An Mademoiselle Stahl Soll ich dein schwarzes Auge loben, Du jüngste Tochter meines Stahls, Soll von der Muse nur dein Antlitz seyn erhoben? Wie Schönheit eines bunten Thals. Ist an den Apfel auch die Schaale Bewegungsgrund zur Lüsternheit? Verdient ein reizend Bild, im goldnen Fürsten-Saale Anbethung oder Zärtlichkeit? Der äußre Fürniß des Gesichtes Wird von den Jahren abgehaucht, So ganz auch die Natur in Farben reines Lichtes, Den feinen Pinsel eingetaucht. Nichts sind auf Stirne Mund und Wangen, Die Lilien, und Rosen nichts Sind Augen voller Tag, wenn sie gleich Sonnen prangen Am Himmel eines Angesichts. Wenn Sittsamkeit nicht aus der Seele Sich in die sanften Blicke gießt, Und nicht der schöne Mund, wie ein Gefäß mit Oele, Aus Herzens-Quellen überfließt. Dann haß ich alles; selbst dem Witze Des Lasterhaften fluch ich laut, Und wäre gleich sein Kopf, auf eine Marmor-Stütze Des weissen Halses, schön gebaut. Doch müst ich, ihn verachtend, lieben, Dich himmlisch fühlend, sanftes Kind Auf dessen Antlitz ward, von der Natur geschrieben Wie fein des Herzens Reize sind.