Der falsche Hafisjünger Ich bet in aller Frühe Und jeden Abend wieder, Damit ich fromm erglühe, Hafisens süße Lieder. Ich murmle sie beständig Im Pharisäermunde; Denn sie sind nicht lebendig Auf meiner Seelen Grunde. Wie einst ich meinem Gotte Tugend und Treu versprochen Und täglich ihm zum Spotte Dennoch das Wort gebrochen, So brech ich jetzo wieder Das angelobte Streben, Von Lieb und Wein die Lieder Auch orthodox zu leben, Indes ich kalt und nüchtern Und grämlich mich verbittre, Indes ich blöd und schüchtern In meinem Herzen zittre. Indes ich mit Bülbülen Und mit Narzissen prahle, Sorg einzig ich im stillen, Wie sich die Zeche zahle. Verfluchtes Buch, das dreimal Ich schon veräußert habe! Stets kehrt zurück das Scheusal Wie eines Teufels Gabe! Und wieder mit Geflüster Bet ich in dem Breviere Und hock, wie ein Magister Bei seinem sauren Biere! So ist zu jeden Zeiten Die Heuchelei vom Bösen – Mög uns nach allen Seiten Der Herr davon erlösen!