An die Frau von Reichmann 1761. O du, der mich mein Herz empfohlen, Soll ich dir sagen wer ich bin? Ein Weib, die niemahls sich erstohlen Durch Schmeicheley, Gunst und Gewinn. Wüst ich mit goldner Münzen Haufen, Ein Fürstenthum und seine Pracht Durch eine Lüge zu erkaufen; Und gäbe keiner auf mich acht Als nur mein Herz mit Richterblicken: So trüg ich für dem Herzen Scheu: Ich liesse mich den Mangel drücken, Und bliebe ganz der Wahrheit treu. Die Wahrheit spricht im Sonnenlichte: Es ist ein Gott der alles sieht; Der vor sein allgemein Gerichte Auch unbekannte Lügner zieht. Und wenn der Gott in seinem Grimme Auch nicht der Falschheit Rächer wär; So fiele mir doch schon die Stimme Der Tugend, in der Seele schwer. Der Wahrheit Stimme will ich brauchen, Und solt ich meinen Bissen Brodt, Mit Salz bestreut in Eßig tauchen, So bliebe sie mein größt Geboth. Sie hieß mir Friedrichs Siege singen; Und wollten seine Feinde mich Zu andern Thönen grausam zwingen, Doch säng ich sterbend Friederich.