Die Gräber Zwei Gräber waren auf der Heide, Von Immortellen ganz bedeckt. Ein schönes Weib mit schwerem Leide Lag auf dem einen hingestreckt; Das andre hielt mit bittern Tränen Ein trauervoller Mann bewacht, Und beide sahn mit Liebessehnen Hinauf zur hellen Frühlingsnacht. »In jenen heil'gen Ätherfernen Harrt nun die liebste Seele mein, Bald werd ich unter goldnen Sternen Auf ewig, ewig bei ihm sein! Als einen Hauch und Seufzer zähle Ich noch die kurze Spanne Zeit; Dann aber sind so Lieb wie Seele Ganz der Unendlichkeit geweiht!« – »O kreiset rascher, träge Sonnen, Und löset dieses Leibes Bann, Daß ich befreit in neuen Wonnen Mein selig Liebchen finden kann! Heil mir! Ich will sie wiedersehen! Und ob auch Stern um Stern zerbricht, In Ewigkeit wird nie vergehen Zwei treuer Seelen Bund und Licht!« So riefen Weib und Mann, so beide, Ganz in den eignen Gram gebannt; Sie sahn sich nicht auf dunkler Heide, Die Blicke himmelwärts gewandt. So trauerten sie, bis der Morgen Erröten hieß der Wolken Schar, Im Ätherblau das Gold verborgen Und lichter Tag auf Erden war. Da rafften sie sich auf und gingen Entlang das schimmernde Gefild, Bis plötzlich ihre Augen hingen Eins an des andern schönem Bild. Und eh der junge Tag, der warme, Die letzten Tränen weggeküßt, Schon fielen lächelnd in die Arme Sich beide, Leid in Lust gebüßt. Der Enkel Trupp mit festen Händen Auf selber Heid im Sonnenschein Sieht pflügen man und singend wenden Ein längst verschollenes Gebein. Sie decken rasch, was sie gefunden, Mit jungen Saaten, im Gemüt Leis ahnend, daß die eignen Stunden Aus diesem Tode nur erblüht!