An Palemon, der Spaziergang auf dem Fürstenwall (Zu Magdeburg im kalten April 1762.) Zu nackend, Freund! muß noch die Linde bleiben Die ganz ihr grünes Kleid verlohr. Rauh ist der Frühlings-Tag. Die kleinen Wurzeln treiben Nicht junges Graß hervor. Doch lieblich ist der Lustgang an der Elbe Auf ihrer Oberfläche schwimmt Die Sonne noch einmal, der an dem Luft-Gewölbe Gott ihren Lauf bestimmt. Ihr feyren bey dem ersten holden Blicke Ein Fest, die Knaben mit dem Ball Die nicht besorgt um Brod, und ihr zukünftig Glücke Laut jauchzen auf dem Wall. Dort stützt ein Mann, die lahmgebliebne Rechte Und krumme Schenkel, an ein Holz. Er schleicht und denkt sich noch das schreckliche Gefechte Und ist auf Narben stolz. O Freund! ein Weib trägt voller Eymer Lasten; Sie steigt am Ufer auf, und keucht. Ich leb im Ueberfluß, und ganze Tage fasten Muß sie; und ach! vielleicht Fiel in der Schlacht ihr bester Freund, und Kinder Ein traurig Denkmahl! ließ er hier! Nie macht die stille Nacht den Gram des Herzens minder Er schlummert nicht in ihr! Auch ich gieng einst in abgetragner Hülle, Und Kinder stammelten um Brod. Mit Seufzern unterbrach ich nächtlich meine Stille Und träumte Morgen-Noth. Jetzt denk ich oft zehn Frühlinge zurücke, Und staune was mir wiederfährt Mit vollem Herzen an; und eine Thrän im Blicke Frägt; Himmel bin ichs werth?