Die Linde auf dem Kirchhofe Die du so bang den Abendgruß Auf mich herunter wehest, Zur Wolke schwebst, und mit dem Fuß Auf Todtenhügeln stehest, O Linde! manche Thräne hat Den Boden hier benetzet, Und Menschenjammer, blaß und matt, Auf ihn sein Kreuz gesetzet. Die auf dem einen Hügel hier, Geweint um ihre Lieben, Die birgt ein andrer neben dir; Und ihrer wenig blieben. Sie schlafen. Ach! um ihr Gebein Verhallte schon die Trauer; Du Linde rauschest ganz allein In athemlose Schauer. Vergebens läßt auf kühles Grab Dein Zweig die Blüthe fallen, Vergebens tönt von dir herab Das Lied der Nachtigallen; Sie schlummern fort. Du aber schlägst In modervolle Grüfte Die Wurzel, schmückest dich, und trägst Empor die Blüthendüfte. Auf Erden sieht man immer so Den Tod ans Leben gränzen; Doch ewig kannst du, stolz und froh, Die Aeste nicht bekränzen. Es trocknet schon der Jugend Saft In dir; Verwesung winket, Bis endlich deine letzte Kraft Dahin auf Gräber sinket. Wenn aber dein Geflüster auch Verstummt an diesen Hügeln, So bringet neuen Frühlingshauch Der West auf Rosenflügeln. Damit die Felder wieder blühn, Umwallt er Berg' und Gründe; Will deinen Sprößling auferziehn, Und krönt die junge Linde. Wohl uns! Der große Lebensquell Versiegt dem Geiste nimmer. Das Kreuz auf Gräbern, wie so hell In dieser Hoffnung Schimmer! O Linde! gern an deinem Fuß Hör' ich des Wipfels Wehen; Dein feyerlicher Abendgruß Verkündet Auferstehen.