Gleim an Jacobi In meinem kleinen Sans Souci, O liebster Freund, besuche mich! In seinem großen Sans Souci Ist unser Cäsar Friederich, Mit seiner reichen Politik, Mit seiner lieblichen Musik, Mit seiner gründlichen Kritik Und Taktik und Metaphysik, So glücklich lange nicht, als ich Mit meiner armen Poesie In meinem kleinen Sans Souci. Klein ist es, größer könnt' es seyn. Auch meine Kämmerchen sind klein; Zwey Musen, Amor, ich und Du, Mehr, wahrlich! gehen nicht hinein; Doch, sehn wir uns darin allein, So schließen wir die Thüren zu, Und lassen keinen mehr hinein! Wozu sollt' es denn größer seyn? Das große Sans Souci gönn' ich Von Herzen meinem Friederich. Ihm folgen allenthalben Haufen Von königlichen Sorgen nach; Ins Kabinet, ins Schlafgemach Wird nachgeritten, nachgelaufen; Geruhig unter seinem Dach Läßt Eichel 1 ihn nicht Einen Tag; Couriere kommen angeflogen, Er liest, ein großes Wetter dräut, Beweise geben zwanzig Bogen Voll schändlicher Treulosigkeit. Verbunden wider einen Weisen Sieht er um sich die ganze Welt; Er sinnt, beschließet, ist ein Held; Die Götter und die Menschen preisen Den Philosophen und den Held, Und wer ihn stürzen wollte, fällt. Allein, was hat er von der Ehre, Daß er ein Fels im Meere war? Daß er die rasende Megäre Zurück in ihre Hölle zwang, Und sie mit Ketten feste band, Und sein geliebtes Vaterland Errettete vom Untergang? Was hat der Held von dieser Ehre, Von dieser täglichen Gefahr? Im fünften und im sechsten Jahr Von diesen zwanzig großen Siegen? O, liebster Freund! ich schwör' es Dir: Bist Du mit Deiner Muse hier In meinem Sans Souci bey mir; Von meinem täglichen Vergnügen Geb' ich ihm keinen Tag dafür! Fußnoten 1 Geheimer Kabinetsrath des Königs.