Der Kuß Lalage, die kleine Spröde, Floh den jungen Lycidas; Bittrer Spott war ihre Rede, Und die Blicke lauter Haß. In das Thal, zu jener Quelle Lockte sie Dianens Schein; Fernher murmelte die Welle, Leise lispelte der Hain. Sanfter wurden ihre Triebe, Friede ward ihr Herz und Ruh, Denn ein kleines Wort von Liebe Rief ihr jedes Büschchen zu. Liebe sprach die junge Rose, Sprach der Quelle grüner Rand – Als das Mädchen auf dem Moose Schlafend einen Knaben fand. Von dem Monde halb bestralet, Halb in Schatten eingehüllt, Lag er im Gebüsch. Es malet Nur Albano dieses Bild. Seine Miene sagt im Traume, Was die Liebe wachend denkt. An dem nächsten Myrthenbaume Ist ein Köcher aufgehängt. Ihm zur Seite glänzt ein Bogen; Näher geht das Mädchen hin, Und allmählig ihm gewogen Wird die gute Schäferin. Siehst Du nicht auf jenem Hügel, Lalage! die ganze Schaar? Allerliebste kleine Flügel Haben sie, und goldnes Haar. Schnell bewegen sie die Schwingen; An der Quelle sind sie schon, Tanzen um das Kind, und singen Lieder von Anakreon. Aufgewecket durch die Lieder, Sieht der kleine Gott umher; Mischt sich unter seine Brüder, Und der Hirtin lächelt er. Tausend neue Blümchen sprießen, Wo sie tanzen, aus dem Klee; Mitten in den Reihen schließen Sie die schöne Lalage. Langsam steigt ihr Busen; leise Wünschet sie, und weiß nicht was. Seht doch, neben ihr im Kreise Steht der junge Lycidas. Ihm entfliehen will die Spröde, Ihn verachten soll ihr Blick; Doch der Jüngling, nicht mehr blöde, Hält die Schäferin zurück. Fliehen kann sie nicht; es haben Ihren Bogen, aufgespannt, Rings um sie die Götterknaben In der rächerischen Hand. Küssen muß sie nun den Hirten, Und ein wollustvolles Ach! Unter sanftbewegten Myrthen Seufzet Philomele nach. Im Triumphe weggeflogen Sind die Götter, ohne Streit. Mächtiger als Amors Bogen Ist ein Kuß der Zärtlichkeit.