Lacrimae Christi Wie des Rauches Silbersäumchen Vom Vesuv den Himmel sucht! Feigenbäumlein, Feigenbäumchen, Und wie süß ist deine Frucht! Und ein kühlender Zephir fächelt Über den warmen Lavagrund, Drauf die Madonna niederlächelt Mit dem feingeschnitzten Mund. Kommt ein lustiger Mönch gegangen Mit dem vollen Tränenkrug; Kommt ein Weib mit Purpurwangen Und mit nächtlichem Lockenflug; Schön ist's unter dem Feigenbaum, Wo der Berg in Liebe brennt! Drüben leuchten, wie ein Traum, Ischia, Capri und Sorrent. Sind ihre Locken die dunkle Nacht, Ist seine Glatze der Mondenschein, Und es können die Sternenpracht Ihre glühenden Augen sein. Also schaffen am hellen Tag Sie die heimliche stille Nacht; Was doch alles geschehen mag, Wenn man's klug und sinnig macht! Nur die hölzerne Madonne Schmachtet in der heißen Sonne; Daß auch sie genieße der Ruh, Wirft das Weib ihr den Schleier zu. Lachend über die See her blinken Ischia, Capri und Sorrent – Süß und selig ist zu trinken, Was man Christi Tränen nennt!