Vorbitte wegen eines Nußbaums an Palemon (Zu Magdeburg den 18ten des Herbstmonats 1761.) Erheitre nicht des Garten-Hauses Wände, Und fälle nicht, um einer Handbreit Raum, Durch Eisen und durch zwey gedungne Hände, Den schattigten Baum. Selbst der Prophet, der Ninivens Verderben Hartnäckig foderte, ganz Menschenfeind, Hat einst, gerührt von einer Pflanze Sterben, Den Kürbis beweint. Und du, ganz Menschenfreund, du willst die Hiebe Im hohen Baum? auf dessen Zweigen oft Ein Vogel singt, der lockend, seiner Liebe Befriedigung hofft? Das willst du nicht. Denn wann auf weichem Sitze Du wie ein Fürst, in selbst geschaffner Ruh Dich hier verbirgst, dann decket vor der Hitze Sein Schatten dich zu. Er ist ein Herzog im Bezirk des Gartens. Die Pyramiden-Bäume wuchsen nur So durch die Kunst. Er spottete des Wartens, Ihn zog die Natur! O welch ein Leib! mit was für starken Gliedern Versah sie ihn! So stand in Priams Stadt Einst Hector unter allen seinen Brüdern, Von Kampfe nicht matt. Dein Baum, der Held, steht, wann der Frost dem Leben Des Weinstocks und des Pfirsich-Baumes droht, Dann steht er von Pomonens Schutz umgeben, Nicht fürchtend den Tod. Mit andern Trauben als der Weinstock träget Prangt er im Herbst; und liefert seinem Herrn Indem ein Holz ihn unbarmherzig schläget Den lieblichen Kern, Gewachsen in dem Umfang harter Schalen. So liegt im schlechten Cörper oft versteckt Ein Herz, nicht mit dem Glanze zu bezahlen Der Mißgunst erweckt. So hart wie sie, soll gegen fremde Lüste Dein Mädchen seyn, für dich allein nur schön. Weyh ihr den Baum, und sag einst: du Geküßte! Dir ließ ich ihn stehn!