2. Drei Leiden O du helle Hochzeitskerze Mit der langen, schwarzen Schnuppe! Auf den Spezialbefehl Kön'gin Grandiosens, glänzend Der Prinzessin anvermählt, Der lavendelduft'gen Fürstin, Ward der Held, Don Tulifäntchen, Kleidet sich in Seid' und Sammet, Speiset indian'sche Nester Von dukatengoldnem Teller, Sitzt auf einem Bemsteinthrönchen, Trägt ein Zepterchen von Perlen, Trägt ein Krönchen von Brillanten, Aber ach, du helle Kerze, Helle, schöne Hochzeitskerze Mit der langen, schwarzen Schnuppe! Noch sind süße Flitterwochen, Wo, zu küssen, gilt die Sitte, Aber das Geschick verbeut es. Denn zu der Prinzessin Lippen Mit dem Mund emporzureichen, Um verschiedne Fuß zu niedrig Ist der Held, Don Tulifäntchen. Und den Schreiner heißt er kommen, Schreiner ist ein Mann von Kopfe, Fertigt ein Gerüst mit Stiegen, Und mit dreigeteiltem Stockwerk, Eine Kußvorrichtung, tragbar. Wie ein Laubfrosch, an den Stiegen Klomm empor und schwang der Held sich Kühn von Stock zu Stock des Sparrwerks, Neben stand die Fürstin harrend. Angelangt auf höchstem Gipfel Ehelicher Liebesleiter, Spitzte unser Held das Mündlein, Parallel der Gattin Lippen. Aber ach! Die Liebe gleichet, Wie die Dichter oft gesungen, Einer Blüte, augenblicklich Aufgeknospet, blüh'nd, verwittert! Als der Held auf dem Parkette Stand, war die Lavendelduft'ge Wirklich ungemein gefühlvoll; Bis zum Gipfel er gelangte, Kam's bei ihr zum Überdrusse, Und sie wandte sich, erkaltet. O du helle Hochzeitskerze Mit der langen, schwarzen Schnuppe! Wenn beginnt die düstre Nacht, Dann beginnen düstre Leiden. Die Prinzessin schläft unruhig, Regt sich und bewegt sich viel, Wendet sich zur Rechten, Linken, Was nicht abgehn kann, natürlich, Ohne heftige Erschütt'rung Des gesamten Ehebettes. Fruchtlos ist's, daß der Gemahl Aus den Tiefen der Verzweiflung Ruft: »Lieg ruhig, meine Teure!« Fruchtlos, daß er bis zum Rand Flüchtet vor dem steten Schwanken Der Verhältnisse des Lagers, Fruchtlos, daß er an den Pfühl, Wie an einen letzten Trostgrund, Sich mit beiden Händen klammert, Nicht vernimmt ihn Balsamine, Von der Umwälzung der Kissen Wild ergriffen, über Bord Auf den Boden des Gemaches Fliegt der Held, Don Tulifäntchen. Ach, da sitzt er nun und friert Auf gebohntem Prunkgetäfel, Friert die Nacht hindurch, die kalte. O du helle Hochzeitskerze Mit der langen, schwarzen Schnuppe! Die Prinzessin treibt jetzt Mystik. Jüngst las sie in Jakob Böhme, Tulifäntchen saß zur Seite, Schrieb an seinen Memoiren. Und beendigt die Lektüre, Ganz erfüllt von tiefer Mystik, Stand zerstreut auf vom Studiertisch Die lavendelduft'ge Fürstin, Wollt' auf dem Spaziergang ernstlich Überdenken das Geles'ne, Griff nach dem Gemahl, dem werten, Sonder Bosheit, nur zerstreuet, Legt' ihn, wie er schrie und stampfte, In das Buch als Lesezeichen, Ging hinaus, gedankenbildend. So, im Buch, geklemmt als Zeichen, Fast erstickend an der Mystik Des gewalt'gen Folianten, Lag der arme kleine Held. Und er sprach zu seiner Seele: »Immer schlagen wir in Wind, Was die weisen Alten pred'gen Von dem Fluch der Mesalliance, Bis uns aufklärt die Erfahrung. Hätt' ich vor der Mißheirat Scheu getragen, nicht im Buche Läg' als Zeichen seiner Gattin Jetzt der Held, Don Tulifäntchen!« O du helle Hochzeitskerze Mit der langen schwarzen Schnuppe!