An Se. Hochwürden Gnaden den Herrn Domdechant Freyherrn von Spiegel zur Feyer des 22sten Februars 1765. Siehst Du den alten hochbeschneyten Brocken O Freund? sein Haupt, so blendend weiß, Wie Nestors dreymal hundertjährge Locken, Verhüllt sich jezt in wolkig Eis. Jezt spare nicht der grau gewordnen Eichen Zerspaltne Wipfel am Kamin, Wirf Knoten nach, vom Stamme, der den Streichen Des schärfsten Beils zu trotzen schien, Und fordre Wein, den Hochheims Kelter preßte, Als Friedrichs Stirn drey Kränze trug, Und Er den Feind wie trockne Fichtenäste Bey Kesselsdorf zu Boden schlug. Genieß des gegenwärtgen Tages Stunden, Der künftge bleibt noch ungewiß. Hast Du nicht schon des Schicksals Arm empfunden, Der grimmig Dir am Herzen riß? Ward nicht Dein Auge zweymal schon verschleyert Vom Todes Dunkel? sah nicht jüngst Dein G*, der Dich bey Hundert Bechern feyert, Den Weg, den Du beynahe gingst? Sah nicht Dein Geist schon jene Lorbeerhaine, Wo Pindar an Homerens Hand Vertraulich geht, und Sapho's Schatten keine Ganz düstre Trauergrotte fand? Ein Gott, ein Gott befreyte von dem Grabe Den deutschen Tirteus, welcher nur Sein Leben schätzt, als eine neue Gabe Der allbeseelenden Natur, Weil er Dich funfzig Lenze zu genießen Noch hoffet, und von Dir geführt Durchs Blumenthal den Balsamduft der süßen Bethauten Rose stärker spürt.