[Heult nicht Nordenwind! der rauhe Felderfeind] Heult nicht Nordenwind! der rauhe Felderfeind/ Das Goldgestralte Liecht zweymal vier Stunden scheint/ Der Flüsse Strand besteht; wo vor die Segel flogen/ Knirscht ein belastes Rad; der Wald hat außgezogen Sein grünes Sommerkleid; das nasse Fichtenpferd Ligt in den Hafen dort; es sitzet üm den Herd Der brache Schäferman; der Wintzer hat gedekket Die Fechser/ und der Stock liegt Ellentief verstecket/ Was macht ein Musensohn so manche lange Nachts? Ein Vers/ den Dunkelheit hat an den Tag gebracht/ Ist dunckel von Geburt! der kan der Kälte lachen/ Der Feuer bey sich hat/ im Fall er pflegt zu machen Ein Lied/ das geistig ist! durchsucht des Jahres Lauf/ Weil auch ein kalter Wind die Flamme bläset auf/ Die Sinn und Kunst erhitzt; wie mich denn unlängst triebe Vom Kachelofen weg der freien Freiheit Liebe. Ich gieng den alten Pfad nicht zwar wie vor im Klee/ Es knarplet unter mir der hartgefrorne Schnee. In dem fleugt Vater Jaan aus düstrer Winterlufft Vnd schreyet: hör! hieher! Ich sehe/ wer mir rufft. Der zwey gestirnte Gott/ stund da mit rohten Ohren Es war jhm Haar und Bart wie Felsenhart gefroren/ Sein Kleid war durch und durch vor Kälte Kreidenweis/ An seinem Schlüssel hieng ein grosser Zapfen Eis. Er sprach: wohin? wohin? jetzt ist hier nichts zu schauen/ Jetzt blüht kein Rosenstrauch/ jetzt feyren/ Berg vnd Auen/ Vnd wie die Sage geht/ so freyet Pusch und Wald/ Es buhlet Stamm und Ast/ Kraut/ Wurtzel/ jung und alt Vm diese Weyhnachtzeit. Wie? wiltu Rosen brechen/ Ich weiß derselben drey/ die kanstu sonder stechen Abpflükken/ wann du wilt; die hegt ein güldnes Feld Nechst hohem Purpurglantz in jenem Winterzelt. Die Farben und die Zahl beloben kluge Sinnen/ Des Glükkes lieben Sohn/ den Schutz der Pierinnen; Gold ist die Gottesfurcht/ das Liechte Purpurroht Ein Leben ohne Fehl/ Gedult in Creutz und Noht. Ich hörte zu: er sprach: es läst sich hier nicht stehen/ Die Lufft schneidt schaurig scharf/ wir wollen vorbaß gehen. Es ist nicht weit von hier des Gartens Scherbenhaus/ In welchem Flora grünt und lacht den Winter aus. Die Lorbern falben nicht/ es leuchten Pomerantzen/ Es bleiben unversehrt weithergebrachte Pflantzen. Hör an und setze dich; der Blumen Ruch verdirbt/ Herr Schmidmayr/ dieser Herr/ und sein Lob nimmer stirbt. Es war ein schöner Zank alsbald bey seiner Wiegen/ Da ihm ein jeder Gott wolt an der Seiten liegen/ Sie drungen sich üm ihn; Apollo goß ihm ein/ Der süssen Künste Milch/ den klaren Götterwein; Mars nam ihn auff den Arm und mehrmal ihn beküste/ Frau Swada leget ihn an ihre weisse Brüste/ Er war von Kindheit an mit Götterkost gespeist/ Die Febusvolk ernehrt und von dem Pindus fleust. Er wuchs sehr lieblich auf/ Verstand kam vor den Jahren/ War jung/ an Klugheit alt/ und reiste nach den Wahren Der theuren Wissenschaft; Paris der Erden Ruhm/ Die Sittensäugerin/ der Weißheit Eigenthum/ Nam ihn mit Freuden auf/ denn zog er nach der Schulen/ Wo die drey Huldinnen mit dreymal dreyen buhlen/ Des Mavors Dummelplatz/ der Belgen Städte Liecht/ Wo man die Fahnen schwingt/ wo man die Lantzen bricht. Daher die Pallas noch im gantzen Küris gehet/ Weil ein gelehrter Kopff schön in der Rüstung stehet. Ein auserlesnes Buch/ ein dummelhafftes Pferd/ Verbrüdern sich gar wol/ sind gleicher Ehren werth. Der Degen schützet zwar des Helden Leib und Leben/ Doch muß der Federbusch hoch ob den Degen schweben/ Wird der geharnschte Mars der Pallas beygelegt/ Ein Kunstgeübter Sinn/ der Ritterspiele hegt/ Verdoplet Lob und Lust; wie Cæsar Kunst und Kriegen In einer Stirn gefühlt; die Faust von vielen Siegen Die hat hernach das Werck selbst zu Papyr gebracht/ Die Feder hat das Schwerd/ diß jenes groß gemacht. Herr Schmidmayr stirbet nicht/ viel minder seine Gaben/ Die ihn in diesem Stand sehr hoch erhaben haben/ Es ist ja seine Lust ein ritterliches Schwerd/ Der Ball und das Raquet/ ein wolgewandtes Pferd/ Ein blankgezognes Rohr das niemal nicht versaget/ Vnd durch das Kraut das Loht hin in das schwartze jaget/ Ein leichtgefüster Hund/ der manchem Wild nachsetzt Und/ was er nur erspürt/ durch Strauch und Stauden hetzt/ Bis daß er es erwürgt. Denn zu bequemen Zeiten Gejaget/ angestelt ein Freundgesintes streiten/ Ist zugelasner Krieg; die kühne Jägerhand Entzündet Blut und Muht/ schärfft Urthel und Verstand. Wie liebt er nicht den Herrn/ dem keiner leichtlich gleichet/ Und/ wie man sonsten sagt/ nicht wol das Wasser reichet/ Der viel gelesen hat und list noch täglich viel/ Dem auch die schwerste Frag ein leichtbeliebtes Spiel. Laß sonsten alles seyn/ wodurch er möchte grünen/ Gedenk an jenes Buch der treflichen Rabbinen/ Das jüngst durch seine Gunst des Tages Liecht erblikt Und seines Namens Ruhm in alle Welt geschikt. Was Opitz aufgebracht/ pflegt er mit Lust zu lesen/ Das bey dem Teutschen Volck vom Anfang her gewesen/ Dann ihm nicht unbewust/ daß alles hier vergeht/ Nur ein Poetenfreund und ein Poet besteht. Ein ausgeputzter Reim und Kunstgebundne Schrifft Die sind des Todes Tod/ des Gifftes Gegengifft. Stirbt ein Poetenfreund/ bleibt der Poet nur leben/ So kan er mit dem Vers das Leben wieder geben. Der Rosen safft vertreibt der schwartzen Gallen Wust/ Ein Vers den Unverstand und gibet Hertzenslust. Die Rosen stärcken auch das Haubt und schwache Glieder: Ein aufgeflamter Vers bringt Geist und Stärcke wieder. Wann jetzt die strenge Lufft streicht über Berg und Thal/ So steht der Rosenstrauch entblösset Blätter kahl: Die Rosen gelblichroht im kalten Jenner gläntzen/ Ihr bunter Rock der stralt im Hornung und im Lentzen/ Die Rose zeucht den Mund und Augen an sich hin/ Ein Vers die Rose selbst/ Hertz/ Muht und allen Sinn. Mein gib ihm diß Papyr/ und meinentwegen grüsse/ Sag/ daß ich seine Hand mit Teutscher Treue küsse; So sagte Vater Jaan/ und kam nicht mehr zu Liecht/ Ich sah dem Alten nach/ er warf mir ins Gesicht Den hartgebalten Schnee. Weil Ihr dann Künste liebet/ Nemt/ was im Neuen Jahr euch alte Liebe gibet. E. Wol Edl. Gestr. Dienstergebener Knecht. J. Klajus.