11 Ich ging am grünen Berge hin, wo sich der Weih im Äther wiegt Und reisemüd der Sonnenstrahl ausruhend auf der Quelle liegt, Wo wilde Rosen einsam blühn, die Föhre hoch den Gipfel kränzt Und drüberhin noch eine Burg von weißen Sommerwolken glänzt. Ich dacht an dich, mein süßes Kind! an unsrer Herzen stillen Schlag, An unser heimlich Liebesband und was daraus noch werden mag. Ich dachte noch gar mancherlei, was sehnend mir die Brust bewegt Und was auch jetzt im Traum vielleicht dein spiegelklar Gemüt erregt! Und wie in solcher Weihezeit mein Gott schon manchmal zu mir trat, Erschien er jetzo in des Bergs frisch jugendgrüner Eichensaat. Der jungen Stämme schlanke Schar umschwankte säuselnd seine Knie: So groß und herrlich ging er her vor meiner regen Phantasie! Sein Haupthaar war wie Morgengold und wallte gar so reich und schwer, Und in den klaren Augen ruht' ein ätherblaues Liebemeer; Ein Regenbogen zog um ihn als Gurt die edle Farbenlust; Er trug 'nen weißen Blütenstrauß von jungen Linden an der Brust. Es traf mich seines Auges Strahl wie warmer Sonnenschein im Mai, Und als er meinen Namen sprach, erhob mein Haupt ich stolz und frei: Ich wuchs und blühte rasch empor, daß ich mir selbst ein Wunder schien, Und wandelte mit leichtem Schritt an Gottes hoher Seite hin. Und plaudernd nun erzählte ich Gott all mein irdisch Tun und Sein: Doch alles dies besteht ja nur aus dir, du feines Kind, allein! Aus vollem Herzen sprach ich drum von dir; von dir die ganze Zeit. Er aber spiegelt' lächelnd sich in meiner frohen Seligkeit. Dann trug ich ihm auch klagend vor, wie ich so gar ein armes Blut, Und bat darauf um Haus und Hof, um Bett und Schrein, um Geld und Gut, Um Garten, Feld und Rebenland, um eine ganze Heimat traut, Darin ich dich empfangen könnt als reichgeschmückte werte Braut. Es mußte doch einmal geschehn, drum schilt mich nicht und werd nicht rot! Hör an, wie mir der Herr für dich gar eine schöne Mitgift bot! Er sprach: »Zuwenig und zuviel hast du verlangt, mein lieber Sohn, Drum tu ich dir noch viel dazu und nehm ein wenig auch davon! Ich gebe euch nicht Haus und Hof, doch meine ganze reiche Welt, Darinnen ihr euch lieben könnt, wie's euren Herzen wohlgefällt! Zwei jungen Seelen ist zu eng das größte Haus, sei's noch so weit: Doch finden sie noch eben Raum in meiner Schöpfung Herrlichkeit! Der ganze Lenz soll euer sein, so weit nur eine Blume blüht, Doch nicht das allerkleinste Beet, um das sich eine Hecke zieht! Ich gebe euch kein Prunkgemach, kein Silberzeug, kein Kerzenlicht, Weil sich ob silbernem Bronnenschall euch Stern an Stern zum Kranze flicht. Und alles soll besonders blühn und schöner für euch, wo ihr geht, Dieweil euch in mein Paradies ein eigen Pförtlein offensteht. So führe deine junge Braut getrost in deine Heimat ein; Brautführer soll mein lieblichster und allerschönster Frühling sein! Die Armut sei die Ehrendam' bei deines Herzens Königin, Ihr hübscher, zarter Page sei ein immergrüner Jugendsinn! Zum Haushofmeister geb ich euch ein leicht und fröhlich Gottvertraun, Es ist ein klug erfahrner Mann, dürft auf ihn wie auf Felsen baun!« Ist unser Haus nicht gut bestellt und auserlesen das Gesind? So zaudre nun nicht länger mehr und folge mir, du blödes Kind! Ich glaub, auf deinen Wangen spielt vom Morgenrot ein Widerschein: Sobald die Sonn am Himmel steht, will ich als Freier bei dir sein!