Dritter Gesang Nachdem der Feind den Cißides nicht mehr Erblickte, der, durch einen Federbusch Am Helm, erkenntlich war, vermuthet er Den Tod desselben, und dacht im Triumph Bald in das Schloß zu steigen, wenn ers jetzt Aufbiethen ließ'. Ein Herold ward dazu Befehliget. Sein Roß war stolz, wie er; Es schien die Erde zu verachten, kaum Berührt es sie mit leichten Füssen, schnob Und wieherte zu der Trompete Klang Und foderte zum Kampf heraus, wie er. »Euch wenigen, sagt er, indem er sich« Der Mauer naht, »euch wenigen, die noch »Die Macht der Waffen des Leosthenes Bisher verschonet hat, euch biethet er Das Leben an, und seine Gnad', im Fall Ihr euch an ihn ergebt. Verwegenheit Ist euer vermeinter Muth. – Seht um euch! seht, Was für ein zahlreich Volk euch noch umschließt! Seht, seine Spieß' erheben sich umher, Wie Ähren auf dem Feld'! Und Tapferkeit Wird in den Busen sie euch tauchen, wenn Ihr länger kämpft. Laßt eure Wuth einmal Gehorchen der Vernunft, und übergebt Die Maur der öden Burg dem Heere, das Voll Langmuth euch bewundert und nicht scheut. Wählt seine Huld, wo nicht, so wählt den Tod! Wir haben längst gewählt, sprach Paches. (Ernst Und Majestät sah aus dem Angesicht Des Helden.) Tod ist unser Wunsch und Glück, Wenn wir dadurch des Vaterlandes Wohl Erkaufen können. Und wir werden es Gewiß dadurch erkaufen! Schande trift Den niedern Stolz und Geitz Athens gewiß! Warum bekriegtet ihr uns ehmals nicht, Als Alexander uns beherrschte? Glaubt Ihr, unser Muth sey mit ihm eingescharrt? Und wenn ihr dieses glaubt; ists edel, daß Ihr Schwachheit überfallt? – Allein! allein! Noch lebt des Helden Geist in seinem Heer, Und eure Scheitel wird es fühlen. – Auch Raubt uns der Tod des Cißides nicht Muth; Mit ihm liegt unsre Lust, nicht Tapferkeit. Nicht euch, nicht Tod, nur Schande fürchten wir.« Der Herold brachte dem Leosthenes Die Antwort kaum; als alles um die Burg Zum Angrif sich bereitete. Wenn Sturm Aus Äols Höle fällt, wie Wasser aus Der Schleus', und drückt den Wald, dann neigen sich Die starken Wipfel zu der Erd herab; Tumult herrscht überall, und jeder Zweig Vermehret das Geräusch; der Klüfte Schlund Brüllt dumpfigt; tauber Lerm erfüllet weit Des Himmels Raum, drinn Wolke Wolke jagt: So auch erwacht im ganzen Heer Athens Schnell Aufruhr. Thurm, Ballist und Katapult Und Hebel, Bohr und alles regte sich, Und nahte sich dem Schloß in wildem Lerm. Zwar Paches ließ an tapfrer Gegenwehr Nichts mangeln. Pfeil und Steine schlugen den Erhitzten Feind, wie Schloßen schwaches Korn, Darnieder. Tieger sind so wüthend nicht, Wenn man zum Zorn sie reitzet, wie sein Heer Jetzt war. Doch die Besatzung war zu schwach, Und allgemein der Sturm. Mißlung es hier Dem Feinde, so erstieg er dort die Maur. Das Schloß ward überschwemmt, und ward ein Raub Des Todes. So verschlingt die Fluth des Meers Das Ufer nach der Ebb', und was sich ihm Genaht. Wo Blumen jetzt stolzierten, tobt In Wasserwogen das Verderben, jetzt. – Auch Paches ward des Todes Raub, wie sein Furchtloses Heer. Leosthenes fand ihn Durchbort und hingestreckt, und kannt ihn an Der Rüstung. Lange sah mitleidig er, Nebst seinem Volk, das auf die Spieße sich Umher gelehnt, den todten Helden an, Und eine Thräne floß ihm von dem Aug'. Er sah noch Edelmuth in Zügen des Erblaßten Angesichts. – Drauf wünscht' er, auch Den Cißides zu sehn, doch lang' umsonst. Zuletzt erblickt er einen Teppich auf Der Erd', erhub ihn und erschrak, als sich Ein Macedonier aufrichtete, Der mit dem Cißides darunter lag. »Was liegst du bey dem Todten? trug man ihn. Er war mein Herr, erwidert' er; doch mehr Mein Vater. Ich war, als er lebt' ihm treu; Solt ich vergessen es anjetzt zu seyn? Ihr habt ihn mir geraubt, raubt mir nur auch Das Leben, meine Last! – Ein Thränenguß« Netzt ihm das Angesicht. Leosthenes Raubt ihm das Leben nicht, dem redlichen Schildträger, sondern pries die seltne Treu, Und tröstete den immer jammernden, Und schenkt' ihm viel. Betrachtete nachher, Sammt dem gerührten Volk, den Cißides Und glaubte die entwichne Seele noch In großen Zügen des Gesichts zu sehn; Beweint' ihn, ließ die Asche beyder Freund' In einer Urn bewahren, ihnen auch Ein prächtig Denkmal baun, und zog sich drauf Schnell nach Athen zurück. Sein Heer war so Geschwächt, daß er vergaß in einer Schlacht Antipatern zu überwältigen. Und so ward, durch der beyden Freunde Muth, Des Vaterlands Verderben abgewandt. Ihr Krieger! die ihr meiner Helden Grab In später Zeit noch seht, streut Rosen drauf, Und pflanzt umher von Lorbern einen Wald! Der Tod fürs Vaterland ist ewiger Verehrung werth. – Wie gern sterb ich ihn auch Den edlen Tod, wenn mein Verhängniß ruft! Ich, der ich dieses sang im Lerm des Kriegs, Als Räuber aller Welt mein Vaterland Mit Feuer und Schwerdt in eine Wüsteney Verwandelten, – als Friedrich selbst die Fahn Mit tapfrer Hand ergrif, und Blitz und Tod Mit ihr, in Feinde trug, und achtete Der theuern Tage nicht für Volk und Land, Das in der finstern Nacht des Elends seufzt. – Doch es verzagt nicht drinn das treue Land; Sein Friedrich lächelt, und der Tag bricht an. Der Tag bricht an! Schon zöge Schwab und Russ, Lappländer und Franzos, Illyrier Und Pfälzer, in poßierlichem Gemisch, Den Helden in Triumph; verstattet' es Desselben Großmuth. Schon fliegt Himmel an Die Ehr in blitzendem Gewand', und nennt Ein Sternenbild nach seinem Namen. Ruh Und Überfluß beglücken bald sein Reich. Ende des Cißides und Paches.