An die verwittwete Madame R*ldt nach Freyenwalde nachgeschrieben. Den 12. Jul. 1791. Ach, es regnet unaufhörlich, Und es hat die Nacht gestürmt – Manchen Wandrer fromm und ehrlich Hat kein Regenschirm beschirmt Auf der offnen Post nach Preußen, Oder wie in unsrer Welt All die Länder mögen heißen, Wo es naß vom Himmel fällt. Ach, es ist doch Jammerschade, Wenn der kalte Wolkenwind Kranken ärgert, die zum Bade Hoffnungsvoll gereiset sind. Und nach Aeskulaps Gesetzen Ihre schwache Nerven nun Nicht mit Wasser dürfen netzen; Denn das möchte Schaden thun, Möchte noch die Gicht vermehren; Darum läßt der Kranke gern Sich von einem Arzt belehren, Wie von seines Willens Herrn – Liebe Freundin, du bist endlich, Gott sey Dank, nun hingereist, Weil man da so still und ländlich Unter viel Gesellschaft speist; Menschen kennen lernt im Gange Unter Bäumen hoch und breit, Und mit Ihnen sondern Zwange Sich der schönen Gegend freut, Die du mir so schön beschrieben Und nun nicht genießen wirst. Keine Wolke wird vertrieben, Wäre gleich der erste Fürst Auf der ganzen weiten Erde Friedrich Maximus allda, Spräch er, wie ein Gott, es werde Licht am Himmel fern und nah – Würd es dennoch düster bleiben Und er müßte sich im Schach Langer Weile Druck vertreiben Unterm Badezimmer-Dach, Oder ließe vom gelehrten Marquis Luchesini sich Lesen, was die Römer hörten, Wenn ihr Redner königlich Ueber sie zu herrschen wußte, Daß vor seiner Stimme Ton Ihre Seele zittern mußte, Oder schmelzen, oder schon Wieder lieben, wen sie haßte. Freundin! findet irgendwo Sich in einem Badegaste Unter Euch ein Cicero, Wie der große Mann gewesen, Den ein Römer umgebracht, Dann braucht keiner vorzulesen, Was ein Cäsar hat gedacht Und gethan und ausgerichtet, Oder was Horazius Künstlich noch dazu gedichtet Für den Kayserhuldgenuß – Dieser Cicero, der deutsche, Machte, daß kein Badegast Traurig wäre beim Gepeitsche Kalten Windes, der die Last Armer müder Wandersleute Schwerer macht, als sie schon ist – Cicero verkürzt mir heute Da Du nicht vorhanden bist, Dieses trüben Tages Länge, Giebt mir einen Abendschmaus; Denn wenn's sieben schlägt, dann gänge Ich vermuthlich in Dein Haus Unter einem Leinwanddache; Krebse schmaust' ich da mit Dir. Nun bleib ich daheim und mache Ein Gedankenschmäuschen mir. »Cicero, sprech ich beim Lesen, Cicero, du warst beglückt, Wärst beglückter noch gewesen, Hätte dich ein Weib bestrickt, Die sich für dein Herz geschickt –«