Die Winzerin Am sonnig weißen Gartenhaus, Da reifet Traub an Traube, Die sanfte Schöne tritt heraus Und prüft die schwere Laube; Dem blauen Blick des Weibes gleicht Der Beeren dunkle Menge; Wohin ihr freundlich Auge reicht, Lacht freundliches Gedränge. Rings lockt das noch gefangne Blut Zu Häupten und zu Füßen, Und sie beginnt mit stillem Mut Zu schneiden all die süßen. Und wie sie mit der lieben Hand Die grünen Blätter teilet, Hin schweifet über See und Land Im Flug der Blick und weilet. Gleich einer reifen Beere glänzt Ihr feuchtes Aug hinüber, Wo's blaut und leuchtet unbegrenzt, So fern, so fern herüber. Sie lässet still und ahnungsvoll Die vollen Trauben sinken, Bis es in Körben reizend schwoll Mit tausendfachem Blinken. Und auf der Laube Marmeltisch Zu keltern sie beginnet, Daß aus der Kelter duftig frisch Das Blut der Traube rinnet. Wie muß der weißen Arme Zier Mit holder Kraft sich mühen! Sie keltert, bis die Wangen ihr Gleich jungen Rosen blühen. Sie keltert, daß der Busen fliegt Und woget ungemessen; Umsonst, was ihr im Sinne liegt, Das kann sie nicht vergessen! Umsonst – wie oft die Krüge sie Mit starkem Moste füllet, Sie selber hat den Durst noch nie, Das Sehnen nie gestillet. Sie läßt den heißen Rebensaft Mit treuer Sorge gären, In kühler Nacht zu milder Kraft, Zum seltnen Wein sich klären. Den trägt sie zu den Hütten hin Auf Höhen und im Tale; Sie reicht der armen Wöchnerin, Dem kranken Greis die Schale. So keltert sie den Edelwein Im Herbste schon seit Jahren. Ein Segel kommt im goldnen Schein Des Abends fern gefahren; Im Hafen legt das Schiff sich an, Sie hört die Schiffer singen, Und einen hochgemuten Mann Sieht sie ans Ufer springen. Sie kennt ihn und sie kennt ihn nicht, Sie starrt hinaus ins Weite, Als es mit trauter Stimme spricht Und grüßt schon ihr zur Seite. Die frohen Klänge mischen sich, Das Wort hier, dort die Lieder: »Ratlos verließ der Knabe dich, Nun kehrt ein Mann dir wieder! O schau, wie leuchtet's weit und breit, Wie klar der Tag, die Stunde! Und reif die schönste Lebenszeit Küßt mich von deinem Munde!« Da ist in seine Arme hin Sie wonnevoll gesunken, Und weinend hat die Winzerin Zum ersten Mal getrunken.