Der Tod. An Herrn Professor Sulzer O Freund! die lächelnde Rose Weit aufgeschlossen – – sie stirbt Und streut die welkenden Blätter Hin auf ihr mütterlich Land. Mit krummen rauschendem Hiebe Fährt jetzt die Sense daher. So mäht im schrecklichen Schlachtfeld Die muthigen Krieger, der Tod! Dort liegt in sengender Sonne, Der Stolz des blühenden Thals, Auf der sich Bienen verweilten: Sie tritt im Winter der Stier Zu satt, mit stampfendem Fusse In ein verächtliches Grab. So liegt bey fressenden Würmern Der angebetete Reiz Von irgend einer, die himmlisch Gieng unter den Menschen umher. Sie starb; der grauen Verwesung Zu theurer, köstlicher Raub! Apollens singende Söhne, Und Mavors drohendes Volk, Die Sterne zählende Weisen, Sie alle müssen dahin. Bekannt mit allen Olympern Gieng in die ewige Nacht Der tagentbehrende Milton, Und ließ uns seinen Gesang. Hoch auf die Sitze der Fürsten Greift der langarmige Tod. Dem König nahm er den Bruder 1 Und dir entriß er den Freund. Er reißt vom Herzen des Lieblings Den besten Menschen mit sich! Gleim seufzet mitten im Gastmahl: »Auch also riß mir der Tod Vom Innersten meiner Empfindung Einst meinen göttlichen Kleist!« O Sulzer! nenn ihn nicht dreymal, Sein Herz verblutet sich sonst. Nicht schützt die kniende Andacht Und nicht der Frömmigkeit Schild. Nichts fragt die schneidende Parce Nach Tugend oder Verdienst. Der Tod mit strengen Befehlen Kömmt schnell und übet sie aus. Von dem gesammleten Golde Folgt ihn der Wuchrer und klagt. Die Sterblichen fürchten ihn alle. Ihn flieht der keuchende Greiß, Alt und nicht weiser geworden – Ihn scheut an Ketten der Sclav! Doch wenn sie alle ihn fürchten, Lachst du dem blöckenden Zahn Mit grösserem Stolze entgegen, Als, mit dem Becher voll Gift, Der freudenhoffende Heyde, Im Angesichte des Volks, Das seine Tugend verkannte. Freund! wir verkennen dich nicht; Bleib uns ein lehrendes Beyspiel Ruf dein noch seufzendes Herz Zurück von traurigen Gräbern: Und spät erwarte dich deins! Fußnoten 1 Des Prinzen von Preussen Königl. Hoheit.