Heinrich von Kleist Penthesilea Ein Lustspiel nach Molière Personen Personen. Penthesilea, Königin der Amazonen. Prothoe, Meroe, Asteria, Fürstinnen der Amazonen. Die Oberpriesterin der Diana. Achilles, Odysseus, Diomedes, Antilochus, Könige des Griechenvolks. Griechen und Amazonen. 1. Auftritt Erster Auftritt Odysseus und Diomedes von der einen Seite, Antilochus von der andern, Gefolge treten auf. Seid mir gegrüßt, ihr Könige! Wie geht's, Seit wir zuletzt bei Troja uns gesehn? Schlecht, Antiloch. Du siehst auf diesen Feldern, Der Griechen und der Amazonen Heer, Wie zwei erboste Wölfe sich umkämpfen: Beim Jupiter! sie wissen nicht warum? Wenn Mars entrüstet, oder Delius, Den Stecken nicht ergreift, der Wolkenrüttler Mit Donnerkeilen nicht dazwischenwettert: Tot sinken die Verbißnen heut noch nieder, Des einen Zahn im Schlund des anderen. – Schafft einen Helm mit Wasser! Element! Was wollen diese Amazonen uns? Wir zogen aus, auf des Atriden Rat, Mit der gesamten Schar der Myrmidonen, Achill und ich; Penthesilea, hieß es, Sei in den scyth'schen Wäldern aufgestanden, Und führ ein Heer, bedeckt mit Schlangenhäuten, Von Amazonen, heißer Kampflust voll, Durch der Gebirge Windungen heran, Den Priamus in Troja zu entsetzen. Am Ufer des Skamandros hören wir, Deiphobus auch, der Priamide, sei Aus Ilium mit einer Schar gezogen, Die Königin, die ihm mit Hülfe naht, Nach Freundesart zu grüßen. Wir verschlingen Die Straße jetzt, uns zwischen dieser Gegner Heillosem Bündnis wehrend aufzupflanzen; Die ganze Nacht durch windet sich der Zug. Doch, bei des Morgens erster Dämmerröte, Welch ein Erstaunen faßt' uns, Antiloch, Da wir, in einem weiten Tal vor uns, Mit des Deiphobus Iliern im Kampf Die Amazonen sehn! Penthesilea, Wie Sturmwind ein zerrissenes Gewölk, Weht der Trojaner Reihen vor sich her, Als gält es, übern Hellespont hinaus, Hinweg vom Rund der Erde sie zu blasen. Seltsam, bei unserm Gott! Wir sammeln uns, Der Trojer Flucht, die wetternd auf uns ein, Gleich einem Anfall keilt, zu widerstehen, Und dicht zur Mauer drängen wir die Spieße. Auf diesen Anblick stutzt der Priamide; Und wir, im kurzen Rat beschließen, gleich, Die Amazonenfürstin zu begrüßen: Sie auch hat ihren Siegeslauf gehemmt. War je ein Rat einfältiger und besser? Hätt ihn Athene, wenn ich sie befragt, Ins Ohr verständiger mir flüstern können? Sie muß, beim Hades! diese Jungfrau, doch, Die wie vom Himmel plötzlich, kampfgerüstet, In unsern Streit fällt, sich darin zu mischen, Sie muß zu einer der Partein sich schlagen; Und uns die Freundin müssen wir sie glauben, Da sie sich Teukrischen die Feindin zeigt. Was sonst, beim Styx! Nichts anders gibt's. Nun gut. Wir finden sie, die Heldin Scythiens, Achill und ich – in kriegerischer Feier An ihrer Jungfraun Spitze aufgepflanzt, Geschürzt, der Helmbusch wallt ihr von der Scheitel, Und seine Gold- und Purpurtroddeln regend, Zerstampft ihr Zelter unter ihr den Grund. Gedankenvoll, auf einen Augenblick, Sicht sie in unsre Schar, von Ausdruck leer, Als ob in Stein gehaun wir vor ihr stünden; Hier diese flache Hand, versichr ich dich, Ist ausdrucksvoller als ihr Angesicht: Bis jetzt ihr Aug auf den Peliden trifft: Und Glut ihr plötzlich, bis zum Hals hinab, Das Antlitz färbt, als schlüge rings um ihr Die Welt in helle Flammenlohe auf. Sie schwingt, mit einer zuckenden Bewegung, – Und einen finstern Blick wirft sie auf ihn – Vom Rücken sich des Pferds herab, und fragt, Die Zügel einer Dienrin überliefernd, Was uns, in solchem Prachtzug, zu ihr führe. Ich jetzt, wie wir Argiver hoch erfreut, Auf eine Feindin des Dardanervolks zu stoßen; Was für ein Haß den Priamiden längst Entbrannt sei in der Griechen Brust, wie nützlich, So ihr, wie uns, ein Bündnis würde sein; Und was der Augenblick noch sonst mir beut: Doch mit Erstaunen, in dem Fluß der Rede, Bemerk ich, daß sie mich nicht hört. Sie wendet, Mit einem Ausdruck der Verwunderung, Gleich einem sechzehnjähr'gen Mädchen plötzlich, Das von olymp'schen Spielen wiederkehrt, Zu einer Freundin, ihr zur Seite sich, Und ruft: solch einem Mann, o Prothoe, ist Otrere, meine Mutter, nie begegnet! Die Freundin, auf dies Wort betreten, schweigt, Achill und ich, wir sehn uns lächelnd an, Sie ruht, sie selbst, mit trunknem Blick schon wieder Auf des Äginers schimmernde Gestalt: Bis jen' ihr schüchtern naht, und sie erinnert, Daß sie mir noch die Antwort schuldig sei. Drauf mit der Wangen Rot, war's Wut, war's Scham, Die Rüstung wieder bis zum Gurt sich färbend, Verwirrt und stolz und wild zugleich: sie sei Penthesilea, kehrt sie sich zu mir, Der Amazonen Königin, und werde Aus Köchern mir die Antwort übersenden! So, Wort für Wort, der Bote, den du sandtest; Doch keiner in dem ganzen Griechenlager, Der ihn begriff. Hierauf unwissend jetzt, Was wir von diesem Auftritt denken sollen, In grimmiger Beschämung gehn wir heim, Und sehn die Teukrischen, die unsre Schmach Von fern her, die hohnlächelnden, erraten, Wie im Triumph sich sammeln. Sie beschließen Im Wahn, sie seien die Begünstigten, Und nur ein Irrtum, der sich lösen müsse, Sei an dem Zorn der Amazone schuld, Schnell ihr, durch einen Herold, Herz und Hand, Die sie verschmäht, von neuem anzutragen. Doch eh der Bote, den sie senden wollen, Den Staub noch von der Rüstung abgeschüttelt, Stürzt die Kentaurin, mit verhängtem Zügel, Auf sie und uns schon, Griech' und Trojer, ein, Mit eines Waldstroms wütendem Erguß Die einen, wie die andern, niederbrausend. Ganz unerhört, ihr Danaer! Jetzt hebt Ein Kampf an, wie er, seit die Furien walten, Noch nicht gekämpft ward auf der Erde Rücken. Soviel ich weiß, gibt es in der Natur Kraft bloß und ihren Widerstand, nichts Drittes. Was Glut des Feuers löscht, löst Wasser siedend Zu Dampf nicht auf und umgekehrt. Doch hier Zeigt ein ergrimmter Feind von beiden sich, Bei dessen Eintritt nicht das Feuer weiß, Ob's mit dem Wasser rieseln soll, das Wasser, Ob's mit dem Feuer himmelan soll lecken. Der Trojer wirft, gedrängt von Amazonen, Sich hinter eines Griechen Schild, der Grieche Befreit ihn von der Jungfrau, die ihn drängte, Und Griech' und Trojer müssen jetzt sich fast, Dem Raub der Helena zu Trotz, vereinen, Um dem gemeinen Feinde zu begegnen. Ein Grieche bringt ihm Wasser. Dank! Meine Zunge lechzt. Seit jenem Tage Grollt über dieser Ebne unverrückt Die Schlacht, mit immer reger Wut, wie ein Gewitter, zwischen waldgekrönter Felsen Gipfeln Geklemmt. Als ich mit den Ätoliern gestern Erschien, der Unsern Reihen zu verstärken, Schlug sie mit Donnerkrachen eben ein, Als wollte sie den ganzen Griechenstamm Bis auf den Grund, die Wütende, zerspalten. Der Krone ganze Blüte liegt, Ariston, Astyanax, von Sturm herabgerüttelt, Menandros, auf dem Schlachtfeld da, den Lorbeer, Mit ihren jungen, schönen Leibern groß, Für diese kühne Tochter Ares', düngend. Mehr der Gefangnen siegreich nahm sie schon, Als sie uns Augen, sie zu missen, Arme, Sie wieder zu befrein, uns übrigließ. Und niemand kann, was sie uns will, ergründen? Kein Mensch, das eben ist's: wohin wir spähend Auch des Gedankens Senkblei fallen lassen. – Oft, aus der sonderbaren Wut zu schließen. Mit welcher sie, im Kampfgewühl, den Sohn Der Thetis sucht, scheint's uns, als ob ein Haß Persönlich wider ihn die Brust ihr füllte. So folgt, so hungerheiß, die Wölfin nicht, Durch Wälder, die der Schnee bedeckt, der Beute, Die sich ihr Auge grimmig auserkor, Als sie, durch unsre Schlachtreihn, dem Achill. Doch jüngst, in einem Augenblick, da schon Sein Leben war in ihre Macht gegeben, Gab sie es lächelnd, ein Geschenk, ihm wieder: Er stieg zum Orkus, wenn sie ihn nicht hielt. Wie? Wenn ihn wer? Die Königin? Sie selbst! Denn als sie, um die Abenddämmrung gestern, Im Kampf, Penthesilea und Achill, Einander trafen, stürmt Deiphobus her, Und auf der Jungfrau Seite hingestellt, Der Teukrische, trifft er dem Peleïden Mit einem tück'schen Schlag die Rüstung prasselnd, Daß rings der Ormen Wipfel widerhallten. Die Königin, entfärbt, läßt zwei Minuten Die Arme sinken: und die Locken dann Entrüstet um entflammte Wangen schüttelnd, Hebt sie vom Pferdesrücken hoch sich auf, Und senkt, wie aus dem Firmament geholt, Das Schwert ihm wetterstrahlend in den Hals, Daß er zu Füßen hin, der Unberufne, Dem Sohn, dem göttlichen, der Thetis rollt! Er jetzt, zum Dank, will ihr, der Peleïde, Ein Gleiches tun; doch sie bis auf den Hals Gebückt, den mähnumflossenen, des Schecken, Der, in den Goldzaum beißend, sich herumwirft, Weicht seinem Mordhieb aus, und schießt die Zügel, Und sieht sich um, und lächelt, und ist fort. Ganz wunderbar! Was bringst du uns von Troja? Mich sendet Agamemnon her, und fragt dich, Ob Klugheit nicht, bei so gewandelten Verhältnissen, den Rückzug dir gebiete. Uns gelt es Iliums Mauern einzustürzen, Nicht einer freien Fürstin Heereszug, Nach einem uns gleichgült'gen Ziel, zu stören. Falls du daher Gewißheit dir verschafft, Daß nicht mit Hülfe der Dardanerburg Penthesilea naht, woll er, daß ihr Sogleich, um welchen Preis gleichviel, euch wieder In die argivische Verschanzung werft. Verfolgt sie euch, so werd er, der Atride, Dann an des Heeres Spitze selber sehn, Wozu sich diese rätselhafte Sphinx Im Angesicht von Troja wird entscheiden. Beim Jupiter! Der Meinung bin ich auch. Meint ihr, daß der Laertiade sich In diesem sinnentblößten Kampf gefällt? Schafft den Peliden weg von diesem Platze! Denn wie die Dogg entkoppelt, mit Geheul In das Geweih des Hirsches fällt: der Jäger, Erfüllt von Sorge, lockt und ruft sie ab; Jedoch verbissen in des Prachttiers Nacken, Tanzt sie durch Berge neben ihm, und Ströme, Fern in des Waldes Nacht hinein: so er, Der Rasende, seit in der Forst des Krieges Dies Wild sich von so seltner Art, ihm zeigte. Durchbohrt mit einem Pfeilschuß, ihn zu fesseln, Die Schenkel ihm: er weicht, so schwört er, eher Von dieser Amazone Ferse nicht, Bis er bei ihren seidnen Haaren sie Von dem gefleckten Tigerpferd gerissen. Versuch's, o Antiloch, wenn's dir beliebt, Und sieh, was deine rednerische Kunst, Wenn seine Lippe schäumt, bei ihm vermag. Laßt uns vereint, ihr Könige, noch einmal Vernunft keilförmig, mit Gelassenheit, Auf seine rasende Entschließung setzen. Du wirst, erfindungsreicher Larissäer, Den Riß schon, den er beut, zu finden wissen. Weicht er dir nicht, wohlan, so will ich ihn Mit zwei Ätoliern auf den Rücken nehmen, Und einem Klotz gleich, weil der Sinn ihm fehlt, In dem Argiverlager niederwerfen. Folgt mir! Nun? Wer auch eilt uns dort heran? Es ist Adrast. So bleich und so verstört. 2. Auftritt Zweiter Auftritt Die Vorigen. Ein Hauptmann tritt auf. Was bringst du? Botschaft? Euch die ödeste, Die euer Ohr noch je vernahm. Wie? Rede! Achill – ist in der Amazonen Händen, Und Pergams Mauern fallen jetzt nicht um. Ihr Götter, ihr olympischen! Unglücksbote! Wann trug, wo, das Entsetzliche sich zu? Ein neuer Anfall, heiß, wie Wetterstrahl, Schmolz, dieser wuterfüllten Mavorstöchter, Rings der Ätolier wackre Reihen hin, Auf uns, wie Wassersturz, hernieder sie, Die unbesiegten Myrmidonier, gießend. Vergebens drängen wir dem Fluchtgewog Entgegen uns: in wilder Überschwemmung Reißt's uns vom Kampfplatz strudelnd mit sich fort: Und eher nicht vermögen wir den Fuß, Als fern von dem Peliden fest zu setzen. Erst jetzo wickelt er, umstarrt von Spießen, Sich aus der Nacht des Kampfes los, er rollt Von eines Hügels Spitze scheu herab, Auf uns kehrt glücklich sich sein Lauf, wir senden Aufjauchzend ihm den Rettungsgruß schon zu: Doch es erstirbt der Laut im Busen uns, Da plötzlich jetzt sein Viergespann zurück Vor einem Abgrund stutzt, und hoch aus Wolken In grause Tiefe bäumend niederschaut. Vergehens jetzt, in der er Meister ist, Des Isthmus ganze vielgeübte Kunst: Das Roßgeschwader wendet, das erschrockne, Die Häupter rückwärts in die Geißelhiebe, Und im verworrenen Geschirre fallend, Zum Chaos, Pferd' und Wagen, eingestürzt, Liegt unser Göttersohn, mit seinem Fuhrwerk, Wie in der Schlinge eingefangen da. Der Rasende! Wohin treibt ihn –? Es stürzt Automedon, des Fahrzeugs rüst'ger Lenker, In die Verwirrung hurtig sich der Rosse: Er hilft dem Viergekoppel wieder auf. Doch eh er noch aus allen Knoten rings Die Schenkel, die verwickelten, gelöst, Sprengt schon die Königin, mit einem Schwarm Siegreicher Amazonen, ins Geklüft, Jedweden Weg zur Rettung ihm versperrend. Ihr Himmlischen! Sie hemmt, Staub rings umqualmt sie, Des Zelters flücht'gen Lauf, und hoch zum Gipfel Das Angesicht, das funkelnde, gekehrt, Mißt sie, auf einen Augenblick, die Wand: Der Helmbusch selbst, als ob er sich entsetzte, Reißt bei der Scheitel sie von hinten nieder. Drauf plötzlich jetzt legt sie die Zügel weg: Man sieht, gleich einer Schwindelnden, sie hastig Die Stirn, von einer Lockenflut umwallt, In ihre beiden kleinen Hände drücken. Bestürzt, bei diesem sonderbaren Anblick, Umwimmeln alle Jungfraun sie, mit heiß Eindringlicher Gebärde sie beschwörend; Die eine, die zunächst verwandt ihr scheint, Schlingt ihren Arm um sie, indes die andre Entschloßner noch, des Pferdes Zügel greift: Man will den Fortschritt mit Gewalt ihr wehren, Doch sie – Wie? wagt sie es? Nein, sprich! Ihr hört's. Umsonst sind die Versuche, sie zu halten, Sie drängt mit sanfter Macht von beiden Seiten Die Fraun hinweg, und im unruh'gen Trabe An dem Geklüfte auf und nieder streifend, Sucht sie, ob nicht ein schmaler Pfad sich biete Für einen Wunsch, der keine Flügel hat; Drauf jetzt, gleich einer Rasenden, sieht man Empor sie an des Felsens Wände klimmen, Jetzt hier, in glühender Begier, jetzt dort, Unsinn'ger Hoffnung voll, auf diesem Wege Die Beute, die im Garn liegt, zu erhaschen. Jetzt hat sie jeden sanftern Riß versucht, Den sich im Fels der Regen ausgewaschen; Der Absturz ist, sie sieht es, unersteiglich; Doch, wie beraubt des Urteils, kehrt sie um, Und fängt, als wär's von vorn, zu klettern an. Und schwingt, die Unverdrossene, sich wirklich Auf Pfaden, die des Wandrers Fußtritt scheut, Schwingt sich des Gipfels höchstem Rande näher Um einer Orme Höh; und da sie jetzt auf einem Granitblock steht, von nicht mehr Flächenraum Als eine Gemse sich zu halten braucht; Von ragendem Geklüfte rings geschreckt, Den Schritt nicht vorwärts mehr, nicht rückwärts wagt; Der Weiber Angstgeschrei durchkreischt die Luft: Stürzt sie urplötzlich, Roß und Reuterin, Von los sich lösendem Gestein umprasselt, Als ob sie in den Orkus führe, schmetternd Bis an des Felsens tiefsten Fuß zurück, Und bricht den Hals sich nicht und lernt auch nichts: Sie rafft sich bloß zu neuem Klimmen auf. Seht die Hyäne, die blind-wütende! Nun? Und Automedon? Er endlich schwingt, Das Fahrzeug steht, die Rosse auch, geordnet – – Hephästos hätt in so viel Zeit fast neu Den ganzen erznen Wagen schmieden können – Er schwingt dem Sitz sich zu, und greift die Zügel: Ein Stein fällt uns Argivern von der Brust. Doch eben jetzt, da er die Pferde wendet, Erspähn die Amazonen einen Pfad, Dem Gipfel sanfthin zugeführt, und rufen, Das Tal rings mit Geschrei des Jubels füllend, Die Königin dahin, die sinnberaubte, Die immer noch des Felsens Sturz versucht. Sie, auf dies Wort, das Roß zurücke werfend, Rasch einen Blick den Pfad schickt sie hinan; Und dem gestreckten Parder gleich, folgt sie Dem Blick auch auf dem Fuß: er, der Pelide, Entwich zwar mit den Rossen, rückwärts strebend; Doch in den Gründen bald verschwand er mir, Und was aus ihm geworden, weiß ich nicht. Verloren ist er! Auf! Was tun wir, Freunde? Was unser Herz, ihr Könige, gebeut! Auf! laßt uns ihn der Königin entreißen! Gilt's einen Kampf um ihn auf Tod und Leben: Den Kampf bei den Atriden fecht ich aus. Odysseus, Diomedes, Antilochus ab. 3. Auftritt Dritter Auftritt Der Hauptmann. Eine Schar von Griechen, welche währenddessen einen Hügel bestiegen haben. in die Gegend schauend. Seht! Steigt dort über jenes Berges Rücken, Ein Haupt nicht, ein bewaffnetes, empor? Ein Helm, von Federbüschen überschattet? Der Nacken schon, der mächt'ge, der es trägt? Die Schultern auch, die Arme, stahlumglänzt? Das ganze Brustgebild, o seht doch, Freunde, Bis wo den Leib der goldne Gurt umschließt? Ha! Wessen! Wessen! Träum ich, ihr Argiver? Die Häupter sieht man schon, geschmückt mit Blessen, Des Roßgespanns! Nur noch die Schenkel sind, Die Hufen, von der Höhe Rand bedeckt! Jetzt, auf dem Horizonte, steht das ganze Kriegsfahrzeug da! So geht die Sonne prachtvoll An einem heitern Frühlingstage auf! Triumph! Achilleus ist's! Der Göttersohn! Selbst die Quadriga führet er heran! Er ist gerettet! Ihr Olympischen! So sei euch ew'ger Ruhm gegönnt! – Odysseus! – Flieg einer den argol'schen Fürsten nach! Ein Grieche schnell ab. Naht er sich uns, ihr Danaer? O sieh! Was gibt's? O mir vergeht der Atem, Hauptmann! So rede, sprich! Oh, wie er mit der Linken Vor über seiner Rosse Rücken geht! Wie er die Geißel umschwingt über sie! Wie sie von ihrem bloßen Klang erregt, Der Erde Grund, die göttlichen, zerstampfen! Am Zügel ziehn sie, beim Lebendigen, Mit ihrer Schlünde Dampf, das Fahrzeug fort! Gehetzter Hirsche Flug ist schneller nicht! Der Blick drängt unzerknickt sich durch die Räder, Zur Scheibe fliegend eingedreht, nicht hin! Doch hinter ihm – Was? An des Berges Saum – Staub – Staub aufqualmend, wie Gewitterwolken: Und, wie der Blitz vorzuckt – Ihr ew'gen Götter! Penthesilea. Wer? Die Königin! – Ihm auf dem Fuß, dem Peleïden, schon Mit ihrem ganzen Troß von Weibern folgend. Die rasende Megär! rufend. Hieher der Lauf! Hieher den Lauf, du Göttlicher, gerichtet! Auf uns den Lauf! Seht! wie sie mit den Schenkeln Des Tigers Leib inbrünstiglich umarmt! Wie sie, bis auf die Mähn herabgebeugt, Hinweg die Luft trinkt lechzend, die sie hemmt! Sie fliegt, wie von der Senne abgeschossen: Numid'sche Pfeile sind nicht hurtiger! Das Heer bleibt keuchend, hinter ihr, wie Köter, Wenn sich ganz aus die Dogge streckt, zurück! Kaum daß ihr Federbusch ihr folgen kann! So naht sie ihm? Naht ihm! Naht ihm noch nicht! Naht ihm, ihr Danaer! Mit jedem Hufschlag, Schlingt sie, wie hungerheiß, ein Stück des Weges, Der sie von dem Peliden trennt, hinunter! Bei allen hohen Göttern, die uns schützen! Sie wächst zu seiner Größe schon heran! Sie atmet schon, zurückgeführt vom Winde, Den Staub, den säumend seine Fahrt erregt! Der rasche Zelter wirft, auf dem sie reitet, Erdschollen, aufgewühlt von seiner Flucht, Schon in die Muschel seines Wagens hin! Und jetzt – der Übermüt'ge! Rasende! Er lenkt im Bogen spielend noch! Gib acht: Die Amazone wird die Sehne nehmen. Siehst du? Sie schneidet ihm den Lauf – Hilf! Zeus! An seiner Seite fliegt sie schon! Ihr Schatten, Groß, wie ein Riese, in der Morgensonne, Erschlägt ihn schon! Doch jetzt urplötzlich reißt er – Das ganze Roßgeschwader reißt er plötzlich Zur Seit herum! Zu uns her fliegt er wieder! Ha! Der Verschlagne! Er betrog sie – Hui! Wie sie, die Unaufhaltsame, vorbei Schießt an dem Fuhrwerk – Prellt, im Sattel fliegt, Und stolpert – Stürzt! Was? Stürzt, die Königin! Und eine Jungfrau blindhin über sie – Und eine noch – Und wieder – Und noch eine – Ha! Stürzen, Freunde? Stürzen – Stürzen, Hauptmann, Wie in der Feueresse eingeschmelzt, Zum Haufen, Roß und Reutrinnen, zusammen! Daß sie zu Asche würden! Staub ringsum, Vom Glanz der Rüstungen durchzuckt und Waffen: Das Aug erkennt nichts mehr, wie scharf es sieht. Ein Knäuel, ein verworrener, von Jungfraun, Durchwebt von Rossen bunt: das Chaos war, Das erst', aus dem die Welt sprang, deutlicher. Doch jetzt – ein Wind erhebt sich; Tag wird es, Und eine der Gestürzten rafft sich auf. Ha! Wie sich das Gewimmel lustig regt! Wie sie die Spieße sich, die Helme, suchen, Die weithin auf das Feld geschleuderten! Drei Rosse noch, und eine Reuterin, liegen Gestreckt wie tot – Ist das die Königin? Penthesilea, fragst du? Ob's die Königin? – Daß mir den Dienst die Augen weigerten! Dort steht sie! Wo? Nein, sprich! Dort, beim Kroniden, Wo sie gestürzt: in jener Eiche Schatten! An ihres Pferdes Nacken hält sie sich, Das Haupt entblößt – seht ihr den Helm am Boden? Die Locken schwachhin mit der Rechten greifend, Wischt sie, ist's Staub, ist's Blut, sich von der Stirn. Bei Gott, sie ist's! Die Unverwüstliche! Die Katze, die so stürzt, verreckt; nicht sie! Und der Pelid? Ihn schützen alle Götter! Um drei Pfeilschüsse flog er fort und drüber! Kaum mehr mit Blicken kann sie ihn erreichen, Und der Gedanke selbst, der strebende, Macht ihr im atemlosen Busen halt! Triumph! Dort tritt Odysseus jetzt hervor! Das ganze Griechenheer, im Strahl der Sonne, Tritt plötzlich aus des Waldes Nacht hervor! Odyß? Und Diomed auch? O ihr Götter! – Wie weit noch in dem Feld ist er zurück? Kaum einen Steinwurf, Hauptmann! Sein Gespann Fliegt auf die Höhen am Skamandros schon, Wo sich das Heer raschhin am Rande ordnet. Die Reihn schon wettert er entlang – aus der Ferne. Heil dir! Sie rufen, die Argiver, ihm – Heil dir! Achill! Heil dir, Pelide! Göttersohn! Heil dir! Heil dir! Heil dir! Er hemmt den Lauf! Vor den versammelten Argiverfürsten Hemmt er den Lauf! Odysseus naht sich ihm! Vom Sitz springt er, der Staubbedeckte, nieder! Die Zügel gibt er weg! Er wendet sich! Er nimmt den Helm ab, der sein Haupt beschwert! Und alle Könige umringen ihn! Die Griechen reißen ihn, die jauchzenden, Um seine Kniee wimmelnd, mit sich fort: Indes Automedon die Rosse schrittweis, Die dampfenden, an seiner Seite führt! Hier wälzt der ganze Jubelzug sich schon Auf uns heran! Heil dir! du Göttlicher! O seht doch her, seht her – Da ist er schon! 4. Auftritt Vierter Auftritt Achilles, ihm folgen Odysseus, Diomedes, Antilochus, Automedon mit der Quadriga ihm zur Seite, das Heer der Griechen. Sei mir, Äginerheld, aus heißer Brust Gegrüßt! Du Sieger auch noch in der Flucht! Beim Jupiter! Wenn hinter deinem Rücken, Durch deines Geistes Obmacht über ihren, In Staub die Feindin stürzt, was wird geschehn, Wenn's dir gelingt, du Göttlicher, sie einst Von Angesicht zu Angesicht zu fassen. er hält den Helm in der Hand und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Zwei Griechen ergreifen, ihm unbewußt, einen seiner Arme, der verwundet ist, und verbinden ihn. Was ist? Was gibt's? Du hast in einem Kampf Wetteifernder Geschwindigkeit bestanden, Neridensohn, wie losgelassene Gewitterstürm, am Himmelsplane brausend, Noch der erstaunten Welt ihn nicht gezeigt. Bei den Erinnyen! Meiner Reue würd ich Mit deinem flüchtigen Gespann entfliehn, Hätt ich, des Lebens Gleise schwer durchknarrend, Die Sünden von der ganzen Trojerburg Der Muschel meiner Brust auch aufgeladen. zu den zwei Griechen, welche ihn mit ihrem Geschäft zu belästigen scheinen. Die Narren. Wer? Was neckt ihr – der ihm den Arm verbindet. Halt! Du blutest! Nun ja. So steh! So laß dich auch verbinden. Gleich ist's geschehn. – Es hieß zu Anfang hier, Der Rückzug meiner Völker habe dich In diese Flucht gestürzt; beschäftiget Mit dem Ulyß, den Antiloch zu hören, Der Botschaft uns von den Atriden brachte, War ich selbst auf dem Platz nicht gegenwärtig. Doch alles, was ich sehe, überzeugt mich, Daß dieser meisterhaften Fahrt ein freier Entwurf zum Grunde lag. Man könnte fragen, Ob du bei Tagesanbruch, da wir zum Gefecht noch allererst uns rüsteten, Den Feldstein schon gedacht dir, über welchen Die Königin zusammenstürzen sollte: So sichern Schrittes, bei den ewigen Göttern, Hast du zu diesem Stein sie hingeführt. Doch jetzt, Doloperheld, wirst du gefällig, Wenn dich ein anderes nicht besser dünkt, Mit uns dich ins Argiverlager werfen. Die Söhne Atreus' rufen uns zurück. Wir werden mit verstelltem Rückzug sie In das Skamandrostal zu locken suchen, Wo Agamemnon aus dem Hinterhalt In einer Hauptschlacht sie empfangen wird. Beim Gott des Donners! Nirgends, oder dort Kühlst du die Brunst dir ab, die, rastlos drängend, Gleich einem jungen Spießer, dich verfolgt: Und meinen besten Segen schenk ich dir. Denn mir ein Greul auch, in den Tod verhaßt, Schweift die Megäre, unsre Taten störend, Auf diesem Feld herum, und gern möcht ich, Gesteh ich dir, die Spur von deinem Fußtritt Auf ihrer rosenblütnen Wange sehn. sein Blick fällt auf die Pferde. Sie schwitzen. Wer? indem er ihre Hälse mit der Hand prüft. Wie Blei. Gut. Führe sie. Und wenn die Luft sie abgekühlt! so wasche Brüst ihnen und der Schenkel Paar mit Wein. Man bringt die Schläuche schon. – Hier siehst du wohl, Vortrefflicher, daß wir im Nachteil kämpfen. Bedeckt, so weit das schärfste Auge reicht, Sind alle Hügel von der Weiber Haufen; Heuschrecken lassen dichtgeschloßner nicht Auf eine reife Saatenflur sich nieder. Wem noch gelang ein Sieg, wie er ihn wünschte? Ist einer, außer dir, der sagen kann, Er hab auch die Kentaurin nur gesehn? Umsonst, daß wir, in goldnen Rüstungen, Hervor uns drängen, unsern Fürstenstand Lautschmetternd durch Trompeten ihr verkünden: Sie rückt nicht aus dem Hintergrund hervor; Und wer auch fern, vom Windzug hergeführt, Nur ihre Silberstimme hören wollte, Müßt eine Schlacht, unrühmlich, zweifelhaft, Vorher mit losem Kriegsgesindel kämpfen, Das sie, den Höllenhunden gleich, bewacht. in die Ferne hinausschauend. Steht sie noch da? Du fragst? – Die Königin? Man sieht nichts – Platz! Die Federbüsch hinweg! der ihm den Arm verbindet. Halt! Einen Augenblick. Dort, allerdings! Wo? Bei der Eiche, unter der sie fiel. Der Helmbusch wallt schon wieder ihr vom Haupte, Und ihr Mißschicksal scheint verschmerzt. – Nun endlich! Den Arm jetzt magst du, wie du willst, gebrauchen. Jetzt kannst du gehn. Die Griechen verknüpfen noch einen Knoten und lassen seinen Arm fahren. Hast du gehört, Pelide, Was wir dir vorgestellt? Mir vorgestellt? Nein, nichts. Was war's? Was wollt ihr? Was wir wollen? Seltsam. – Wir unterrichteten von den Befehlen Dich der Atriden! Agamemnon will, Daß wir sogleich ins Griechenlager kehren; Den Antiloch sandt er, wenn du ihn siehst, Mit diesem Schluß des Feldherrnrats uns ab. Der Kriegsplan ist, die Amazonenkönigin Herab nach der Dardanerburg zu locken, Wo sie, in beider Heere Mitte nun, Von treibenden Verhältnissen gedrängt, Sich muß, wem sie die Freundin sei, erklären; Und wir dann, sie erwähle, was sie wolle, Wir werden wissen mindstens, was zu tun. Ich traue deiner Klugheit zu, Pelide, Du folgst der Weisheit dieser Anordnung. Denn Wahnsinn wär's, bei den Olympischen, Da dringend uns der Krieg nach Troja ruft, Mit diesen Jungfraun hier uns einzulassen, Bevor wir wissen, was sie von uns wollen, Noch überhaupt nur, ob sie uns was wollen? indem er sich den Helm wieder aufsetzt. Kämpft ihr, wie die Verschnittnen, wenn ihr wollt; Mich einen Mann fühl ich, und diesen Weibern, Wenn keiner sonst im Heere, will ich stehn! Ob ihr hier länger, unter kühlen Fichten, Ohnmächtiger Lust voll, sie umschweift, ob nicht, Vom Bette fern der Schlacht, die sie umwogt, Gilt mir gleichviel: beim Styx, ich will'ge drein, Daß ihr nach Ilium zurücke kehrt. Was mir die Göttliche begehrt, das weiß ich; Brautwerber schickt sie mir, gefiederte, Genug in Lüften zu, die ihre Wünsche Mit Todgeflüster in das Ohr mir raunen. Im Leben keiner Schönen war ich spröd; Seit mir der Bart gekeimt, ihr lieben Freunde, Ihr wißt's, zu Willen jeder war ich gern: Und wenn ich dieser mich gesperrt bis heute, Beim Zeus, des Donners Gott, geschah's, weil ich Das Plätzchen unter Büschen noch nicht fand, Sie ungestört, ganz wie ihr Herz es wünscht, Auf Küssen heiß von Erz im Arm zu nehmen. Kurz, geht: ins Griechenlager folg ich euch; Die Schäferstunde bleibt nicht lang mehr aus: Doch müßt ich auch durch ganze Monden noch, Und Jahre, um sie frein: den Wagen dort Nicht ehr zu meinen Freunden will ich lenken, Ich schwör's, und Pergamos nicht wiedersehn, Als bis ich sie zu meiner Braut gemacht, Und sie, die Stirn bekränzt mit Todeswunden, Kann durch die Straßen häuptlings mit mir schleifen. Folgt mir! tritt auf. Penthesilea naht sich dir, Pelide! Ich auch. Bestieg sie schon den Perser wieder? Noch nicht. Zu Fuße schreitet sie heran, Doch ihr zur Seite stampft der Perser schon. Wohlan! So schafft mir auch ein Roß, ihr Freunde! – Folgt, meine tapfern Myrmidonier, mir. Das Heer bricht auf. Der Rasende! Nun, so versuche doch Jetzt deine Rednerkunst, o Antiloch! Laßt mit Gewalt uns ihn – Fort ist er schon! Verwünscht sei dieser Amazonenkrieg! Alle ab. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Penthesilea, Prothoe, Meroe, Asteria, Gefolge, das Amazonenheer. Heil dir, du Siegerin! Überwinderin! Des Rosenfestes Königin! Triumph dir! Nichts vom Triumph mir! Nichts vom Rosenfeste! Es ruft die Schlacht noch einmal mich ins Feld. Den jungen trotz'gen Kriegsgott bändg' ich mir, Gefährtinnen, zehntausend Sonnen dünken, Zu einem Glutball eingeschmelzt, so glanzvoll Nicht, als ein Sieg, ein Sieg mir über ihn. Geliebte, ich beschwöre dich – Laß mich! Du hörst, was ich beschloß, eh würdest du Den Strom, wenn er herab von Bergen schießt, Als meiner Seele Donnersturz regieren. Ich will zu meiner Füße Staub ihn sehen, Den Übermütigen, der mir an diesem Glorwürd'gen Schlachtentag, wie keiner noch, Das kriegerische Hochgefühl verwirrt. Ist das die Siegerin, die schreckliche, Der Amazonen stolze Königin, Die seines Busens erzne Rüstung mir, Wenn sich mein Fuß ihm naht, zurücke spiegelt? Fühl ich, mit aller Götter Fluch Beladne, Da rings das Heer der Griechen vor mir flieht, Bei dieses einz'gen Helden Anblick mich Gelähmt nicht, in dem Innersten getroffen, Mich, mich die Überwundene, Besiegte? Wo ist der Sitz mir, der kein Busen ward, Auch des Gefühls, das mich zu Boden wirft? Ins Schlachtgetümmel stürzen will ich mich, Wo der Hohnlächelnde mein harrt, und ihn Mir überwinden, oder leben nicht! Wenn du dein Haupt doch, teure Königin, An diesem treuen Busen ruhen wolltest. Der Sturz, der dir die Brust gewaltsam traf, Hat dir das Blut entflammt, den Sinn empört: An allen jungen Gliedern zitterst du! Beschließe nichts, wir alle flehen dich, Bis heitrer dir der Geist zurückgekehrt. Komm, ruhe dich bei mir ein wenig aus. Warum? Weshalb? Was ist geschehn? Was sagt ich? Hab ich –? Was hab ich denn –? Um eines Siegs, Der deine junge Seele flüchtig reizt, Willst du das Spiel der Schlachten neu beginnen? Weil unerfüllt ein Wunsch, ich weiß nicht welcher, Dir im geheimen Herzen blieb, den Segen, Gleich einem übellaunigen Kind, hinweg, Der deines Volks Gebete krönte, werfen? Ha, sieh! Verwünscht das Los mir dieses Tages! Wie mit dem Schicksal heut, dem tückischen, Sich meiner Seele liebste Freundinnen Verbünden, mir zu schaden, mich zu kränken! Wo sich die Hand, die lüsterne, nur regt, Den Ruhm, wenn er bei mir vorüberfleucht, Bei seinem goldnen Lockenhaar zu fassen, Tritt eine Macht mir hämisch in den Weg – – Und Trotz ist, Widerspruch, die Seele mir! Hinweg! für sich. Ihr Himmlischen, beschützet sie! Denk ich bloß mich , sind's meine Wünsche bloß, Die mich zurück aufs Feld der Schlachten rufen? Ist es das Volk, ist's das Verderben nicht, Das in des Siegs wahnsinniger Berauschung, Hörbaren Flügelschlags, von fern ihm naht? Was ist geschehn, daß wir zur Vesper schon, Wie nach vollbrachter Arbeit ruhen wollen? Gemäht liegt uns, zu Garben eingebunden, Der Ernte üpp'ger Schatz, in Scheuern hoch, Die in den Himmel ragen, aufgetürmt: Jedoch die Wolke heillos überschwebt ihn, Und den Vernichtungsstrahl droht sie herab. Die Jünglingsschar, die überwundene, Ihr werdet sie, bekränzt mit Blumen nicht, Bei der Posaunen und der Zimbeln Klang, Zu euren duft'gen Heimatstälern führen. Aus jedem tück'schen Hinterhalt hervor, Der sich ihm beut, seh ich den Peleïden Auf euren frohen Jubelzug sich stürzen; Euch und dem Trosse der Gefangenen, Bis zu den Mauern Themiscyras folgen; Ja in der Artemis geweihtem Tempel Die Ketten noch, die rosenblütenen, Von ihren Gliedern reißen und die unsern Mit erzgegoßner Fessel Last bewuchten. Soll ich von seiner Fers, ich Rasende, Die nun fünf schweißerfüllte Sonnen schon An seinem Sturze rüttelte, entweichen: Da er vom Windzug eines Streiches muß, Getroffen, unter meines Rosses Huf, Wie eine reife Südfrucht, niederfallen? Nein, eh ich, was so herrlich mir begonnen, So groß, nicht endige, eh ich nicht völlig Den Kranz, der mir die Stirn umrauscht', erfasse, Eh ich Mars' Töchter nicht, wie ich versprach, Jetzt auf des Glückes Gipfel jauchzend führe, Eh möge seine Pyramide schmetternd Zusammenbrechen über mich und sie: Verflucht das Herz, das sich nicht mäß'gen kann. Dein Aug, o Herrscherin, erglüht ganz fremd, Ganz unbegreiflich, und Gedanken wälzen, So finster, wie der ew'gen Nacht entstiegen, In meinem ahndungsvollen Busen sich. Die Schar, die deine Seele seltsam fürchtet, Entfloh rings vor dir her, wie Spreu vor Winden; Kaum daß ein Speer sich noch erblicken läßt. Achill, so wie du mit dem Heer dich stelltest, Von dem Skamandros ist er abgeschnitten; Reiz ihn nicht mehr, aus seinem Blick nur weiche: Den ersten Schritt, beim Jupiter, ich schwör's, In seine Danaerschanze setzt er hin. Ich will, ich, dir des Heeres Schweif beschirmen. Sich, bei den Göttern des Olymps, nicht einen Gefangenen entreißt er dir! Es soll Der Glanz, auch meilenfernhin, seiner Waffen, Dein Heer nicht schrecken, seiner Rosse ferner Tritt Dir kein Gelächter einer Jungfrau stören: Mit meinem Haupt steh ich dir dafür ein! indem sie sich plötzlich zu Asteria wendet. Kann das geschehn, Asteria? Herrscherin – Kann ich das Heer, wie Prothoe verlangt, Nach Themiscyra wohl zurücke führen? Vergib, wenn ich in meinem Fall, o Fürstin – Sprich dreist. Du hörst. schüchtern. Wenn du den Rat willst gütig Versammelt aller Fürstinnen befragen. So wird – Den Rat hier dieser will ich wissen! – Was bin ich denn seit einer Handvoll Stunden? Pause, in welcher sie sich sammelt. – – Kann ich das Heer, du sprichst, Asteria, Kann ich es wohl zurück zur Heimat führen? Wenn du so willst, o Herrscherin, so laß Mich dir gestehn, wie ich des Schauspiels staune, Das mir in die ungläub'gen Sinne fällt. Vom Kaukasus, mit meinem Völkerstamm, Um eine Sonne später aufgebrochen, Konnt ich dem Zuge deines Heeres nicht, Der reißend wie ein Strom dahinschoß, folgen. Erst heute, weißt du, mit der Dämmerung, Auf diesen Platz schlagfertig treff ich ein; Und jauchzend schallt aus tausend Kehlen mir Die Nachricht zu: Der Sieg, er sei erkämpft, Beschlossen schon, auf jede Forderung Der ganze Amazonenkrieg. Erfreut, Versichr ich dich, daß das Gebet des Volks sich dir So leicht, und unbedürftig mein, erfüllt, Ordn ich zur Rückkehr alles wieder an; Neugierde treibt mich doch, die Schar zu sehen, Die man mir als des Sieges Beute rühmt; Und eine Handvoll Knechte, bleich und zitternd, Erblickt mein Auge, der Argiver Auswurf, Auf Schildern, die sie fliehend weggeworfen, Von deinem Kriegstroß schwärmend aufgelesen. Vor Trojas stolzen Mauern steht das ganze Hellenenheer, steht Agamemnon noch, Stehn Menelaus, Ajax, Palamed; Ulysses, Diomedes, Antilochus, Sie wagen dir ins Angesicht zu trotzen: Ja jener junge Nereïdensohn, Den deine Hand mit Rosen schmücken sollte, Die Stirn baut er, der Übermüt'ge, dir; Den Fußtritt will er, und erklärt es laut, Auf deinen königlichen Nacken setzen: Und meine große Arestochter fragt mich, Ob sie den Siegesheimzug feiern darf? leidenschaftlich. Der Königin, du Falsche, sanken Helden An Hoheit, Mut und Schöne – Schweig, Verhaßte! Asteria fühlt, wie ich, es ist nur einer , Hier mir zu sinken wert: und dieser eine , Dort steht er noch im Feld der Schlacht und trotzt! Nicht von der Leidenschaft, o Herrscherin, Wirst du dich – Natter! Deine Zunge nimm gefangen! – Willst du den Zorn nicht deiner Königin wagen! Hinweg! So wag ich meiner Königin Zorn! Eh will ich nie dein Antlitz wiedersehen, Als feig, in diesem Augenblick, dir eine Verräterin schmeichlerisch zur Seite stehn. Du bist, in Flammen wie du loderst, nicht Geschickt, den Krieg der Jungfraun fortzuführen; So wenig, wie, sich mit dem Spieß zu messen, Der Löwe, wenn er von dem Gift getrunken, Das ihm der Jäger tückisch vorgesetzt. Nicht den Peliden, bei den ew'gen Göttern, Wirst du in dieser Stimmung dir gewinnen: Vielmehr, noch eh die Sonne sinkt, versprech ich, Die Jünglinge, die unser Arm bezwungen, So vieler unschätzbaren Mühen Preis, Uns bloß, in deiner Raserei, verlieren. Das ist ja sonderbar und unbegreiflich! Was macht dich plötzlich denn so feig? Was mich? – Wen überwandst du, sag mir an? Lykaon, Den jungen Fürsten der Arkadier. Mich dünkt, du sahst ihn. So, so. War es jener, Der zitternd stand, mit eingeknicktem Helmbusch, Als ich mich den Gefangnen gestern – Zitternd! Er stand so fest, wie je dir der Pelide! Im Kampf von meinen Pfeilen heiß getroffen, Sank er zu Füßen mir, stolz werd ich ihn, An jenem Fest der Rosen, stolz, wie eine, Zu unserm heil'gen Tempel führen können. Wahrhaftig? Wie du so begeistert bist. – Nun denn – er soll dir nicht entrissen werden! – Führt aus der Schar ihn den Gefangenen, Lykaon, den Arkadier herbei! – Nimm, du Unkriegerische Jungfrau, ihn, Entfleuch, daß er dir nicht verlorengehe, Aus dem Geräusch der Schlacht mit ihm, bergt euch In Hecken von süß duftendem Holunder, In der Gebirge fernsten Kluft, wo ihr Wollüstig Lied die Nachtigall dir flötet, Und feir' es gleich, du Lüsterne, das Fest, Das deine Seele nicht erwarten kann. Doch aus dem Angesicht sei ewig mir, Sei aus der Hauptstadt mir verbannt, laß den Geliebten dich und seine Küsse, trösten, Wenn alles, Ruhm dir, Vaterland und Liebe, Die Königin, die Freundin untergeht. Geh und befreie – geh! ich will nichts wissen! Von deinem hassenswürd'gen Anblick mich! Oh, Königin! aus ihrem Gefolge. Welch ein Wort sprachst du? Schweigt, sag ich! Der Rache weih ich den, der für sie fleht! tritt auf. Achilles nahet dir, o Herrscherin! Er naht – Wohlauf, ihr Jungfraun, denn zur Schlacht! – Reicht mir der Spieße treffendsten, o reicht Der Schwerter wetterflammendstes mir her! Die Lust, ihr Götter, müßt ihr mir gewähren, Den einen heißersehnten Jüngling siegreich Zum Staub mir noch der Füße hinzuwerfen. Das ganze Maß von Glück erlaß ich euch, Das meinem Leben zugemessen ist. – Asteria! Du wirst die Scharen führen. Beschäftige den Griechentroß und sorge Daß sich des Kampfes Inbrunst mir nicht störe. Der Jungfraun keine, wer sie immer sei, Trifft den Peliden selbst! Dem ist ein Pfeil Geschärft des Todes, der sein Haupt, was sag ich! Der seiner Locken eine mir berührt! Ich nur, ich weiß den Göttersohn zu fällen. Hier dieses Eisen soll, Gefährtinnen, Soll mit der sanftesten Umarmung ihn (Weil ich mit Eisen ihn umarmen muß!) An meinen Busen schmerzlos niederziehn. Hebt euch, ihr Frühlingsblumen, seinem Fall, Daß seiner Glieder keines sich verletze. Blut meines Herzens mißt ich ehr, als seines. Nicht eher ruhn will ich, bis ich aus Lüften, Gleich einem schöngefärbten Vogel, ihn Zu mir herabgestürzt; doch liegt er jetzt Mit eingeknickten Fittichen, ihr Jungfraun, Zu Füßen mir, kein Purpurstäubchen missend, Nun dann, so mögen alle Seligen Daniedersteigen, unsern Sieg zu feiern, Zur Heimat geht der Jubelzug, dann bin ich Die Königin des Rosenfestes euch! – Jetzt kommt! – Indem sie abgehen will, erblickt sie die weinende Prothoe, und wendet sich unruhig. Darauf plötzlich, indem sie ihr um den Hals fällt. Prothoe! Meiner Seelen Schwester! Willst du mir folgen? mit gebrochener Stimme. In den Orkus dir! Ging ich auch zu den Seligen ohne dich? Du Bessere, als Menschen sind! Du willst es? Wohlan, wir kämpfen, siegen miteinander, Wir beide oder keine , und die Losung Ist: Rosen für die Scheitel unsrer Helden, Oder Zypressen für die unsrigem. Alle ab. 6. Auftritt Sechster Auftritt Die Oberpriesterin der Diana mit ihren Priesterinnen treten auf. Ihnen folgen eine Schar junger Mädchen mit Rosen in Körben auf den Köpfen, und die Gefangenen, geführt von einigen bewaffneten Amazonen. Nun, ihr geliebten, kleinen Rosenjungfraun, Laßt jetzt die Frucht mich eurer Wandrung sehn. Hier, wo die Felsenquelle einsam schäumt, Beschattet von der Pinie, sind wir sicher: Hier schüttet eure Ernte vor mir aus. ihren Korb ausschüttend. Sieh, diese Rosen pflückt ich, heil'ge Mutter! ebenso. Hier diesen Schoß voll ich! Und diesen ich! Und diesen ganzen üpp'gen Frühling ich! Die andern jungen Mädchen folgen. Das blüht ja wie der Gipfel von Hymetta! Nun solch ein Tag des Segens, o Diana! Ging deinem Volke herrlich noch nicht auf. Die Mütter bringen mir, die Töchter, Gaben; Nicht, von der Pracht, der doppelten, geblendet, Weiß ich, wem schönrer Dank gebühren mag. – Doch ist dies euer ganzer Vorrat, Kinder? Mehr nicht, als du hier siehst, war aufzufinden. So waren eure Mütter fleißiger. Auf diesen Feldern, heil'ge Priestrin, ernten Gefangne leichter auch, als Rosen, sich. Wenn dichtgedrängt, auf allen Hügeln rings, Die Saat der jungen Griechen steht, die Sichel Nur einer muntern Schnitterin erwartend, So blüht so sparsam in den Tälern rings, Und so verschanzt, versichr ich dich, die Rose, Daß man durch Pfeile sich und Lanzen lieber, Als ihr Geflecht der Dornen schlagen möchte. – Sieh nur die Finger an, ich bitte dich. Auf eines Felsens Vorsprung wagt ich mich, Um eine einz'ge Rose dir zu pflücken. Und blaß nur, durch des Kelches Dunkelgrün, Erschimmerte sie noch, ein Knösplein nur, Für volle Liebe noch nicht aufgeblüht. Doch greif ich sie, und strauchl und sinke plötzlich In einen Abgrund hin, der Nacht des Todes Glaubt ich, Verlorne, in den Schoß zu sinken. Mein Glück doch war's, denn eine Rosenpracht Stand hier im Flor, daß wir zehn Siege noch Der Amazonen hätten feiern können. Ich pflückte dir, du heil'ge Priesterin, Dir pflückt ich eine Rose nur, nur eine; Doch eine Rose ist's, hier diese, sieh! Um eines Königs Scheitel zu bekränzen: Nicht schöner wünscht Penthesilea sie, Wenn sie Achill, den Göttersohn, sich fällt. Wohlan, wenn ihn Penthesilea fällt, Sollst du die königliche Ros ihr reichen. Verwahre sie nur sorgsam, bis sie kömmt. Zukünftig, wenn, beim Zimbelnschlag, von neuem Das Amazonenheer ins Schlachtfeld rückt, Ziehn wir zwar mit, doch nicht mehr, das versprichst du, Durch Rosenpflücken bloß und Kränzewinden, Den Sieg der Mütter zu verherrlichen. Sich, dieser Arm, er schwingt den Wurfspieß schon, Und sausend trifft die Schleuder mir das Ziel: Was gilt's? Mir selbst schon blüht ein Kranz zusammen, – Und tapfer im Gedräng schon mag er kämpfen, Der Jüngling, dem sich diese Sehne strafft. Meinst du? – Nun freilich wohl, du mußt es wissen, – Hast du die Rosen schon drauf angesehn? – Den nächsten Lenz, sobald sie wieder reif, Sollst du den Jüngling, im Gedräng dir suchen. Doch jetzt, der Mütter frohe Herzen drängen: Die Rosen schnell zu Kränzen eingewunden! durcheinander. Fort zum Geschäft! Wie greifen wir es an? zum zweiten. Komm her, Glaukothoe! zum vierten. Komm, Charmion! Sie setzen sich paarweise. Wir – der Ornythia winden wir den Kranz, Die sich Alcest, mit hohen Büschen, fällte. Und wir – Parthenion, Schwester: Athenäus, Mit der Medus' im Schilde, soll sie fesseln. zu den bewaffneten Amazonen. Nun? Wollt ihr eure Gäste nicht erheitern? – Steht ihr nicht unbehülflich da, ihr Jungfraun, Als müßt ich das Geschäft der Lieb euch lehren! – Wollt ihr das Wort nicht freundlich ihnen wagen? Nicht hören, was die Schlachtermüdeten, Was sie begehren? Wünschen? Was sie brauchen? Sie sagen, sie bedürfen nichts, Ehrwürd'ge. Bös sind sie uns. Wenn man sich ihnen nahet, So wenden sich die Trotzigen schmähnd hinweg. Ei, wenn sie bös euch sind, bei unsrer Göttin, So macht sie wieder gut! Warum auch habt ihr So heftig sie im Kampfgewühl getroffen? Sagt ihnen, was geschehn wird, sie zu trösten: So werden sie nicht unerbittlich sein. zu einem gefangenen Griechen. Willst du auf weichen Teppichen, o Jüngling, Die Glieder ruhn? Soll ich von Frühlingsblumen, Denn müde scheinst du sehr, ein Lager dir, Im Schatten jenes Lorbeerbaums, bereiten? ebenso. Soll ich das duftendste der Perseröle In Wasser mischen, frisch dem Quell entschöpft, Und dir den staubbedeckten Fuß erquicken? Doch der Orange Saft verschmähst du nicht Mit eigner Hand dir liebend dargebracht? Sprecht! Redet! Womit dient man euch? Mit nichts! Ihr sonderbaren Fremdlinge! Was härmt euch? Was ist's, da uns der Pfeil im Köcher ruht, Daß ihr vor unserm Anblick euch entsetzt? Ist es die Löwenhaut, die euch erschreckt? – Du, mit dem Gürtel, sprich! Was fürchtest du? nachdem er sie scharf angesehn. Wem winden jene Kränze sich? Sagt an! Wem? Euch! Wem sonst? Uns! und das sagt ihr noch, Unmenschliche! Wollt ihr, geschmückt mit Blumen, Gleich Opfertieren, uns zur Schlachtbank führen? Zum Tempel euch der Artemis! Was denkt ihr? In ihren dunkeln Eichenhain, wo eurer Entzücken ohne Maß und Ordnung wartet! erstaunt, mit unterdrückter Stimme, zu den andern Gefangenen. War je ein Traum so bunt, als was hier wahr ist? 7. Auftritt Siebenter Auftritt Eine Hauptmännin tritt auf. Die Vorigen. Auf diesem Platz, Hochwürd'ge, find ich dich! – Inzwischen sich, auf eines Steinwurfs Nähe, Das Heer zur blutigen Entscheidung rüstet! Das Heer! Unmöglich! Wo? In jenen Gründen, Die der Skamandros ausgeleckt. Wenn du Dem Wind, der von den Bergen weht, willst horchen, Kannst du den Donnerruf der Königin, Gezückter Waffen Klirren, Rosse wiehern, Drommeten, Tuben, Zimbeln und Posaunen, Des Krieges ganze ehrne Stimme hören. Wer rasch erfleucht den Hügel dort? Ich! Ich! Sie ersteigen den Hügel. Der Königin! – Nein, sprich! Es ist unglaublich – – Warum, wenn noch die Schlacht nicht ausgewütet, Das Fest der Rosen ordnete sie an? Das Rosenfest – Gab sie Befehl denn wem? Mir! Mir! Wo? Wann? Vor wenigen Minuten In jenes Obelisken Schatten stand ich, Als der Pelid, und sie, auf seiner Ferse, Den Winden gleich, an mir vorüberrauschten. Und ich: wie geht's? fragt ich die Eilende. Zum Fest der Rosen, rief sie, wie du siehst! Und flog an mir vorbei und jauchzte noch: Laß es an Blüten nicht, du Heil'ge, fehlen! zu den Mädchen. Seht ihr sie? sprecht! auf dem Hügel. Nichts, gar nichts sehen wir! Es läßt kein Federbusch sich unterscheiden. Ein Schatten überfleucht von Wetterwolken Das weite Feld ringsher, das Drängen nur Verwirrter Kriegerhaufen nimmt sich wahr, Die im Gefild des Tods einander suchen. Sie wird des Heeres Rückzug decken wollen. Das denk ich auch. – Zum Kampf steht sie gerüstet, Ich sag's euch, dem Peliden gegenüber, Die Königin, frisch, wie das Perserroß, Das in die Luft hoch aufgebäumt sie trägt, Den Wimpern heißre Blick', als je, entsendend, Mit Atemzügen, freien, jauchzenden, Als ob ihr junger kriegerischer Busen Jetzt in die erste Luft der Schlachten käme. Was denn, bei den Olympischen, erstrebt sie? Was ist's, da rings, zu Tausenden, uns die Gefangenen in allen Wäldern wimmeln, Das ihr noch zu erringen übrigbleibt? Was ihr noch zu erringen übrigbleibt. auf dem Hügel. Ihr Götter! Nun? Was gibt's? Entwich der Schatten? O ihr Hochheiligen, kommt doch her! So sprecht! Was ihr noch zu erringen übrigbleibt? Seht, seht, wie durch der Wetterwolken Riß, Mit einer Masse Licht, die Sonne eben Auf des Peliden Scheitel niederfällt! Auf wessen? Seine , sagt ich! Wessen sonst? Auf einem Hügel leuchtend steht er da, In Stahl geschient sein Roß und er, der Saphir, Der Chrysolith wirft solche Strahlen nicht! Die Erde rings, die bunte, blühende, In Schwärze der Gewitternacht gehüllt; Nichts als ein dunkler Grund nur, eine Folie, Die Funkelpracht des Einzigen zu heben! Was geht dem Volke der Pelide an? – Ziemt's einer Tochter Ares', Königin, Im Kampf auf einen Namen sich zu stellen? Zu einer Amazone. Fleuch gleich, Arsinoe, vor ihr Antlitz hin, Und sag in meiner Göttin Namen ihr, Mars habe seinen Bräuten sich gestellt: Ich forderte, bei ihrem Zorn sie auf, Den Gott bekränzt zur Heimat jetzt zu führen, Und unverzüglich ihm, in ihrem Tempel, Das heil'ge Fest der Rosen zu eröffnen! Die Amazone ab. Ward solch ein Wahnsinn jemals noch erhört! Ihr Kinder! Seht ihr noch die Königin nicht? auf dem Hügel. Wohl, wohl! Das ganze Feld erglänzt – da ist sie! Wo zeigt sie sich? An aller Jungfraun Spitze! Seht, wie sie in dem goldnen Kriegsschmuck funkelnd, Voll Kampflust ihm entgegen tanzt! Ist's nicht, Als ob sie, heiß von Eifersucht gespornt, Die Sonn im Fluge übereilen wollte, Die seine jungen Scheitel küßt! O seht! Wenn sie zum Himmel auf sich schwingen wollte, Der hohen Nebenbuhlrin gleich zu sein, Der Perser könnte, ihren Wünschen frönend, Geflügelter sich in die Luft nicht heben! zur Hauptmännin. War keine unter allen Jungfraun denn, Die sie gewarnt, die sie zurückgehalten? Es warf ihr ganzes fürstliches Gefolge Sich in den Weg ihr: hier auf diesem Platze Hat Prothoe ihr Äußerstes getan. Jedwede Kunst der Rede ward erschöpft, Nach Themiscyra sie zurückzuführen. Doch taub schien sie der Stimme der Vernunft: Vom giftigsten der Pfeile Amors sei, Heißt es, ihr jugendliches Herz getroffen. Was sagst du? auf dem Hügel. Ha, jetzt treffen sie einander! Ihr Götter! Haltet eure Erde fest – Jetzt, eben jetzt, da ich dies sage, schmettern Sie, wie zwei Sterne, aufeinander ein! zur Hauptmännin. Die Königin, sagst du? Unmöglich, Freundin! Von Amors Pfeil getroffen – wann? Und wo? Die Führerin des Diamantengürtels? Die Tochter Mars', der selbst der Busen fehlt, Das Ziel der giftgefiederten Geschosse? So sagt des Volkes Stimme mindestens, Und Meroe hat es eben mir vertraut. Es ist entsetzlich! kehrt wieder zurück. Nun? was bringst du? Rede! Ist es bestellt? Sprachst du die Königin? Es war zu spät, Hochheilige, vergib. Ich konnte sie, die von dem Troß der Frauen Umschwärmt, bald hier, bald dort erschien, nicht treffen. Wohl aber Prothoe, auf einen Augenblick Traf ich, und sagt ihr, was dein Wille sei; Doch sie entgegnete – ein Wort, nicht weiß ich, Ob ich in der Verwirrung recht gehört. Nun, welch ein Wort? Sie hielt, auf ihrem Pferde Und sah, es schien, mit tränenvollen Augen, Der Königin zu. Und als ich ihr gesagt, Wie du entrüstet, daß die Sinnberaubte Den Kampf noch um ein einzeln Haupt verlängre, Sprach sie: geh hin zu deiner Priesterin, Und heiße sie daniederknieen und beten, Daß ihr dies eine Haupt im Kampf noch falle; Sonst keine Rettung gibt's, für sie und uns. O sie geht steil-bergab den Pfad zum Orkus! Und nicht dem Gegner, wenn sie auf ihn trifft, Dem Feind in ihrem Busen wird sie sinken. Uns alle reißt sie in den Abgrund hin; Den Kiel seh ich, der uns Gefesselte Nach Hellas trägt, geschmückt mit Bändern höhnend, Im Geiste schon den Hellespont durchschäumen. Was gilt's? Dort naht die Unheilskunde schon. 8. Auftritt Achter Auftritt Eine Oberste tritt auf, die Vorigen. Flieh! Rette die Gefangnen, Priesterin! Das ganze Heer der Griechen stürzt heran. Ihr Götter des Olymps! Was ist geschehn? Wo ist die Königin? Im Kampf gefallen, Das ganze Amazonenheer zerstreut. Du Rasende! Was für ein Wort sprachst du? zu den bewaffneten Amazonen. Bringt die Gefangenen fort! Die Gefangenen werden abgeführt. Sag an: wo? wann? Laß kurz das Ungeheuerste dir melden! Achill und sie, mit vorgelegten Lanzen, Begegnen beide sich, zween Donnerkeile, Die aus Gewölken ineinander fahren; Die Lanzen, schwächer als die Brüste, splittern: Er, der Pelide, steht, Penthesilea, Sie sinkt, die Todumschattete, vom Pferd. Und da sie jetzt, der Rache preisgegeben, Im Staub sich vor ihm wälzt, denkt jeglicher, Zum Orkus völlig stürzen wird er sie; Doch bleich selbst steht der Unbegreifliche, Ein Todesschatten da, ihr Götter! ruft er, Was für ein Blick der Sterbenden traf mich! Vom Pferde schwingt er eilig sich herab; Und während, von Entsetzen noch gefesselt, Die Jungfraun stehn, des Wortes eingedenk Der Königin, kein Schwert zu rühren wagen, Dreist der Erblaßten naht er sich, er beugt Sich über sie, Penthesilea! ruft er, In seinen Armen hebt er sie empor, Und laut die Tat, die er vollbracht, verfluchend, Lockt er ins Leben jammernd sie zurück! Er – was? Er selbst? Hinweg, Verhaßter! donnert Das ganze Heer ihm zu; dankt mit dem Tod ihm, Ruft Prothoe, wenn er vom Platz nicht weicht: Den treffendsten der Pfeile über ihn! Und mit des Pferdes Huftritt ihn verdrängend, Reißt sie die Königin ihm aus dem Arm. Indes erwacht die Unglückselige, Man führt sie röchelnd, mit zerrißner Brust, Das Haar verstört vom Scheitel niederflatternd, Den hintern Reihn zu, wo sie sich erholt; Doch er, der unbegriffne Doloper – Ein Gott hat, in der erzgekeilten Brust, Das Herz in Liebe plötzlich ihm geschmelzt – Er ruft: verweilet, meine Freundinnen! Achilles grüßt mit ew'gem Frieden euch! Und wirft das Schwert hinweg, das Schild hinweg, Die Rüstung reißt er von der Brust sich nieder, Und folgt – mit Keulen könnte man, mit Händen ihn, Wenn man ihn treffen dürfte, niederreißen – Der Kön'gin unerschrocknen Schrittes nach: Als wüßt er schon, der Rasende, Verwegne, Daß unserm Pfeil sein Leben heilig ist. Und wer gab den wahnsinnigen Befehl? Die Königin! Wer sonst? Es ist entsetzlich! Seht, seht! Da wankt, geführt von Prothoe, Sie selbst, das Bild des Jammers, schon heran! Ihr ew'gen Himmelsgötter! Welch ein Anblick! 9. Auftritt Neunter Auftritt Penthesilea, geführt von Prothoe und Meroe, Gefolge treten auf mit schwacher Stimme. Hetzt alle Hund' auf ihn! Mit Feuerbränden Die Elefanten peitschet auf ihn los! Mit Sichelwagen schmettert auf ihn ein, Und mähet seine üpp'gen Glieder nieder! Geliebte! Wir beschwören dich – Hör uns! Er folgt dir auf dem Fuße, der Pelide; Wenn dir dein Leben irgend lieb, so flieh! Mir diesen Busen zu zerschmettern, Prothoe! – Ist's nicht, als ob ich eine Leier zürnend Zertreten wollte, weil sie still für sich, Im Zug des Nachtwinds, meinen Namen flüstert? Dem Bären kauert ich zu Füßen mich, Und streichelte das Panthertier, das mir In solcher Regung nahte, wie ich ihm. So willst du nicht entweichen? Willst nicht fliehen? Willst dich nicht retten? Was kein Name nennt, Auf diesem Platz hier soll es sich vollbringen? Ist's meine Schuld, daß ich im Feld der Schlacht Um sein Gefühl mich kämpfend muß bewerben? Was will ich denn, wenn ich das Schwert ihm zücke? Will ich ihn denn zum Orkus niederschleudern? Ich will ihn ja, ihr ew'gen Götter, nur An diese Brust will ich ihn niederziehn! Sie rast – Unglückliche! Sie ist von Sinnen! Sie denkt nichts, als den einen nur. Der Sturz Hat völlig ums Bewußtsein sie gebracht. mit erzwungener Fassung. Gut. Wie ihr wollt. Sei's drum. Ich will mich fassen. Dies Herz, weil es sein muß, bezwingen will ich's, Und tun mit Grazie, was die Not erheischt. Recht habt ihr auch. Warum auch wie ein Kind gleich, Weil sich ein flücht'ger Wunsch mir nicht gewährt, Mit meinen Göttern brechen? Kommt hinweg. Das Glück, gesteh ich, wär mir lieb gewesen; Doch fällt es mir aus Wolken nicht herab, Den Himmel drum erstürmen will ich nicht. Helft mir nur fort von hier, schafft mir ein Pferd, So will ich euch zurück zur Heimat führen. Gesegnet sei, o Herrscherin, dreimal Ein Wort, so würdig königlich, als dies. Komm, alles steht zur Flucht bereit – da sie die Rosenkränze in der Kinder Händen erblickt, mit plötzlich aufflammendem Gesicht. Ha, sieh! Wer gab Befehl, die Rosen einzupflücken? Das fragst du noch, Vergessene? Wer sonst, Als nur – Als wer? – Das Siegsfest sollte sich, Das heißersehnte, deiner Jungfraun feiern! War's nicht dein eigner Mund, der's so befahl? Verflucht mir diese schnöde Ungeduld! Verflucht, im blutumschäumten Mordgetümmel, Mir der Gedanke an die Orgien! Verflucht, im Busen keuscher Arestöchter, Begierden, die, wie losgelaßne Hunde, Mir der Drommete erzne Lunge bellend, Und aller Feldherrn Rufen, überschrein! – Der Sieg, ist er erkämpft mir schon, daß mit Der Hölle Hohn schon der Triumph mir naht? – Mir aus den Augen! Sie zerhaut die Rosenkränze. Herrscherin! Was tust du? die Rosen wieder aufsuchend. Der Frühling bringt dir rings, auf Meilenferne, Nichts für das Fest mehr – Daß der ganze Frühling Verdorrte! Daß der Stern, auf dem wir atmen, Geknickt, gleich dieser Rosen einer, läge! Daß ich den ganzen Kranz der Welten so, Wie dies Geflecht der Blumen, lösen könnte! – O Aphrodite! Die Unselige! Verloren ist sie! Den Erinnyen Zum Raub ist ihre Seele hingegeben! auf dem Hügel. Der Peleïd, ihr Jungfraun, ich beschwör euch, Im Schuß der Pfeile naht er schon heran! So fleh ich dich auf Knieen – rette dich! Ach, meine Seel ist matt bis in den Tod! Sie setzt sich. Entsetzliche! Was tust du? Flieht, wenn ihr wollt. Du willst –? Du säumst –? Du willst –? Ich will hier bleiben. Wie, Rasende! Ihr hört's. Ich kann nicht stehen. Soll das Gebein mir brechen? Laßt mich sein. Verlorenste der Fraun! Und der Pelide, Er naht, du hörst, im Pfeilschuß – Laßt ihn kommen. Laßt ihn den Fuß gestählt, es ist mir recht, Auf diesen Nacken setzen. Wozu auch sollen Zwei Wangen länger, blühnd wie diese, sich Vom Kot, aus dem sie stammen, unterscheiden? Laßt ihn mit Pferden häuptlings heim mich schleifen, Und diesen Leib hier, frischen Lebens voll, Auf offnem Felde schmachvoll hingeworfen, Den Hunden mag er ihn zur Morgenspeise, Dem scheußlichen Geschlecht der Vögel, bieten. Staub lieber, als ein Weib sein, das nicht reizt. O Königin! indem sie sich den Halsschmuck abreißt. Weg ihr verdammten Flittern! Ihr ew'gen Götter dort! Ist das die Fassung, Die mir dein Mund soeben angelobt? Vom Haupt, ihr auch – was nickt ihr? Seid verflucht mir, Hülflosere, als Pfeil und Wangen, noch! – Die Hand verwünsch ich, die zur Schlacht mich heut Geschmückt, und das verräterische Wort, Das mir gesagt, es sei zum Sieg, dazu. Wie sie mit Spiegeln mich, die Gleißnerinnen, Umstanden, rechts und links, der schlanken Glieder In Erz gepreßte Götterbildung preisend. – Die Pest in eure wilden Höllenkünste! außerhalb der Szene. Vorwärts, Pelide, vorwärts! Sei getrost! Nur wenig Schritte noch, so hast du sie. auf dem Hügel. Diana! Königin! Du bist verloren, Wenn du nicht weichst! Mein Schwesterherz! Mein Leben! Du willst nicht fliehn? nicht gehn? die Tränen stürzen ihr aus den Augen, sie lehnt sich an einen Baum. plötzlich gerührt, indem sie sich neben ihr nieder setzt. Nun, wie du willst. Wenn du nicht kannst, nicht willst – sei's! Weine nicht. Ich bleibe bei dir. Was nicht möglich ist, Nicht ist, in deiner Kräfte Kreis nicht liegt, Was du nicht leisten kannst : die Götter hüten, Daß ich es von dir fordre! Geht, ihr Jungfraun, Geht; kehrt in eure Heimatsflur zurück: Die Königin und ich, wir bleiben hier. Wie, du Unsel'ge? Du bestärkst sie noch? Unmöglich wär's ihr, zu entfliehn? Unmöglich, Da nichts von außen sie, kein Schicksal, hält, Nichts als ihr töricht Herz – Das ist ihr Schicksal! Dir scheinen Eisenbanden unzerreißbar, Nicht wahr? Nun sieh: sie bräche sie vielleicht, Und das Gefühl doch nicht, das du verspottest. Was in ihr walten mag, das weiß nur sie, Und jeder Busen ist, der fühlt, ein Rätsel. Des Lebens höchstes Gut erstrebte sie, Sie streift', ergriff es schon: die Hand versagt ihr, Nach einem andern noch sich auszustrecken. – Komm, magst du's jetzt an meiner Brust vollenden. – Was fehlt dir? Warum weinst du? Schmerzen, Schmerzen – Wo? Hier. Kann ich dir Lindrung –? Nichts, nichts, nichts. Nun, fasse dich; in kurzem ist's vollbracht. halblaut. Ihr Rasenden zusamt –! ebenso. Schweig bitt ich dich. Wenn ich zur Flucht mich noch – wenn ich es täte: Wie, sag, wie faßt ich mich? Du gingst nach Pharsos. Dort fändest du, denn dorthin wies ich es, Dein ganzes Heer, das jetzt zerstreut, zusammen. Du ruhtest dich, du pflegtest deiner Wunden, Und mit des nächsten Tages Strahl, gefiel's dir, Nähmst du den Krieg der Jungfraun wieder auf. Wenn es mir möglich wär –! Wenn ich's vermöchte –! Das Äußerste, das Menschenkräfte leisten, Hab ich getan – Unmögliches versucht – Mein Alles hab ich an den Wurf gesetzt; Der Würfel, der entscheidet, liegt, er liegt: Begreifen muß ich's – – und daß ich verlor. Nicht, nicht, mein süßes Herz! Das glaube nicht. So niedrig schlägst du deine Kraft nicht an. So schlecht von jenem Preis nicht wirst du denken, Um den du spielst, als daß du wähnen solltest, Das, was er wert, sei schon für ihn geschehn. Ist diese Schnur von Perlen, weiß und rot, Die dir vom Nacken rollt, der ganze Reichtum, Den deine Seele aufzubieten hat? Wie viel, woran du gar nicht denkst, in Pharsos, Endlos für deinen Zweck noch ist zu tun! Doch freilich wohl – jetzt ist es fast zu spät. nach einer unruhigen Bewegung. Wenn ich rasch wäre – – Ach es macht mich rasend! – Wo steht die Sonne? Dort, dir grad im Scheitel, Noch eh die Nacht sinkt, träfest du dort ein. Wir schlössen Bündnis, unbewußt den Griechen, Mit den Dardanischen, erreichten still Die Bucht des Meers, wo jener Schiffe liegen; Zur Nachtzeit, auf ein Merkmal, lodern sie In Flammen auf, das Lager wird erstürmt, Das Heer, gedrängt zugleich von vorn und hinten, Zerrissen, aufgelöst, ins Land zerstreut, Verfolgt, gesucht, gegriffen und bekränzet Jedwedes Haupt, das unsrer Lust gefiel. O selig wär ich, wenn ich dies erlebte! Nicht ruhn wollt ich, an deiner Seite kämpfen, Der Tage Glut nicht scheuen, unermüdlich, Müßt ich an allen Gliedern mich verzehren, Bis meiner lieben Schwester Wunsch erfüllt, Und der Pelid ihr doch, nach so viel Mühen, Besiegt zuletzt zu Füßen niedersank. die währenddessen unverwandt in die Sonne gesehen. Daß ich mit Flügeln weit gespreizt und rauschend, Die Luft zerteilte –! Wie? – Was sagte sie? Was siehst du, Fürstin –? Worauf heftet sich –? Geliebte, sprich! Zu hoch, ich weiß, zu hoch – Er spielt in ewig fernen Flammenkreisen Mir um den sehnsuchtsvollen Busen hin. Wer, meine beste Königin? Gut, gut. – Wo geht der Weg? Sie sammelt sich und steht auf. So willst du dich entschließen? So hebst du dich empor? – Nun, meine Fürstin, So sei's auch wie ein Riese! Sinke nicht, Und wenn der ganze Orkus auf dich drückte! Steh, stehe fest, wie das Gewölbe steht, Weil seiner Blöcke jeder stürzen will! Beut deine Scheitel, einem Schlußstein gleich, Der Götter Blitzen dar, und rufe, trefft! Und laß dich bis zum Fuß herab zerspalten, Nicht aber wanke in dir selber mehr, Solang ein Atem Mörtel und Gestein, In dieser jungen Brust, zusammenhält. Komm. Gib mir deine Hand. Geht's hier, geht's dort? Du kannst den Felsen dort, der sichrer ist, Du kannst auch das bequemre Tal hier wählen. – Wozu entschließen wirst du dich? Den Felsen! Da komm ich ihm um soviel näher. Folgt mir. Wem, meine Königin? Euren Arm, ihr Lieben. Sobald du jenen Hügel dort erstiegen, Bist du in Sicherheit. Komm fort. indem sie plötzlich, auf eine Brücke gekommen, stehenbleibt. Doch höre: Eins eh ich weiche, bleibt mir übrig noch. Dir übrig noch? Und was? Unglückliche! Eins noch, ihr Freundinnen, und rasend wär ich, Das müßt ihr selbst gestehn, wenn ich im ganzen Gebiet der Möglichkeit mich nicht versuchte. unwillig. Nun denn, so wollt ich, daß wir gleich versänken! Denn Rettung gibt's nicht mehr. erschrocken. Was ist? Was fehlt dir? Was hab ich ihr getan, ihr Jungfraun, sprecht! Du denkst –? Du willst auf diesem Platze noch –? Nichts, nichts, gar nichts, was sie erzürnen sollte. – Den Ida will ich auf den Ossa wälzen, Und auf die Spitze ruhig bloß mich stellen. Den Ida wälzen –? Wälzen auf den Ossa –? mit einer Wendung. Schützt, all ihr Götter, sie! Verlorene! schüchtern. Dies Werk ist der Giganten, meine Königin! Nun ja, nun ja: worin denn weich ich ihnen? Worin du ihnen –? Himmel! Doch gesetzt –? Gesetzt nun du vollbrächtest dieses Werk – Gesetzt was würdest du –? Blödsinnige! Bei seinen goldnen Flammenhaaren zög ich Zu mir hernieder ihn – Wen? Helios, Wenn er am Scheitel mir vorüberfleucht! Die Fürstinnen sehn sprachlos und mit Entsetzen einander an. Reißt mit Gewalt sie fort! schaut in den Fluß nieder. Ich, Rasende! Da liegt er mir zu Füßen ja! Nimm mich – Sie will in den Fluß sinken, Prothoe und Meroe halten sie. Die Unglückselige! Da fällt sie leblos, Wie ein Gewand, in unsrer Hand zusammen. auf dem Hügel. Achill erscheint, ihr Fürstinnen! Es kann Die ganze Schar der Jungfraun ihn nicht halten! Ihr Götter! Rettet! Schützet vor dem Frechen Die Königin der Jungfraun! zu den Priesterinnen. Fort! Hinweg! Nicht im Gewühl des Kampfs ist unser Platz. Die Oberpriesterin mit den Priesterinnen und den Rosenmädchen ab. 10. Auftritt Zehenter Auftritt Eine Schar von Amazonen tritt mit Bogen in den Händen auf. Die Vorigen. in die Szene rufend. Zurück, Verwegner! Er hört uns nicht. Ihr Fürstinnen, wenn wir nicht treffen dürfen, So hemmt sich sein wahnsinniger Fortschritt nicht! Was ist zu tun? Sprich, Prothoe! mit der Königin beschäftigt. So sendet Zehntausend Pfeile über ihn! – zu dem Gefolge. Schafft Wasser! Doch sorget, daß ihr ihn nicht tödlich trefft! Schafft einen Helm voll Wasser, sag ich! aus dem Gefolge der Königin. Hier! Sie schöpft und bringt. zur Prothoe. Sei ruhig! Fürchte nichts! Hier ordnet euch! Die Wangen streift ihm, sengt die Locken ihm, Den Kuß des Todes flüchtig laßt ihn schmecken! Sie bereiten ihre Bögen. 11. Auftritt Eilfter Auftritt Achilles ohne Helm, Rüstung und Waffen, im Gefolge einiger Griechen. Die Vorigen. Nun? Wem auch gelten diese Pfeil, ihr Jungfraun? Doch diesem unbeschützten Busen nicht? Soll ich den seidnen Latz noch niederreißen, Daß ihr das Herz mir harmlos schlagen seht? Herunter, wenn du willst, damit! Es braucht's nicht! Den Pfeil genau, wo er die Hand jetzt hält! Daß er das Herz gespießt ihm, wie ein Blatt, Fort mit sich reiß im Flug – Schlagt! Trefft! Sie schießen über sein Haupt hin. Laßt, laßt! Mit euren Augen trefft ihr sicherer. Bei den Olympischen, ich scherze nicht, Ich fühle mich im Innersten getroffen, Und ein Entwaffneter, in jedem Sinne, Leg ich zu euren kleinen Füßen mich. von einem Spieß hinter der Szene hervor getroffen. Ihr guten Götter! Sie sinkt. ebenso. Weh mir! Sie sinkt. ebenso. Artemis! Sie sinkt. Der Rasende! Zugleich. mit der Königin beschäftigt. Die Unglückselige! Entwaffnet nennt er sich. Zugleich. ebenso. Entseelt ist sie. Indessen uns die Seinen niederwerfen! Zugleich. Indessen ringsumher die Jungfraun sinken! Was ist zu tun? Den Sichelwagen her! Die Doggen über ihn! Mit Steinen ihn Hochher, vom Elefantenturm begraben! die Königin plötzlich verlassend. Wohlan, so will ich das Geschoß versuchen. Sie wirft den Bogen von der Schulter und spannt ihn. bald zu dieser, bald zu jener Amazone sich wendend. Ich kann's nicht glauben: süß, wie Silberklang, Straft eure Stimme eure Reden Lügen. Du mit den blauen Augen bist es nicht, Die mir die Doggen reißend schickt, noch du, Die mit der seidenweichen Locke prangt. Seht, wenn, auf euer übereiltes Wort, Jetzt heulend die entkoppelten mir nahten, So würft ihr noch, mit euern eignen Leibern, Euch zwischen sie und mich, dies Männerherz, Dies euch in Lieb erglühende, zu schirmen. Der Übermüt'ge! Hört, wie er sich brüstet! Er meint mit Schmeichelworten uns – die erste geheimnisvoll rufend. Oterpe! sich umwendend. Ha, sieh! Die Meisterin des Bogens jetzt! – Still öffnet euren Kreis, ihr Fraun! Was gibt's? Frag nicht! Du wirst es sehn. Hier! Nimm den Pfeil! indem sie den Pfeil auf den Bogen legt. Die Schenkel will ich ihm zusammenheften. zu einem Griechen, der neben ihm, schon den Bogen angelegt hat. Triff sie! Ihr Himmlischen! Sie sinkt. Der Schreckliche! Getroffen sinkt sie selbst! Ihr ewigen Götter! Und dort naht uns ein neuer Griechenhaufen! 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Diomedes mit den Ätoliern treten von der andern Seite auf. Bald darauf auch Odysseus von der Seite Achills mit dem Heer. Hier, meine wackeren Ätolier, Heran! Er führt sie über die Brüche. Oh, Artemis! Du Heilige! Rette! Jetzt ist's um uns geschehn! Sie trägt die Königin, mit Hülfe einiger Amazonen, wieder auf den Vordergrund der Szene. in Verwirrung. Wir sind gefangen! Wir sind umzingelt! Wir sind abgeschnitten! Fort! Rette sich, wer retten kann! zu Prothoe. Ergebt euch! zu den flüchtigen Amazonen. Ihr Rasenden! Was tut ihr? Wollt ihr stehn! – Prothoe! Sieh her! immer bei der Königin. Hinweg! Verfolge sie, Und wenn du kannst, so mach uns wieder frei. Die Amazonen zerstreuen sich. Meroe folgt ihnen. Auf jetzt, wo ragt sie mit dem Haupte? Dort! Dem Diomed will ich zehn Kronen schenken. Ergebt euch, sag ich noch einmal! Dem Sieger Ergeb ich sie, nicht dir! Was willst du auch? Der Peleïd ist's, dem sie angehört! So werft sie nieder! Auf! den Ätolier zurückstoßend. Der weicht ein Schatten Vom Platz, der mir die Königin berührt! – Mein ist sie! Fort! Was habt ihr hier zu suchen – So! Dein! Ei sieh, bei Zeus', des Donnrers, Locken, Aus welchen Gründen auch? Mit welchem Rechte? Aus einem Grund, der rechts, und einer links. – Gib. Hier. Von deiner Großmut fürcht ich nichts. indem er die Königin in seine Arme nimmt. Nichts, nichts. – Zu Diomedes. Du gehst und folgst und schlägst die Frauen; Ich bleib auf einen Augenblick zurück. – Fort! Mir zulieb. Erwidre nichts. Dem Hades Stünd ich im Kampf um sie, vielmehr denn dir! Er lagt sie an die Wurzel einer Eiche nieder. Es sei! Folgt mir! mit dem Heer über die Bühne ziehend. Glück auf, Achill! Glück auf! Soll ich dir die Quadriga rasselnd schicken? über die Königin geneigt. Es braucht's nicht. Laß noch sein. Gut. Wie du willst. – Folgt mir! Eh sich die Weiber wieder sammlen. Odysseus und Diomedes mit dem Heer von der Seite der Amazonen ab. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Penthesilea, Prothoe, Achilles, Gefolge von Griechen und Amazonen. indem er der Königin die Rüstung öffnet. Sie lebt nicht mehr. O möcht ihr Auge sich Für immer diesem öden Licht verschließen! Ich fürchte nur zu sehr, daß sie erwacht. Wo traf ich sie? Sie raffte von dem Stoß sich, Der ihr die Brust zerriß, gewaltsam auf; Hier führten wir die Wankende heran, Und diesen Fels just wollten wir erklimmen. Doch sei's der Glieder, der verwundeten, Sei's der verletzten Seele Schmerz: sie konnte, Daß sie im Kampf gesunken dir, nicht tragen; Der Fuß versagte brechend ihr den Dienst, Und Irrgeschwätz von bleichen Lippen sendend, Fiel sie zum zweitenmal mir in den Arm. Sie zuckte – sahst du es? Ihr Himmlischen! So hat sie noch den Kelch nicht ausgeleert? Seht, o die Jammervolle, seht – Sie atmet. Pelide! Wenn du das Erbarmen kennst, Wenn ein Gefühl den Busen dir bewegt, Wenn du sie töten nicht, in Wahnsinn völlig Die Leichtgereizte nicht verstricken willst, So gönne eine Bitte mir. Sprich rasch! Entferne dich! Tritt, du Vortrefflicher, Tritt aus dem Antlitz ihr, wenn sie erwacht. Entrück ihr gleich die Schar, die dich umsteht, Und laß, bevor die Sonne sich erneut, Fern auf der Berge Duft, ihr niemand nahn, Der sie begrüßte, mit dem Todeswort: Du bist die Kriegsgefangene Achills. So haßt sie mich? O frage nicht, Großherz'ger! – Wenn sie jetzt freudig an der Hoffnung Hand Ins Leben wiederkehrt, so sei der Sieger Das erste nicht, das freudlos ihr begegnet. Wie manches regt sich in der Brust der Frauen, Das für das Licht des Tages nicht gemacht. Muß sie zuletzt, wie ihr Verhängnis will, Als die Gefangne schmerzlich dich begrüßen, So fordr'es früher nicht, beschwör ich dich! Als bis ihr Geist dazu gerüstet steht. Mein Will ist, ihr zu tun, muß ich dir sagen, Wie ich dem stolzen Sohn des Priam tat. Wie, du Entsetzlicher! – Fürchtet sie dies? Du willst das Namenlos' an ihr vollstrecken? Hier diesen jungen Leib, du Mensch voll Greuel, Geschmückt mit Reizen, wie ein Kind mit Blumen, Du willst ihn schändlich, einer Leiche gleich –? Sag ihr, daß ich sie liebe. Wie? – Was war das? Beim Himmel, wie! Wie Männer Weiber lieben; Keusch und das Herz voll Sehnsucht doch, in Unschuld, Und mit der Lust doch, sie darum zu bringen. Ich will zu meiner Königin sie machen. Ihr ew'gen Götter, sag das noch einmal. – Du willst? Kann ich nun bleiben? O so laß Mich deine Füße küssen, Göttlicher! O jetzt, wärst du nicht hier, jetzt sucht ich dich, Und müßt's an Herkuls Säulen sein, Pelide! – Doch sieh: sie schlägt die Augen auf – Sie regt sich – Jetzt gilt's! Ihr Männer, fort von hier; und du Rasch hinter diese Eiche berge dich! Fort, meine Freunde! Tretet ab. Das Gefolge des Achills ab. zu Achill, der sich hinter die Eiche stellt. Noch tiefer! Und eher nicht, beschwör ich dich, erscheine, Als bis mein Wort dich ruft. Versprichst du mir: – Es läßt sich ihre Seele nicht berechnen. Es soll geschehn. Nun denn, so merk jetzt auf! 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Penthesilea, Prothoe, Achilles. Gefolge von Amazonen. Penthesilea! O du Träumerin! In welchen fernen Glanzgefilden schweift Dein Geist umher, mit unruhvollem Flattern, Als ob sein eigner Sitz ihm nicht gefiele, Indes das Glück, gleich einem jungen Fürsten, In deinen Busen einkehrt, und, verwundert Die liebliche Behausung leer zu finden, Sich wieder wendet und zum Himmel schon Die Schritte wieder flüchtig setzen will? Willst du den Gast nicht fesseln, o du Törin? Komm hebe dich an meine Brust. Wo bin ich? – Kennst du die Stimme deiner Schwester nicht? Führt jener Fels dich, dieser Brückenpfad, Die ganze blühnde Landschaft nicht zurück? – Sich diese Jungfraun, welche dich umringen: Wie an den Pforten einer schönren Welt, Stehn sie, und rufen dir: willkommen! zu. – Du seufzest. Was beängstigt dich? Ach Prothoe! Welch einen Traum entsetzensvoll träumt ich – Wie süß ist es, ich möchte Tränen weinen, Dies mattgequälte Herz, da ich erwache, An deinem Schwesterherzen schlagen fühlen – – Mir war, als ob, im heftigen Getümmel, Mich des Peliden Lanze traf: umrasselt Von meiner erznen Rüstung, schmettr ich nieder; Der Boden widerhallte meinem Sturz. Und während das erschrockne Heer entweicht, Umstrickt an allen Gliedern lieg ich noch, Da schwingt er sich vom Pferde schon herab, Mit Schritten des Triumphes naht er mir? Und er ergreift die Hingesunkene, In starken Armen hebt er mich empor, Und jeder Griff nach diesem Dolch versagt mir, Gefangen bin ich und mit Hohngelächter Zu seinen Zelten werd ich abgeführt. Nicht, meine beste Königin! Der Hohn Ist seiner großmutsvollen Seele fremd. Wär es, was dir im Traum erschien: glaub mir, Ein sel'ger Augenblick wär dir beschieden, Und in den Staub vielleicht, dir huldigend, Sähst du den Sohn der Götter niederfallen. Fluch mir, wenn ich die Schmach erlebte, Freundin! Fluch mir, empfing ich jemals einen Mann, Den mir das Schwert nicht würdig zugeführt. Sei ruhig, meine Königin. Wie! Ruhig – Liegst du an meinem treuen Busen nicht? Welch ein Geschick auch über dich verhängt sei, Wir tragen es, wir beide: fasse dich. Ich war so ruhig, Prothoe, wie das Meer, Das in der Bucht des Felsen liegt; nicht ein Gefühl, das sich in Wellen mir erhob. Dies Wort: sei ruhig! jagt mich plötzlich jetzt Wie Wind die offnen Weltgewässer, auf. Was ist es denn, das Ruh hier nötig macht? – Ihr steht so seltsam um mich, so verstört – – Und sendet Blicke, bei den ew'gen Göttern, In meinen Rücken hin, als stünd ein Unhold, Mit wildem Antlitz dräuend, hinter mir. – Du hörst's, es war ja nur ein Traum, es ist nicht – Wie! Oder ist es? Ist's? Wär's wirklich? Rede! – – Wo ist denn Meroe? Megaris? Sie sieht sich um und erblickt den Achilles. Entsetzlich! Da steht der Fürchterliche hinter mir. Jetzt meine freie Hand – Sie zieht den Dolch. Unglückliche! O die Nichtswürdige, sie wehret mir – Achilles! Rette sie. O Rasende! Er soll den Fuß auf meinen Nacken setzen! Den Fuß, Wahnsinnige – Hinweg, sag ich! – So sieh ihn doch nur an, Verlorene –! Steht er nicht ohne Waffen hinter dir? Wie? Was? Nun ja! Bereit, wenn du's verlangst, Selbst deinem Fesselkranz sich darzubieten. Nein, sprich. Achill! Sie glaubt mir nicht. Sprich du! Er wär gefangen mir? Wie sonst? Ist's nicht der währenddessen vorgetreten. In jedem schönren Sinn, erhabne Königin! Gewillt mein ganzes Leben fürderhin, In deiner Blicke Fesseln zu verflattern. drückt ihre Hände vors Gesicht. Nun denn, da hörtest du's aus seinem Mund. – Er sank, wie du, als ihr euch traft, in Staub; Und während du entseelt am Boden lagst, Ward er entwaffnet – nicht? Ich ward entwaffnet; Man führte mich zu deinen Füßen her. Er beugt ein Knie vor ihr. nach einer kurzen Pause. Nun denn, so sei mir, frischer Lebensreiz, Du junger, rosenwang'ger Gott, gegrüßt! Hinweg jetzt, o mein Herz, mit diesem Blute, Das aufgehäuft, wie seiner Ankunft harrend, In beiden Kammern dieser Brüste liegt. Ihr Boten, ihr geflügelten, der Lust, Ihr Säfte meiner Jugend, macht euch auf, Durch meine Adern fleucht, ihr jauchzenden, Und laßt es einer roten Fahne gleich, Von allen Reichen dieser Wangen wehn: Der junge Nereïdensohn ist mein! Sie steht auf. O meine teure Königin, mäß'ge dich. indem sie vorschreitet. Heran, ihr sieggekrönten Jungfraun jetzt, Ihr Töchter Mars', vom Wirbel bis zur Sohle Vom Staub der Schlacht noch überdeckt, heran, Mit dem Argiverjüngling jegliche, Den sie sich überwunden, an der Hand! Ihr Mädchen, naht euch, mit den Rosenkörben: Wo sind für soviel Scheitel Kränze mir? Hinaus mir über die Gefilde, sag ich, Und mir die Rosen, die der Lenz verweigert, Mit eurem Atem aus der Flur gehaucht! An euer Amt, ihr Priestrinnen der Diana: Daß eures Tempels Pforten rasselnd auf, Des glanzerfüllten, weihrauchduftenden, Mir, wie des Paradieses Tore, fliegen! Zuerst den Stier, den feisten, kurzgehörnten, Mir an den Altar hin; das Eisen stürz ihn, Das blinkende, an heil'ger Stätte lautlos, Daß das Gebäu erschüttere, darnieder. Ihr Dienrinnen, ihr rüstigen, des Tempels, Das Blut, wo seid ihr? rasch, ihr Emsigen, Mit Perserölen, von der Kohle zischend, Von des Getäfels Plan hinweggewaschen! Und all ihr flatternden Gewänder, schürzt euch, Ihr goldenen Pokale, füllt euch an, Ihr Tuben, schmettert, donnert, ihr Posaunen, Der Jubel mache, der melodische, Den festen Bau des Firmamentes beben! – O Prothoe! Hilf jauchzen mir, frohlocken, Erfinde, Freundin, Schwesterherz, erdenke, Wie ich ein Fest jetzt, göttlicher, als der Olymp durchjubelte, verherrliche, Das Hochzeitsfest der krieggeworbnen Bräute, Der Inachiden und der Kinder Mars'! – O Meroe, wo bist du? Megaris? mit unterdrückter Rührung. Freud ist und Schmerz dir, seh ich, gleich verderblich, Und gleich zum Wahnsinn reißt dich beides hin. Du wähnst, wähnst dich in Themiscyra schon, Und wenn du so die Grenzen überschwärmst, Fühl ich gereizt mich, dir das Wort zu nennen, Das dir den Fittich plötzlich wieder lähmt. Blick um dich her, Betrogene, wo bist du? Wo ist das Volk? Wo sind die Priesterinnen? Asteria? Meroe? Megaris? Wo sind sie? an ihrem Busen. O laß mich, Prothoe! O laß dies Herz Zwei Augenblick in diesem Strom der Lust, Wie ein besudelt Kind, sich untertauchen; Mit jedem Schlag in seine üpp'gen Wellen Wäscht sich ein Makel mir vom Busen weg. Die Eumeniden fliehn, die schrecklichen, Es weht, wie Nahn der Götter um mich her, Ich möchte gleich in ihren Chor mich mischen, Zum Tode war ich nie so reif als jetzt. Doch jetzt vor allem: du vergibst mir doch? O meine Herrscherin! Ich weiß, ich weiß – Nun, meines Blutes beßre Hälft ist dein. – Das Unglück, sagt man, läutert die Gemüter, Ich, du Geliebte, ich empfand es nicht; Erbittert hat es, Göttern mich und Menschen In unbegriffner Leidenschaft empört. Wie seltsam war, auf jedem Antlitz, mir, Wo ich sie traf, der Freude Spur verhaßt; Das Kind, das in der Mutter Schoße spielte, Schien mir verschworen wider meinen Schmerz. Wie möcht ich alles jetzt, was mich umringt, Zufrieden gern und glücklich sehn! Ach, Freundin! Der Mensch kann groß, ein Held, im Leiden sein, Doch göttlich ist er, wenn er selig ist! – Doch rasch zur Sache jetzt. Es soll das Heer Zur Rückkehr schleunig jede Anstalt treffen; Sobald die Scharen ruhten, Tier und Menschen, Bricht auch der Zug mit den Gefangenen, Nach unsern heimatlichen Fluren auf. – – Wo ist Lykaon? Wer? mit zärtlichem Unwillen. Wer, fragst du noch! Er, jener blühende Arkadierheld, Den dir das Schwert erwarb. Was hält ihn fern? verwirrt. Er weilt noch in den Wäldern, meine Königin! Wo man die übrigen Gefangnen hält. Vergönne, daß er, dem Gesetz gemäß, Eh nicht, als in der Heimat mir erscheine. Man ruf ihn mir! – Er weilt noch in den Wäldern! – Zu meiner Prothoe Füßen ist sein Platz! – – Ich bitte dich, Geliebte, ruf ihn her, Du stehst mir, wie ein Maienfrost, zur Seite, Und hemmst der Freude junges Leben mir. für sich. Die Unglückselige! – Wohlan so geht, Und tut, wie euch die Königin befohlen. Sie winkt einer Amazone; diese geht ab. Wer schafft mir jetzt die Rosenmädchen her? Sie erblickt Rosen auf dem Boden. Sieh! Kelche finden, und wie duftende, Auf diesem Platz sich –! Sie fährt sich mit der Hand über die Stirne. Ach mein böser Traum! Zu Prothoe. War denn der Diana Oberpriestrin hier? Nicht, daß ich wüßte, meine Königin – Wie kommen denn die Rosen her? rasch. Sieh da! Die Mädchen, die die Fluren plünderten, Sie ließen einen Korb voll hier zurück. Nun, diesen Zufall wahrlich nenn ich günstig. Hier, diese duft'gen Blüten raff ich auf, Und winde den Pelidenkranz dir. Soll ich? Sie setzt sich an der Eiche nieder. Du Liebe! Treffliche! Wie du mich rührst. – Wohlan! Und diese hundertblättrigen Ich dir zum Siegerkranz Lykaons. Komm. Sie rafft gleichfalls einige Rosen auf, und setzt sich neben Prothoe nieder. Musik, ihr Fraun, Musik! Ich bin nicht ruhig. Laßt den Gesang erschallen! Macht mich still. aus ihrem Gefolge. Was wünschest du? Den Siegsgesang? – Die Hymne. Es sei. – O die Betrogene! – Singt! Spielt! mit Musik. Ares entweicht! Seht, wie sein weißes Gespann Fernhin dampfend zum Orkus niedereilt! Die Eumeniden öffnen, die scheußlichen: Sie schließen die Tore wieder hinter ihm zu. Hymen! Wo weilst du? Zünde die Fackel an, und leuchte! leuchte! Hymen! wo weilst du? Ares entweicht! usw. nähert sich während des Gesanges der Prothoe heimlich. Sprich! Wohin führt mich dies? Ich will es wissen! Noch einen Augenblick, Großherziger, Fleh ich dich um Geduld – du wirst es sehn. Wenn die Kränze gewunden sind, wechselt Penthesilea den ihrigen gegen den Kranz der Prothoe, sie umarmen sich und betrachten die Windungen. Die Musik schweigt. Die Amazone kehrt zurück. Hast du's bestellt? Lykaon wird sogleich, Der junge Prinz Arkadiens, erscheinen. 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Penthesilea, Prothoe, Achilles, Amazonen Komm jetzt, du süßer Nereïdensohn, Komm, lege dich zu Füßen mir – Ganz her! Nur dreist heran! – – Du fürchtest mich doch nicht? – Verhaßt nicht, weil ich siegte, bin ich dir? Sprich! Fürchtest du, die dich in Staub gelegt? zu ihren Füßen. Wie Blumen Sonnenschein. Gut, gut gesagt! So sieh mich auch wie deine Sonne an. – Diana, meine Herrscherin, er ist Verletzt! Geritzt am Arm, du siehst, nichts weiter. Ich bitte dich, Pelide, glaube nicht, Daß ich jemals nach deinem Leben zielte. Zwar gern mit diesem Arm hier traf ich dich; Doch als du niedersankst, beneidete, Hier diese Brust den Staub, der dich empfing. Wenn du mich liebst, so sprichst du nicht davon. Du siehst, es heilt schon. So verzeihst du mir? Von ganzem Hetzen. – Jetzt – kannst du mir sagen, Wie es die Liebe macht, der Flügelknabe, Wenn sie den störr'gen Leun in Fesseln schlägt? Sie streichelt, denk ich, seine rauhen Wangen, So hält er still. Nun denn, so wirst du dich Nicht mehr als eine junge Taube regen, Um deren Hals ein Mädchen Schlingen legt. Denn die Gefühle dieser Brust, o Jüngling, Wie Hände sind sie, und sie streicheln dich. Sie umschlingt ihn mit Kränzen. Wer bist du, wunderbares Weib? Gib her. – Ich sagte, still! Du wirst es schon erfahren. – Hier diese leichte Rosenwindung nur Um deine Scheitel, deinen Nacken hin – Zu deinen Armen, Händen, Füßen nieder – Und wieder auf zum Haupt – – so ist's geschehn. – Was atmest du? Duft deiner süßen Lippen. indem sie sich zurückbeugt. Es sind die Rosen, die Gerüche streun. – Nichts, nichts! Ich wollte sie am Stock versuchen. Sobald sie reif sind, Liebster, pflückst du sie. Sie setzt ihm noch einen Kranz auf die Scheitel und läßt ihn gehn. Jetzt ist's geschehn. – O sieh, ich bitte dich, Wie der zerfloßne Rosenglanz ihm steht! Wie sein gewitterdunkles Antlitz schimmert! Der junge Tag, wahrhaftig, liebste Freundin, Wenn ihn die Horen von den Bergen führen, Demanten perlen unter seinen Tritten: Er sieht so weich und mild nicht drein, als er. – Sprich! Dünkt's dich nicht, als ob sein Auge glänzte? – Fürwahr! Man möchte, wenn er so erscheint, fast zweifeln, Daß er es sei. Wer, meinst du? Der Pelide! – Sprich, wer den Größesten der Priamiden Vor Trojas Mauern fällte, warst das du? Hast du ihm wirklich, du , mit diesen Händen Den flücht'gen Fuß durchkeilt, an deiner Achse Ihn häuptlings um die Vaterstadt geschleift? – Sprich! Rede! Was bewegt dich so? Was fehlt dir? Ich bin's. nachdem sie ihn scharf angesehen. Er sagt, er sei's. Er ist es, Königin; An diesem Schmuck hier kannst du ihn erkennen. Woher? Es ist die Rüstung, sieh nur her, Die Thetis ihm, die hohe Göttermutter, Bei dem Hephäst, des Feuers Gott, erschmeichelt. Nun denn, so grüß ich dich mit diesem Kuß, Unbändigster der Menschen, mein! Ich bin's, Du junger Kriegsgott, der du angehörst; Wenn man im Volk dich fragt, so nennst du mich . O du, die eine Glanzerscheinung mir, Als hätte sich das Ätherreich eröffnet, Herabsteigst, Unbegreifliche, wer bist du? Wie nenn ich dich, wenn meine eigne Seele Sich, die entzückte, fragt, wem sie gehört? Wenn sie dich fragt, so nenne diese Züge, Das sei der Nam, in welchem du mich denkst. – Zwar diesen goldnen Ring hier schenk ich dir, Mit jedem Merkmal, das dich sicher stellt; Und zeigst du ihn, so weist man dich zu mir. Jedoch ein Ring vermißt sich, Namen schwinden Wenn dir der Nam entschwänd, der Ring sich mißte: Fändst du mein Bild in dir wohl wieder aus? Kannst du's wohl mit geschloßnen Augen denken? Es steht so fest, wie Züg in Diamanten. Ich bin die Königin der Amazonen, Er nennt sich marserzeugt, mein Völkerstamm, Otrere war die große Mutter mir, Und mich begrüßt das Volk: Penthesilea. Penthesilea. Ja, so sagt ich dir. Mein Schwan singt noch im Tod: Penthesilea. Die Freiheit schenk ich dir, du kannst den Fuß Im Heer der Jungfraun setzen, wie du willst. Denn eine andre Kette denk ich noch, Wie Blumen leicht, und fester doch, als Erz, Die dich mir fest verknüpft, ums Herz zu schlagen. Doch bis sie zärtlich, Ring um Ring, geprägt, In der Gefühle Glut, und ausgeschmiedet, Der Zeit nicht, und dem Zufall, mehr zerstörbar, Kehrst du, weil es die Pflicht erheischt, mir wieder, Mir, junger Freund, versteh mich, die für jedes, Sei's ein Bedürfnis, sei's ein Wunsch, dir sorgt. Willst du das tun, sag an? Wie junge Rosse Zum Duft der Krippe, die ihr Leben nährt. Gut. Ich verlaß mich drauf. Wir treten jetzt Die Reise gleich nach Themiscyra an; Mein ganzer Harras bis dahin ist dein. Man wird dir purpurne Gezelte bringen, Und auch an Sklaven nicht, dich zu bedienen, Wird's deinem königlichen Willen fehlen. Doch weil mich, auf dem Zuge, du begreifst, So manche Sorge fesselt, wirst du dich Noch zu den übrigen Gefangnen halten: In Themiscyra erst, Neridensohn, Kann ich mich ganz, aus voller Brust, dir weihn. Es soll geschehn. zu Prothoe. Nun aber sage mir, Wo weilt auch dein Arkadier? Meine Fürstin – So gern von deiner Hand, geliebte Prothoe, Möcht ich bekränzt ihn sehn. Er wird schon kommen. – Der Kranz hier soll ihm nicht verlorengehn. aufbrechend. Nun denn – mich rufen mancherlei Geschäfte, So laßt mich gehn. Wie? Laß mich aufstehn, Freund. Du fliehst? Du weichst? Du lässest mich zurück? Noch eh du meiner sehnsuchtsvollen Brust So vieler Wunder Aufschluß gabst, Geliebte? In Themiscyra, Freund. Hier, meine Königin! In Themiscyra, Freund, in Themiscyra – Laß mich! sie zurückhaltend, unruhig. Wie? Meine Königin! Wo willst du hin? befremdet. Die Scharen will ich mustern – sonderbar! Mit Meroe will ich sprechen, Megaris. Hab ich, beim Styx, jetzt nichts zu tun, als plaudern? Das Heer verfolgt die flücht'gen Griechen noch. – Laß Meroe, die die Spitze führt, die Sorge; Du brauchst der Ruhe noch. – Sobald der Feind Nur völlig über den Skamandros setzte, Wird dir das Heer hier siegreich vorgeführt. erwägend. So! – Hier auf dieses Feld? Ist das gewiß? Gewiß. Verlaß dich drauf. – zum Achill. Nun so sei kurz. Was ist's, du wunderbares Weib, daß du, Athene gleich, an eines Kriegsheers Spitze, Wie aus den Wolken nieder, unbeleidigt, In unsern Streit vor Troja plötzlich fällst? Was treibt, vom Kopf zu Fuß in Erz gerüstet, So unbegriffner Wut voll, Furien ähnlich, Dich gegen das Geschlecht der Griechen an; Du, die sich bloß in ihrer Schöne ruhig Zu zeigen brauchte, Liebliche, das ganze Geschlecht der Männer dir im Staub zu sehn? Ach, Nereïdensohn! – Sie ist mir nicht, Die Kunst vergönnt, die sanftere, der Frauen! Nicht bei dem Fest, wie deines Landes Töchter, Wenn zu wetteifernd frohen Übungen Die ganze Jugendpracht zusammenströmt, Darf ich mir den Geliebten ausersehn; Nicht mit dem Strauß, so oder so gestellt, Und dem verschämten Blick, ihn zu mir locken; Nicht in dem nachtigall-durchschmetterten Granatwald, wenn der Morgen glüht, ihm sagen, An seine Brust gesunken, daß er's sei. Im blut'gen Feld der Schlacht muß ich ihn suchen, Den Jüngling, den mein Herz sich auserkor, Und ihn mit ehrnen Armen mir ergreifen, Den diese weiche Brust empfangen soll. Und woher quillt, von wannen, ein Gesetz, Unweiblich, du vergibst mir, unnatürlich, Dem übrigen Geschlecht der Menschen fremd? Fern aus der Urne alles Heiligen, O Jüngling: von der Zeiten Gipfeln nieder, Den unbetretnen, die der Himmel ewig In Wolkenduft geheimnisvoll verhüllt. Der ersten Mütter Wort entschied es also, Und dem verstummen wir, Neridensohn, Wie deiner ersten Väter Worten du. Sei deutlicher. Wohlan! So höre mich. – Wo jetzt das Volk der Amazonen herrschet, Da lebte sonst, den Göttern untertan, Ein Stamm der Scythen, frei und kriegerisch, Jedwedem andern Volk der Erde gleich. Durch Reihn schon nannt er von Jahrhunderten Den Kaukasus, den fruchtumblühten, sein: Als Vexoris, der Äthioper König, An seinem Fuß erschien, die Männer rasch, Die kampfverbundnen, vor sich niederwarf, Sich durch die Täler goß, und Greis' und Knaben, Wo sein gezückter Stahl sie traf, erschlug: Das ganze Prachtgeschlecht der Welt ging aus. Die Sieger bürgerten, barbarenartig, In unsre Hütten frech sich ein, ernährten Von unsrer reichen Felder Früchten sich, Und, voll der Schande Maß uns zuzumessen, Ertrotzten sie der Liebe Gruß sich noch: Sie rissen von den Gräbern ihrer Männer Die Fraun zu ihren schnöden Betten hin. Vernichtend war das Schicksal, Königin, Das deinem Frauenstaat das Leben gab. Doch alles schüttelt, was ihm unerträglich, Der Mensch von seinen Schultern sträubend ab; Den Druck nur mäß'ger Leiden duldet er. Durch ganze Nächte lagen, still und heimlich, Die Fraun im Tempel Mars', und höhlten weinend Die Stufen mit Gebet um Rettung aus. Die Betten füllten, die entweihten, sich Mit blankgeschliffnen Dolchen an, gekeilt, Aus Schmuckgeräten, bei des Herdes Flamme, Aus Senkeln, Ringen, Spangen: nur die Hochzeit Ward, des Äthioperkönigs Vexoris Mit Tanaïs, der Königin, erharrt, Der Gäste Brust zusamt damit zu küssen. Und als das Hochzeitsfest erschienen war, Stieß ihm die Kön'gin ihren in das Herz; Mars, an des Schnöden Statt, vollzog die Ehe, Und das gesamte Mordgeschlecht, mit Dolchen, In einer Nacht, ward es zu Tod gekitzelt. Solch eine Tat der Weiber läßt sich denken. Und dies jetzt ward im Rat des Volks beschlossen: Frei, wie der Wind auf offnem Blachfeld, sind Die Fraun, die solche Heldentat vollbracht, Und dem Geschlecht der Männer nicht mehr dienstbar. Ein Staat, ein mündiger, sei aufgestellt, Ein Frauenstaat, den fürder keine andre Herrschsücht'ge Männerstimme mehr durchtrotzt, Der das Gesetz sich würdig selber gebe, Sich selbst gehorche, selber auch beschütze: Und Tanaïs sei seine Königin. Der Mann, des' Auge diesen Staat erschaut, Der soll das Auge gleich auf ewig schließen; Und wo ein Knabe noch geboren wird, Von der Tyrannen Kuß, da folg er gleich Zum Orkus noch den wilden Vätern nach. Der Tempel Ares' füllte sich sogleich Gedrängt mit Volk, die große Tanaïs Zu solcher Satzung Schirmerin zu krönen. Gerad als sie, im festlichsten Moment, Die Altarstuf erstieg, um dort den Bogen, Den großen, goldenen, des Scythenreichs, Den sonst die Könige geführt, zu greifen, Von der geschmückten Oberpriesterin Hand, Ließ eine Stimme also sich vernehmen: »Den Spott der Männer werd er reizen nur, Ein Staat, wie der, und gleich dem ersten Anfall Des kriegerischen Nachbarvolks erliegen: Weil doch die Kraft des Bogens nimmermehr, Von schwachen Fraun, beengt durch volle Brüste, Leicht wie von Männern, sich regieren würde.« Die Königin stand einen Augenblick, Und harrte still auf solcher Rede Glück; Doch als die feige Regung um sich griff, Riß sie die rechte Brust sich ab, und taufte: Die Frauen, die den Bogen spannen würden, Und fiel zusammen, eh sie noch vollendet: Die Amazonen oder Busenlosen! – Hierauf ward ihr die Krone aufgesetzt. Nun denn, beim Zeus, die brauchte keine Brüste! Die hätt ein Männervolk beherrschen können, Und meine ganze Seele beugt sich ihr. Still auch auf diese Tat ward's, Peleïde, Nichts als der Bogen ließ sich schwirrend hören, Der aus den Händen, leichenbleich und starr, Der Oberpriesterin daniederfiel. Er stürzt', der große, goldene, des Reichs, Und klirrte von der Marmorstufe dreimal, Mit dem Gedröhn der Glocken, auf, und legte, Stumm wie der Tod, zu ihren Füßen sich. – Man folgt ihr, hoff ich doch, im Staat der Frauen, In diesem Beispiel nicht? Nicht – allerdings! Man ging so lebhaft nicht zu Werk als sie. mit Erstaunen. Wie! Also doch –? Unmöglich! Was sagst du? – Die ungeheure Sage wäre wahr? Und alle diese blühenden Gestalten, Die dich umstehn, die Zierden des Geschlechts, Vollständig, einem Altar gleich, jedwede Geschmückt, in Liebe davor hinzuknien, Sie sind beraubt, unmenschlich, frevelhaft –? Hast du das nicht gewußt? indem er sein Gesicht an ihre Brust drückt. O Königin! Der Sitz der jungen, lieblichen Gefühle, Um eines Wahns, barbarisch – Sei ganz ruhig. Sie retteten in diese linke sich, Wo sie dem Herzen um so näher wohnen. Du wirst mir, hoff ich, deren keins vermissen. Fürwahr! Ein Traum, geträumt in Morgenstunden, Scheint mir wahrhaft'ger, als der Augenblick. – Doch weiter. Wie? – Du bist den Schluß noch schuldig. Denn dieser überstolze Frauenstaat, Der ohn der Männer Hülf entstand, wie pflanzt er Doch ohne Hülfe sich der Männer fort? Wirft euch Deukalion, von Zeit zu Zeit, Noch seiner Schollen eine häuptlings zu? Sooft nach jährlichen Berechnungen, Die Königin dem Staat ersetzen will, Was ihr der Tod entrafft, ruft sie die blühendsten Der Frauen – Stockt und sieht ihn an. Warum lächelst du? Wer? Ich? Mich dünkt, du lächelst, Lieber. – Deiner Schöne Ich war zerstreut. Vergib. Ich dachte eben, Ob du mir aus dem Monde niederstiegst? nach einer Pause. Sooft, nach jährlichen Berechnungen, Die Königin, was ihr der Tod entrafft, Dem Staat ersetzen will, ruft sie die blühndsten Der Fraun, von allen Enden ihres Reichs, Nach Themiscyra hin, und fleht, im Tempel Der Artemis, auf ihre jungen Schöße Den Segen keuscher Marsbefruchtung nieder. Ein solches Fest heißt, still und weich gefeiert, Der blühnden Jungfraun Fest, wir warten stets, Bis – wenn das Schneegewand zerhaucht, der Frühling Den Kuß drückt auf den Busen der Natur. Dianas heil'ge Priesterin verfügt, Auf dies Gesuch, sich in den Tempel Mars', Und trägt, am Altar hingestreckt, dem Gott Den Wunsch der weisen Völkermutter vor. Der Gott dann, wenn er sie erhören will, – Denn oft verweigert er's, die Berge geben, Die schneeigen, der Nahrung nicht zu viel – Der Gott zeigt uns, durch seine Priesterin, Ein Volk an, keusch und herrlich, das, statt seiner, Als Stellvertreter, uns erscheinen soll. Des Volkes Nam und Wohnsitz ausgesprochen, Ergeht ein Jubel nun durch Stadt und Land. Marsbräute werden sie begrüßt, die Jungfraun, Beschenkt mit Waffen, von der Mütter Hand, Mit Pfeil' und Dolch, und allen Gliedern fliegt, Von ems'gen Händen jauchzend rings bedient, Das erzene Gewand der Hochzeit an. Der frohe Tag der Reise wird bestimmt, Gedämpfter Tuben Klang ertönt, es schwingt Die Schar der Mädchen flüsternd sich zu Pferd, Und still und heimlich, wie auf wollnen Sohlen, Geht's in der Nächte Glanz, durch Tal und Wald, Zum Lager fern der Auserwählten hin. Das Land erreicht, ruhn wir, an seiner Pforte, Uns noch zwei Tage, Tier' und Menschen, aus: Und wie die feuerrote Windsbraut brechen Wir plötzlich in den Wald der Männer ein, Und wehn die Reifsten derer, die da fallen, Wie Samen, wenn die Wipfel sich zerschlagen, In unsre heimatlichen Fluren hin. Hier pflegen wir, im Tempel Dianas, ihrer, Durch heil'ger Feste Reihn, von denen mir Bekannt nichts, als der Name: Rosenfest – Und denen sich, bei Todesstrafe, niemand, Als nur die Schar der Bräute nahen darf – Bis uns die Saat selbst blühend aufgegangen; Beschenken sie, wie Könige zusamt; Und schicken sie, am Fest der reifen Mütter, Auf stolzen Prachtgeschirren wieder heim. Dies Fest dann freilich ist das frohste nicht, Neridensohn – denn viele Tränen fließen, Und manches Herz, von düsterm Gram ergriffen, Begreift nicht, wie die große Tanaïs In jedem ersten Wort zu preisen sei. – Was träumst du? Ich? Du. zerstreut. Geliebte, mehr, Als ich in Worte eben fassen kann. – – Und auch mich denkst du also zu entlassen? Ich weiß nicht, Lieber. Frag mich nicht. – Traun! Seltsam. – Er versinkt in Nachdenken. – Doch einen Aufschluß noch gewährst du mir. Sehr gern, mein Freund. Sei dreist. Wie faß ich es Daß du gerade mich so heiß verfolgtest? Es schien, ich sei bekannt dir. Allerdings. Wodurch? Willst du der Törichten nicht lächeln? lächelnd. Ich weiß nicht, sag ich jetzt, wie du. Nun denn, Du sollst's erfahren. – Sieh ich hatte schon Das heitre Fest der Rosen zwanzigmal Erlebt und drei, und immer nur von fern, Wo aus dem Eichenwald der Tempel ragt, Den frohen Jubelschall gehört, als Ares, Bei der Otrere, meiner Mutter, Tod, Zu seiner Braut mich auserkor. Denn die! Prinzessinnen, aus meinem Königshaus, Sie mischen nie aus eigener Bewegung, Sich in der blühnden Jungfraun Fest; der Gott, Begehrt er ihrer, ruft sie würdig auf, Durch seiner großen Oberpriestrin Mund. Die Mutter lag, die bleiche, scheidende, Mir in den Armen eben, als die Sendung Des Mars mir feierlich im Palast erschien, Und mich berief, nach Troja aufzubrechen, Um ihn von dort bekränzt heranzuführen. Es traf sich, daß kein Stellvertreter je Ernannt noch ward, willkommener den Bräuten, Als die Hellenenstämme, die sich dort umkämpften. An allen Ecken hörte man erjauchzend, Auf allen Märkten, hohe Lieder schallen, Die des Hero'nkriegs Taten feierten: Vom Paris-Apfel, dem Helenenraub, Von den geschwaderführenden Atriden, Vom Streit um Briseïs, der Schiffe Brand, Auch von Patroklus' Tod, und welche Pracht Du des Triumphes rächend ihm gefeiert; Und jedem großen Auftritt dieser Zeit. – In Tränen schwamm ich, Jammervolle, hörte Mit halbem Ohr nur, was die Botschaft mir, In der Otrere Todesstunde, brachte; »Laß mich dir bleiben«, rief ich, »meine Mutter, Dein Ansehn, brauch es heut zum letztenmal, Und heiße diese Frauen wieder gehn.« Doch sie, die würd'ge Königin, die längst Mich schon ins Feld gewünscht – denn ohne Erben War, wenn sie starb, der Thron und eines andern Ehrgeiz'gen Nebenstammes Augenmerk – Sie sagte: »geh, mein süßes Kind! Mars ruft dich! Du wirst den Peleïden dir bekränzen: Werd eine Mutter, stolz und froh, wie ich« – Und drückte sanft die Hand mir, und verschied. So nannte sie den Namen dir, Otrere? – Sie nannt ihn, Prothoe, wie's einer Mutter Wohl im Vertraun zu ihrer Tochter ziemt. Warum? Weshalb? Verbeut dies das Gesetz? Es schickt sich nicht, daß eine Tochter Mars' Sich ihren Gegner sucht, den soll sie wählen, Den ihr der Gott im Kampf erscheinen läßt. – Doch wohl ihr, zeigt die Strebende sich da, Wo ihr die Herrlichsten entgegenstehn. – Nicht, Prothoe? So ist's. Nun –? – Lange weint ich, Durch einen ganzen kummervollen Mond, An der Verblichnen Grab, die Krone selbst, Die herrenlos am Rande lag, nicht greifend, Bis mich zuletzt der wiederholte Ruf Des Volks, das den Palast mir ungeduldig, Bereit zum Kriegeszug, umlagerte, Gewaltsam auf den Thron riß. Ich erschien, Wehmütig strebender Gefühle voll, Im Tempel Mars', den Bogen gab man mir, Den klirrenden, des Amazonenreichs, Mir war, als ob die Mutter mich umschwebte, Da ich ihn griff, nichts schien mir heiliger, Als ihren letzten Willen zu erfüllen. Und da ich Blumen noch, die duftigsten, Auf ihren Sarkophag gestreut, brach ich Jetzt mit dem Heer der Amazonen auf, Nach der Dardanerburg – Mars weniger, Dem großen Gott, der mich dahin gerufen, Als der Otrere Schatten, zu gefallen. Wehmut um die Verblichne lähmte flüchtig Die Kraft, die deine junge Brust sonst ziert. Ich liebte sie. Nun? Hierauf? – In dem Maße, Als ich mich dem Skamandros näherte, Und alle Täler rings, die ich durchrauschte, Von dem Trojanerstreite widerhallten, Schwand mir der Schmerz, und meiner Seele ging Die große Welt des heitern Krieges auf. Ich dachte so: wenn sie sich allzusamt, Die großen Augenblicke der Geschichte, Mir wiederholten, wenn die ganze Schar Der Helden, die die hohen Lieder feiern, Herab mir aus den Sternen stieg', ich fände Doch keinen Trefflichern, den ich mit Rosen Bekränzt', als ihn, den mir die Mutter ausersehn – Den Lieben, Wilden, Süßen, Schrecklichen, Den Überwinder Hektors! O Pelide! Mein ewiger Gedanke, wenn ich wachte, Mein ew'ger Traum warst du! Die ganze Welt Lag wie ein ausgespanntes Musternetz Vor mir; in jeder Masche, weit und groß, War deiner Taten eine eingeschürzt, Und in mein Herz, wie Seide weiß und rein, Mit Flammenfarben jede brannt ich ein. Bald sah ich dich, wie du ihn niederschlugst, Vor Ilium, den flücht'gen Priamiden; Wie du, entflammt von hoher Siegerlust, Das Antlitz wandtest, während er die Scheitel, Die blutigen, auf nackter Erde schleifte; Wie Priam flehnd in deinem Zelt erschien – Und heiße Tränen weint ich, wenn ich dachte, Daß ein Gefühl doch, Unerbittlicher, Den marmorharten Busen dir durchzuckt. Geliebte Königin! Wie aber ward mir, O Freund, als ich dich selbst erblickte –! Als du mir im Skamandrostal erschienst, Von den Heroen deines Volks umringt, Ein Tagsstern unter bleichen Nachtgestirnen! So müßt es mir gewesen sein, wenn er Unmittelbar, mit seinen weißen Rossen, Von dem Olymp herabgedonnert wäre, Mars selbst, der Kriegsgott, seine Braut zu grüßen! Geblendet stand ich, als du jetzt entwichen, Von der Erscheinung da – wie wenn zur Nachtzeit Der Blitz vor einen Wandrer fällt, die Pforten Elysiums, des glanzerfüllten, rasselnd, Vor einem Geist sich öffnen und verschließen. Im Augenblick, Pelid, erriet ich es, Von wo mir das Gefühl zum Busen rauschte; Der Gott der Liebe hatte mich ereilt. Doch von zwei Dingen schnell beschloß ich eines, Dich zu gewinnen, oder umzukommen: Und jetzt ist mir das Süßere erreicht. – Was blickst du? Man hört ein Waffengeräusch in der Ferne. heimlich. Göttersohn! Ich bitte dich. Du mußt dich augenblicklich ihr erklären. aufbrechend. Argiver nahn, ihr Fraun! Erhebt euch! sie haltend. Ruhig! Es sind Gefangne, meine Königin. Gefangene? heimlich zum Achilles. Es ist Ulyß, beim Styx! Die Deinen, heiß gedrängt von Meroe, weichen! in den Bart murmelnd. Daß sie zu Felsen starrten! Sagt! Was gibt's? mit erzwungener Heiterkeit. Du sollst den Gott der Erde mir gebären! Prometheus soll von seinem Sitz erstehn, Und dem Geschlecht der Welt verkündigen: Hier ward ein Mensch, so hab ich ihn gewollt! Doch nicht nach Themiscyra folg ich dir, Vielmehr du, nach der blühnden Phtia, mir: Denn dort, wenn meines Volkes Krieg beschlossen, Führ ich dich jauchzend hin, und setze dich, Ich Seliger, auf meiner Väter Thron. Das Geräusch dauert fort. Wie? Was? Kein Wort begreif ich – unruhig. All ihr Götter! Neridensohn! Willst du –? Was ist's? Was gibt's denn? Nichts, nichts, erschrick nicht, meine Königin, Du siehst, es drängt die Zeit, wenn du nun hörst, Was über dich der Götter Schar verhängt. Zwar durch die Macht der Liebe bin ich dein, Und ewig diese Banden trag ich fort; Doch durch der Waffen Glück gehörst du mir; Bist mir zu Füßen, Treffliche, gesunken, Als wir im Kampf uns trafen, nicht ich dir. sich aufraffend. Entsetzlicher! Ich bitte dich, Geliebte! Kronion selbst nicht ändert, was geschehn. Beherrsche dich, und höre, wie ein Felsen, Den Boten an, der dort, wenn ich nicht irre, Mit irgendeinem Unheilswort mir naht. Denn dir, begreifst du wohl, dir bringt er nichts, Dein Schicksal ist auf ewig abgeschlossen; Gefangen bist du mir, ein Höllenhund Bewacht dich minder grimmig, als ich dich. Ich die Gefangne dir? So ist es, Königin! die Hände aufhebend. Ihr ewigen Himmelsmächt! Euch ruf ich auf! 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Ein Hauptmann tritt auf, das Gefolge des Achilles mit seine Rüstung. Die Vorigen. Was bringst du mir? Entferne dich, Pelide! Das Schlachtglück lockt, das wetterwendische, Die Amazonen siegreich wieder vor. Auf diesen Platz hier stürzen sie heran, Und ihre Losung ist: Penthesilea! steht auf und reißt sich die Kränze ab. Die Waffen mir herbei! Die Pferde vor! Mit meinem Wagen rädern will ich sie! mit zitternder Lippe. Nein, sich den Schrecklichen! Ist das derselbe –? wild. Sind sie noch weit von hier? Hier in dem Tal Erblickst du ihren goldnen Halbmond schon. indem er sich rüstet. Bringt sie hinweg! Wohin? Ins Griechenlager, In wenig Augenblicken folg ich euch. zu Penthesilea. Erhebe dich. O meine Königin! außer sich. Mir keinen Blitz, Zeus, sendest du herab! 17. Auftritt Siebenzehnter Auftritt Odysseus und Diomedes mit dem Heer. Die Vorigen. über die Bühne ziehend. Vom Platz hier fort, Doloperheld! Vom Platze! Den einz'gen Weg, der dir noch offen bleibt, Den schneiden dir die Frauen eben ab. Hinweg! Ab. Schafft diese Kön'gin fort, ihr Griechen. zum Hauptmann. Alexis! Tu mir den Gefallen. Hilf ihr. zum Hauptmann. Sie regt sich nicht. zu den Griechen, die ihn bedienen. Den Schild mir her! Den Spieß! Aufrufend, da sich die Königin sträubt. Penthesilea! O Neridensohn! Du willst mir nicht nach Themiscyra folgen? Du willst mir nicht zu jenem Tempel folgen, Der aus den fernen Eichenwipfeln ragt? Komm her, ich sagte dir noch alles nicht – nun völlig gerüstet, tritt vor sie und reicht ihr die Hand. Nach Phtia, Kön'gin. Oh! – Nach Themiscyra! Oh! Freund! Nach Themiscyra, sag ich dir, Wo Dianas Tempel aus den Eichen ragt! Und wenn der Sel'gen Sitz in Phtia wäre, Doch, doch, oh! Freund! nach Themiscyra noch, Wo Dianas Tempel aus den Wipfeln ragt! indem er sie aufhebt. So mußt du mir vergeben, Teuerste; Ich bau dir solchen Tempel bei mir auf. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt Meroe, Asteria mit dem Heer der Amazonen treten auf. Die Vorigen. Schlagt ihn zu Boden! läßt die Königin fahren und wendet sich. Reiten sie auf Stürmen? sich zwischen Penthesilea und Achilles eindrängend. Befreit die Königin! Bei dieser Rechten, sag ich! Er will die Königin mit sich fortziehen. ihn nach sich ziehend. Du folgst mir nicht? Folgst nicht? spannen ihre Bogen. Fort! Rasender! Hier ist der Ort nicht mehr, zu trotzen. – Folgt! Er reißt den Achill hinweg. Alle ab. 19. Auftritt Neunzehnter Auftritt Die Oberpriesterin der Diana mit ihren Priesterinnen. Die Vorigen ohne die Griechen. Triumph! Triumph! Triumph! Sie ist gerettet! nach einer Pause. Verflucht sei dieser schändliche Triumph mir! Verflucht jedwede Zunge, die ihn feiert, Die Luft verflucht mir, die ihn weiter bringt! War ich, nach jeder würd'gen Rittersitte, Nicht durch das Glück der Schlacht ihm zugefallen? Wenn das Geschlecht der Menschen unter sich , Mit Wolf und Tiger nicht, im Streite liegt: Gibt's ein Gesetz, frag ich, in solchem Kriege, Das den Gefangenen, der sich ergeben, Aus seines Siegers Banden lösen kann? – Neridensohn! Ihr Götter, hört ich recht? Ehrwürd'ge Priesterin der Artemis, Tritt näher vor, ich bitte dich – Sie zürnt, Weil wir sie aus der Knechtschaft Schmach befreiten! aus dem Gewühl der Frauen hervortretend. Nun denn, du setzest würdig, Königin, Mit diesem Schmähungswort, muß ich gestehn, Den Taten dieses Tags die Krone auf. Nicht bloß, daß du, die Sitte wenig achtend, Den Gegner dir im Feld der Schlacht gesucht, Nicht bloß, daß du, statt ihn in Staub zu werfen, Ihm selbst im Kampf erliegst, nicht bloß, daß du Zum Lohn dafür ihn noch mit Rosen kränzest: Du zürnst auch deinem treuen Volke noch, Das deine Ketten bricht, du wendest dich, Und rufst den Überwinder dir zurück. Wohlan denn große Tochter Tanaïs', So bitt ich – ein Versehn war's, weiter nichts – Für diese rasche Tat dich um Verzeihung. Das Blut, das sie gekostet, reut mich jetzt, Und die Gefangnen, eingebüßt um dich, Wünsch ich von ganzer Seele mir zurück. Frei, in des Volkes Namen, sprech ich dich; Du kannst den Fuß jetzt wenden, wie du willst, Kannst ihn mit flatterndem Gewand ereilen, Der dich in Fesseln schlug, und ihm den Riß, Da, wo wir sie zersprengten, überreichen: Also ja will's das heil'ge Kriegsgesetz! Uns aber, uns vergönnst du, Königin, Den Krieg jetzt aufzugeben, und den Fuß Nach Themiscyra wieder heimzusetzen; Wir mindestens, wir können jene Griechen, Die dort entfliehn, nicht bitten , stillzustehn, Nicht, so wie du, den Siegskranz in der Hand, Zu unsrer Füße Staub sie nieder flehn . Pause. wankend. Prothoe! Mein Schwesterherz! Ich bitte dich, bleib bei mir. Im Tod, du weißt – – Was bebst du, meine Königin? Nichts, es ist nichts, ich werde gleich mich sammeln. Ein großer Schmerz traf dich. Begegn ihm groß. Sie sind verloren? Meine Königin? Die ganze junge Prachtschar, die wir fällten, – Sie sind's durch mich? Beruh'ge dich. Du wirst sie In einem andern Krieg uns wiederschenken. an ihrem Busen. O niemals! Meine Königin? O niemals! Ich will in ew'ge Finsternis mich bergen! 20. Auftritt Zwanzigster Auftritt Ein Herold tritt auf. Die Vorigen. Ein Herold naht dir, Königin! Was willst du? mit schwacher Freude. Von dem Peliden! – Ach, was werd ich hören? Ach, Prothoe, heiß ihn wieder gehn! Was bringst du? Mich sendet dir Achilleus, Königin, Der schilfumkränzten Nereïde Sohn, Und läßt durch meinen Mund dir kündigen: Weil dich Gelüst treibt, als Gefangnen ihn Nach deinen Heimatsfluren abzuführen, Ihn aber auch hinwiederum Gelüst, Nach seinen heimatlichen Fluren dich: So fordert er zum Kampf, auf Tod und Leben, Noch einmal dich ins Feld hinaus, auf daß Das Schwert, des Schicksals ehrne Zung entscheide, In der gerechten Götter Angesicht, Wer würdig sei, du oder er, von beiden, Den Staub nach ihrem heiligen Beschluß, Zu seines Gegners Füßen aufzulecken. Hast du's auf solchen Strauß zu wagen Lust? mit einer fliegenden Blässe. Laß dir vom Wetterstrahl die Zunge lösen, Verwünschter Redner, eh du wieder sprichst! Hört ich doch einen Sandblock just so gern, Endlosen Falls, bald hier, bald dort anschmetternd, Dem klafternhoben Felsenriff entpoltern. Zu Prothoe. – Du mußt es Wort für Wort mir wiederholen. zitternd. Der Sohn des Peleus, glaub ich, schickt ihn her, Und fordert dich aufs Feld hinaus; Verweigre kurz dich ihm, und sage, nein. Es ist nicht möglich. Meine Königin? Der Sohn des Peleus fordert mich ins Feld? Sag ich dem Mann gleich: nein, und laß ihn gehn? Der Sohn des Peleus fordert mich ins Feld? Zum Kampf ja, meine Herrscherin, so sagt ich. Der mich zu schwach weiß, sich mit ihm zu messen, Der ruft zum Kampf mich, Prothoe, ins Feld? Hier diese treue Brust, sie rührt ihn erst, Wenn sie sein scharfer Speer zerschmetterte? Was ich ihm zugeflüstert, hat sein Ohr Mit der Musik der Rede bloß getroffen? Des Tempels unter Wipfeln denkt er nicht, Ein steinern Bild hat meine Hand bekränzt. Vergiß den Unempfindlichen. glühend. Nun denn, So ward die Kraft mir jetzo, ihm zu stehen: So soll er in den Staub herab, und wenn Lapithen und Giganten ihn beschützten! Geliebte Königin – Bedenkst du auch? sie unterbrechend. Ihr sollt all die Gefangnen wiederhaben! Du willst im Kampf dich –? Stellen will ich mich: Er soll im Angesicht der Götter mich, Die Furien auch ruf ich herab, mich treffen! Der Donner rollt. Wenn dich mein Wort gereizt, Penthesilea, So wirst du mir den Schmerz nicht – ihre Tränen unterdrückend. Laß, du Heilige! Du sollst mir nicht umsonst gesprochen haben. Ehrwürd'ge Priesterin, dein Ansehen brauche. Hörst du ihn, Königin, der dir zürnt? Ihn ruf ich Mit allen seinen Donnern mir herab! in Bewegung. Ihr Fürstinnen – Unmöglich ist's! Es kann nicht! mit zuckender Wildheit. Herbei, Ananke, Führerin der Hunde! Wir sind zerstreut, geschwächt – Wir sind ermüdet – Du, mit den Elefanten, Thyrroe! Königin! Willst du mit Hunden ihn und Elefanten – Ihr Sichelwagen, kommt, ihr blinkenden, Die ihr des Schlachtfelds Erntefest bestellt, Kommt, kommt in greul'gen Schnitterreihn herbei! Und ihr, die ihr der Menschen Saat zerdrescht, Daß Halm und Korn auf ewig untergehen, Ihr Reuterscharen, stellt euch um mich her! Du ganzer Schreckenspomp des Kriegs, dich ruf ich, Vernichtender, entsetzlicher, herbei! Sie ergreift den großen Bogen aus einer Amazone Hand. Amazonen mit Meuten gekoppelter Hunde. Späterhin Elefanten, Feuerbrände, Sichelwagen usw. Geliebte meiner Seele! Höre mich! sich zu den Hunden wendend. Auf, Tigris, jetzt, dich brauch ich! Auf, Leäne! Auf, mit der Zottelmähne du, Melampus! Auf, Akle, die den Fuchs erhascht, auf, Sphinx, Und der die Hirschkuh übereilt, Alektor, Auf, Oxus, der den Eber niederreißt, Und der dem Leuen nicht erbebt, Hyrkaon! Der Donner rollt heftig. Oh! Sie ist außer sich –! Sie ist wahnsinnig! kniet nieder, mit allen Zeichen des Wahnsinns, während die Hunde ein gräßliches Geheul anstimmen. Dich, Ares, ruf ich jetzt, dich Schrecklichen, Dich, meines Hauses hohen Gründer, an! Oh! – deinen erznen Wagen mir herab: Wo du der Städte Mauern auch und Tore Zermalmst, Vertilgergott, gekeilt in Straßen, Der Menschen Reihen jetzt auch niedertrittst; Oh! – deinen erznen Wagen mir herab: Daß ich den Fuß in seine Muschel setze, Die Zügel greife, durch die Felder rolle, Und wie ein Donnerkeil aus Wetterwolken, Auf dieses Griechen Scheitel niederfalle! Sie steht auf. Ihr Fürstinnen! Auf! Wehrt der Rasenden! Hör, meine große Königin, mich! indem sie den Bogen spannt. Ei, lustig! So muß ich sehn, ob mir der Pfeil noch trifft. Sie legt auf Prothoe an. niederstürzend. Ihr Himmlischen! indem sie sich rasch hinter die Königin stellt. Achill ruft! ebenso. Der Pelide! Hier steht er hinter dir! wendet sich. Wo? War er's nicht? Nein, hier sind noch die Furien nicht versammelt. – Folg mir, Ananke! Folgt, ihr anderen! Ab mit dem ganzen Kriegstroß unter heftigen Gewitterschlägen. indem sie Prothoe aufhebt. Die Gräßliche! Fort! Eilt ihr nach, ihr Frauen leichenbleich. Ihr Ew'gen! Was beschloßt ihr über uns? Alle ab. 21. Auftritt Einundzwanzigster Auftritt Achilles, Diomedes treten auf. Späterhin Odysseus, zuletzt der Herold. Hör, tu mir den Gefallen, Diomed, Und sag dem Sittenrichter nichts, dem grämlichen Odyß, von dem, was ich dir anvertraue; Mir widersteht's, es macht mir Übelkeiten, Wenn ich den Zug um seine Lippe sehe. Hast du den Herold ihr gesandt, Pelide? Ist's wahr? Ist's wirklich? Ich will dir sagen, Freund. – Du aber, du erwiderst nichts, verstehst du? Gar nichts, kein Wort! – Dies wunderbare Weib, Halb Furie, halb Grazie, sie liebt mich – Und allen Weibern Hellas' ich zum Trotz, Beim Styx! beim ganzen Hades! – ich sie auch. Was! Ja. Doch eine Grille, die ihr heilig, Will, daß ich ihrem Schwert im Kampf erliege; Eh' nicht in Liebe kann sie mich umfangen. Nun schickt ich – Rasender! Er hört mich nicht! Was er im Weltkreis noch, solang er lebt, Mit seinem blauen Auge nicht gesehn, Das kann er in Gedanken auch nicht fassen. Du willst –? Nein, sprich! Du willst –? nach einer Pause. – Was also will ich? Was ist's, daß ich so Ungeheures will? Du hast sie in die Schranken bloß gefordert, Um ihr –? Beim wolkenrüttelnden Kroniden, Sie tut mir nichts, sag ich! Eh' wird ihr Arm, Im Zweikampf gegen ihren Busen wüten, Und rufen: »Sieg!« wenn er von Herzblut trieft, Als wider mich! – Auf einen Mond bloß will ich ihr, In dem, was sie begehrt, zu Willen sein; Auf einen oder zwei, mehr nicht: das wird Euch ja den alten, meerzerfreßnen Isthmus Nicht gleich zusammenstürzen! – Frei bin ich dann; Wie ich aus ihrem eignen Munde weiß, Wie Wild auf Heiden wieder; und folgt sie mir, Beim Jupiter! ich wär ein Seliger, Könnt ich auf meiner Väter Thron sie setzen. kommt. Komm her, Ulyß, ich bitte dich. Pelide! Du hast die Königin ins Feld gerufen; Willst du, ermüdet, wie die Scharen sind, Von neu'm das oft mißlungne Wagstück wagen? Nichts, Freund, von Wagestücken, nichts von Kämpfen; Er will sich bloß ihr zu gefangen geben. Was? das Blut schießt ihm ins Gesicht. Tu mir dein Gesicht weg, bitt ich dich! Er will –? Du hörst's, ja! Ihr den Helm zerkeilen; Gleich einem Fechter, grimmig sehn, und wüten; Dem Schild aufdonnern, daß die Funken sprühen, Und stumm sich, als ein Überwundener, Zu ihren kleinen Füßen niederlegen. Ist dieser Mann bei Sinnen, Sohn des Peleus? Hast du gehört, was er –? sich zurückhaltend. Ich bitte dich, Halt deine Oberlippe fest, Ulyß! Es steckt mich an, bei den gerechten Göttern, Und bis zur Faust gleich zuckt es mir herab. wild. Bei dem Kozyt, dem feurigen! Wissen will ich, Ob meine Ohren hören, oder nicht! Du wirst mir, Sohn des Tydeus, bitt ich, jetzt, Mit einem Eid, daß ich aufs Reine komme, Bekräftigen, was ich dich fragen werde. Er will der Königin sich gefangen geben? Du hörst's! Nach Themiscyra will er gehn? So ist's. Und unseren Helenenstreit, Vor der Dardanerburg, der Sinnentblößte, Den will er, wie ein Kinderspiel, weil sich Was anders Buntes zeigt, im Stiche lassen? Beim Jupiter! Ich schwör's. indem er die Arme verschränkt. – Ich kann's nicht glauben. Er spricht von der Dardanerburg. Was? Was? Mich dünkt, du sagtest was. Ich? Du! Ich sagte: Er spricht von der Dardanerburg. Nun, ja! Wie ein Beseßner fragt ich, ob der ganze Helenenstreit, vor der Dardanerburg, Gleich einem Morgentraum, vergessen sei? indem er ihm näher tritt. Wenn die Dardanerburg, Laertiade, Versänke, du verstehst, so daß ein See, Ein bläulicher, an ihre Stelle träte; Wenn graue Fischer, bei dem Schein des Monds, Den Kahn an ihre Wetterhähne knüpften; Wenn im Palast des Priamus ein Hecht Regiert', ein Ottern- oder Ratzenpaar Im Bette sich der Helena umarmten: So wär's für mich gerad soviel, als jetzt. Beim Styx! Es ist sein voller Ernst, Tydide! Beim Styx! Bei dem Lernäersumpf! Beim Hades! Der ganzen Oberwelt und Unterwelt, Und jedem dritten Ort: es ist mein Ernst; Ich will den Tempel der Diana sehn! halb ihm ins Ohr. Laß ihn nicht von der Stelle, Diomed, Wenn du so gut willst sein. Wenn ich – ich glaube! Sei doch so gut, und leih mir deine Arme. tritt auf. Ha! Stellt sie sich? Was bringst du? Stellt sie sich? Sie stellt sich, ja, Neridensohn, sie naht schon; Jedoch mit Hunden auch und Elefanten, Und einem ganzen wilden Reutertroß: Was die beim Zweikampf sollen, weiß ich nicht. Gut. Dem Gebrauch, war sie das schuldig. Folgt mir! – O sie ist listig, bei den ewigen Göttern! – – Mit Hunden, sagst du? Ja. Und Elefanten? Daß es ein Schrecken ist, zu sehn, Pelide! Gält es, die Atreïden anzugreifen, Im Lager vor der Trojerburg, sie könnte In keiner finstrern Greuelrüstung nahn. in den Bart. Die fressen aus der Hand, wahrscheinlich – Folgt mir! – Oh! Die sind zahm, wie sie. Ab mit dem Gefolge. Der Rasende! Laßt uns ihn knebeln, binden – hört, ihr Griechen! Hier nahn die Amazonen schon – hinweg! Alle ab. 22. Auftritt Zweiundzwanzigster Auftritt Die Oberpriesterin, bleich im Gesicht, mehrere andere Priesterinnen und Amazonen. Schafft Stricke her, ihr Frauen! Hochwürdigste! Reißt sie zu Boden nieder! Bindet sie! Meinst du die Königin? Die Hündin, mein ich! – Der Menschen Hände bänd'gen sie nicht mehr. Hochheil'ge Mutter! Du scheinst außer dir. Drei Jungfraun trat sie wütend in den Staub, Die wir geschickt, sie aufzuhalten; Meroe, Weil sie auf Knien sich in den Weg ihr warf, Bei jedem süßen Namen sie beschwörend, Mit Hunden hat sie sie hinweggehetzt. Als ich von fern der Rasenden nur nahte, Gleich einen Stein, gebückt, mit beiden Händen, Den grimmerfüllten Blick auf mich gerichtet, Riß sie vom Boden auf – verloren war ich, Wenn ich im Haufen nicht des Volks verschwand. Es ist entsetzlich! Schrecklich ist's, ihr Fraun. Jetzt unter ihren Hunden wütet sie, Mit schaumbedeckter Lipp, und nennt sie Schwestern, Die heulenden, und der Mänade gleich, Mit ihrem Bogen durch die Felder tanzend, Hetzt sie die Meute, die mordatmende, Die sie umringt, das schönste Wild zu fangen, Das je die Erde, wie sie sagt, durchschweift. Ihr Orkusgötter! Wie bestraft ihr sie! Drum mit dem Strick, ihr Arestöchter, schleunig Dort auf den Kreuzweg hin, legt Schlingen ihr, Bedeckt mit Sträuchern, vor der Füße Tritt. Und reißt, wenn sich ihr Fuß darin verfängt, Dem wutgetroffnen Hunde gleich, sie nieder: Daß wir sie binden, in die Heimat bringen, Und sehen, ob sie noch zu retten sei. außerhalb der Szene. Triumph! Triumph! Triumph! Achilleus stürzt Gefangen ist der Held! Die Siegerin, Mit Rosen wird sie seine Scheitel kränzen! Pause. mit freudebeklemmter Stimme. Hört ich auch recht? Ihr hochgepriesnen Götter! War dieser Jubellaut der Freude nicht? Geschrei des Siegs, o du Hochheilige, Wie noch mein Ohr keins seliger vernahm! Wer schafft mir Kund, ihr Jungfraun? Terpi! rasch! Sag an, was du auf jenem Hügel siehst? die währenddessen den Hügel erstiegen, mit Entsetzen. Euch, ihr der Hölle grauenvolle Götter, Zu Zeugen ruf ich nieder – was erblick ich! Nun denn – als ob sie die Medus' erblickte! Was siehst du? Rede! Sprich! Penthesilea, Sie liegt, den grimm'gen Hunden beigesellt, Sie, die ein Menschenschoß gebar, und reißt, – Die Glieder des Achills reißt sie in Stücken! Entsetzen! o Entsetzen! Fürchterlich! Hier kommt es, bleich, wie eine Leiche, schon Das Wort des Greuelrätsels uns heran. Sie steigt vom Hügel herab. 23. Auftritt Dreiundzwanzigster Auftritt Meroe tritt auf. Die Vorigen. O ihr, der Diana heil'ge Priesterinnen, Und ihr, Mars' reine Töchter, hört mich an: Die afrikanische Gorgone bin ich, Und wie ihr steht, zu Steinen starr ich euch. Sprich, Gräßliche! was ist geschehn? Ihr wißt, Sie zog dem Jüngling, den sie liebt, entgegen, Sie, die fortan kein Name nennt – In der Verwirrung ihrer jungen Sinne, Den Wunsch, den glühenden, ihn zu besitzen, Mit allen Schrecknissen der Waffen rüstend. Von Hunden rings umheult und Elefanten, Kam sie daher, den Bogen in der Hand: Der Krieg, der unter Bürgern rast, wenn er, Die blutumtriefte Graungestalt, einher, Mit weiten Schritten des Entsetzens geht, Die Fackel über blühnde Städte schwingend, Er sieht so wild und scheußlich nicht, als sie. Achilleus, der, wie man im Heer versichert, Sie bloß ins Feld gerufen, um freiwillig Im Kampf, der junge Tor, ihr zu erliegen: Denn er auch, o wie mächtig sind die Götter! Er liebte sie, gerührt von ihrer Jugend, Zu Dianas Tempel folgen wollt er ihr: Er naht sich ihr, voll süßer Ahndungen, Und läßt die Freunde hinter sich zurück. Doch jetzt, da sie mit solchen Greulnissen Auf ihn herangrollt, ihn, der nur zum Schein Mit einem Spieß sich arglos ausgerüstet: Stutzt er, und dreht den schlanken Hals, und horcht, Und eilt entsetzt, und stutzt, und eilet wieder: Gleich einem jungen Reh, das im Geklüft Fern das Gebrüll des grimmen Leun vernimmt. Er ruft: Odysseus! mit beklemmter Stimme, Und sieht sich schüchtern um, und ruft: Tydide! Und will zurück noch zu den Freunden fliehn; Und steht, von einer Schar schon abgeschnitten, Und hebt die Händ empor, und duckt und birgt In eine Fichte sich, der Unglücksel'ge, Die schwer mit dunkeln Zweigen niederhangt. – Inzwischen schritt die Königin heran, Die Doggen hinter ihr, Gebirg und Wald Hochher, gleich einem Jäger, überschauend; Und da er eben, die Gezweige öffnend, Zu ihren Füßen niedersinken will: Ha! sein Geweih verrät den Hirsch, ruft sie, Und spannt mit Kraft der Rasenden, sogleich Den Bogen an, daß sich die Enden küssen, Und hebt den Bogen auf und zielt und schießt, Und jagt den Pfeil ihm durch den Hals; er stürzt: Ein Siegsgeschrei schallt roh im Volk empor. Jetzt gleichwohl lebt der Ärmste noch der Menschen, Den Pfeil, den weit vorragenden, im Nacken, Hebt er sich röchelnd auf, und überschlägt sich, Und hebt sich wiederum und will entfliehn; Doch, hetz! schon ruft sie: Tigris! hetz, Leäne!. Hetz, Sphinx! Melampus! Dirke! Hetz, Hyrkaon! Und stürzt – stürzt mit der ganzen Meut, o Diana! Sich über ihn, und reißt – reißt ihn beim Helmbusch, Gleich einer Hündin, Hunden beigesellt, Der greift die Brust ihm, dieser greift den Nacken, Daß von dem Fall der Boden bebt, ihn nieder! Er, in dem Purpur seines Bluts sich wälzend, Rührt ihre sanfte Wange an, und ruft: Penthesilea! meine Braut! was tust du? Ist dies das Rosenfest, das du versprachst? Doch sie – die Löwin hätte ihn gehört, Die hungrige, die wild nach Raub umher, Auf öden Schneegefilden heulend treibt; Sie schlägt, die Rüstung ihm vom Leibe reißend, Den Zahn schlägt sie in seine weiße Brust, Sie und die Hunde, die wetteifernden, Oxus und Sphinx den Zahn in seine rechte, In seine linke sie; als ich erschien, Troff Blut von Mund und Händen ihr herab. Pause voll Entsetzen. Vernahmt ihr mich, ihr Fraun, wohlan, so redet, Und gebt ein Zeichen eures Lebens mir. Pause. am Busen der zweiten weinend. Solch eine Jungfrau, Hermia! So sittsam! In jeder Kunst der Hände so geschickt! So reizend, wenn sie tanzte, wenn sie sang! So voll Verstand und Würd und Grazie! O die gebar Otrere nicht! Die Gorgo Hat im Palast der Hauptstadt sie gezeugt! fortfahrend. Sie war wie von der Nachtigall geboren, Die um den Tempel der Diana wohnt. Gewiegt im Eichenwipfel saß sie da, Und flötete, und schmetterte, und flötete, Die stille Nacht durch, daß der Wandrer horchte, Und fern die Brust ihm von Gefühlen schwoll. Sie trat den Wurm nicht, den gesprenkelten, Der unter ihrer Füße Sohle spielte, Den Pfeil, der eines Ebers Busen traf, Rief sie zurück, es hätte sie sein Auge, Im Tod gebrochen, ganz zerschmelzt in Reue, Auf Knieen vor ihn niederziehen können! Pause. Jetzt steht sie lautlos da, die Grauenvolle, Bei seiner Leich, umschnüffelt von der Meute, Und blicket starr, als wär's ein leeres Blatt, Den Bogen siegreich auf der Schulter tragend, In das Unendliche hinaus, und schweigt. Wir fragen mit gesträubten Haaren, sie, Was sie getan? Sie schweigt. Ob sie uns kenne? Sie schweigt. Ob sie uns folgen will? Sie schweigt. Entsetzen griff mich, und ich floh zu euch. 24. Auftritt Vierundzwanzigster Auftritt Penthesilea. – Die Leiche des Achills, mit einem roten Teppich bedeckt. – Prothoe und andere. Seht, seht, ihr Fraun! – Da schreitet sie heran, Bekränzt mit Nesseln, die Entsetzliche, Dem dürren Reif des Hagdorns eingewebt, An Lorbeerschmuckes Statt, und folgt der Leiche Die Gräßliche, den Bogen festlich schulternd, Als wär's der Todfeind, den sie überwunden! O diese Händ –! O wendet euch ihr Frauen! der Oberpriesterin an den Busen sinkend. O meine Mutter! mit Entsetzen. Diana ruf ich an: Ich bin an dieser Greueltat nicht schuldig! Sie stellt sich grade vor die Oberpriesterin. Sie winket, schaut! Hinweg, du Scheußliche! Du Hadesbürgerin! Hinweg, sag ich! Nehmt diesen Schleier, nehmt, und deckt sie zu. Sie reißt sich den Schleier ab, und wirft ihn der Königin ins Gesicht. O die lebend'ge Leich. Es rührt sie nicht –! Sie winket immer fort – Winkt immer wieder – Winkt immer zu der Priestrin Füßen nieder – Seht, seht! Was willst du mir? hinweg, sag ich! Geh zu den Raben, Schatten! Fort! Verwese! Du blickst die Ruhe meines Lebens tot. Ha! man verstand sie, seht – Jetzt ist sie ruhig. Den Peleïden sollte man, das war's, Vor der Dianapriestrin Füßen legen. Warum just vor der Dianapriestrin Füßen? Was meint sie auch damit? Was soll mir das? Was soll die Leiche hier vor mir? Laß sie Gebirge decken, unzugängliche, Und den Gedanken deiner Tat dazu! War ich's, du – Mensch nicht mehr, wie nenn ich dich? Die diesen Mord dir schrecklich abgefordert? – Wenn ein Verweis, sanft aus der Liebe Mund, Zu solchen Greuelnissen treibt, so sollen Die Furien kommen, und uns Sanftmut lehren! Sie blicket immer auf die Priestrin ein. Grad ihr ins Antlitz – Fest und unverwandt, Als ob sie durch und durch sie blicken wollte. – Geh, Prothoe, ich bitte dich, geh, geh, Ich kann sie nicht mehr sehn, entferne sie. weinend. Weh mir! Entschließe dich! Die Tat, die sie Vollbracht hat, ist zu scheußlich; laß mich sein. Faß dich. – Sie hatte eine schöne Mutter. – Geh, biet ihr deine Hülf und führ sie fort. Ich will sie nie mit Augen wiedersehn! – Seht, wie sie jetzt den schlanken Pfeil betrachtet! Wie sie ihn dreht und wendet – Wie sie ihn mißt! Das scheint der Pfeil, womit sie ihn erlegt. So ist's, ihr Fraun! Wie sie vom Blut ihn säubert! Wie sie an seiner Flecken jeden wischt! Was denkt sie wohl dabei? Und das Gefieder, Wie sie es trocknet, kräuselt, wie sie's lockt! So zierlich! Alles, wie es sich gehört. O seht doch! – Ist sie das gewohnt zu tun? Tat sie das sonst auch selber? Pfeil und Bogen, Sie hat sie stets mit eigner Hand gereinigt. O heilig hielt sie ihn, das muß man sagen! – – Doch jetzt den Köcher nimmt sie von der Schulter, Und stellt den Pfeil in seinen Schaft zurück. Nun ist sie fertig – Nun ist es geschehen – Nun sieht sie wieder in die Welt hinaus –! O jammervoller Anblick! O so öde Wie die Sandwüste, die kein Gras gebiert! Lustgärten, die der Feuerstrom verwüstet, Gekocht im Schoß der Erd und ausgespieen, Auf alle Blüten ihres Busens hin, Sind anmutsvoller als ihr Angesicht. ein Schauer schüttelt sie zusammen; sie läßt den Bogen fallen. O die Entsetzliche! erschrocken. Nun, was auch gibt's? Der Bogen stürzt' ihr aus der Hand danieder! Seht, wie er taumelt – Klirrt, und wankt, und fällt –! Und noch einmal am Boden zuckt – Und stirbt, Wie er der Tanaïs geboren ward. Pause. sich plötzlich zu ihr wendend. Du, meine große Herrscherin, vergib mir! Diana ist, die Göttin, dir zufrieden, Besänftigt wieder hast du ihren Zorn. Die große Stifterin des Frauenreiches, Die Tanaïs, das gesteh ich jetzt, sie hat Den Bogen würd'ger nicht geführt als du. Sie schweigt – Ihr Auge schwillt – Sie hebt den Finger, Den blutigen, was will sie – Seht, o seht! O Anblick, herzzerreißender, als Messer! Sie wischt sich eine Träne ab. an Prothoes Busen zurücksinkend. O Diana! Welch eine Träne! O eine Träne, du Hochheil'ge, Die in der Menschen Brüste schleicht, Und alle Feuerglocken der Empfindung zieht, Und: Jammer! rufet, daß das ganze Geschlecht, das leicht bewegliche, hervor Stürzt aus den Augen, und in Seen gesammelt, Um die Ruine ihrer Seele weint. mit einem bittern Ausdruck. Nun denn – wenn Prothoe ihr nicht helfen will, So muß sie hier in ihrer Not vergehn. drückt den heftigsten Kampf aus. Drauf, indem sie sich ihr nähert, mit einer immer von Tränen unterbrochenen Stimme. Willst du dich niederlassen, meine Königin? Willst du an meiner treuen Brust nicht ruhn? Viel kämpftest du, an diesem Schreckenstag, Viel, auch, viel littest du – von so viel Leiden Willst du an meiner treuen Brust nicht ruhn? sie sieht sich um, wie nach einem Sessel. Schafft einen Sitz herbei! Ihr seht, sie will's. Die Amazonen wälzen einen Stein herbei. Penthesilea läßt sich an Prothoes Hand darauf nieder. Hierauf setzt sich auch Prothoe. Du kennst mich doch, mein Schwesterherz? sieht sie an, ihr Antlitz erheitert sich ein wenig. Prothoe Bin ich, die dich so zärtlich liebt. streichelt sanft ihre Wange. O du, Vor der mein Herz auf Knien niederfällt, Wie rührst du mich! Sie küßt die Hand der Königin. – Du bist wohl sehr ermüdet? Ach, wie man dir dein Handwerk ansieht, Liebe! Nun freilich – Siegen geht so rein nicht ab, Und jede Werkstatt kleidet ihren Meister. Doch wie, wenn du dich jetzo reinigtest, Händ und Gesicht? – Soll ich dir Wasser schaffen? – – Geliebte Königin! sie besieht sich und nickt. Nun ja. Sie will's. Sie winkt den Amazonen; diese gehen Wasser zu schöpfen. – Das wird dir wohltun, das wird dich erquicken, Und sanft, auf kühle Teppiche gestreckt, Von schwerer Tagesarbeit wirst du ruhn. Wenn man mit Wasser sie besprengt, gebt acht, Besinnt sie sich. O ganz gewiß, das hoff ich. Du hoffst's, hochheil'ge Priesterin? – Ich fürcht es. indem sie zu überlegen scheint. Warum? Weshalb? – Es ist nur nicht zu wagen, Sonst müßte man die Leiche des Achills – blickt die Oberpriesterin blitzend an. Laßt, laßt –! Nichts, meine Königin, nichts, nichts! Es soll dir alles bleiben, wie es ist. – Nimm dir den Lorbeer ab, den dornigen, Wir alle wissen ja, daß du gesiegt. Und auch den Hals befreie dir – So, so! Schau! Eine Wund und das recht tief! Du Arme! Du hast es dir recht sauer werden lassen – Nun dafür triumphierst du jetzo auch! – O Artemis! Zwei Amazonen bringen ein großes flaches Marmorbecken, gefüllt mit Wasser. Hier setzt das Becken her. – Soll ich dir jetzt die jungen Scheitel netzen? Und wirst du auch erschrecken nicht – –? Was machst du? läßt sich von ihrem Sitz auf Knien vor das Becken niederfallen, und begießt sich das Haupt mit Wasser. Sieh da! Du bist ja traun recht rüstig, Königin! – Das tut dir wohl recht wohl? sie sieht sich um. Ach Prothoe! Sie begießt sich von neuem mit Wasser. froh. Sie spricht! Dem Himmel sei gedankt! Gut, gut! Sie kehrt ins Leben uns zurück! Vortrefflich! Das Haupt ganz unter Wasser, Liebe! So! Und wieder! So, so! Wie ein junger Schwan! – Die Liebliche! Wie sie das Köpfchen hängt! Wie sie das Wasser niederträufeln läßt! – Bist du jetzt fertig? Ach! – Wie wunderbar. Nun denn, so komm mir auf den Sitz zurück! – Rasch eure Schleier mir, ihr Priesterinnen, Daß ich ihr die durchweichten Locken trockne! So, Phania, deinen! Terpi! helft mir, Schwestern! Laßt uns ihr Haupt und Nacken ganz verhüllen! So, so! – Und jetzo auf den Sitz zurück! Sie verhallt die Königin, hebt sie auf den Sitz, und drückt sie fest an ihre Brust. Wie ist mir? Wohl, denk ich – nicht? lispelnd. Zum Entzücken! Mein Schwesterherz! Mein süßes! O mein Leben! O sagt mir! – Bin ich in Elysium? Bist du der ewig jungen Nymphen eine, Die unsre hehre Königin bedienen, Wenn sie von Eichenwipfeln still umrauscht, In die kristallne Grotte niedersteigt? Nahmst du die Züge bloß, mich zu erfreuen, Die Züge meiner lieben Prothoe an? Nicht, meine beste Königin, nicht, nicht Ich bin es, deine Prothoe, die dich In Armen hält, und was du hier erblickst, Es ist die Welt noch, die gebrechliche, Auf die nur fern die Götter niederschaun. So, so. Auch gut. Recht sehr gut. Es tut nichts. Wie, meine Herrscherin? Ich bin vergnügt. Erkläre dich, Geliebte. Wir verstehn nicht – Daß ich noch bin, erfreut mich. Laßt mich ruhn. Pause. Seltsam! Welch eine wunderbare Wendung! Wenn man geschickt ihr doch entlocken könnte –? – Was war es denn, das dir den Wahn erregt, Du seist ins Reich der Schatten schon gestiegen? nach einer Pause, mit einer Art von Verzückung. Ich bin so selig, Schwester! Überselig! Ganz reif zum Tod o Diana, fühl ich mich! Zwar weiß ich nicht, was hier mit mir geschehn, Doch gleich des festen Glaubens könnt ich sterben, Daß ich mir den Peliden überwand. verstohlen zur Oberpriesterin. Rasch jetzt die Leich hinweg! sich lebhaft aufrichtend. O Prothoe! Mit wem sprichst du? da die beiden Trägerinnen noch säumen. Fort, Rasende! O Diana! So ist es wahr? Was, fragst du, wahr, Geliebte? – Hier! Drängt euch dicht heran! Sie winkt den Priesterinnen, die Leiche, die aufgehoben wird, mit ihren Leibern zu verbergen. hält ihre Hände freudig vors Gesicht. Ihr heil'gen Götter! Ich habe nicht das Herz mich umzusehn. Was hast du vor? Was denkst du, Königin? sich umsehend. O Liebe, du verstellst dich. Nein, beim Zeus, Dem ew'gen Gott der Welt! mit immer steigender Ungeduld. O ihr Hochheiligen, Zerstreut euch doch! sich dicht mit den übrigen Frauen zusammendrängend. Geliebte Königin! indem sie aufsteht. O Diana! Warum soll ich nicht? O Diana! Er stand schon einmal hinterm Rücken mir. Seht, seht! Wie sie Entsetzen faßt! zu den Amazonen, welche die Leiche tragen. Halt dort! – Was tragt ihr dort? Ich will es wissen. Steht! Sie macht sich Platz unter den Frauen und dringt bis zur Leiche vor. O meine Königin! Untersuche nicht! Ist er's, ihr Jungfraun? Ist er's? indem die Leiche niedergelassen wird. Wer, fragst du? – Es ist unmöglich nicht, das seh ich ein. Zwar einer Schwalbe Flügel kann ich lähmen, So, daß der Flügel noch zu heilen ist; Den Hirsch lock ich mit Pfeilen in den Park. Doch ein Verräter ist die Kunst der Schützen; Und gilt's den Meisterschuß ins Herz des Glückes, So führen tück'sche Götter uns die Hand. – Traf ich zu nah ihn, wo es gilt? Sprecht ist er's? O bei den furchtbarn Mächten des Olymps, Frag nicht –! Hinweg! Und wenn mir seine Wunde, Ein Höllenrachen, gleich entgegen gähnte: Ich will ihn sehn! Sie hebt den Teppich auf. Wer von euch tat das, ihr Entsetzlichen! Das fragst du noch? O Artemis! Du Heilige! Jetzt ist es um dein Kind geschehn! Da stürzt sie hin! Ihr ew'gen Himmelsgötter! Warum nicht meinem Rate folgtest du? O dir war besser, du Unglückliche, In des Verstandes Sonnenfinsternis Umherzuwandeln, ewig, ewig, ewig, Als diesen fürchterlichen Tag zu sehn! – Geliebte, hör mich! Meine Königin! Zehntausend Herzen teilen deinen Schmerz! Erhebe dich! halb aufgerichtet. Ach, diese blut'gen Rosen! Ach, dieser Kranz von Wunden um sein Haupt! Ach, wie die Knospen, frischen Grabduft streuend, Zum Fest für die Gewürme, niedergehn! mit Zärtlichkeit. Und doch war es die Liebe, die ihn kränzte? Nur allzufest –! Und mit der Rose Dornen, In der Beeifrung, daß es ewig sei! Entferne dich! Das aber will ich wissen, Wer mir so gottlos neben hat gebuhlt! – Ich frage nicht, wer den Lebendigen Erschlug; bei unsern ewig hehren Göttern! Frei, wie ein Vogel, geht er von mir weg. Wer mir den Toten tötete, frag ich, Und darauf gib mir Antwort, Prothoe. Wie, meine Herrscherin? Versteh mich recht. Ich will nicht wissen, wer aus seinem Busen Den Funken des Prometheus stahl. Ich will's nicht, Weil ich's nicht will; die Laune steht mir so: Ihm soll vergeben sein, er mag entfliehn. Doch wer, o Prothoe, bei diesem Raube Die offne Pforte ruchlos mied, durch alle Schneeweißen Alabasterwände mir In diesen Tempel brach; wer diesen Jüngling, Das Ebenbild der Götter, so entstellt, Daß Leben und Verwesung sich nicht streiten, Wem er gehört, wer ihn so zugerichtet, Daß ihn das Mitleid nicht beweint, die Liebe Sich, die unsterbliche, gleich einer Metze, Im Tod noch untreu, von ihm wenden muß: Den will ich meiner Rache opfern. Sprich! zur Oberpriesterin. Was soll man nun der Rasenden erwidern? – Nun, werd ich's hören? – O meine Königin, Bringt es Erleichterung der Schmerzen dir, In deiner Rache opfre, wen du willst. Hier stehn wir all und bieten dir uns an. Gebt acht, sie sagen noch, daß ich es war. schüchtern. Wer sonst, du Unglückselige, als nur –? Du Höllenfürstin, im Gewand des Lichts, Das wagst du mir –? Diana ruf ich an! Laß es die ganze Schar, die dich umsteht, Bekräftigen! Dein Pfeil war's der ihn traf, Und Himmel! wär es nur dein Pfeil gewesen! Doch, als er niedersank, warfst du dich noch, In der Verwirrung deiner wilden Sinne, Mit allen Hunden über ihn und schlugst – O meine Lippe zittert auszusprechen, Was du getan. Frag nicht! Komm, laß uns gehn. Das muß ich erst von meiner Prothoe hören. O meine Königin! Befrag mich nicht. Was! Ich? Ich hätt ihn –? Unter meinen Hunden –? Mit diesen kleinen Händen hätt ich ihn –? Und dieser Mund hier, den die Liebe schwellt –? Ach, zu ganz anderm Dienst gemacht, als ihn –! Die hätten, lustig stets einander helfend, Mund jetzt und Hand, und Hand und wieder Mund –? O Königin! Ich rufe Wehe! dir. Nein, hört, davon nicht überzeugt ihr mich. Und stünd's mit Blitzen in die Nacht geschrieben, Und rief es mir des Donners Stimme zu, So rief ich doch noch beiden zu: ihr lügt! Laß ihn, wie Berge, diesen Glauben stehn; Wir sind es nicht, die ihn erschüttern werden. – Wie kam es denn, daß er sich nicht gewehrt? Er liebte dich, Unseligste! Gefangen Wollt er sich dir ergeben, darum naht' er! Darum zum Kampfe fordert' er dich auf! Die Brust voll süßen Friedens kam er her, Um dir zum Tempel Artemis' zu folgen. Doch du – So, so – Du trafst ihn – Ich zerriß ihn. O meine Königin! Oder war es anders? Die Gräßliche! Küßt ich ihn tot? O Himmel! Nicht? Küßt ich nicht? Zerrissen wirklich? sprecht? Weh! Wehe! ruf ich dir. Verberge dich! Laß für der ew'ge Mitternacht dich decken! – So war es ein Versehen. Küsse, Bisse, Das reimt sich, und wer recht von Herzen liebt, Kann schon das eine für das andre greifen. Helft ihr, ihr Ew'gen, dort! ergreift sie. Hinweg! Laßt, laßt! Sie wickelt sich los, und läßt sich auf Knien vor der Leiche nieder. Du Ärmster aller Menschen, du vergibst mir! Ich habe mich, bei Diana, bloß versprochen, Weil ich der raschen Lippe Herr nicht bin; Doch jetzt sag ich dir deutlich, wie ich's meinte: Dies, du Geliebter, war's, und weiter nichts. Sie küßt ihn. Schafft sie hinweg! Was soll sie länger hier? Wie manche, die am Hals des Freundes hängt, Sagt wohl das Wort: sie lieb ihn, o so sehr, Daß sie vor Liebe gleich ihn essen könnte; Und hinterher, das Wort beprüft, die Närrin! Gesättigt sein zum Ekel ist sie schon. Nun, du Geliebter, so verfuhr ich nicht. Sieh her: als ich an deinem Halse hing, Hab ich's wahrhaftig Wort für Wort getan; Ich war nicht so verrückt, als es wohl schien. Die Ungeheuerste! Was sprach sie da? Ergreift sie! Bringt sie fort! Komm, meine Königin! sie läßt sich aufrichten. Gut, gut. Hier bin ich schon. So folgst du uns? Euch nicht! – – Geht ihr nach Themiscyra, und seid glücklich, Wenn ihr es könnt – Vor allen meine Prothoe – Ihr alle – Und – – – im Vertraun ein Wort, das niemand höre, Der Tanaïs Asche, streut sie in die Luft! Und du, mein teures Schwesterherz? Ich? Du! – Ich will dir sagen, Prothoe, Ich sage vom Gesetz der Fraun mich los, Und folge diesem Jüngling hier. Wie, meine Königin? Unglückliche! Du willst –? Du denkst – Was? Allerdings! O Himmel! So laß mich dir ein Wort, mein Schwesterherz – Sie sucht ihr den Dolch wegzunehmen. Nun denn, und was? – – Was suchst du mir am Gurt? – Ja, so. Wart, gleich! Verstand ich dich doch nicht. – – Hier ist der Dolch. Sie löst sich den Dolch aus dem Gurt, und gibt ihn der Prothoe. Willst du die Pfeile auch? Sie nimmt den Köcher von der Schulter. Hier schütt ich ihren ganzen Köcher aus! Sie schüttet die Pfeile vor sich nieder. Zwar reizend wär's von einer Seite – Sie hebt einige davon wieder auf. Denn dieser hier – nicht? Oder war es dieser –? Ja, der! Ganz recht – Gleichviel! Da! Nimm sie hin! Nimm alle die Geschosse zu dir hin! Sie rafft den ganzen Bündel wieder auf, und gibt ihn der Prothoe in die Hände. Gib her. Denn jetzt steig ich in meinen Busen nieder, Gleich einem Schacht, und grabe, kalt wie Erz, Mir ein vernichtendes Gefühl hervor. Dies Erz, dies läutr ich in der Glut des Jammers Hart mir zu Stahl; tränk es mit Gift sodann, Heißätzendem, der Reue, durch und durch; Trag es der Hoffnung ew'gem Amboß zu, Und schärf und spitz es mir zu einem Dolch; Und diesem Dolch jetzt reich ich meine Brust: So! So! So! So! Und wieder! – Nun ist's gut. Sie fällt und stirbt. die Königin auffassend. Sie stirbt! Sie folgt ihm, in der Tat! Wohl ihr! Denn hier war ihres fernern Bleibens nicht. Sie legt sie auf den Boden nieder. Ach! Wie gebrechlich ist der Mensch, ihr Götter! Wie stolz, die hier geknickt liegt, noch vor kurzem, Hoch auf des Lebens Gipfeln, rauschte sie! Sie sank, weil sie zu stolz und kräftig blühte! Die abgestorbne Eiche steht im Stumm, Doch die gesunde stürzt er schmetternd nieder, Weil er in ihre Krone greifen kann.