Christian Gottlob Klemm Der auf den Parnaß versetzte grüne Hut Personen Personen. Apollo, hernach als Leander. Thalia, hernach als Isabelle. Merkur, hernach als Clitander. Critik, hernach als Clarisse. Momus, hernach als Cleon. Prehauser, hernach als Hannswurst. Odoardo, hernach als Lysimon. 1. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Der Berg Parnassus; die Musen steigen herab und tanzen, drauf kömmt Apollo mit Thalien herab. So erlustiget euch denn in den Lorbeerwäldern, meine Geliebten. Meine liebe Thalia, nun kann ich dich ruhig anhören. Du allein kannst mir Gerechtigkeit verschaffen, Gott der Künste. Man will mein Reich zerstöhren, man will Munterkeit und Scherz verjagen, man hat aus Mangel eigner Talente zum Drama die schwärzeste Verschwörung wider mich gemacht. Ich weiß, wen deine Klage betrift. Mit tausend Freuden will ich dir Recht schaffen. O wer hätte sich vorgestellet, daß dieses anfangs so liebenswürdige Mädchen, die Critick, das das beste Herz von der Welt hatte, das nie ein niedriger elender Neid zerfleischte, das ohne alle Bosheit war, in eine so schreckliche Furie ausarten sollte? Ich habe sie auch anfangs wie meine Schwester geliebt; sie leitete meine Pflegsöhne, sie gab ihnen vortrefliche Vorschriften; allein itzt – Ach sie wird endlich noch Cabalen wider dich selbst machen, sie wird dich vom Parnaß herabstürzen, sie wird sich mit ihrem verhaßten Liebhaber, dem Momus, darauf setzen wollen; sie hat schon eine ganze Bande Pflegesöhne wider uns aufgehetzet, die den Momus zu deinem Schimpfe als ihren Beschützer angenommen haben, mit dem sie nächtliche Zusammenkünfte halten, und das Gift da in finstern Löchern zubereiten, das sie alsdenn über diejenigen ausschütten, welche ihren Nacken nicht unter ihr Joch beugen, welche mir getreu sind, und die Welt noch mit Comödien vergnügen wollen. Ja, du hast Recht. Die Sache ist ernsthaft, und noch heute muß sie entweder ihren verhaßten Liebhaber verlassen, oder ich verbanne sie auf ewig von dem Parnasse, und bitte meine Schwester Minerva, ihre Verrichtungen auf demselben zu übernehmen, und mir die wahrhaft würdigen Geister zuzuführen; nicht die, welche ihr ganzes Leben mit Beurtheilung anderer zubrachten, sondern diese, welche eigne Werke des Witzes erschufen; denn Critikaster bringt die Natur alle Tage tausend hervor, aber das ganze Jahr kaum ein einziges Genie. Ja, und noch mehr. Ist denn das Gerücht gegründet, daß sie schon mit dem Momus eine Tochter erzeugt hat, welche die boshafte Spötterey heißt, die sie unter die Sterblichen ausgeschicket hat, um sie wider uns, und besonders wider mich zu empören? Leider ist es nur mehr als zu gewiß. Doch da kömmt sie; laß uns ihr ein Beyspiel der Bescheidenheit und der Sanftmuth geben, vielleicht sieht sie ihr Unrecht ein. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Die Vorigen, und Critik. Guten Tag. Ey, das sind ja immer Conferenzen! o ihr macht mich nicht blind. Allein laßt euch nur die Lust vergehn. Wir werden schon ein Wort mit einander reden. Welche Hitze, Critik! Wer hat dich beleidiget? welche menschenfeindliche, deiner unwürdige Mine. Ja, weil ich es mit der Jungfer Thalia nicht immer halte, weil ich ihren Scherz nicht länger vertragen kann, sondern bloß auf das Gründliche, auf das Ernsthafte denke – Du warst ja sonst meine vertraute Freundin? Warum hast du dich denn so gar erschrecklich geändert? Höre Sie, Jungfer Thalia! sie thut sich doch erschrecklich viel drauf zu gute, wenn sie einmal einen Einfall hat, über den etwa jemand lächelt. Schau Sie, ich kann auch scherzen. Jungfer, Jungfer! je nu, der Corybantes ist ein ganz feiner artiger Mensch geworden; nicht wahr, Jungfer Thalia? Schäme dich; niederträchtige Beleidigungen sollen Scherz seyn? Nein, nein, Apollo, das war ein sehr witziger Einfall; Momus ist ein guter Lehrmeister. Schaut doch einmal! Welche Keckheit! Weißt du, daß ich der Gott der Künste bin? verehre mich also, und höre – J nu, die Herrlichkeit wird auch nicht ewig dauern. Der Gott der Künste freylich, auch der Vater – Ey daß doch Orpheus der Calliope, und Linus der platonischen Urania so ähnlich sieht. Deine Beleidigungen machen mich nicht hitzig, und je unverschämter du bist, je gelaßner will ich seyn. Aber damit du nicht glaubst, daß mir deine Unternehmungen unbewußt sind, so höre mich! Unglückseliges Mädchen, so willst du dich denn Göttern und Menschen verhaßt machen, du, die du so liebenswürdig, so reizend, so gutherzig, so eine angenehme Schwätzerin anfangs warest, da der ganze Parnaß einmüthig beschloß, dich unter uns aufzunehmen, um die Genies einzuführen, die du des Lorbers, des Aufenthalts auf dem Parnasse für würdig erkenntest? Wie vorkommen, wie redlich, wie freudig erfülltest du nicht diese Pflicht, ohne Bosheit, ohne Partheylichkeit. Allein seit dem du meinem und der Musen Feinde, dem Momus, den Zutritt zu dir verstattest hast, seit dem hat sich dein Herz von einem Stolze aufgeschwollen, du bist partheyisch worden, dich peinigt eine elende Eifersucht, die dich erniedrigt, die dir den entsetzlichen Gedanken einflößte, den Parnaß zu erobern, und aus meinen und der Musen Trümmern ein Reich zu errichten, das mit dem ersten Augenblicke der Errichtung auch schon wieder eingestürzet seyn würde, weil deine Anhänger Freunde des Momus, und also ehrsüchtige und boshafte Menschen sind, die ihrem Hochmuthe Freundschaft, Erkenntlichkeit, alle Pflichten, alle Bande der menschlichen Gesellschaft aufopfern. Ach welche Menschen sind itzt deine Freunde! Der wahre Witz hat sie geflohen; ihr Stolz macht sie dessen unfähig. Sie sind dunkel in ihren Reden, gekünstelt in ihrem Styl, affektirt in ihren Wendungen, und erdrücken uns mit einem leeren Wortgepränge; sie schmieden große, und nach ihrem Dünkel neue Worte. Dahin schränken sie den größten Theil ihres Wissens ein. Unglückliche Leute, die sich wegen eines Talents, das sie nicht haben, und das sie doch gern haben möchten, dadurch schadlos halten, daß sie über die schönsten Werke Gift ausschütten, um diese Arten von Künsten herabzusetzen. Wirst du bald ausgepredigt haben? Gleich; aber bedenke nur, meine liebste Critik, wie sagtest du Anfangs, da ich dich aufnahm? Der wahre Witz ist einfältig, sanft lächelnd; galant, ohne Schmeichelei, und wenn er spottet, ohne Pasquill, ohne Verläumdung. Er erregt unser Lachen aus dem Grunde unsrer Seele; er ist für alle verständlich, er redet mit Klarheit, und selbst der Unwissende kann ihn verstehn, leicht, lebhaft, zärtlich. Er schöpft seinen Glanz aus dem Schoose der Natur, und er hält sich erst da für gänzlich liebenswürdig, wenn er zugleich das Herz rühren kann. Ach Critick! die Schüler, die du anfangs erzogst, waren nicht boshaft, deßwegen überließ es man ihnen gern, alle Geburten des Witzes zu beurtheilen, ob sie gleich selbst keine, oder doch sehr selten hervorbrachten. Aber was thun sie itzt? Ein neues dramatisches Stück erscheint, welches hoch über die pedantische Wissenschaft der Regeln erhaben ist; es findet Beyfall, man ist entzückt darüber. Deine Schüler, denen der Beyfall in der Seele weh thut, denen der Neid da Herz zernagt, fangen an es zu verschreyen, sie finden Fehler darinne; sie setzen es herab, wo sie nur können. Bedenke doch, meine liebe Critik, wie tief du herabgesunken bist, da deine Schüler anstatt der Federn Schlangen führen, und da sie doch nur das Echo der Zuschauer seyn sollten, welche eigentlich entscheiden. Nicht wahr, itzo denkest du, du hast etwas recht kluges gesagt? Trotz allen will ich itzo doch damit anfangen, daß ich den grünen Hut gänzlich verbanne. Ich will der Thalia durch den Sinn fahren, wir wollen doch sehn – Um dir gar keine Ursache zu einiger Beschwerde zu geben, so will ich auch diese Sache untersuchen. Ha, da kömmt, glaube ich, Merkur. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Die Vorigen, und Merkur. Guten Morgen, Apollo. Willkommen, Merkur! wo kömmst du itzt her? Ach, du weißt ja meine Verrichtungen. Ich weiß mich vor Geschäften nicht zu lassen; ich habe itzo mit den Schelmen so viel zu thun. Die Sterblichen werden so fein, so abgedreht, ich werde noch selbst zuletzt zu ihnen in die Schule gehn müssen. Bruder Apollo, du, und alle Götter werdet in Zukunft faule Zeit haben. Wo man euch andern sonst Tempel errichtet hat; weg sind sie, alles bauet mir Altäre. Ich habe mir aber geschmeichelt, daß ich noch an einigen Orten verehret würde. Du hast Recht; Du bist beliebt, aber einer von deinen Lieblingen hat – Da frage die Critik nur; es giebt einige, die sich Schüler von ihr nennen, die passen auf dein Reich, auf eine neue Comödie, wie der angehängte Hund auf sein Futter, sie wollen ihren leeren Magen füttern, sie wollen Stoff haben; ihre Schüler werden mir auch ehester Tage Tempel aufbauen; es giebt Leute, die aufs Monopolium der Wissenschaften gehn, und da müssen sie sich an mich addreßiren. Das ist doch erschrecklich. Wenn sind denn die Wissenschaften ein Monopolium gewesen? Bravo, Merkur! nicht wahr, du bist itzt auch mein guter Freund? o ich will – Vielleicht nicht so sehr, als du glaubst. Nach deiner Art zu denken mußt du es ja seyn. Du hast Geld, und also mußt du ja eine jede Kreatur verachten, die dir nicht ihr baares Geld vor deine gelben Augen legen kann. Du weißt doch, daß Apollo allezeit dein und deiner Verehrer Feind gewesen ist. Er wird es aber nicht mehr seyn. Kurz, ich bin mein Amt satt, ich werde mich mit dem Apollo vereinigen. Nu ja, damit er verschwiegen seyn soll. Wir wissen es aber sehr wohl noch, wie du dem Apoll, deinem Berufe gemäß, die Rinder, Bogen und Pfeile gemaust hast. Du bist doch eine giftige Schlange. Aber triumphire noch nicht; es kömmt itzt drauf an, was Apollo für eine Entscheidung wegen des grünen Huts fällen wird; denn es ist so weit gekommen, daß eine Verschwörung wider ihn gemacht worden ist; er soll schlechterdings aus dem Tempel der Thalia verjagt werden, Momus und die boshafte Spötterey haben es sich fest vorgenommen. Dieser alte treue Diener, der so vielen rechtschaffenen Leuten so lange Zeit Vergnügen gemacht hat? Ja, sie wollen schlechterdings, er soll seinen Rock und seinen Hut wegwerfen, in andern Kleidern auf dem Theater erscheinen, und sich nur selten sehn lassen. Es ist ja natürlich. Wie wenige können ein witziges Lächeln erregen, wie wenige können ohne Stachel scherzen? Sind denn diese Kleider so gar anstößig? Was sagen denn die andern dazu? Sie wollen es auf deine Entscheidung ankommen lassen. Ja, das soll auch geschehn. Thalia, Merkur, Critik, kommt mit zu den Sterblichen, wir wollen ihn sehn, wir wollen selbst eine Comödie mit ihm spielen; und wenn deine Schüler, Critik, Recht haben, so verspreche ich dir, du sollst ein günstiges Urtheil hören. Ja, wenn Momus nicht mitgeht, so gehe ich auch nicht mit, da wäre ich eine rechte Närrin. Gut, damit du vollkommen befriediget bist, so soll auch der mitgehn. Kommt, laßt uns unterreden, wie wir es anfangen wollen. Ich werde schon nachkommen. 4. Auftritt Vierter Auftritt. allein. Itzt wäre ich allein. Apollo hatte nicht überall Unrecht. Ich weiß auch nicht, wie Momus den Weg zu meinem Herzen hat finden können. Ich hätte nie geglaubt, daß er mir nur die geringste Neigung einflössen würde. Aber Thalia, das nasenweise Ding – Nein, sie soll nicht den Sieg erhalten, es ist mir geglückt, wenigstens den Rock und den Hut ihres Anhängers verdächtig zu machen; nein, er muß verbannt seyn. Meine Tochter, die boshafte Spötterey, wird schon arbeiten, ich verlasse mich auf ihren eifrigsten Anbeter; er ist verwegen, hochmüthig, falsch; er soll meine Tochter, die boshafte Spötterey, heyrathen, dann ist Apollo verscheucht, die Musen verscheucht, ich erobere den Parnaß. Victoria. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Critik, und Momus. Ha, ha, ha, laß mich recht auslachen, ich muß mir den Bauch halten, sonst zersprenge ich mich. Nu warum denn? was ist denn? Ha, ha, ha, gieb mir die Hand, Weib. Geh, du drückst mich ja – ich fühle meine Hand nicht. Narr, und wenn ich dir sie entzwey drücke, so wirst du doch lachen, wenn ich dir erzählen werde – Nu, so rede nur, denke nur – Ha, ha, ha, Narr, du bist ein einfältig Thier gegen mich; was ich für einen Streich gemacht habe – Nu was denn? Ein Pasquill habe ich auf den grünen Hut gemacht; Da ist Apollo ein armer und dagegen. Nu, so laß doch hören. O geh du dummer grüner Hut, Du bist doch nur ein armes Blut, Du meynst, du bist ein Engel, Allein du bist ein Schlänkel. Ha, ha, ha, hast du jemals einen schönern Vers gelesen? Nu rede. Ja, ja, es ist – (O er ist gleichwohl eine unerträgliche Figur, wenn ich nur Thalien nicht so gar gram –) Nu, so rede, thue das Maul auf, nicht wahr, sie sind scharmant. Je nu – Was? ich glaube, du findest etwas dran auszusetzen? Geh, du bist ein dummes Weib. O Momus, so begegnest du mir, die ich dir meine Vernunft, meine Freunde, meine Ehre aufgeopfert habe? Lari fari. Unser Mädel, die boshafte Spötterey, hat sie gelobt. Sie? Ja, und auch ihr Bräutigam, und zwar deßwegen wären sie schön, weil sie über den grünen Hut gemacht wären. Höre! ich habe von ernsthaften Sachen mit dir zu reden, heute soll das Schicksal des grünen Huts entschieden werden. Du weißt selbst, unsre ganze Ehre hängt davon ab. Apollo, Thalia, Merkur und ich gehn zu den Sterblichen, ich habe es ihnen rund abgeschlagen mitzugehn, wenn du nicht dabei wärest; sie haben mir es verwilliget; also sey – O das ist brav; ja ich gehe mit. Da sollen sie erstaunen über meine Geschicklichkeit, die will ich zusammen foppen, sie sollen Blut geben. Komm, und laß uns das Uebrige abreden. Nu, so geh, so gehn wir. 2. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Clitander, Prehauser. Ja, ja, er ist es; das ist ja recht glücklich, daß ich ihn gleich antreffe. Ihr gehorsamster Diener, mein Herr! welcher ein Blatt in der Hand hat, und liest. Gehorsamster Diener. Es ist heute ein recht schöner Tag; es ist vortreflich im Grünen. In der That. Darf man nicht wissen, was sie so aufmerksam hier lesen? J, es ist so ein Blättel. Ich lasse mir die Dinger immer mit der Zeitung kommen. Aber ein einziger divertirt mich vor allen drunter. Das ist ein wunderlicher Mann, bald lobt er was, bald tadelt ers wieder, und so widerspricht er sich in einem Blättel zum andern. Sehn sie nur selber, lesen sie nur die Seite, er kritisirt wie – Ach, ich bin kein Liebhaber von Kritiken. Ich hätte ihnen einen andern Vorschlag zu thun wenn sie so gütig seyn, und ihn genehmigen wollten. Nu, so lassen sie ihn hören! Der Herr von Leander hält sich einige Wochen auf diesem Landhause auf, und er möchte sich gern einmal das Vergnügen machen, eine Comödie vorzustellen – Der Herr von Leander? Ist er hier? Ich habe seinen Herrn Vater sehr gut gekennt. Eben deßwegen nimmt er sich die Freyheit, sie heute dazu einzuladen, er hat noch eine kleine Gesellschaft bey sich. J nu, ich bin bereit. Rechtschaffenen Leuten pflege ich nie etwas abzuschlagen, was ihr Vergnügen befördern kann. Was wollen sie mir denn für eine Rolle geben? Sie würden sich uns sehr verbinden, wenn sie den Hannswurst – Den Hannswurst? Ach gehn sie, sie spaßen; den grünen Hut? da lesen sie einmal den davon, da werden sie Wunder hören. Sie werden ja von keinem so verdorbenen Geschmacke seyn. Verdorbener Geschmack, wenn man das lachende Komische liebt? der Mensch wird es gewiß nicht besitzen, weil er es verachtet. Nein, nein, just in ihrem grünen Hute, in ihrem Kleide bittet er sie zu spielen; es ist alles angeschaft dazu, sie dürfen nur herein kommen. Nu gut, wenn sie es so haben wollen; aber da mögen sie darnach auch zusehn, wenn er sie ausmacht – Das wird uns sehr wenig rühren; wir ärgern uns nie über Beleidigungen, wir verachten sie. Was für Personen haben sie denn also dazu? Drey Liebhaber, eine Liebhaberin und ein Kammermädchen. Das sind sie alle? Ja. Nu, da geht ihnen ja noch ein Alter ab? Ja, sie haben Recht; und ich habe sie ersuchen wollen, ob sie nicht ihren Freund Odoardo bewegen könnten – Er ist just da in die Allee hineingegangen; er macht eben so gern, wie ich, rechtschaffenen Leuten ein unschuldiges Vergnügen; ich werde ihn darum bitten. Ab. Ja, das thun sie; wir erwarten sie also mit Ungeduld. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Leander, Isabelle, Clitander, Clarisse, Cleon. Ich mag aber das Kammermädchen nicht machen. Wenn andere da die Jungfer – O so gieb dich doch zufrieden – Nu, lieber Bruder? Sie werden gleich erscheinen. Also auch mein theurer Odoardo? Ja, mein Kind, der brave Odoardo, der deinen Ruhm, deine Ehre so glänzend gemacht hat – Vortreflich. Odoardo? Der eifrige Anhänger des Huts? zu Clarisse. He, soll ich dem Apollo die Verse nicht vorlesen? O schweige itzt. Sie werden den Augenblick da seyn. Nu, willst du denn die Columbine – Ja, nun will ich, um den Odoardo rasend zu machen, und den grünen Hut so in die Enge zu treiben, daß er an mich denken soll. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Die Vorigen, Prehauser, Odoardo. Willkommen zu tausendmal, meine Herren, lassen sie sich umarmen. Wie sehr danke ich ihnen für die Gütigkeit, daß sie unser Vergnügen heute befördern wollen. Ey, wer sollte so rechtschaffenen Leuten etwas abschlagen können? Ich bin allemal glücklich, so oft ich jemanden einige vergnügte Stunden machen kann. Nu, so lassen sie uns den Inhalt der Comödie auseinander setzen. Sie, mein liebster Freund Odoardo stellen also einen alten Kaufmann vor, er mag Lysimon heißen, der Isabellen zur Tochter hat; Clarisse ist das Kammermädchen, wir drey hier, Clitander, Cleon und Leander sind die Liebhaber Isabellens; Hannswurst ist mein Diener. Der Alte hat keine Lust, seine Tochter einem von den dreyen zu geben, weil sie sich nicht recht nach seiner Neigung bequemen, die sie aber nicht kennen; er hat die Schwachheit der Alten, er ist eigensinnig, aber doch schlau genug, sich nicht zu verrathen, er will sie also selbst rathen lassen. Derjenige, der so glücklich ist, die herrschende Leidenschaft des Alten zu entdecken, erhält seine Tochter. Leander wendet sich an seinen alten Diener, und dieser kann sich desto leichter unter verschiedenen Gestalten zeigen, um seine Neigung zu erforschen, weil der Alte schon das Gesicht beynahe verlohren hat, weil er ihn nicht kennet – Ich sehe ihre Meynung vollkommen ein; überlassen sie uns nur das Uebrige. zu Prehauser. Gut. So können sie sich unterdessen anziehn, mein Herr, wenn es ihnen gefällig ist. Hier habe ich die Scenen aufgesetzt. Vortreflich. Ich habe also die erste Scene mit Clarissen; ich brauche die Kleider nicht zu ändern. Nein, sie sind ordentlich dazu gekleidet. Ich protestire aber noch einmal wider den grünen Hut – Geben sie sich doch zufrieden. Aber du, Clarisse! ich weiß ja noch nicht recht – Geh nur, Clitander wird es dir schon sagen. So wollen wir also anfangen? Ja. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Clarisse und Lysimon. Nu, werden sie sich denn einmal entschliessen, ihrer Tochter einen Mann zu geben? ich dächte, es wäre einmal Zeit. Wenn sie wüßten, wie schwer es mancher wird, daß sie mit Ehren das zwanzigste Jahr erreicht. Es wird ja nicht allen so schwer worden seyn wie dir – Nein, nein, sie ziehn uns so lange schon auf; und das sage ich ihnen, wenn sie ihre Tochter nicht itzt noch im Fasching verheyrathen, so will ich ihr selbst den Rath geben, sie soll sich knall und fall mit dem copuliren lassen, der ihr am besten ansteht. Wenn nur ihre Mutter noch lebte, so wollten wir sie nicht einmal fragen; denn die Mütter sollten eigentlich nur können mit ihren Töchtern disponiren. Die Väter, ja – mit einem Gut schalten und walten zu wollen, das so selten ihnen gehört. Du behältst doch immer dein giftiges Maul. Ey, ich rede die Wahrheit. Nu, darnach wird die Jungfer vielleicht auch heyrathen wollen? Ja, es wird so herauskommen. So? Hm, wird es mir vielleicht übler anstehn, eine Frau zu machen, als einer andern? Und der holde Hr. Bräutigam? Ach foppen sie nur, sie sollen nicht lang mehr foppen. Höre ich nicht meine Tochter? Geh, und laß uns allein. Sobald ich deine weise Conferenz dazu brauchen werde, so werde ich nicht ermangeln – Das ist so ein alter verschmitzter Kopf, aber – 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Lysimon und Isabelle. Grüß dich Gott, mein Kind! denk nur, was mir die Clarisse von dir weis macht, als ob du so gern heyrathen möchtest. Die Wahrheit zu gestehn, Papa, sie wissen, ich bin freymüthig und munter, ich sähe es also von Herzen gern, wenn sie mir einen Mann geben wollten. Kind, zu dem Unglücke kömmst du immer noch früh genug. Wenn du bedächtest, wie heutiges Tages die Männer sind, du würdest dich ganz anders entschließen. Sieh nur, wenn ein Frauenzimmer die Einsamkeit liebt, so ist ihr ein einziger Mann zu viel, und liebt sie Gesellschaft, so ist ihr ein einziger Mann wieder zu wenig. Es ist heutiges Tages so. Bleibt der Mann gern zu Hause so, möchte er oft rasend werden, wenn sein Weib nicht ausgeht; und ist sie aus, so ist er halb tod vor Furcht, daß sie wieder nach Hause kommen möchte. Nein, nein, Papa, es wird doch nicht so gar gefährlich seyn. Es wagen es so viele, warum soll ich es nicht auch wagen? Schlimm gnug; du verstehst es noch nicht so gut. Bedenken sie, Papa, daß man in jedem Stande seine Beschwerlichkeiten hat, warum denn – Aber der Mann wird dich plagen. So werde ich ihm mit Lustigkeit begegnen. Er wird dich gering schätzen. Mein Betragen wird so gegen ihn seyn, daß es ihm gewiß niemals in den Sinn kommen soll, mich gering zu schätzen. Er wird dir dein Geld verthun. So werde ich ihm keines geben. So wird er Schulden machen, er wird dir die Gläubiger über den Hals schicken. So werde ich keinen zahlen. Er wird verreisen, er wird durchgehn, er wird dich mit deinen Kindern sitzen lassen. So werde ich bethen, daß er niemals wieder zurückkömmt. So willst du also in dein Unglück rennen? Lieber Papa, bedenken sie, ich habe drey Liebhaber; man sagt mir überall, daß die Mannsbilder alle Tage rarer werden, welche Weiber nehmen wollen, weil der Pracht täglich steigt, weil ihn ein Mann, der bey Ehren bleiben will, kaum mehr aushalten kann, weil so viele ihre Männer durch ihren Staat so weit bringen, daß sie Cassen und alles angreifen und zu Schelmen werden müssen. Wie oft theilen sich nicht drey und noch mehr Frauenzimmer in einen einzigen von unsern windigen Stutzeramanten, die bloß abgeschmacktes Zeug vorbringen? und ich habe drey ernstliche Amanten, und alle drey haben die aufrichtige Absicht zu heyrathen. Es ist alles recht; aber glaubst du denn, daß sie dir so demüthige Reverenzen machen würden, wenn sie nicht wüßten, daß ich ein bissel Geld hätte? Wenn sich aber ein Mann anheischig macht, seine ganze Lebenszeit hindurch mit einem Frauenzimmer zu leben, für ihre Bequemlichkeiten, deren sie so viel braucht, zu sorgen, ihre Schwachheiten, denen wir so oft unterworfen sind, zu ertragen, zu erleichtern; soll man denn hernach einem Manne nicht ein wenig Interesse vergeben, wenn er auf ein Vermögen sieht, das ihn in den Stand setzet, seine Frau desto anständiger zu versorgen? Ey du Advokatin, du. Warte, ich werde dir ein Buch geben; es heißt die Lust und Unlust der Ehe, und hat drey Bände. Das Kapitel von der Lust enthält die erste Seite vom ersten Blatt im ersten Theil, und das Kapitel von der Unlust enthält alles das Uebrige. Ich glaube es gern, Papa! aber ich werde deswegen doch heyrathen, wenn sie mir es erlauben wollen. Aber, Kind, willst du mich denn in meinen alten Tagen verlassen? mein Gesicht ist geschwächt, kaum erblicke ich mehr das Tagslicht; mein Gehör wird auch schwächer, ich nähere mich jeden Tag mit starken Schritten dem Grabe; kannst du es denn übers Herz bringen, mich zu verlassen, meine Tochter? Nein, lieber Papa, das war nie meine Absicht sie zu verlassen; Gott friste ihnen ihr Leben noch lange, ich werde beständig kindlichen Gehorsam für sie haben, und – Laß dich umarmen, mein Kind, du bist meine würdige Tochter, nun itzt bin ich schon wieder zufrieden. Ich habe nur geglaubt, wenn ich einem Manne mit ihrer Einwilligung meine Hand gäbe, so müßte er sich entschließen, hier zu leben, und seine Sorgfalt mit der meinigen vereinen, damit wir ihnen das Leben desto angenehmer machen könnten. Dein Herz wird aber gar zu sehr getheilet werden – Fürchten sie doch das nicht, Papa. Und hernach, dir die Wahrheit zu sagen, alle deine drey Amanten stehn mir nicht recht an. Der Leander? Weil er ein Edelmann ist, und zu wenig Geld dazu hat. Der Clitander? Der hat wieder zu viel Geld. Der Cleon? Den magst du wieder nicht recht. Was soll ich denn also thun? Ich muß dir nur offenherzig beichten; schau, ich möchte gern einen Eidam, der so meine Neigung träfe; aber ich sähe gern, wenn er Geschicklichkeit gnug besäße, sie zu errathen. Nun weißt du selbst, daß es noch keinem von allen dreyen gelungen ist, folglich – Ich glaube Leandern und Clitandern reden zu hören. Geh itzt mit herein, und gieb mir mein Frühstück, wir wollen hernach mit ihnen reden. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Leander, Clitander. Nu, wie stehts mit ihrer Liebe, Hr. von Leander? Vielleicht werden sie glücklicher seyn, als ich, sie sind reich, und ein Kaufmann. Und sie sind ein Edelmann. Sie wissen, wie wenig ich stolz darauf bin, von Adel zu seyn. Der kleine Adel ohne großes Vermögen ist heutiges Tages von sehr geringer Bedeutung. Ey, glauben sie das nicht, sie wissen ja selbst, wie die Gnadensucht alle Tage höher steigt. Es wird noch so weit kommen, daß kein artiges Stubenmädel mehr mit einem gestrengen Herrn zufrieden seyn wird. Ach, ich sehe mein Unglück nur mehr als zu offenbar. Sie werden Isabellen erhalten, sie werden glücklich seyn, und ich – Aufrichtig zu reden; ich kann Isabellen gut leiden, sie ist ein munteres lebhaftes Mädchen; sie hat ein vortrefliches Herz, und damit ich den Kaufmann nicht verläugne, so hat der Alte brav Geld. Aber wollen sie glauben, daß wir vielleicht alle beyde nichts davon erhaschen? Es ist wahr, der Alte ist unergründlich; ich habe nie seine Neigung erforschen können. Ich auch nicht. Und es scheinet mir, daß ich ihm noch weniger gefalle als sie, ich bin zu flüchtig vielleicht; doch, wenn es nicht seyn kann, ich kenne noch ein paar junge Röslein, ich werde dort vielleicht nicht so viel Widerstand finden. Wissen sie was, beym Licht besehn, wenn sie sie erhalten können, da haben sie meine Hand, ich will ihnen keine Hinderniße von meiner Seite entgegen setzen, ich kann schon noch ein paar Jahre warten; meine Frau wird mir vielleicht ihre Tugend noch früh gnug ins Gesicht pflanzen. Ist das ihr Ernst? Ja, schlagen sie ein. Aber sollte der Alte etwa ein Auge auf den Cleon geworfen haben, da fange ich alsdenn wieder an zu operiren, der muß sie nicht kriegen. Glauben sie denn, daß Isabelle – Ey, sie kennen die Caprizen noch nicht recht vom Frauenzimmer. Es ist gnug, daß er ein Geck ist, da hat er schon die Hälfte voraus, mehr als sie zu gefallen. Nein, nein, Isabelle ist nicht – Der Teufel! für einen Edelmann sind sie doch auch sehr wenig erfahren. Ich bin schon etlichemal so glücklich gewesen, mir die Gunst von etlichen Frauenzimmern zu erwerben; fragen sie einmal, wodurch? durch Verstand, durch ein gerührtes Herz, durch zärtliche Ausdrücke vielleicht? ja das ist verschlagene Münze. Durch Pracht, Moden, Geschenke, Windbeuteley und unbesonnenes Geschwätz. Schauen sie, das sind die Netze, in die sie wie die Fliegen hineinfallen. Ich glaube, da kömmt Isabelle. 7. Auftritt Siebender Auftritt. Die Vorigen, und Isabelle. Jhre Dienerin, meine Herren! Unterthäniger Diener, Mamsell! Erlauben sie mir, daß ich ihnen die Hand küsse, ich bringe ihnen auch ein paar neue Liedeln mit, die itzo ganz Wien singt. Wie befinden sie sich denn, liebste Isabelle? Immer so munter, als ich kann; ich scherze, ich lache und singe. Wie glücklich sind sie, daß sie so eine muntere Gemüthsart haben. Was soll ich mich grämen? Geht mir nicht alles nach Willen, gut, so geht doch manchmal etwas, und damit bin ich wieder zufrieden. Ein Temperament nach meinem Sinne. Gehn sie her, tanzen wir eine Menuet. Warum denn nicht? O meine Isabelle, sie müssen noch keinen Funken der Liebe fühlen, wenn sie so aufgeräumt seyn können. Sie irren sich vielleicht; allein muß einen denn die Liebe so traurig wie einen Geist machen? Wissen sie was, Clitander, thun sie mir den Gefallen, und gehn sie ein wenig zum Papa, ich habe da drey Worte mit Leandern zu reden. Wenn sie so befehlen. Aber nicht zu verliebt, hören sie? Da wird sich weisen. Ein Wort, ein Mann doch Clitander? Ja, mein Freund. 8. Auftritt Achter Auftritt. Leander und Isabelle. Itzt sagen sie mir, warum man eben traurig seyn muß, wenn man verliebt ist? Ach! wenn man wahrhaftig liebt, so fürchtet man immer das Geliebte zu verlieren, und das – O liebe Isabelle, ich liebe sie auf das innigste, mein theurester Wunsch ist, an ihrer Seite zu leben; und weil ich noch so große Hindernisse sehe, so bin ich im höchsten Grade unruhig, daß ich sie verlieren möchte; ach, wenn sie ihre Hand einem andern reichen, so bin ich den Rest meines ganzen Lebens unglücklich. Ich kenne ihre Zärtlichkeit, ich werde sie vielleicht, so traurig, so ernsthaft sie auch immer sind, Clitandern vorziehn; nur disponiren sie meinen Vater, denn ohne seine Einwilligung habe ich ihm gelobt, nicht zu heyrathen. Und also, wenn ihr Papa – Dann werde ich mit Freuden die Ihrige seyn. O liebste Isabelle, sie wollen meine Gattin werden? ich sehe dieses Opfer mit den Augen meines Freundes Handsam an. Wie viel heißt dieß nicht fodern, wenn man von einer Schöne erlangt, daß sie uns ihr Schicksal übergeben soll? Sie ist in ihres Vaters Haus ruhig, die Lebensart da von Jugend auf gewohnt, und ich will, daß sie meine Unruhe mit mir theilen, und sich an meine Lebensart gewöhnen soll? Sie hat sich an den Umgang mit ihren Bekannten gewöhnt, und ich führe sie in eine ganz fremde Gegend? Man hat ihr theils aus Gewohnheit, theils aus Empfindung, wo nicht Schmeicheleien, doch wenigstens das gesagt, daß man sie liebenswürdig finde; und künftig darf sie, ohne zu erröthen, sich das von niemand, als von ihrem Manne sagen lassen? Sie ist gewohnt, in ihrer Aeltern Hause zu gebieten, und niemand außer ihren Aeltern zu gehorchen; und ich soll stolz ihr Herr werden, sie soll sich meinem Willen in allem unterwerfen? Sie ist gesund, und indem sie mir ihr Herz giebt, setzt sie sich einem Stande aus, in dem sie die allerheftigsten Schmerzen dulden wird. Sie sey so einsehend, als sie immer wolle, so vermuthet sie mehr Süßigkeiten in der Ehe, als ihr der Mann versprechen kann; wenigstens wird sie nie so völlig glückliche Augenblicke zählen, als die Erwartung ihres unschuldigen Herzens, oder die Gespräche der Thoren ihr versprechen. Sehn sie, was für Verwegenheit dazu gehört, eine Freundin, bloß weil sie uns gefällt, zu diesem manigfaltigen Elende aufzufodern? O mein liebster Leander, sagen sie ja diese Betrachtungen keinem ledigen Frauenzimmer, sonst heyrathet gewiß keine einzige mehr. Ich glaube, da kömmt Cleon. O der muß doch immer zur Unzeit kommen. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Die Vorigen, Cleon. Ein Diener, ein Diener, Hr. von Leander! Mademoiselle, sie wissen ohnedem, wie sehr ich ihr Diener bin. A propos, nu, wie gefällt ihnen das französische Buch, das ich ihnen gegeben habe? Sehn sie nur, Leander, sie sind doch gar nicht galant. Hr. Cleon bringt mir Bücher, Clitander Arien; was bringen sie mir denn? Ein gerührtes und treues Herz, das sind alle meine Schätze, die ich ihnen anbieten kann. Gehn sie, sie sind doch ein Träumer. Ja mit dem Herzen werden sie weit kommen! heutiges Tages will das Frauenzimmer nur witzig unterhalten seyn; und ich biete einem witzigen Kopfe Trotz, der besser als ich – Ja, ja, das sieht man ihnen an. Nicht wahr, Isabelle, das französische Büchel ist mehr werth, als alle Folianten, die die Deutschen jemals geschrieben haben? ich kann halt keine Viertelstunde bey einem deutschen Buche aushalten. Es ist lauter Geschwätz; einzige paar Verse noch aus dem Hofmannswaldau haben mir einmal gefallen, sonst nichts – nichts auf der Welt mehr. Hofmannswaldau? Kennen sie keinen als den? Ich dächte doch Gellert? – Er ist wässerig. Haller? Er ist ein Schwätzer und trocken. Uz, Gleim, Hagedorn? Nichts sind sie, sage ich ihnen; wenn sie was nutz wären, so müßte ich sie ja kennen. Und mein Urtheil ist richtig, ich habe mich in meinem Urtheile noch nie betrogen. Das ist nun freylich eine richtige Folge. Welche gefallen ihnen denn unter den Franzosen am besten? Der Corneille passirt, der Racine auch so noch mit. Voltäre wäre sonst brav, wenn er nur keine Tragödien geschrieben hätte. Außer dem Misantrope lese ich den Moliere noch so am liebsten mit. In der That, die berühmtesten Männer dieser Zeiten haben doch ganz andere Urtheile von diesen Schriftstellern gefället. Gehn sie mit ihren berühmten Männern, es heißen so viele berühmt, die ich in den Sack hinein und wieder heraus schreiben will. Ich finde in den Französischen nicht Witz gnug, wo sollen ihn nun erst die Deutschen herkriegen? Ich muß sie verlassen, um meinen Vater – Wir haben ein Wort noch miteinander zu reden, Isabelle. Die Nebenbuhler müßen wegfallen, das sind Heuschrecken. Ha, ha, ha! Was halten sie von dem Einfalle, Leander? Ich glaube, da kömmt mein Vater her. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Lysimon, Clitander, die Vorigen. Wo bist du denn, meine Tochter? Papa, Servus. Nu, wie stehts heute mit ihnen? Servus, Cleon. Serviteur, Clitander. Mein lieber Herr Lysimon, erlauben sie mir, daß ich ihnen meine Ehrerbietung bezeigen darf. Sie thun mir und meiner Tochter zu viel Ehre an, mein Herren, kommen sie mit herein, ich muß mich einmal recht weitläuftig mit ihnen unterhalten; ich sehe nun wohl, es wird einer von ihnen mein Schwiegersohn werden. Geben sie mir die Hand, Cleon. Nu, Herr Lysimon, gescheid. Wer ihnen halt die Zeit am besten vertreiben kann, und das will ich – Erlauben sie mir nur einen Augenblick, ich werde ihnen gleich nachfolgen. Nu, so geben sie mir ihre Hand, Mademoiselle, damit ich die Ehre habe, sie – Ich protestire. Protestiren sie, wenn er mich hineingeführt hat. 11. Auftritt Eilfter Auftritt. allein. Ich muß mich ein wenig erholen. Sollte denn Cleon? – Ich sehe des Alten seine ganze Absicht vollkommen; wenn ihm sein Schwiegersohn nicht alle Unterhaltung in der Welt machen kann, die er in seiner Phantasie hat, so wird er seine Tochter sobald noch nicht verheyrathen. Ich erwarte mit der größten Ungeduld meinen Bedienten; er hat Erfahrung, er kann alle Gestalten annehmen. Sollte ihn denn der nicht ausforschen kennen? Ach, warum bleibt er denn so gar lang aus? Wenn ihm nicht gelingt, so muß ich die süsseste Hoffnung meines Lebens aufgeben. Da kömmt Clarisse. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Leander und Clarisse. Was träumen sie denn, Hr. v. Leander? Ach ich denke meiner heftigen Liebe, meiner Leidenschaft für Isabellen – Ja, mit Träumereyen werden sie viel bey einem lustigen Mädel ausrichten. Da gehört etwas ganz anders dazu. Liebe Clarisse, kann ich mich auf ihren Beystand verlassen? Befehle sie mit mir, alles in der Welt, was in meinem Vermögen steht – Nu, was wollen sie denn, daß ich thun soll? Mir den alten Lysimon geneigt zu machen. Die Belohnung? Was sie nur in der Welt will. Können sie mir darnach einen Mann schaffen, der mir gefällt? Sage sie mir nur ungefähr ihren Gusto. Nicht zu jung, denn da schweifen sie aus; nicht zu alt, das versteht sich so; vor allen aber lustig, er muß mich aufgeräumt machen können, wenn mirs einfällt, krank oder übeln Humors zu seyn. Ich habe einen braven Bedienten, den ich versorgen werde, wenn sie etwa – Nu, ich will ihn drum ansehn. Das kostet ja nichts. Und will sie mir – Wenn er mir gefällt, so werde ich ihnen nicht weiter zuwider seyn. Gesetzt aber, er gefiele ihr nicht? Das wird sich weisen; ich glaube, man ruft; kommen sie nur hinein, da wollen wir mehr von der Sache reden. Ab. Recht gut. 13. Auftritt Dreyzehnter Auftritt. Leander und Hannswurst. Ich glaube, da kömmt er – Nu, mein lieber Hannswurst, sey mir tausendmal willkommen! Es freuet mich, daß ich sie gesund wieder sehe. Da haben sie einen Trost. Die alte Tante ist glücklich abgesegelt, nun sind sie um ein gutes reicher. Ich gratulire ihnen von Herzen dazu. Himmel! so ist sie tod. Laß mich zu mir selbst kommen. Nu, nicht wahr, itzt ists eben so gut, daß sie ihnen bey ihrem Lebzeiten nichts gegeben hat? vielleicht können sie es itzo besser brauchen. Neun und neunzig Jahre ist sie alt geworden. Wenn alle Tanten in der Welt ihr eben so hoch brächten, so möchte ich einmal sehen, wie es mit allen den Neveux aussehn würde. Aber, mein lieber Hannswurst, was hilfts mich, daß ich nunmehro reicher bin, wenn Isabelle nicht meine Gemahlin wird. Nu, wenn das das größte Unglück ist, es giebt ja Frauenzimmer gnug. Aber keine, die ich so sehr liebe. Woran stößt sichs denn noch? Am Alten er will seine Tochter keinem geben, der nicht seine Neigung erforschen, der ihm die Zeit nicht vollkommen gut vertreiben kann. Das können sie nicht? und sind ein Edelmann, und sind auf Reisen gewesen. Ach, er ist so schlau – Ach, was wird er denn so schlau seyn? Wissen sie was! ich will einen Versuch machen; er kennt mich nicht; Hohes Alter und Kindheit, das ist einerley; da liebt man das Wunderbare, das Seltsame. Ein wenig groteske Charaktere. Sind sie es zufrieden? Herzlich gern. Aber du mußt dich erst mit dem Mädchen festsetzen; ich habe dich ihr zum Manne versprochen, wenn du ihr gefällst; sie ist ein reizendes Ding. Suche ja, daß du ihr nicht mißfällst. Was das Heyrathen betrift, das liegt mir weiter nicht am Herzen. Es kömmt drauf an; ist sie recht gescheid? Mehr als zu sehr. Das läßt sich hören. Ich glaube, es kömmt jemand, lassen sie uns auf die Seite gehn, damit wir das Ding besser überdenken können. 3. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Hannswurst, und Clarisse hernach. Ich bin ordentlich schläfrig. Aber ich muß nun schon dauern, bis die Comödie ausgespielt ist. Was thut man nicht rechtschaffenen Leuten zu gefallen. Es kömmt noch niemand. Es wird wohl eins seyn, ob ich schlafend warte, oder wachend, ja – Er schläft ein. Nu, wo ist er denn? Was ist denn das für eine Figur? Nu, das ist ja eine Tracht wie vor der Sündfluth? Ich bin doch neugierig, den Menschen zu hören – hm, wenn das der Diener vom Leander ist, so ist das sehr verlegne Waare; he, guter Freund! Und der soll munter seyn? – Das ist nicht möglich, daß der ein gescheides Wort reden kann. He, guter Freund! schlafend. Freund, ja – Modewort, ist nichts. He, guter Freund. schlafend. Ich bin kein Freund. Der Mensch schläft ja – He, guter Freund! Sie schüttelt ihn. aufwachend. Das ist keine Freundschaft, wenn man einen halb tod beutelt. Hi, das ist ein Frauenzimmer; das ist etwas anders. Gehorsamer Diener. Was mir der Leander weisgemacht hat! ich will ihn aber – He, was macht er da? Ich erwarte meinen Herrn. Wer ist sein Herr? Leander. Ja, es ist wirklich richtig. Er ist recht gustuos angezogen, in der That, eine schöne Figur! Nicht wahr? diese Figur hat schon manchem ehrlichen Manne das Zwergfell erschüttert; sie hat einen Anstand der Dummheit, in der das Lächerliche der Menschen just auf so eine Art in die Augen fällt, daß sie selbst dabey nicht beleidiget werden. So? ey, wie kann denn das möglich seyn? Nu, nu, lassen wir das Kleid; die Jungfer ist doch das berühmte Kammermädel, das so viel Witz hat, als ein Blättelschreiber? Ich glaube, er will witzig werden, er will foppen. Behüte mich der Himmel, ich foppe kein Kammermädel, sie sind so gefoppt gnug. Und die Lakeyen noch mehr. Ja doch, im männlichen Verstande. Er ist doch nicht so dumm, als ich – Aber sage er mir nur, warum er sich so närrisch trägt? Mein Kind, ich kann ihr das Ding itzt nicht weitläuftig auseinander setzen; in dieser Figur kann ich allen Verdruß vermeiden, dem ich, wenn ich die ordentliche Livree trüge, alle Augenblicke ausgesetzt seyn würde. Ein kalter Lakey, wenn er herzig, wenn er späßig seyn will, hat gleich den Prügel auf dem Buckel; aber diese Figur mit meiner scheinbaren Dummheit, die ich oft annehme, rettet mich von den Schlägen, und setzet mich in den Stand, den Thoren recht treuherzig sagen zu können, daß sie Thoren sind, ohne daß sie darüber böse werden; sie lachen recht herzlich dazu. Das war so unrecht nicht. Man muß sehn, wie man sich dran gewöhnt. Sie ist ein artig Mädel, in der That, so ein schelmisches Auge, so eine foppende Mine. Hat sie schon einen Amanten? Vielleicht mehr als einen. Das glaube ich schon; Amanten zum Caressiren giebts die enge. Auch zum Heyrathen. J nu, es überfällt mich auch manchmal so ein wunderlicher Appetit. Was hat sie denn so für einen Gusto im Heyrathen? Mein künftiger Mann muß lustig seyn. Das heißt, er muß sie ein wenig foppen können? Das Dienstel wollte ich allenfalls schon über mich nehmen. Es wird sich zeigen, wer einander das Leben saurer machen kann, ich oder er. O was das betrift, da hat das Frauenzimmer allezeit den Vorzug. Ich hätte es ihm wirklich nicht angesehn. Doch da kömmt Isabelle. Und auch mein Herr. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Leander, Isabelle, die Vorigen. So erlauben sie also dem Hannswurst, daß er – Ja, aber nur muß mein Vater keine unanständige Rolle – Nein, meine Isabelle. Und du, Clarisse, wirst doch dein Wort halten? Ich glaube, ja. Nu, so geh Hannswurst, und halte dich fertig. Den Augenblick. Ab. . Ich glaube ich höre schon meinen Vater mit dem Clitander. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Lysimon, Clitander, die Vorigen. He, wo steckt denn Isabelle? Da ist sie ja. Wissen sie was Neues, Hr. Lysimon! da hat vor einer kleinen Weile ein Wagen das Unglück gehabt, ein Rad zu zerbrechen, es sitzen lauter Fremde drauf. Ja, ich habe auch schon mit den Leuten geredt. Sie wollen gerne ein wenig hier ausruhen und warten, bis der Wagen wieder gemacht ist. Die armen Leute. Nu, so laßt sie in das andere Zimmer gehn, und tragt ihnen etwas zu essen an. Wie viel sind ihrer denn? Ich höre jemanden, es ist eine fremde Stimme; es wird schon jemand von der Gesellschaft – Nu, er soll nur herkommen. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Hannswurst als ein Alter, und die Vorigen. Erlauben sie mir doch zu fragen, welcher der Herr von Hause ist? Ich bin es, mein Herr, und heiße Lysimon. So, sind sie es. Der Mann hat mir so ein bekanntes Gesicht. Können sie vielleicht nicht gut sehn? Nein, mein Herr, ich habe das Unglück schon zehn Jahre, und itzo wird mein Gesicht von Tage zu Tage schwächer. Je nu, weil sie nicht verheyrathet sind, so thuts so viel nicht, da sie nicht sehen können; man sollte sich bey der Zeit gar nicht mehr wünschen ein gutes Auge zu haben. Wirklich, es ist ein Glück; ich gratulire ihnen dazu. Sie sind zu meinem Unglücke sehr scherzhaft. He, wer ist denn der junge Mensch da? Zeigt auf Leandern. Es ist der Hr. von Leander, ein Freund meines Hauses. Wo ein blinder Vater, und junge Mädchen sind? Das ist nicht übel. Und das junge Frauenzimmer da? Das ist meine Tochter. Sie scheint ein munteres Ding zu seyn; ich wollte wetten, daß sie einmal ihren Mann ohne Hosen herumlaufen läßt. In der That, mein Herr, diese Schmeicheley – Ach glauben sie nicht, daß ich schmeichle. Und die kleine da mit den schelmischen Blicken? sie schießt lauter krumme Strahlen aus ihren Augen wie die Kipfel. A propos, Hr. Lysimon, die krummen Kipfel, sie verstehn mich, hätte man unter den Menschen gar nicht einführen sollen, so wären wir vielleicht auch besser gefahren. Ich bedanke mich fürs Kompliment. Servus, Servus, meine Kleine. Zu Isab. A propos, Mademoiselle, nein, in der That, sie haben ein rechtes Modegesichtel, lassen sie sich einmal anschauen, sagen sie mir doch, haben sie nicht manchmal so weibliche Paroxismos zum Heyrathen! Mein Herr, in der That – die Freyheit, die sie – Ey, ey, ey, man weiß schon, was es zu bedeuten hat, wenn ein Mädchen von zwanzig Jahren von der Freyheit redt. Nu, was denn? J nu, sie meynt die Freyheit, die sie ihrem Manne auf seine ganze Lebenszeit wegschnappen will. Doch, Hr. Lysimon, ein Wort mit ihnen allein. Meine schönen jungen Leute, sie wissen wohl, wenn alte Leute etwas miteinander zu reden haben, so giebts Schindeln auf dem Dache. Das ist ein dreister Mann! Nu so lassen sie uns nur – Kommen sie, wir können gleichwohl hören, was sie miteinander reden. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Lysimon, und Hannswurst. Nu, itzt sind wir allein. Lassen sie sich einmal recht genau ansehen; hi, sie haben so etwas von einem gewissen Herrn Orgon, den ich einmal in Paris gesehen habe. (Ja, er hat recht, ich gab mir damals den Namen) So? was wars denn mit dem Herrn Orgon? J nu, wie nun junge Leute sind, das war ein rechter Hienz, der Orgon, er karessirte ein Mädel damals, der er immer Präsente machte; er glaubte, sie wäre ihm getreu, ja übermorgen, ha, ha, ha, lachen sie doch, ist man in der Jugend nicht recht thöricht? ha, ha, ha. Ho, ho, ho, woher wissen sie das? Ich weiß wohl, daß sie einem gewissen Alcest damals das Maul machte, welcher Wunder glaubte, wie lieb sie ihn hätte. Das war ein rechter Erzphantast. Ho, ho, ho, ho. (Hi, das war ich damals in meines Herrn Kleidern.) Ho, ho, ho. Aber lassen sie uns von was andern reden. Ho, ho, ho. A propos, sagen sie mir doch, haben sie keine Lust, ihre Tochter zu verheyrathen? Vielleicht. Wissen sie was, sagen sie mir ungefähr ihren Gusto. Meinen Gusto? Nu ja, ihren Gusto. Soll ihr Schwiegersohn reich, adelich, gelehrt, jung, oder alt, oder so von mittern Schuß seyn? Das weiß ich nicht so genau. Mit wem habe ich denn die Ehre zu reden? Mit einem alten Deutschen, der ins Bad reisen will, um sich ein wenig von einigen Beschwerlichkeiten zu erholen, deren man in den jungen Jahren so viele, und so emsig sammelt. Sind sie vielleicht ein Kaufmann? Just. Ich gebe meine Tochter keinem Kaufmann. Hören sie, ich habe aber einen Sohn. Desto besser für sie. Desto schlimmer. Die Söhne machen heut zu Tage lauter Confusion. Was ist denn ihr Sohn? Ein Gelehrter. Das läßt sich hören. Hat er Lebensart? Wie ein Engel. Haben sie ihn bey sich? Ja. Nu, so lassen sie ihn hergehn. (Ha, der sitzt auf. Itzt merke ich schon, was er für eine Art von Gelehrten wird haben wollen.) Er hat doch Vermögen? Er wird mehr von mir erben, als ich habe. Wollen sie also, daß er – Ja doch. Nu gut. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Lysimon, und Cleon. Wer ist da? Ich bin es, Hr. Lysimon. Das ist just recht, daß sie kommen; sie werden itzo einen Gelehrten zu sehen kriegen. So? kennt er die auswärtige Litteratur? Ich weiß es nicht. Ach hören sie nur die schöne Musik die kömmt gewiß von Leandern. Ja, ja, aber was hilft das; der Narr, der – So lassen sie mich nur zuhören. Nu ich höre auch. Ach, das war ja recht schön. Der Leander ist doch braver Mann. Wenn sie nicht der Clitander hat machen lassen. Das ist mir einerley. Hören sie einmal, da habe ich ein Sonnet gemacht; ich sage ihnen, ich erschrecke ordentlicher Weise vor meinem Verstande. Ich glaube, da kömmt er schon. 7. Auftritt Siebender Auftritt. Die Vorigen, Hannswurst als ein Gelehrter. Wo ist der Hr. Lysimon? Hier bin ich. Mit wem – Das müssen sie gleich aus meiner Aussprache hören, daß ich ein Gelehrter bin. Den will ich erwischen. Der Sohn von dem Herrn, der itzo – Ja, er hat die Ehre, daß ich sein Sohn bin. Was sind sie denn für ein Gelehrter? Worinn sie es haben wollen, ich habe alles gelernt; und ob ich mich sonst gleich nicht gern lobe, so sage ich ihnen doch, daß ich mit allen den armen Teufeln Mitleiden habe, denn keiner versteht was, als ich. Ey, das bitte ich mir aus. Was können die armen Narren davor, daß kein so feuriges Genie in ihrem Kopfe schwärmt. Nu, so sagen sie mir nur, worinn eigentlich ihre Stärke besteht. In allen. Aber ich sehe schon, ich muß mich verständlich machen; sie sind ein Kaufmann, sie können nichts dafür, daß sie ein Ignorant sind. Erstlich bin ich ein Kunstrichter. Ha, der mag mir auch der rechte Critikus seyn. Was, was? Es mag erscheinen, was will, so packe ich es an, denn es kann unmöglich gut seyn, weil ich es nicht gemacht habe. Und wie greifen sie es denn an? Ich sage dem Autor ohne Anstand, daß er ein schlechter Schriftsteller ist, weil er mich nicht zu Rathe gezogen hat. Und wenn er sie zu Rathe zieht? Da stelle ich ihm so viel daran aus, daß er es nicht mehr brauchen kann. Gesetzt aber: es gefällt gleichwohl den Leuten, wenn es ihnen auch nicht gezeigt worden ist? Da mache ich sie aus. Das ist aber nicht höflich. Dafür bin ich ein Critikaster. Sie sollen ohne meine Erlaubniß nichts schön finden. Machen sie sich aber bey den Leuten nicht verhaßt, wenn sie etwas verachten, daß ihnen gefallen hat? Ey was! wie gesagt, warum sind sie so dumm, und finden etwas schön, das ich nicht dafür ausgebe? Ein anders ist, wenn etwas gefällt, das ich gesehn habe, da bin ich schon hernach so klug, daß ich mir es selbst zueigne. Aber, mein Herr, dumme Leute loben nach Empfindung. Und wir andern Gelehrten, wir Klugen nach Absichten. Nu, er gefällt mir gleichwohl so übel nicht; er ist dreist, und schwatzhaft. Denken sie, ich habe es doch schon so weit gebracht, daß der grüne Hut nicht mehr so gefällt. Wer ist der grüne Hut? Das ist eine Person auf dem Theater, die deßwegen eine sonderbare einfältige Kleidung gewählet hat, weil sie in der Tracht Wahrheiten sagen kann, die man einem Lakey in der Livree niemals verzeihen würde. Ist denn das nicht lustig? Nein, es ist wider den guten Geschmack. Was ist denn der gute Geschmack? Was ich davor ausgebe. Nichts lustiges, aber lange moralische Abhandlungen, wobey man ruhig ausschreiben kann, ohne daß man sich weiter weh zu thun braucht, und wodurch man recht mit Bequemlichkeit die Leute einschläfert – Ich verstehe sie nicht. Das glaube ich; sie haben halt mit lauter Procenten zu thun gehabt. Also sind sie vermutlich schon lang ein Schriftsteller? Ich kenne sie nicht. Was? sie kennen mich nicht? das sollte mir ein anderer sagen. Lesen sie einmal die Zeitungen, gehn sie in die Kaffehäuser, fragen sie einmal die Comödianten, denen ich das Leben so sauer mache. Der Teufel! sie kennen mich nicht? Was sind sie denn weiter? Ein Poet, ein schöner Geist, ein – Ein Poet? ein Deutscher? Nu, was denn sonst? Ich habe noch in keinem einzigen deutschen Poeten eine gescheide Zeile gefunden, nur in auswärtigen. Was? in meinen Versen nicht? Nein. Wären sie nicht so tief unter mir, so wollte ich sie – Was? Sie sind ein Idiot. Und sie ein Ignorant. zieht den Degen heraus. Kommen sie, wenn sie Herz haben. Läuft fort. Ja, auf den Degen – warte, Läuft ihm nach. 8. Auftritt Achter Auftritt. Leander, Isabelle und Lysimon, hernach Clarisse. Ach, die zwey Gelehrte; schaft mir die Gelehrten aus dem Hause, oder ich bin des Todes. Wer ist es denn? Der Cleon, und da ein junger Windbeutel von der Reisecompagnie. O schaft mir die Gelehrten weg! das müssen ja recht böse Leute seyn. Nein, nein, liebster Hr. Lysimon, das sind keine Gelehrte, die sich so pöbelmäßig, so boshaft aufführen. Die wahren Gelehrten sind allezeit Menschenfreunde. Unter wahrhaft großen Genies finden sie keinen, dessen moralischer Charakter nur im geringsten zweydeutig wäre, der ein böses Herz hätte, oder nur eines einzigen niederträchtigen Gedankens fähig wäre. Ja, aber sie hätten nur da seyn sollen, sie haben sich rechtschaffen gezankt. Eben das zeigt, daß sie zum niedrigsten Pöbel gehören. Wenn sie wahrhaft Wissenschaften besäßen, so würden sie Freunde seyn, und beyde ihre Bemühungen zum allgemeinen Nutzen vereinen, ohne pöbelhaft und partheyisch, neidisch und eifersüchtig seyn. kömmt. Es ist noch jemand von der Reisecompagnie da; er sieht aus wie ein alter Offizier; ich glaube, er wird ihnen auch noch aufwarten wollen. Wenn er kömmt, so muß ich es ihm schon erlauben, nur keinen Gelehrten mehr. Nicht wahr, mein lieber Leander, die Musik vorhin hatten sie – Wie glücklich wäre ich, wenn ich etwas thun könnte, das ihnen angenehm – Isabelle und Leander, sagt dem Cleon, daß er mir einen Gefallen thäte, wenn er mein Haus auf ewig verliesse. Gott behüte einen vor dieser Art von Gelehrten. Hörst du, Isabelle? Mit tausend Freuden. Soll ich bey ihnen bleiben? Ja, bleib nur. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Die Vorigen, Hannswurst als ein alter Offizier in einer sehr grotesken Figur. Wo ist er, der alte Lysimon? laß dich embrassiren, Alter, daß dir die Seele ausgeht; du hast ein Mädel, so schön wie mein bestes englisches Roß. Ich habe sie gesehn; gieb mir sie zum Weib. He, alter Graukopf! einen Helden in deine Familie, und ein paar Duzend junge Helden dazu. Laß sie herkommen. Sieh, wie meine Nase noch Festungen stürmet; schau, ich will einmal auf den Boden tretten, puff, wie wenn die Erde zusammenfällt. Geh mir aus dem Weg, Mädel, meine Augen sind Feuerballen, du gehst im Rauch auf. O was ist das wieder für ein fürchterlicher Mann! wer sind sie denn, mein Herr? Mein Name sollte nicht schon tausendmal in dein Trommelfell erschollen seyn? Der Capitain Bombenblitz bin ich, und dein Schwiegersohn noch heute, wenn du willst. Mein Hr. Capitain, in der That – Nicht wahr, das ist dein Gusto für einen Schwiegersohn, so ein alter eisenbrecherischer Held, der noch ganze Glieder niedersäbeln kann, der drey Kanonen auf den Buckel nimmt. Kein Witzling, der nur ein süsses Zuckergesicht macht, der weder saufen, noch raufen kann, der die Nase ins Buch steckt, und glaubt, da will er den Krieg daraus lernen. Schau, Alter, ich habe zehn Schlachten mit gewinnen helfen, und hol mich der Teufel, wenn ich in meinem Leben ein gedrucktes Blatt gelesen habe, wenn ich meinen Namen schreiben kann; so eine Faust muß nicht durch die Dintenkleckerey weichlich und schwach gemacht werden. Da, Alter, schmeck einmal an meinen Säbel, da wirst du noch von tausend Janitscharenköpfen das Blut daran riechen. O mein Herr, ich fürchte mich vor ihnen – Nu ich will nicht mehr mit meiner Stimme so gewaltsam donnern; ich will dir aus Mitleid nicht das Trommelfell sprengen, weil du mein Schwiegervater wirst. Denke, was für Ehre, einen Helden, einen Helden – Da hast du noch einen vom alten Schrot und Korne. Da muß kein Haar gekraust seyn; dicke Borsten, Stiefel und Lanzen zieren einen alten Soldaten. Knoblauch und die Pfeife. Guter alter Wein. Bring mir allen Wein von dem ganzen Erdboden her, ich saufe dir ihn in zween Tagen zusammen, oder ich will nicht der Capitain Bombenblitz seyn. Ja, ich habe aber viel solche alte Eisenfresser gesehn, die sich darnach doch gefürchtet – Danke dem Jupiter, daß du ein schwaches Weibsbild bist – Ich mich fürchten? So ein alter eiserner Capitain sollte sich fürchten? Laß die ganze Hölle herkommen, ich werfe sie mit allen Teufeln in den Abgrund zurück, und wenn ihrer zehn Millionen wären. Ich bitte um Vergebung; ich liebe solche alte Helden eben nicht – (O Clarisse, schaf mir den Menschen weg, ich bitte dich um alles in der Welt.) Du mußt mir deine Tochter geben, oder ich führe sie in der Luft fort, ich setze sie auf meinen Säbel, pumps. O mein Herr – (Ach, er wird brutalisiren.) Was? He, Alter, besinne dich nicht einen Augenblick. (Hr. Lysimon, solche alte Eisenfresser fürchten die Geister auf eine schreckliche Art; ich will gleich sehn, ob er sich nicht fürchten soll.) Mache nur, daß du mir ihn vom Halse bringst. Nu, Alter, her mit dem Mädel. (Ich muß doch sehn, wie weit seine Furcht geht; vielleicht könnte Leander dadurch seine Absicht erreichen, wenn er ihn fürchten macht –) Ich glaube, der Himmel sey mir gnädig, es hat etwas geklopft. Was klopft? der Teufel? laß ihn hereinkommen. Ach mein lieber Hr. Hauptmann, es geht seit acht Tagen in unserm Hause so jämmerlich um, es wirft, es schlägt. Ach, da klopfts wieder, itzt beym Fenster; o, ich bin des Todes. Was, was, was? (Das verfluchte Mädel erwischt mich selbst bey meiner Furcht.) Ach, da kömmts schon. Ach Hr. Hauptmann, helfen sie doch – drückt die Augen zu. Wo denn, wo denn? läuft auf ihn zu. Ach, da ist es. Au weh, au weh! o gnädiger Teufel – packt ihn an, und verändert ihre Stimme. Ha, du alter Eisenfresser, finde ich dich einmal? Zur Höllen mit dir, wohin du zwar keine Menschen, aber Katzen und Hunde gnug geschickt hast. Ach lieber gnädiger Teufel, ihre Herrlichkeit, ihre Excellenz! Du mußt sterben. Ach, ich küsse dir deinen Pferdfuß, deine Hörner, ach – Keine Rettung. Ach, Gnade, Gnade! Willst du mich noch einmal so eitel nennen? Nein, in meinem Leben nicht mehr. Willst du gestehn, daß du ein feiger Kerl bist? Ja doch. Ein Bärenhäuter, ein Poltron, ein Großsprecher. Alles, was ihr Excellenz schaffen. Nu, so steh auf. Ha, ha, ha! Nu, Hr. Capitain, ihr Säbel? Ey sie feiger Mensch, es ist ja niemand da gewesen. Was, niemand? Freylich, ha, ha, ha; ich habe den Teufel gemacht. Serviteur, Hr. Capitain. Was? niemand da gewesen? was? du nur? o, ich haue alle Teu – Was? was? Alle Janitscharen, habe ich sagen wollen. Nu, itzt marschier er. Also keinen Helden, Alter? Gehn sie, gehn sie. O wie habe ich mich von der verteufelten Furcht wieder erwischen lassen; und habe ich ihn fürchten machen wollen. Adieu! der alte Capitain Bombenblitz zündet dir dein Haus an, wenn du nicht – Der Teufel kömmt, der Teufel kömmt. Wo? wo? Läuft furchtsam ab. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Lysimon und Clarisse. Das sind ja recht seltsame Leute; haben denn die just in dieser Gegend umgeworfen werden müßen? Die Musik von Leandern hat mich vorhin recht ergötzt. Geh, sage ihm, er soll doch herkommen, und soll mich nicht mehr allein lassen, der Clitander auch, aber der Cleon soll mir nicht mehr vor die Augen kommen. 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Lysimon, Leander, Clitander, Isabelle. Mein lieber Leander, ein wenig Musik noch. So lieben sie die Musik so sehr, liebster Hr. Lysimon? ich bin musikalisch. Ja, ich liebe sie schon bisweilen, aber auch nicht allezeit. Wenn sie mir itzt eine Arie, oder sonst etwas auf alle die närrischen Grillen, die ich von den Fremden gehöret habe, wollen machen lassen, so wird es mir angenehm seyn. Oder sind die Musici vielleicht schon fort? Nein, liebster Hr. Lysimon, sie sind hier im Garten; den Augenblick. Winkt. Man spielt. Das ist wirklich recht schön. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Die Vorigen, und Clarisse. Nu, Hr. Lysimon, weil sie doch die ganze umgeworfene Gesellschaft gesprochen haben, so hören sie nun doch auch den letzten an, der recht sehnlich verlanget mit ihnen zu sprechen, aber so höflich dabey ist, wie ein junger Student, der das erstemal zu einem Frauenzimmer kömmt. Ey, Narren, und kein Ende. Das sind doch lustige Charaktere. Nu, weil ich sie alle gesprochen habe, so will ich den auch noch anhören. Er kömmt schon anmarschirt. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt. Die Vorigen, und Hannswurst ganz schlecht gekleidet, und sehr demüthig. Darf ich mir die Kühnheit nehmen, mein hochzuehrender Hr. Lysimon, meine hochzuehrende Anwesende respective; meinen unterthänigen Respect, so zu sagen, zu bezeugen? Es ist mir eine Ehre. Sagen sie mir, da sie so höflich sind, wie kommen sie denn zu der andern Gesellschaft? Erlauben sie mir, so zu sagen, daß ich ihnen respective sage, daß ich zwar anfangs respective auf einen Sperreinnehmer, so zu sagen, los studiret habe, und auch, so zu sagen, ohne Ruhm zu melden, es schon weit in diesem Studio gebracht hatte; nachgehends aber ist mir respective etwas anders eingefallen, und ich habe mich hernach nur respective auf solche Wissenschaften gelegt, welche respective eigentlich, so zu sagen, zur Regierung eines Landes erfodert werden. Wie so denn? So, wie sie mich ansehen, ich bin noch ein Jüngling respective, so habe ich schon 475. Projecte gemacht, die, wenn sie nur ausgeführt würden, so zu sagen, in kurzem ein Land so weit bringen würden, daß die Universalmonarchie respective nachdem gewiß existiren könnte. 475. Projecte? Sagen sie mir wenigstens nur ein einziges. Ganz wohl respective. Sie sind ein Kaufmann, so zu sagen, und Kaufleute sind respective in einem Staate nothwendig, aber nicht viele, sonst leidet der Bürger, so zu sagen, darunter. Da müßte man nun einem von den größten Kaufleuten das Monopolium von einer Hauptwaare, zum Exempel, respective vom Tuch, einem andern von Seidenwaaren respective, und so immer fort – und dieses Monopolium müßte er vom Regenten erkaufen respective, da käme auf einmal ein großes Geld in die Casse. Sie, zum Exempel, Hr. Lysimon, könnten das Hering- und Stockfisch-Monopolium, so zu sagen, nehmen; sie schickten einen Abgeordneten nach Holland, und da könnten sie in einen respective Tractat mit ihm treten, daß er sie ihnen um den und den Preiß nachdem lieferte. Sie wären also der Ober-Hering- und Stockfisch-Monopolist respective. Das ist ja ein rechter wunderlicher Kerl. Aber sagen sie mir doch, warum machen sie denn so eine unbeträchtiche Figur bey der ganzen Universalmonarchie, die sie in ihrem Kopfe regieren? Ich will ihnen dienen respective; die wahren Wissenschaften drängen sich nicht zu, so zu sagen; und darnach habe ich immer Leute angetroffen respective, die es entweder haben besser wissen wollen, als ich, oder die mich ausgelacht haben respective, nachdem sind auch Leute von meiner Geschicklichkeit immer arm, so zu sagen. Das ist brav. Der Mensch gefällt mir. Davon bin ich lang überzeugt gewesen, daß die Universalmonarchie keine Chimäre ist; ich habe dem Dinge so lange Jahre schon nachgesonnen. He, Hr. v. Leander, haben wir nunmehro das Narrenfleckel? itzt frisch drauf los, meine Rolle ist gespielt. Ab. Liebster Hr. Lysimon, hätte ich gewußt, daß sie so ein Liebhaber von politischen Sachen wären; es ist mein Studium meine ganze Lebenszeit hindurch gewesen. Wo ist denn unser Projectant? ist das wahr? Ja, und ich habe selbst schon drey Staatssysteme zu Hause liegen, die ich mit meiner Hand ausgearbeitet habe. Gehn sie, holen sie sie, das ist brav. Wo is denn der Mensch? nu, der hat doch glücklich meine Neigung errathen. Ja, einen politischen Schwiegersohn habe ich mir gewünschet; da haben sie die ganze Sache. Kennen sie denn aber auch die Stärke und Schwäche aller europäischen Höfe recht auf den Nagel? Ich studire sie alle Tage noch mehr. Das ist brav. Erkundigen sie sich vor allen Dingen, wie es um Persien steht; ich höre, das Land hat itzo keinen Schach. Wenn nur der Kulikan – Ja wirklich, um den ist es Schade. Was will denn der verhaßte Cleon wieder? 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Cleon, und die Vorigen. In der That, die Höflichkeit ist groß; nu gut, weil sie denn nicht wissen, was Lebensart ist, so will ich mich ihnen empfehlen, und ihnen sagen, daß sie mich nicht verdienen, und daß es Isabelle ihr ganzes Leben hindurch bereuen wird. Die witzigen Köpfe, wie ich, sind selten, mein Herr, und Leute, die alles verstehn, noch seltner; ich hätte mir versprochen, daß sie mir mehr Hochachtung erzeigen würden, weil ich ein witziger Kopf bin. Es sollte freylich seyn, mein Herr; aber gehört ihre vorige Rauferey auch zum Witze? Doch seyn sie ein Zeuge meiner Freude! Geh her, meine Tochter, gieb dem Leander deine Hand; er hat bey seinen Projecten den Vortheil, daß er ein Edelmann ist, er kann es in Politicis hoch bringen. Ich gehorche ihnen mit Freuden, Papa. O meine Isabelle, welches Glück! Ich gratulire ihnen, mein lieber Leander; sie sehn nunmehro, daß ich mein Wort gehalten habe. Lassen sie sich umarmen, mein theurester Freund. Was? ein Politicus? Ich lache alle Staatsministers aus. Wer sich schmeichelt alles zu wissen, weiß just am wenigsten. Nu, meine Kinder, seyd glücklich, ich umarme euch von Grund meiner Seele. 15. Auftritt Funfzehnter Auftritt. Hannswurst, und die Vorigen. Das ist ja brav. Nu, mein liebster Herr, itzt sind sie glücklich; ich freue mich, und gratulire ihnen von Herzen dazu. Was Henker, was ist denn das für eine Figur? o warum kann ich doch nicht recht gut sehn. Er geht auf ihn los, ihre Lazi. J, was ist das für eine Tracht? Sie sehn ja, daß der Kerl ein Narr ist. Was redt denn da für ein gescheider Mann? J, wer Teufel, wer bist du denn? Ein Diener, ihnen aufzuwarten. Von wem bist du denn ein Diener? Von der ganzen Stadt, und diesem Herrn. Von Hrn. Leandern? Ja, liebster Vater, er ist mein Diener, der allen meinen Freunden, und mir schon unendlich viel Vergnügen gemacht hat. Aber, was ist denn das für eine Livree? Warum? Kennen sie diese Kleidung nicht? Er ist ein Salzburger, und er hat mich ersucht, ich möchte sie ihm für gewöhnlich tragen lassen. Ich war mit ihm zufrieden. Warum sollte ich ihm in einer solchen Kleinigkeit nicht gefällig seyn? Was thut das Kleid dabey. Kömmt ihnen denn das so wunderbar vor? Gesetzt: sie haben einen Türken; lassen sie ihn denn nicht in seinen Kleidern herumgehn, zumal, wenn es ihnen zum Vergnügen gereicht? werden sie ihn nöthigen, andere zu nehmen; und – Das ist was anders, ein Türk ist selten. O liebster Vater, dieser Mann ist noch seltner, er ist der einzige in seiner Art. Ich kann mich noch nicht recht damit vergleichen. Geht her, mein Freund, laßt euch doch einmal recht genau anschauen; was ist denn das für eine Farbe zu dem wunderlichen Hute? Sie ist grün; sie hat schon genug leiden müßen. Grün? Aber ist es denn möglich, das man in einer solchen Tracht einen einzigen guten Gedanken haben kann? Liebster Vater, ich könnte ihnen von heute Beweise geben; allein das werde ich ihnen aufklären. Glauben sie mir auf mein Wort. Sehn sie es denn nicht ein, wie sie betrogen werden, Hr. Lysimon? Ha! das ist ja der witzige Mann! Erlauben sie mir, wie viel Schläge hat ihnen ihr Witz schon eingetragen? Ich glaube, ihr wollt spaßig seyn, in eurem altväterischen Bauernrock. Haben sie den harten Winter auch empfunden? Warum? Ich meyne nur so. Was meynt ihr? Wißt ihr, mit wem ihr redet. Mit einem Herrn in einem sehr harten und so das Gehirn austrocknendem Winter. Brav; nehmen sie es mit auf den Weg. Wo ist aber denn nun der Respective? Er ist schon abgereist. Ey was soll er abgereist seyn? Nu, mein lieber Leander, ihre Projecte – Papa, wollen sie meinem alten ehrlichen Bedienten erlauben, daß er Clarissen – Ich hätte auch Lust respective ein Politicus – ich kann Projecte nach der Mode machen; – da mit Clarissen – Nu, willst du einen Politicum, Clarisse? geh, nimm ihn, thu mirs zu gefallen. Ja, das ist aber hart, jemanden zu Gefallen einen Mann zu nehmen, und noch dazu einen Politicum. Das sind die besten Männer, mein Kind. Wie glücklich bin ich! Hannswurst, wie danke ich dir; du du bist ein treuer Diener. Warum denn so gar verbindlich? Wie ich ihnen sage; das wird sich schon aufklären, mein liebster Vater; und ich bitte sie im Voraus wegen des Alten, des Gelehrten und des Offiziers um Vergebung. Was? habt ihr mich etwa – Geben sie sich zufrieden, liebster Papa, wir wollen ihnen hernach alles – Clitander, sagen sie mir doch – Ich freue mich, daß Leander und Isabelle glücklich sind; ich eile nunmehr zu meinen Rosenknöspgen. (Clarisse, gieb mir deine Hand.) Mein Leander. Ihre Hand, meine liebste Isabelle. 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt. Lysimon und Hannswurst. Nu, Hr. Lysimon, so erlauben sie mir – Meinetwegen. Aber was? ich glaube, sie sind weg? was ist das, mein alter Freund? Wirklich, sie haben Recht. Es ist mir selbst unbegreiflich. Sie kennen doch den Leander genau? Ja doch, aber seinen Vater habe ich noch besser gekannt. Sie werden vielleicht gleich wieder da seyn. Sie waren ja so zufrieden. Ja, das waren sie. In der That, ich kann ihnen meine Verwunderung nicht bergen. Ich weiß wirklich nicht, wie ich dran bin. 17. Auftritt Siebenzehnter Auftritt. Leander, Isabelle, Clitander, Clarisse, Cleon, und die Vorigen. Der Parnaß erscheint wieder. Was seh ich? Was ist das? welche plötzliche Veränderung! Der Parnaß! Ich bin erstaunt. Welche Bezauberung! Lassen sie sich umarmen, meine Freunde! Erkennen sie in Isabellen Thalien, in Leandern den Apollo, in Clitandern den Merkur, in Clarissen die Critik, und in Cleon den Momus. Ich bin vor Erstaunen außer mir. Meine theuresten Freunde, ich umarme sie mit der zärtlichsten Empfindung. Wir haben Augenzeugen von ihren Verdiensten seyn wollen. Ich bin glücklich. Ja, liebsten Freunde, sie sind vermögend, durch ihr Spiel den ermüdeten Geist zu ernsthaften Pflichten zuzubereiten. O mein lieber Odoardo – wie viele Ursachen haben nicht Isabelle und Leander sie zu lieben, meine theuresten Freunde; 1 ja sie sind fähig den Schlummer der schläfrigsten Menschen zu vertheilen, ihre Säfte zu verdünnen, und sie wenigstens alle Tage eine Minute dahin zu bringen, sich ihres Berufs in der Welt erinnern zu können. – Diese Carrikatur, ihre Tracht ist ihnen angemessen, mein Prehauser, mit der sie die Sitten der Menschen schildern; fahren sie fort, kleine Narren in Riesengestalten, und fürstliche Thoren in chinesischer Miniatur auf die Bühne zu bringen, um auch diejenigen zu vergnügen, deren Nerven zu den feinen Empfindungen nicht gemacht sind. Ihre Karikaturmahlerey sey die höchste Vorstellung des Lächerlichen. Die Stimme des Volks, oder der Natur entscheidet allein in komischen Werken. Kehren sie sich nicht an diejenigen Kunstrichter, welche alles, was nicht nach matten Regeln in einer ewigen Monotonie daher kriecht, und welches nicht in ihrem schwerfälligen Tone ist, für niedrig, kriechend, unanständig, possenhaft, voller Zotten, voller Anspielungen, ausgestopfter leerer Einfälle ausschreyen. Die Freude ist ein Bedürfniß der Seele, und der Trieb dazu ist eben so gegründet, als der zur Nahrung. Die weisesten Männer erwarten bey einer kleinen komischen Erzählung mit Ungeduld den Schluß zum Lachen; so ist es jederzeit gewesen, und so wird es immer seyn. Ein Weiser lacht, wie andere lachen, und antwortet dem spitzfindigen Tadler nicht, welcher sich nach der Ursache seines Aachens erkundigt. Sie fodern nur eine oder zwo Stunden aus dem Tage des Weisen, und lassen ihm also noch zwey und zwanzig zu seinen übrigen Beschäftigungen. Und derjenige ist wahrlich weise, der nur eine, oder ein paar Stunden nicht verliert, sondern sie zu seiner nöthigen Ermunterung anwendet. Der Ausspruch strenger Sittenlehrer müße sie nie schrecken; ihre Arbeit besteht darinn, das allgemeine Vergnügen der Menschen zu befördern. So kommen sie denn, meine Freunde, und nehmen sie ihre Stellen auf dem Parnaße ein, die Apollo ihnen nach Würden ertheilet hat. Und du, Critik? Vergieb es mir, Leander, ich habe dich beleidigt; ich bin nunmehro bekehrt, und entferne mich auf ewig von dem tadelsüchtigen und groben Momus. Ihr Narren, ihr, ihr sucht meine Tochter auf; ich will euch ein Bad zurichten, daß ihr ewig an mich denken sollt. Ich verachte deine Drohungen und dein boshaftes Herz. Lassen sie sich umarmen, meine Freunde, ich habe sie gehasset, weil sich mein Herz einer Schwachheit zu dem Momus überließ, die ich nunmehro verabscheue; ich komme von meinen Irrthümern wieder zurück. Wartet, ihr sollt schon sehn; ich such meinen Schwiegersohn auf, ihr sollt – Läuft ab. 18. Auftritt Achtzehnter und letzter Auftritt. Die Vorigen. Laßt ihn gehn. Meine liebe Critik, gieb dich zufrieden, und übe deine Pflichten wieder so aus, wie du sie anfangs erfüllet hast. Kein blosser Kützel zu tadeln müsse mehr in dir aufsteigen. Lehre deine Schüler, daß sie allezeit das Gute, das Schöne in einem Werke aufsuchen, und mit Bescheidenheit das tadeln, was zu tadeln ist; keine bittere Spötterey, kein falscher Schmuck, Bescheidenheit, Redlichkeit und wahrer Witz. Sie umarmen sich. nimmt den Prehauser bey der Hand, und will ihn dem Parnasse zuführen. Kommen sie, mein Theurester. Nein, Göttin, so kann ich unmöglich. Er legt seinen Hut auf die Seite. Was thun sie, mein Freund? Mit dem grünen Hut? Warum? O sie würden ja auf dem Parnaß nicht sicher seyn; die Kunstrichter und Momus würden ihn, wie die Riesen den Himmel bestürmen. Nein, mein Freund. In diesem Hut, in dieser Kleidung haben sie rechtschaffenen Leuten so viel Vergnügen schon gemacht; Ihre Karikaturmahlerey würde ihre Stärke in tausend Gemählden verlieren, die scheinbare Dummheit, mit der sie das Lächerliche oft so glücklich aufdecken, würde das Vergnügen nicht mehr erwecken; Lassen sie mich ihren Hut aufsetzen, und verlachen sie ihre thörichten Feinde. Ich gehorche. Dieser Tag müße der feyerlichste der Tage seyn. Lasset uns ihn würdig begehn, und kehret alsdenn zu den Sterblichen zurück, meine Freunde, um ihr Vergnügen zu befördern, und Thaliens Reich zu erhalten. Ein Reich, das eine der größten Wohlthaten der menschlichen Natur ist. Mein Prehauser, das Entzücken durchdringt meine ganze Seele. Schon seit vier und vierzig Jahren vergnügen sie einen allerhöchsten Hof, einen höchsten Adel, und ein erleuchtetes Publikum. Dieß müsse ihnen der kräftigste Trost und Beruhigung seyn Geben sie mir ihre Hand, meine Freunde, und fahren sie fort, unser Reich zu erweitern, und rechtschaffene Leute zu vergnügen. Ja, das will ich auch thun, so lange mein grauer Kopf noch Gedanken sammeln kann, so lange dieser alte Körper noch aufrecht steht, so lang werde ich alle meine Kräfte anwenden, dem größten Hofe Europens, und der besten Nation meine komischen Vorstellungen zu widmen. Fußnoten 1 Siehe Harlekin, oder Vertheidigung des Groteskcomischen.