Der Hügel, und der Hain Ein Poet, ein Dichter, und ein Barde singen. Was horchest du unter dem weitverbreiteten Flügel der Nacht Dem fernen sterbendem Wiederhalle des Bardengesangs? Höre mich! Mich hörten die Welteroberer einst! Und viel Olympiaden hörtet, ihr Celten, mich schon! Lass mich weinen, Schatten! Lass die goldene Leyer schweigen! Auch meinem Vaterlande sangen Barden, Und ach! ihr Gesang ist nicht mehr! Lass mich weinen! Lange Jahrhunderte schon Hat ihn in ihre Nacht hinab Gestürzt die Vergessenheit! Und in öden dunkeln Trümmern Der alten Celtensprache, Seufzen nur einige seiner leisen Laute, Wie um Gräber Todesstimmen seufzen. Töne dem Klager, goldene Leyer! Was weinest du in die öde Trümmer hinab? War er der langen Jahrhunderte meines Gesanges werth; Warum ging er unter? Die Helden kämpften! Ihr nantet sie Götter und Titanen. Wenn jetzo die Aegis nicht klang, und die geworfenen Felsenlasten Ruhten, und Jupiter der Gott, mit dem Titan Enzeladus sprach; So scholl in den Klüften des Pelion die Sprache des Bardengesangs! Ha du schwindelst vor Stolz An deinem jüngeren Lorber; Warf, und weisst du das nicht? auch ungerecht Nicht oft die Vergessenheit ihr Todesloos? Noch rauschest du stets mit Geniusfluge die Saiten herab! Lang kenn' ich deine Silbertöne, Schweig! Ich bilde mir ein Bild, Jenes feurigen Naturgesangs! Unumschränkter ist in deinem, Herscherin, Als in des Barden Gesange die Kunst! Oft stammelst du nur die Stimme der Natur; Er tönet sie laut ins erschütterte Herz! O Bild, das jetzt mit den Fittigen der Morgenröthe schwebt! Jetzt in Wolken gehüllt, mit des Meers hohen Woge steigt! Jetzt den sanften Liedestanz Tanzt in dem Schimmer der Sommermondnacht! Wenn dich nicht gern, wer denket, und fühlt, Zum Genossen seiner Einsamkeit wählt; So erhebe sich aus der Trümmern Nacht der Barden einer, Erschein', und vernichte dich! Lass fliegen, o Schatten, deinen Zaubergesang Den mächtigsten Flug, Und rufe mir einen der Barden Meines Vaterlands herauf! Einen Herminoon, Der unter den tausendjährigen Eichen einst wandelte, Unter deren alterndem Spross ich wandle. Ich beschwöre dich, o Norne, Vertilgerin, Bey dem Haingesange, vor dem in Winfeld die Adler sanken! Bey dem liedergeführten Brautlenzreihn: O sende mir herauf Einen der Barden Teutoniens, einen Herminoon! Ich hör' es in den Tiefen der Ferne rauschen! Lauter tönet Wurdi's Quell dem kommenden! Und die Schwäne heben sich vor ihm Mit schnellerem Flügelschlag! Wer komt? wer komt? Kriegerisch ertönt Ihm die thatenvolle Telyn! Eichenlaub schattet auf seine glühende Stirn! Er ist, ach er ist ein Barde meines Vaterlands! Was zeigst du dem Ursohn meiner Enkel Immer noch den stolzen Lorber am Ende deiner Bahn, Grieche? Soll ihm umsonst von des Haines Höh Der Eiche Wipfel winken? Zwar aus Dämrung nur; denn ach! er sieht In meiner Brust der wüthenden Wurdi Dolch! Und mit der Eile des Sturms eilet vorüber der Augenblick, Da ich ihm von der Barden Geheimnisse singen kann! Töne, Leyer, von der Grazie, Den leichten Tritt an der Hand der Kunst geführt, Und lass die Stimme der rauhen Natur Des Dichters Ohre verstummen! Sing, Telyn, dem Dichter die schönere Grazie Der seelenvollen Natur! Gehorcht hat uns die Kunst! sie geschreckt, Wollte sie herschen, mit hohem Blick die Natur! Unter sparsamer Hand tönte Gemähld' herab, Gestaltet mit kühnem Zug; Tausendfältig, und wahr, und heiss! ein Taumel! ein Sturm! Waren die Töne für das vielverlangende Herz! Lass, o Dichter, in deinem Gesang vom Olympus Zeus donnern! mit dem silbernen Bogen tönen aus der Wolkennacht Smintheus! Pan in dem Schilfe pfeifen, von Artemis Schulter den vollen Köcher scheuchen das Reh. Ist Achäa der Thuiskone Vaterland? Unter des weissen Teppichs Hülle ruh auf dem Friedenswagen Hertha! Im blumenbestreuten Hain walle der Wagen bin, Und bringe die Göttin zum Bade des einsamen Sees. Die Zwillingsbrüder Alzes graben In Felsen euch das Gesetz der heiligen Freundschaft: Erst des hingehefteten Blickes lange Wahl, Dann Bund auf ewig! Es vereine Löbna voll Nossa's Reizen, und Wara Wie Sait' und Gesang, die Lieb' und die Ehe! Braga töne Von dem Schwert, gegen den Erobrer gezückt! und That Des Friedens auch, und Gerechtigkeit lehr' euch Wodan! Wenn nicht mehr in Walhalla die Helden Waffenspiel Tanzen, nicht mehr von Braga's Lied' in der Freude Süsse Träume gesungen, halten Siegesmahl, Dann richtet auch die Helden Wodan! Des Hügels Quell ertönet von Zeus, Von Wodan, der Quell des Hains. Weck' ich aus dem alten Untergange Götter Zu Gemählden des fabelhaften Liedes auf; Sie haben die in Teutoniens Hain Edlere Züge für mich! Mich weilet dann der Achäer Hügel nicht: Ich geh zu dem Quell des Hains! Du wagst es, die Hörerin der Leyer, Die in Lorberschatten herab Von der Höhe fällt des Helikon, Aganippe vorüber zu gehn? Ich seh an den wehenden Lorber gelehnt, Mit allen ihren goldenen Saiten, O Grieche, deine Leyer stehn, Und gehe vorüber! Er hat sie gelehnt an den Eichenspross, Des Weisen Sänger, und des Helden, Braga, Die inhaltsvolle Telyn! Es weht Um ihre Saiten, und sie tönt von sich selbst: Vaterland! Ich höre des heiligen Namens Schall! Durch alle Saiten rauschet es herab: Vaterland! Wessen Lob singet nach der Wiederhall? Komt Hermann dort in den Nächten des Hains? Ach Wurdi, dein Dolch! Sie ruft, sie ruft Mich in ihre Tiefe zurück, hinunter, wo unbeweinbar Auch die Edlen schweben, die für das Vaterland Auf des Schildes blutige Blume sanken!