhm in unsrer Herrschafft wahr. Und wie ein Wanders-Mann/ zwar aus dem Gast-hoff gehet/ Doch seinen Nahmen offt darein geschrieben läßt. So gehst du aus der Welt/ wo noch dein Nahme stehet/ Und wo dein hoher Ruhm stets Diamanten fest. So kan sich deine Seel in Zions Wunder-Auen/ Wir aber dich annoch auf Erden lebend schauen. Nun hoch-gebohrnes Hauß/ ihr tief gebeugten Hertzen/ Es kehre Gottes Krafft bey euch von oben ein/ Es komm ein Freuden-Tag auf diese Nacht der Schmertzen; Es müsse Crottorfs Schloß des Seegens Wohnung seyn. Der holden Gräfin Glantz/ ihr Klug und Weißheits Schimmer/ Der theuren Herrschaffts Strahl beleuchten diß Revier. Herr zeig uns deinen Weg/ dein Licht verlaß uns nimmer/ Beschütze du diß Land/ daß aus Egypten wir/ Daß Wanders-leben kan vom Elend frey nebst andern Biß letzt an Canaan beschirmt und ruhig wandern. Fußnoten 1 Vom Käyser Probo schreibt ein Historicus: Tu apud alias gentes, alioque calentibus sole terris prius didicisti, quid populis es imperaturus. Bey andern/ und untern fremden Horizont gelegenen Völckern hast du die Kunst gelernet/ über dein Land zu herrschen. 2 Ein Ort/ so nicht weit von Wanders-leben lieget. 3 Wovon Pythagoras träumet.