An Herrn Gleim, am Tage der Geburt eines Menschenfreundes (Zu Halberstadt den 22ten des Hornungs 1762.) Läßt die Natur aus ihrer Hand Erobrer gehn, o dann bebt schauervoll die Erde Erwartend, daß auf manches Land Tod und Verwüstung kommen werde! Wenn ein zukünftiger Tyrann Grimm aus dem Auge weint, das kaum sich aufgeschlossen Dann sehen Engel weinend an Der Hölle jungen Bundsgenossen. Der Sonnen Antlitz wird entfärbt Wenn sie den Heuchler sieht, dem Gift im Blute schleichet Der künftig mit dem Hauch verderbt, Wenn er als Freund die Hände reichet. Bey der Geburt des Wuchrers lacht Der Geiz, und schreckt mit Hohn die Wollust von der Wiege Und giebt mit schielen Blicken acht Wo Gold für seine Hände liege? Den Dummkopf drückt die Trägheit an Mit weichem Arm und spricht bey seiner ersten Thräne: Sey ruhig werd ein fetter Mann, Und über Glück und Unglück gähne! Der Neidische kommt auf die Welt Mit Blicken um sich her als wollt er trotzig wissen: Warums der Mutter noch gefällt Den Vater mehr als ihn zu küssen! O Muse, frag die Gottheit nicht Warum sie alle die herab zur Erde schickte Nein singe nur: Wem Sonnen-Licht Der Tugend, aus den Augen blickte! Die Luft ward harten Eises Zwang, Der Winter schickte sich dem Frühling auszuweichen, Da Spiegel der Natur entdrang Um ihr an Gütigkeit zu gleichen! Ganz sanft war er gemacht von ihr, Sein Schutzgeist lächelte lobsprechendes Vergnügen Er sahe besser noch, als wir Den Menschen-Freund in allen Zügen! So wie er ist, ließ ihn hervor Die fröliche Natur aus ihren Meister Händen Und sagte: sein gefällig Ohr Wird sich zur Freundes Muse wenden. O Gleim ward nicht dein Saytenspiel Bespannet vom Apoll im Kriegerdampf verlohren, So werde Lied, so sey Gefühl Am Tage welcher ihn gebohren! Was hör ich? süsser Saiten-Klang Dringt in mein Herze tief, vom Himmel wird gerufen: »Das Glück begleitet Spiegels Gang, Bis auf des Alters höchste Stuffen.«