Zwanzigster Gesang Weit schon über den Wolken erhub sich der Gottversöhner Mit den Schaaren um ihn, auf dem lichten Pfade zum Throne. Gabriel strahlte schwebend voran; die fliegenden Locken Säuselten ihm, und er sang in die Lispel der goldenen Harfe: »Fanget bebend an, athmet kaum Leisen Laut; denn es ist Christus' Lob, Was zu singen Ihr wagt! die Ewigkeit Durchströmt's, tönt von Aeon fort zu Aeon!« Drauf erhub ein Chor Erstandner der zitternden Wonne Stimme. Die Harfen rauschten mit sanftem Getön, und wie fernher Rufte der Donnerhall der Posaune. So rauscht am Gebirge Weit herunter von Lüften der Hain und von Silberbächen, Wenn im Geklüft einher der wasserärmere Waldstrom Langsam kommt. Das Chor der Erstandnen schaute zum Mittler Weinend hinauf. So sang es dem Ueberwinder des Todes: »Ewig her, vom Beginn an, als die Welt Nicht war, Sohn, eh Tag, Nacht und Gestirn ward, Eh herstrahlten in Sternglanz Cherubim, Gott Mittler, Sohn Gottes, wardst Du erwürgt! Dulder, Sohn, des Altares Golgatha Geopfert, erwürgt Lamm, der Gefallnen Versöhnung, o Erbarmer, wardst Du da! Heißblutend, todt sahst Du, Heiliger, Dich Ewig her, vom Beginn an, als noch Strom Und Meer nicht, nicht Thal war und Gebirge, Noch Staub nicht zu des Lichtreichs Herrlichkeit Gott schuf, der Erdkreis kein Grab noch nicht war!« Einer der Engel des Weltgerichts ließ jetzt die Posaune Hin mit der Rechte sinken, da säumend ein anderes Chor sang: »Blutend lag's! das Gebein brach Der ihm nicht, Vor den hin das Lamm sank an dem Passa. Mit Ysop, so vom Blut träuft, zeichnet schnell Juda den Eingang der Hütten umher. Weh Euch, weh! die des Lamms Blut dann nicht schützt, Wenn Nacht nun den Erdkreis in ihr Graun hüllt! Die Nacht kam. Der Verderber schwebt' herab, Stillschweigend, ernst schwebt' er nieder zum Strom. Dumpfer Laut der Gesunknen klagt' umher Und Ausruf der Wehmuth in Aegyptus; Denn todt lag bei dem Thron die Erstgeburt, Todt sah sie, todt sah sie Mutter und Mann Bis hinab ins Gefängniß; selbst dem Thier Entstürzt schnell der Säugling. Nur in Ramses Erschallt Preis und des Weinens sanfter Dank! Ihr hattet, blutvolle Hütten, geschützt!« Tönender schon, mit hellerer Saite, lauterem Donner Ihrer Posaunen, strömt' ein Chor in diesen Gesang aus; Cherubim waren's, die flammten und froh ihr Antlitz verklärten: »Der Entwurf des ewigen Reichs der Schöpfung Ward, zu Gestalt Urstoff. Heer' ohne Zahl, Bewohner und Welten entflohn Vor Erstaunen, daß sie waren, Dem Erschaffungsrufe des Sohns. Lautdonnernd Scholl er, gebot Kreislauf. Langsam und schnell Umschwebte den Strahl sein Gefährt', Mit Entzückung, der Bewohner. Des Erlösers ewiges Reich war. Tiefsinn, Herrlichkeit strahlt' aus der Schöpfung Entwurf, Glückseligkeit Aller. Es führt Da hinauf auch von dem Elend Ein bethränter Pfad. O, besingt, Graberben, Erben des Lichts, Brüder Dessen, der starb, Den Pfad von den Leiden herauf Zum Gerichtstuhl! Denn Ihr richtet! Labyrinth war, Erben, der Weg an dunkeln Felsen empor. Grabnacht hüllt' ihn Euch ein. Das Blut der Entsündigung rann; Und Gericht hält, wer erlöst ward!« Jeddo's Sprößling vordem, da er war von Sterblichen sterblich, Aber jetzo ein Sohn der Auferstehung, entschwebte Seinem Chor und nahte mit innigfreudiger Demuth Sich dem Verkündeten, hieß die Harf' ihm tönen und feirte Jenen festlichen Tag, da er Zema erblickt' in der Ferne. »Trat nicht hinein Josua dort, wo der Vorhang Niedergesenkt das Geheimniß uns verhüllte? Dennoch war er nicht rein, und Satan Rief vor dem Engel es aus. Reines Gewand gab ihm der Herr und entlud ihn, Sünde, von Dir! Denn es sollt' einst sein Erkorner Kommen. Zema! so tönt's, es hörten Zema! die Engel umher. Siehe, Du kamst, Mittler, Du kamst; und der Vorhang Senkt sich nicht mehr, und enthüllt ist das Geheimniß; Denn ins Heilige ging er einmal, Rein durch sich selber, der Sohn, Ladet Euch ein, seliges Volk, in der Rebe Schatten, Euch ein, o Versöhnte, zu dem kühlen Feigenbaume! Des Opferbundes Psalter beseele das Fest! Zema, Du kamst! töne das Lied zu dem Psalter, Zema, Du kamst! so ergieße durch des Festes Lauben sich der Gesang des Bundes; Zema, Du starbst und erstandst!« O, wie rauschten die Harfen, wie wehten die Palmen, wie strahlte Jener Seraphim Antlitz, die jetzo den Herrlichen priesen! »Da Vollendung Jesus rief, weinten wir laut, Die des Heils Strom tranken, da nahm Gott den Staub Zu dem Licht auch und zum Heil auf. Jesus rief Ihm vom Kreuz himmlisches Heil, ewiges herab. Da der Gottmensch: Werde, Welt! rufte, da ward, Wie der Thau träuft, zahllos ihr Heer, welch' er schuf, Daß ihr Heil stets sich erhübe. Allen rief Er vom Kreuz höheres Heil, ewiges herab. O Du Heerschaar, weit erscholl, segnend das Wort Der Vollendung! Harfengesang tönt' es nach Mit dem Ausruf der Entzückung! Zahllos wart Ihr, die ihm beugten ihr Knie, seliger durch ihn! « Also hatten sie kaum den Psalm der Wonne vollendet, Als ein schimmerndes Chor Erstandner, von sanfter Begeistrung Ueberströmt, des Triumphes Palmen schwang und mit Wehmuth, Jener himmlischen, welche beseligt, dem Sohne des Herrn sang: »Gott sei und dem Lamm sei, das erwürgt ward, Anbetung! Hoch hinauf zu dem Sion eilt's, zu des Himmels Glanz! O, wie troff Golgatha's Altar von dem Blut! Preis sei des Herrn Sohn, der erwürgt ward! Preis sei dem Erretter der gefallnen Toderben! Dank und Preis dem erhabnen Sohn! Du entriefst der Nacht Der Gestirn' Heer; ihr entfloß Licht wie ein Strom, Und schnell gewandt trat's in den Kreislauf. Gott sei und dem Lamm sei, das erwürgt ward, Anbetung! Jubelpreis dem erhabnen Sohn! Du entriefst der Nacht Der Verwerfung, die der Tod traf; o, sie sind Entflohn dem Abgrund des Verderbens!« Aber ein anderes Chor Erstandener sah mit des Mitleids Frommen, innigem Blick zu der liegenden Erd' herunter. Ach, dort waren in Hütten auch sie und in Gräbern gewesen, Dort erstanden! Sie sangen dem Retter der sterblichen Menschen: »Gott sei und dem Sohn sei, der zu Gott geht, Anbetung! Werft die Krone, werft, Engel, auch Ihr In Triumphgange, die Palme, Daß der Herr sie Euch gab, nieder am Thron! Pilgrim, die erniedert in das Elend herwallen, Großer Trübsal voll, weinet Ihr noch? Und Ihr werft doch, wie die Engel, Euch am Throne dereinst hin in Triumph! Also und mit dem Dank und mit dem Preis lohnt Jesus' Führung, Dulder, Euch! Diesen Triumph Triumphiret, der das Elend, Bis ans Ende getreu, folgsamer trug. Schweig denn, Du o Thräne, die in Wehmuth Trost weinet, Mach ihr Herz nicht weich, tröste nicht mehr! Ist am Ziel denn nicht Vollendung? Nicht im Thale des Tods Wonnegesang?« Als sie es sangen, erblickten sie fern bei der glänzenden Aehre Seelen und Cherubim, welche die Seelen herauf zum Versöhner Führten. Die Cherubim flogen den Flug der Wonne; die Seelen Schwebten mit zitternder Freude daher. Es ist vollendet! Hatte gerufen am Kreuz ihr Versöhner. Frömmere Todte, Die in Gräbern und Flammen vor Kurzem die Sterblichkeit ließen, Seelen aus allen Völkern, aus allen Winden der Erde Waren's. Sie wurden seit der Vollendung, also gebot er, Bis zu der Zeit des Triumphs in den Hainen der Aehre versammelt. Und die bebende Schaar schwebt' immer höher. Sie riefen, Weineten, riefen den Ruf der Erstaunung über die Gottheit, Ach, den ersten! Ein Chor Erstandner empfing mit Jubel Ihre begnadigten Brüder. So sang es ihnen entgegen: »O, sie kommen herauf! Mühsam wandelten sie In des Tods bangem Nachtpfad. Glückliche, befreit, Entflohn sind sie weit weg vom Elend, und Entzückung Ist ihr Weinen da herauf, Wehmuth himmlischer Ruh. O, das Wonnegefühl, Erbe Deß, so Gefährt' In des Tods bangem Pfad war, Dessen, so Gefährt' Auch hier ist, wo Gott lohnt, am Ziel lohnt mit Vollendung! Du, o seliges Gefühl, wer spricht völlig Dich aus? Wo ertönte so sanft, ach, wo lispelte sie, Die es je ganz aussprach, die Harfe? wo erklang Sie himmlisch? Krystallstrom, wo hörtest Du es herwehn? Und, o Palme bei dem Strom, Sion's Hörerin, wo?« Aber die Seelen ergriff des neuen Lebens Entzückung, Und sie strömten ins Heer des Siegers herein und begannen: »Ach, zu dem Triumph schweben wir empor, Engel und Ihr, Erben des Lichts, kommen zu des Sohns Himmelsgang! Du, o Tod, Du Flug zu dem Genuß, Gräber und ihr Graun, Wonne seid Ihr, Himmel und sein Heil! Göttlicher – o, Dich nennet des Gesangs, Dich des Gefühls Wonne nicht aus – Göttlicher, der Welt König, König der Welt, nur schwach und in der Fern' Rufet der Triumph, hallet Dir nach Jubel sein Getön! Siehe, von der Schaar Derer, die Dein Tod, Mittler, versöhnt, Derer, die Du, Herrlicher, erhöhst, Sind auch wir und gesät ins wartende Gefild, Wo in dem Gericht, Herrlicher Du, erntest und verklärst.« Himmlische Jünglinge, Seraphim, die an dem Fuße der Cedern, Gabriel's und Eloa's, wie Blumen blühten, vermochten Ihrer Freude Gefühl bei diesem festlichen Anblick Nun nicht mehr zu halten. Mit Eile rauschten die Saiten: »Wie die Freude, wie die Wonne, wie des Triumphs Inniges, jauchzendes, heiliges Lied Nachhallen? wie den Preis Der Vollendeten am Thron? Wenn Ihr Alle nun, Ihr Schaaren, zu dem Genuß, Alle zur Herrlichkeit Euch von des Grabs Nachtpfade zu dem Schaun Des Allseligen erhebt!« Nicht der Psalter allein und nicht allein die Posaune Töneten in den Chören der Feirenden; Saiten, die leise Quellen waren, erschollen auch und waren gehaltne, Säuselnde Luft und sanfter Laut der Liebenden waren; Hauche halleten auch, die Sturm oft wurden und wurden Donnernder Widerhall und Einklang wandelnder Welten. Jesus Christus beherrschte sein Volk von Abraham's Ruf an Bis zu dem Tage, da er in der Hütte Bethlehm's weinte. Und die Wunder des Göttlichen unter dem Volke der Gnade Und des Gerichts besangen die Chöre des frohen Triumphheers. Feuriger schwung sich ihr Psalm. Mit der schnellen Wahl der Entzückung Eilten von Wunder zu Wunder sie fort. Wie ein schimmerndes Chor flog Unter dem Silbergetön der Saiten, so sang's zu dem andern Hellen Chore, das kaum der Begeisterung Jubel zurückhielt. Todesengel erhuben die ernste Stimme, sie sangen: »Meer, Du standst, Gott gebot's! Tagwolke, Nachtwolke schwebt' hinten nach dem Heer Des Gesetzvolks. Gott erschreckt' und traf Pharaon's Roß und Mann von der Wolke!« Schwiegen, allein noch erscholl die Posaune. Mirjam vernahm sie. »Vor dem Reihntanz trat ich einher Amrama's Tochter, und pries: Meer ward, Wüther, Euch Grab! In mächtiger Woge versank, In dem Schilfmeer, wie das Blei sinkt, Der geharn'schte Reiter, das Roß, Kriegswagen, Pharao selbst! Gott sah zürnend herab Aus Wolken in Flammen, da flohn In des Meers Strom die Geschreckten!« Engel eilten mit weggewendeten Blicken Abiram's, Eilten Kora's Verwerfung vorbei und Dathan's; sie sangen: »O der Angst Stimme, die herrufend vom Abgrunde Dumpf tönte, aus Staubwolken zum Licht auf umsonst klagte Und nunmehr sterbend noch graunvoller schwieg, furchtbarer, Verstummt, schreckte, als hinsinkend die Wehklag' ausrief!« Einen Blick nur senkten die Preisenden auf die Trümmern Jericho, einmal rauscht' es nur herab von den Harfen. »Posaunrufen der Heerlager, die ernstanbetend Fortzogen, umscholl wehdrohend der Palmstadt Thürme. Der Todstag kam dunkel, und des Herrn Heer zog; Und es sank fürchterlich aufdonnernd Jericho!« Harfen erklangen jetzt, zu den Harfen Stimmen der Engel: »O, wie fiel Dir, Juda, Dein Loos! Bethlehmen's Bräunlicher Sohn spielt' hin, leicht wie ein Reh. Da sank ihm der Stab, und er traf Den Gathäer, der ihm Hohn sprach. So erhöht', o Juda, Dein Gott den Jüngling, Gab ihm ums Haupt Gold und goldnen Gesang, Verwerfer des Benjaminit, Daß sein Blut troff am Gilboa. Und es sahe David den Sohn, den Mittler, Ferne; da flog Psalmflug! Jubel erscholl Im höheren Chore, das Lob Des Erschaffers und Erbarmers!« Andere Psalter erklangen und andere Stimmen der Engel: »Er betet, da stürzt hoch herab, Ein Gebot vom Thron her Flammen herab. Das Opfer versank schnell in der Gluth, Und die Wasser am Altar brannten in die Höh'.« Sieben Cherubim schwebten aus ihrem Chor zu dem Seher, Dem Erhabenheit, dem viel fernes Künftiges Gott gab. »Und Du schweigst? der Cherubim sah vor Gott stehn Ernst, unenthüllt, Flügel hüllten uns ein, Der Tempel erbebte vom Psalm Der Erhobnen zu des Herrn Thron.« »Ich verstummte, da ich Euch sah vor Gott stehn Ernst, unenthüllt, Flügel hüllten Euch ein, Der Tempel erbebte vom Psalm Der Erhobnen zu des Herrn Thron. Und Ihr riefet. Heilig ist er! ach, heilig, Heilig ist er! Zahllos sind, die den Herrn Anbeten. Es schallet sein Ruhm An des Throns Höh' und im Staube.« Jetzo schweigt er, vertieft in Gedanken vom Weltbeherrscher. Aber nicht lang', und er winkt, daß sie tönen zum Liede, Posaunen. »Die hohe Jungfrau Sion verachtet Dich Und spottet Dein, die Tochter Jerusalem Schüttelt ihr Haupt Dir nach! Wen, wen höhntest und lästertest Du? O, wider wen kam, Stolzer, Dein Laut empor? Dein Aug' erhobst Du wider den Heiligen Israel's. Hast Du nicht Gott Jehovah gehöhnt und gesagt: Ich bin gestiegen über die Berg' herauf Mit meiner Wagen Menge, des Libanon Seiten. Des Libanon Cedern haut' ich und Tannen herab. Gekommen bin ich bis zu der äußersten Herberge Karmel's, bis in den hohen Wald. Grub ich, und trank ich nicht Eure Wasser? und trocknet' ich nicht Mit meinem Fußtritt Israel's Seen aus? Vernahmst Du niemals, daß ich, was jetzt geschieht, Oftmals vordem auch that? Weit von ferne bereit' ich es zu, Dann heiß' ich's kommen! Städte, von Mauren hoch Und Hügeln, fallen öde zur Trümmer hin. Scham und des Todes Graun Senkt zur Erde der Streitenden Arm. Wie Gras des Feldes werden sie, dorren hin Wie Kraut auf Dächern, Heu vor der Reif', und welk. Weiß ich es, Stolzer, nicht, Wo Du ziehest und ziehest und wohnst? Und kenn' ich wider mich dies Dein Toben nicht? Weil wider mich Du also denn tobst, Dein Stolz, Weil er zu mir herauf Stieg, und ich es im Himmel vernahm, So leg' ich einen Ring an die Nase Dir, Leg' ich Gebisse, Tobender, Dir ins Maul, Daß Du denselben Weg Wiederkehrest, auf welchem Du kamst!« Feurig sang er's. Von Neuem begannen die sieben Begleiter: »O, entfleuch denn, Sanherib, eil' zu Nisroch's Opfer! Noch scholl Sion's Hügel herab Das Drohn des Prophetengesangs, Da erhub schon die Vollendung Zum Gericht den donnernden Fuß. Der Tag stieg Röthlich herauf, stumm lag, leichnamevoll Das Feld der Assyrer. Entflohn War ihr König mit Entsetzen.« Aber der Seher der Herrlichkeit Gottes am Chebar entschwung sich Nebst zwölf Jünglingen, Engeln und Menschen, des feirenden Heerzugs Lichten Chören. Ihr Flug schon erklang, da die Saiten noch schwiegen. Und sie schwebten den göttlichen Sohn anbetend vorüber. Furchtbar schön war ihr strahlender Schwung und der Himmlischen Anschaun Und die Flamm' in dem Blick. Sie begannen dem Herrscher in Juda: »Rächer, wie oft hast Du gerächt Dein erkornes Leidendes Volk! wie zerschmettert die Zerstörer! Hast sie bluten gemacht! Die Blutgier Lechzten, entrannen Dir nie. Glich nicht des Nil's schreckendes Thier dem Assyrer? Libanon's Pracht, wie sie aufsteigt zu beschatten, Hatte dieser. Er stand von Laube Dick, und sein Wipfel empor. Wasser um ihn machten ihn groß, und an Strudeln Hub er den Wuchs. Um den Stamm her des Erhobnen Rauschten Ströme, den andern Bäumen Sendet' er Bäch' ins Gefild. Darum erhub höher er sich wie die andern Bäum' im Gefild, und es ward ihm zu der Aeste Vollem Sproß und der Zweige Wassers, Sie zu verbreiten, genug. Nisteten nicht Vögel auf ihm, und das Staubthier, Lag's nicht um ihn wie unzählbar? In des hohen Quellentrunkenen Baums Beschattung Wohneten Völker umher. Ceder des Herrn, warst Du wie er? und, o Tanne, Du wie sein Ast? und Du, Ahorn, wie sein langer Schöner Zweig? Vor der Schaar der Bäume Prangt' er im Haine des Herrn. Hatt' ihn nicht Gott also geschmückt und mit dichten Aesten erhöht, daß die Bäum' ihn in dem Garten Gottes neideten? Weil sein Wipfel Also gen Himmel erwuchs, Hub sich sein Herz schwellend empor, daß so hoch er Stünde. Du gabst ihn dem stärksten der Tyrannen, Rächer nun, in die Hand, daß er's ihm, Wie er verdiente, vergalt! Fremder Gewalt rottet' ihn aus und zerstreut' ihn. Auf dem Gebirg, in den Thalen, an den Bächen Lagen niedergestürzt, zerschmettert Aest' ihm und Zweig' ihm umher. Schatten war er Völkern nicht mehr, und zu Schaaren Zogen sie fort. Auf dem Stamme des Gesunknen Wohnten jetzo der Luft, auf seinen Aesten die Heere der Flur. Niedergeschreckt, hebet kein Baum an den Wassern So sich mit Stolz, und es ragt so bei den Strömen Keines Wipfel nicht mehr aus dichten Zweigen der Kühlung empor. Denn in das Grab müssen auch sie, zu der Todten Grüften, vor die sich der Erdkreis in den Staub wirft. Als der Assur die Tief' hinabkam, Klagte sie weit um ihn her, Hüllte sich ein Strudel und Strom, und die Wasser Flossen nicht fort, und verdunkelt, wie in Trauer, Stand ihr Libanon, auch des Thales Bäume verdorrten um ihn. Als mit Getös nieder er stürzt', in die Hölle Nieder mit Sturm, da entsetzen sich die Völker. Du, edenischer Hain im Abgrund, Du, o sein Libanonwald Dort in der Nacht, tröstetet ihn! Ja, die Herrscher Alle, sein Arm, die mit Schatten er bedeckte, Waren nieder mit ihm gesunken Zu der Getödteten Scharr!« Und sie schwiegen. So säumt mit kurzem Weilen der Erde Furchtbares Beben, nun bald gen Himmel wieder zu senden Staub aus Trümmern und Sterbender Jammergeschrei. Sie begannen: »Wie den Assur, stürzetest Du Aegyptus' König, o Sohn! Meerdrach, sprang er im Strom; Es trübte die Wasser sein Fuß, Und der Schlamm wölkt' in der Fluth sich. Da er ausrief: Mein ist der Strom, ich habe Mir ihn gemacht! warf Gott über ihn aus Sein Netz, und es jagte sein Heer In sein Garn auf den Empörer. Wie die Fisch' ihm schwer und in Drang die Schuppen Hingen herab, zog ihn Gott aus dem Strom Und warf ins Gefild ihn und rief Zu dem Aase, was in Höhn fleugt, Was im Staube kriechet und raubt. Das Aas lag An dem Gebirg weit hinunter ins Thal Und füllte das Thal; und es stieg Zum Gestad' auf, wo er sonst schwamm, Des Verworfnen Blut; ja, hinan die Berge Drang's, und des Stroms Bäche wurden umher Von Blute getrübt: denn hinab In die Gruft ward er gestoßen. In der Tief' empfingen ihn Die, so einst auch, Helden wie er, würgten. Alle sie sind Hinuntergestürzt vor dem Schwert, Und sie ruhn jetzt bei Erschlagnen. Wo sie ruhn, liegt Assur, umher begraben Alle sein Volk. Schwert, Du warfst sie hinab! Tief ist in den Klüften ihr Grab, Die den Erdkreis einst erschreckten. Wo sie ruhn, liegt Elam, bei ihm begraben Alle sein Heer. Schwert, Du warfst sie hinab, Hinab in die Gräber voll Schmach, Die den Erdkreis einst erschreckten! Im Gefild liegt Mesech. Es liegt dort Thubal, Er und sein Heer, schmachvoll, waffenberaubt, Nicht unter dem Haupte das Schwert. Das Gefild ist vom Gebein weiß Der Verworfnen, welche die Erd' einst schreckten. Pharo, auf Dir stand des Siegenden Fuß! Nun schlummerst Du mitten im Heer Der Erschlagnen, die das Schwert traf. Die Beherrscher Edom's, der Krieger Führer, Liegen umher tief in Nächten der Gruft. Sie taumelten hin vor dem Schwert Zu der Heerschaar der Erschlagnen. Mit hinunter sanken die Völker Sidon's. Röthere Scham deckt der Fürsten Gesicht, Daß kühn die ereilende Schlacht Sie hinabwarf in die Tiefe. Die Erschlagnen all' um sich her versammelt Sah in des Abgrunds Nacht Pharao; ihn Erblickte sein Volk, und es war Ihm Erquickung dies Entsetzen. Denn hinab hast Pharao Du zur Hölle, Ihn und sein Heer, Gott Verderber, gestürzt! Geschrecket, geschrecket auch Du, O der Welt Richter, den Erdkreis!« Sichtbar nur der Unsterblichen Aug', in des Himmels Abgrund, Lag auf der wandelnden Erde Jerusalem. Todesengel Schauten hinunter und wandten von ihr zu dem Thale Gehenna Ihre Blicke. So sangen mit ernstem Trauren des Todes Engel, indem, wie aus Fernen der Donner, ihrer Posaunen Ausruf scholl, dumpf scholl wie das Meer an Felsengestade. »Geh unter, geh unter, Stadt Gottes! In Kriegsschrein, in Rauchdampf und Gluthstrom Versink, ach, die des Herrn Arm von sich wegstieß! Sei Trümmer, Stadt Gottes! Todsworte sprach Jesus; Rom thut sie. Zum Aas eilt mit Gierblick der Adler; Den Feldherrn, die ihr Gott ruft, zu verderben, Flammt's ernst vom Rachauge. Pflugtreiber streun schreckend Salzsaaten. Dir zog Gott die Meßschnur, o Schauthal! Er, er bot zum Triumph auf. Die Drommet' hallt Siegswuth, wo Gott ausmaß. Blutfordernd riefst, Juda, den Fluch Du Vom Thron her; Dein Mund schrie: Des Sohns Blut! Die That schrie's noch mit mehr Grimm. Dich erhört Rom's Heerführer. Geh unter!« Wie der freudige Fromme, der jetzt die Gräber nicht denket Oder, denket er sie, mit dem Troste der Auferstehung Ihre Nächte durchstrahlt, wie der, wenn der Morgen im Frühling Ihm erwacht, mit Wonn' in dem Aug' in die schönen Gefilde Weit umherblickt, laut sein Gebet dem Schöpfer des Frühlings Hinströmt: also schauten umher und ertönten vom Jubel Chöre Seraphim, da in der Straße des Lichts des Triumphes Heerschaar schwebt', und mit strahlenden Meeren der hellere Himmel Sie umgab, und die Stern' in Gedräng zu Tausenden wallten. Dieser Jubel der Seraphim scholl umher in den Sternen: »Ertönet sein Lob, Erden, tönt's, Sonnen! Gestirn', Ihr Gestirn' hier in der Straße des Lichts, hallt's feirend, Des Erlösenden Lob, siehe, des Herrlichen, Unerreichten von dem Danklied der Natur! Lobsing, o Natur, dennoch Dem, welcher Dich schuf! Dein Gesang ström' in den Himmeln einher! Hochpreisend, Von erbebender Höh', rufe des Strahls Gefährt' In Kidrona und dem Palmthal ihn herab! Ihr Wasser der Mond', Erdemeer, rauschet darein! Wie das sanftlispelnde Harfengetön zum Chorpsalm Der Posaunen empor Lüfte der Palme wehn, So erhebt Euch zu der Sternheere Gesang! Wie wandelt Ihr her, welche Gott zahllos erschuf! O Du Heerzug der Gestirne, wie strahlt, wie laut ruft Des Erlösenden Preis Ihr zu der Höh' hinauf, Zu der Glanzschaar um den Thron Gottes empor! Du bist es, o Sohn, dem der Welt Jubel ertönt, Du ein Quell aller Beseligung, Herr, Heilgeber, Unerschöpflicher Quell dessen, was glücklich macht! Ist ein Weg wo? ist ein Flug auch zu dem Licht, Zum Heile, den er uns nicht führt? Alle nicht führt? Labyrinth alle des großen, des unnennbaren, Des belohnenden Heils! Selige führt durch Dich, Von Aeon er zu Aeon fort, Labyrinth!« Jetzo schwieg der Gesang; doch tönete fort der gehauchte Hall und die Saite. So tönet der Hain, wenn weit in der Ferne Ströme durch Felsen stürzen, und nah von den Bächen es rieselt, Wenn es vom Winde rauscht in den tausendblättrigen Ulmen, Und der tanzbeginnenden Braut der Quell Melodie scheint. Da stets weiter empor in der Straße des Lichts der Triumph stieg, Ward nicht ferne von ihnen ein Stern, der Sonnenbegleiter Einer, verwandelt. Erschütterung ging von Wende zu Wende Durch die Mitte des Sterns. Er zerspaltet' in Lande. Gebirge Krachten, flammten, und brausender dampften Meere gen Himmel. Fürchterlich war's selbst Engeln zu sehn, wie in Irr' Urkräfte Wankten, es bildeten, Saat aufschwoll der neuen Erschaffung. Aber aus eines Sirius näheren Strahlen erhoben Auferstandne Gerechte der Wonne Stimme zum Mittler: »Liebe des Sohns, himmlisches Heil, dem Verstande Göttliches Licht, vom Altar Gluth dem Gefühle! Tag, der erwacht, in das Meer nicht unterzugehn, Der Erlösten ewiger Tag, Liebe des Sohns! Flügel hinauf, Flügel zum Thron, o Triumph, nahmst Du, und auch uns, den Gewählten des Erhobnen, Wehest Du vor mit der Palme, Christus' Triumph, Zu dem Thron des Vaters empor, Christus' Triumph! Engel, der dort strahlend einher durch die Himmel Schwebet, wer ist's, dem das Sternheer in der Laufbahn Steht, dem es laut auf den Pfaden Gottes ertönt, Dem die Tiefe sinket, wer ist's, Engel des Throns? Er, der am Kreuz dürstet' und starb, der uns liebte Bis in den Tod, o, der Schmach Tod, des Altares Golgatha Tod, und verlassen rufte von Gott In der Nacht, Der ist es, ja, Der, Engel des Throns! Strömet sie her, Ströme des Lichts, und, o Lüfte, Säuselt Ihr sanft dem Triumphheer sie herüber, Welche sich dort noch unhörbar tief in der Fern' Uns enthüllen, kommen, des Sohns Antlitz zu sehn. Engel, der Tag seines Triumphs, die Erhebung Christus' zum Thron, sie erscholl weit in die Welten Alle. Wer wohnt in des Lebens Hütten, wem Gott Es vergönnt, Der eilet, des Sohns Antlitz zu sehn. Herrscher ist er, Herrscher der Sohn. Ach, es fleht ihm Aller Gebet. In den Weltkreis, in die Tiefe, Fern in die Höh', bis zur letzten, sendet hinauf Die Erhörung er, der allein Seligkeit hat. Freuden Euch! Licht strömet' Euch her, und Gelüfte Säuselte sanft dem Triumphheer Euch herüber Weit aus der Fern', Ihr Bewohner jenes Gestirns, Das auf Erden über des Blicks Grenze sich hob. Herrscher ist er, Herrscher der Sohn. Ach, es fleht' ihm Euer Gebet. In die Tiefen, in die Höhen Sendet der Sohn, bis zur letzten sandte der Sohn Die Erhörung, er, der allein Seligkeit hat. Der Entzückungen, ach! Seht, dort strahlet der Sohn In dem Chor hoher Thronen, herrlich in dem Chor Des Grabvolks, die Blut ihm versöhnt hat, die erwachten Vor dem Tage des Gerichts, umgeschaffen durch ihn! O Du Erster des Seins, welchen himmlischen Weg Hat geführt Deinen Sohn des Todes Labyrinth! Vom Grabmal beginnt, steigt der Siegsgang; aus der Nacht her, Die den Sterbenden umgab, kommt des Ewigen Sohn! In der Schöpfungen Meer, wo der Woge Gebirg Zum Gestad' hinwallt, wohnet, Herrlicher, Dein Volk, Dem Heil auch von Dir wird, Messias, ob es Blut gleich, Unentheiligt von der Schuld, nicht zur Söhnung bedarf. Aber es ist unsere Schuld vor der Zeugen Auge vertilgt, und verstummt ist nun der Sünde Stimm' an dem Thron, in der Engel Hallen, dem Ohr Des Gerichts der Klägerin Ruf ewig verstummt. Fürchterlich laut rief sie hinauf, und es war doch Leise das Ohr des Gerichts; aber: Vollendet Ist es! erscholl vom Altare Psalmmelodie, Und die Sünde hörte des Sohns Donner und schwieg. An des Ewigen Thron, Christen, preisen auch wir! Wo es Euch, Erben, schattet, schattet es auch uns! Wo Euch quillt des Heils Quell, das Labsal der Gerechten, Da versammeln wir auch uns, quillt uns Leben auch zu! Bebtet Ihr je, Söhne der Fern', der Verwerfung Schrecken? O, troff in der Wehmuth, im Entsetzen Vor dem Gericht, im Entfliehn vom Horeb Euch je Die entflammte Thräne den Blick blutig herab? An dem schwindelnden Hang, den Verderben umringt, An des Abgrunds Nacht staunten, schauerten wir nicht, Wo Wagschal' ertönt, nicht wo Zornkelch sich ergießet, Und Geretteter Gefühl ward uns, Glückliche, nie. Welche Stimmen ergossen sich aus den begeisterten Chören! Waget' ich sie zu vergleichen, so nennt' ich sie Stimmen der Liebe, Nennte sie Sterbender, die nun offen den Himmel schon sehen, Oder Auferstehender, die dem Grab itzt enteilen.« Christus' Triumph erreichte den Stern der unschuldigen Menschen Und der unsterblichen. Ueber den hohen Gefilden des Sternes Schwebt' er einher. Die Unsterblichen sahn den strahlenden Heerzug, Sahn den Versöhner und, ach, die Auferstandnen vom Tode. Haufen schauten; allein bald wurden die Haufen zu Schaaren, Bald die Schaaren zu Heeren. Das Haupt gen Himmel erhoben, Standen sie, unter ihnen der Erstgeschaffne. »Vollender!« Rief er und sank auf sein Knie, um ihn die Unsterblichen alle. Haine riefen Hainen, und Bergen Berge: »Vollender!« Unter sie hin war Toa getreten. Der Richtende hatt' ihn Wieder hinauf in das Leben geführt. Der Frohste der Frohen War er, war ganz Dank, war ganz mit Empfindungen seiner Neuen Unsterblichkeit überströmt. In dieser Entzückung Rief er laut mit den Heeren der heiligen Menschen: »Vollender!« Jetzt, da in seinem Triumphe der Sohn des Ewigen Psalme Seiner Erhöhung vernahm und mit Wonne der Preisenden Freude Ueberschwänglich belohnt', entstieg der Gräber Gefilden Zweener Sterblichen Lied. Sie hatten Erstandne gesehen, Hatten gelernt. Es wurd' ihr Lied von dem Ausgesöhnten Und dem Versöhner gehört. Indem der Schatten des Baumes, Ihnen Hütte jetzt, und Kühlung sanfterer Lüfte Weht', und der Bach mitscholl, erhob sie die Stimme der Andacht, Sie, die liebte den Herrn und ihres Lebens Gefährten: »Schwinge Dich empor, Seele, die der Sohn zu des Lichts Erbe sich erschuf, Selige, die versöhnt Jesus hat! Sing ins Chor der Vollendeten am Thron! Stammelten sie nicht auch Laute, wie Du, bebenden Gesang?« Als der Schatten des Baums und Kühlung sanfterer Lüfte Weht', und der Bach mitscholl, erhob er die Stimme der Andacht, Er, der liebte den Herrn und seines Lebens Gefährtin: »Selbständiger, Hochheiliger, Allseliger, tief wirft, Gott, Von dem Thron fern, wo erhöht Du der Gestirn' Heer schufst, Sich ein Staub dankend hin und erstaunt über sein Heil, Daß ihn Gott hört in des Gebeinthals Nacht! Durch feirende, lautpreisende Psalmchöre des Sternheers bebt Mein Gebet auf zu dem Thron Deß, der im Lichtreich herrscht, Vom Beginn selig macht, Labyrinthweg' uns empor Zu dem Thron führt, wo unerforscht er herrscht. Hochheiliger, Allseliger, Unendlicher, Herr, Herr, Gott, O, erhör Du mein entzückt Flehn von dem Grabthal her! Von der Nacht stammelt's auf zu des Chors Halleluja; O, erhör's, Gott, und mein verstummt Flehn auch! Gott, mache den Toderbenden glückseliger! Gott, trockn' ihm Die Betrübniß von der Wang' ab! doch ist Elendslast In der Nacht hier sein Theil, so begnad ihn mit Geduld Und, o, leit ihn, daß er am Thron anschau'!« Also sang er und schwieg; bald aber erhub sich von Neuem Seine Seele, brannte von Neuem vor inniger Andacht. Siehe, des künftigen Christen Gesang entschwebte der Erde Kaum, allein ihn vernahm der Hörer der ewigen Chöre. Also rauschet ein Blatt, wenn die Widerhalle der Felskluft Donner rufen, Donner der Waldstrom nieder ins Thal stürzt. »Erwach, Harfengetön, und erhebe Dich Dem Psalm nach zum Throne! Dein Flug sei des Unendlichen Lob, Des Herrn Preis Dein Festlied! O, ihm, dem mit Entzückung Harmonie des Gestirnheers emporsteigt, Und Erzengel entflammendes Lob In dem Anschaun ertönen, O, lispl' auch, mein Gesang, sein Lob Dem! Von dem Grab auch vernehme Sein Lob Gott! Wie beginn' ich's? wie vollend' ich's? O Vorschmack des Himmels, Des Herrn Preis, wer singt Dich und erliegt nicht? Was ihn sonst hob, versinkt jetzt, Sein beseelteres Bild, wie der Schimmer Von dem Aufgang Gemäld' ihm Voll Goldglanz, wird ihm Dämmrung. Wie ich kann, mit der Nacht Schein im Bilde, Mit Nachhall und Laut nur, Wenn der Chorpsalm zu dem Thron auf sich donnernd Erhebt, sing' ich dem Herrn. Wer gleicht Dir? wer, o Gott, ist, wie Du bist? Des Seins tiefen Entwurf entwarfst Du, Eh Gefühl war, Gedanken Und Zweck war in der Endlichen Heer! O der Aussaat, die, Gott, Du Gesät hast und Aeon auf Aeon, Daß sie reift', aufgehäufet. O Rathschluß: Die Aeonen, Wenn sie all' einst vorbei sind, wird Ernte Ohn' Aufhören am Thron sein! Die Erschaffung zu des Sohns Heil hast dann Du Vollendet! O, dann führt das Glück uns Und das Elend ins Lichtreich! Was einst uns, dem Beglückten und dem Dulder, Labyrinthweg und Nacht war, Das führt uns zu dem ewigen Heil hin! Indeß welkt auf Erden Der unsterbliche Mensch weg Und empfindet Herannahn des Todes, Herannahn der Verwesung, Und verweint, in Wehklag' ergossen, Den Beginn des Daseins Und weiß doch, daß es Gott einst mit Wonne Vollbringt, er, der ihn auch zu dem Heil schuf! Ja, so, Gott, vollbringst Du's! Ach, trüb' ist und Nacht ist der Gedanke, Daß ins Loblied der Himmel Der Angst Stimme sich mischt, Und mit Thränen sich die Wehmuth von Gräbern Emporhebt ins Getön, wo Entzückung Der Chorpsalm zum Thron ruft Und sanft Lispeln den Harfen entlockt, Wenn in Dank weint die Wonne!« Cherubim und Erstandene tönten vom Untergange Babylon's. Also sang der Erstandenen Chor dem Vollender: »Ernst ist er, des Gerichts dunkler Tag. Todesgang und des Sturms Flug eilt des Herrn Gerichtstag. Prophezeiung gegen sie, Bewölkt einst, Prophezeiung, wie erfüllt Gott Dich! Ach, sie stürzt! Es vernahm Erd' und Meer Babel's Fall, der Erfüllung Donnerschlag. Nun thut's Gott von dem Throne. Jetzo droht Am Meerstrand die Verkündung des Posaunrufs nicht. Babel stürzt. O, begann Gottes Tag, Jener schon, der Entscheidung großer Tag? Wie liegt, weh', sie zerstört da, weh' ihr, weh', Welch Graun jetzt, die so stolz war, in dem Abgrund da!« Cherubim und Erstandene tönten vom Untergange Babylon's. Also sang der Cherubim Chor dem Vollender: »Sie versinkt, sie versinkt, Babel! Der Täuscherin Gefüllt ist mit Gifttrunk, schnelltödtend schäumt Ihr Kelch auf. O, es füllt Dir, Babel, dafür, Des Gerichts Kelch vollmessend, der wiedervergilt! Du Gestürzte, wie lang' schäumte Dein Taumelkelch Dem Erdkreis Verführung, Wahn, Wuth und Tod! Erwacht ist des Vergelters Rache, Dich hat Von des Zorns Kelch Gott trunken zum Tode gemacht!« Ach, die seligen Tage der ersten Auferstehung Waren's, die Ihr, schon jetzt vollendete Märtyrer, feirtet. »Die Gott rächt, in Gestirnglanz, Glückselige, In des Heils Kleid, ausduldende Märtyrer, Zu dem Erb' in dem Lichtreich kommt freudig Ihr, Die Gott rächt, von dem Nachtthal her! Die Herrschaft des Vollenders, Mitblutende, Die Gewalt Deß, den Kreuziger tödteten, O, empfangt die Belohnung, Heilerbende! Erstaunt, bang und vor Angst stumm hört's Der Erdkreis. Die verkannt einst schnell bluteten, Wenn sie Satan Räuchwerke nicht zündeten, Sie beherrschen die Welt jetzt, sind Könige! Vom Thron schmückt mit Gewalt Gott Euch!« Unbemerkter, nicht eine der Königinnen des Weltmeers, Ruhete zwischen Wogengebirgen die einsame Patmos. Aber es sollte dereinst wie Posaunen an ihrem Gestade Dem erschallen, den sich der Offenbarer zum Seher Auserkor, und in ihrer Haine Schatten der Gottmensch Ihm erscheinen, umringt von sieben Leuchtern, gekleidet In ein lichtes Gewand, mit Golde begürtet, das Haupthaar Weiß wie Schnee, und Flamme sein Blick, wie die Sonne sein Antlitz. Glühend Erzt war sein Fuß, von dem Munde ging ihm ein scharfes Schneidendes Schwert, und er hielt in der Rechte sieben Sterne: Eine Strahlengestalt, vor welcher wie todt der Seher Hinsank. Richter der Welt war Der, vor welchem er hinsank. Aber damals richtet' er noch sein großes Gericht nicht, Sprach nur über sieben Gemeinen ihr erstes Urtheil; Mit dem Ernste des Richterspruchs ertönte noch Gnade! Und es hatten von diesem Gericht die ersten der Engel Und die Väter, sie hatten von dieser Gnade, wie fern her, Himmlische Stimmen vernommen. Sie sangen dem schonenden Richter, Daß ihm in den Gemeinen, wie Thau aus der Morgenröthe, Seine Kinder würden zum ewigen Leben geboren Durch die neue Geburt, und daß er ihrer wie Mütter Sich erbarmt', auch da, wo selbst die Herzen der Mütter Fühllos würden, auch da sich Jesus Christus erbarmte. »Ephesus, ach, Ephesus, komm zu der ersten Liebe zurück! O, wie tief sankst Du, Gemeine! Kehre wieder, es stürzt Dein Leuchter Sonst Dir dahin und verlischt! Preis Dir, Du giebst ewigen Lohn, wer sich wieder, Mittler, erhebt! am Krystallstrom, der vom Throne Fließet, schatten des Lebens Bäume, Tragen dem Siegenden Frucht!« Und ein höheres Chor begann, von Wonne begeistert, Durch die goldenen Harfen herab zu rauschen; sie sangen: »O der Aussaat, welche Du, ewiger Sohn, Dir in Smyrna sätest! O, sie halten aus Im Gefängniß und geschmäht, sie dulden's gern, Sind getreu bis an den Tod, Kronen zu empfahn!« Wehmuthsstimmen erschollen. So sangen Chöre der Menschen: »Pergamon, Du hieltest an ihm in den Tagen Jenes Triumphs, da Antipas in sein Blut sank! Zeugend sank er. O, ruft Antipas' Namen, Unsterbliche, laut! Aber Du hast, Pergamon, auch, die, wie Balak, Aergern. Es labt, wer gesiegt hat, das verborgne Manna, Diesen allein; nur er hört Zeugen die Himmel von sich.« Wehmuthsstimmen erschollen. So sangen Chöre der Engel: »Siehe, Du glaubst, duldest und liebst, Thyatira! Aber Du hast, Thyatira, die Prophetin, Hast die Täuscherin auch! Dein Richter Forschet hinab in das Herz! Welchen er rein sahe, der Sohn, Den erhebt er, Setzet ihn hoch, daß den Weltkreis er beherrsche, Giebt den eisernen Stab der Macht, giebt Strahlen der Stern' ihm ums Haupt.« Stille ward in der Schaar des Triumphes, und keins der Chöre Sang, und alle Harfen und alle Posaunen verstummten, Bis zu dem Göttlichen wenige Stimmen sich endlich erhuben: »Ach, Sardis, ach, Sardis! Weltrichter, Erbarm Dich! des Herrn Sohn, verschone! Sie liegt todt, und ihr Wahn wähnt, daß sie lebe! Gott Mittler, schon' ihrer! Ach, höre! wach, Sardis, wach, Todte, Vom Schlaf auf! Es schreckt schon von fern her, Mit Eil' droht, mit Vollendung das Gericht Dir! Hör, hör sein Drohn, Todte! Weißes Gewand strahlet um Den, der gesiegt hat; Hell in dem Buch, das vom Heil einst im Gericht tönt, Steht sein Namen; ihn nennt vor Gott selbst Und vor den Engeln der Herr!« Aber ein höheres Chor begann, von Wonne begeistert, Durch die goldenen Harfen herab zu rauschen; sie sangen: »Wie selig ist sie! Wenig Kraft gab ihr der Herr; Und es blieb dennoch im Bunde, bekannte dennoch Philadelphia stets! Satans Verführter soll Sich ihr bang nahn, in den Staub sinken vor ihr! Wie selig ist sie! Wenig Kraft gab ihr der Herr; Und es blieb dennoch im Bunde, bekannte dennoch Philadelphia stets! Stunde des Jammers, triff Du den Erdkreis, und vor ihr eile vorbei! Wie herrlich ist sie! Treue Schaar, halt, was Du hast Und, o, laß Keinen die Krone des Heils Dir nehmen! Der Vollendete steht glänzend, ein Pfeiler, einst In dem Tempel, wo der Sohn ewig belohnt!« Wehmuthsvoll, mit jenem Gefühl, das unter den Menschen Thräne wird, kam mitten aus einem Chore die Stimme: »O, vernähme den Ruf Laodicea noch! Er ruft ihr vom Tod auf, wehklaget sanft. Wie blind, ach, und wie elend täuschet sie sich! Du des Herrn sonst, auf, eile dem Rufenden zu! Der Gezüchtigte geht auch zu dem Abendmahl Des Sohns ein. Wer fest steht, aushält und siegt, Belohnt wird und gekrönt Der, steiget empor Zu des Throns Höh', Gottmensch, wo in Lichte Du wohnst!« Da des Triumphs Heerschaar stets weiter hinauf zu des Himmels Strahlenkreise stieg, begannen Chöre der Seher Und Erzengel, zu singen dem Auferwecker und Richter. Also sangen sie gegen einander. Die Harfen der Seher Tönten feirlichen Ernst und flossen von großen Gedanken Feuriger über. Itzt strömte der Psalm in der Saite Begeistrung: »Wo erhöht er in dem Lichtreich, im Glanz thront, dort Stieg er herab, und den Gerichtsruf donnerte sein Heer. Und die Grabnacht gab, die sie wegnahm, her, Da des Gerichts Ruf tönt' und das Gebirg einsank. Und die Heerschaar, die vom Tod er durch Blut lossprach, Hub sich empor, und ihr Gewand goß Strahlen um sie her. Ihr Triumphlied scholl, wie das Weltmeer braust, Und das Getön stieg hoch mit dem Gerichtsruf auf.« Sie erlagen dem Wonnegedanken. Die Saiten nur tönten. Aber nicht lange, so scholl ihr Gesang von Neuem zur Harfe: »Aussaat, die gesät ruhte, bis ihr Gott rief, das Gefild Mit Goldglanz zu bedecken! Selige, die, Staub zu Staub, In sich einschloß säumende Nacht, Bis floh der Aeon Sterblicher dahin! Aussaat, o, wie reif schimmerst Du her! Laut ruft im Gefild Die Heerschaar zu der Ernte! Selige, die, Glanz zu Glanz, Der Vollender sammelt, wie nimmt Des neuen Aeon's Herrlichkeit Euch auf!« Jetzo sangen mit himmlischem Lächeln die ersten der Engel; Tönender strömte der Psalter Strom zu dem Wonnegesange: »Todt', erwacht! Todt', erwacht! Der Gerichtstag hallt's. Der Aufruf der Ernter des Gefilds Ertönt froh. Der Staub hört's da, wo er sanft Schlummert, hinschallen. Schutzengel rufen ins Gericht. Eilet, schaut auf zum Thron, die mit Huld Gott rief! Erwacht, eilt, steht auf, strahlt von dem Grab Empor, Ihr, die Jesus frei des Gerichts Macht! O Miterben, kommt, nehmt die Palmen in Triumph! Schwebt herauf, setzet Euch mit dem Sohn Richter Im Goldstrahl auf Throne bei den Herrn! Erhebt Euch, die Blut deckt, weißes Gewand Deckt! O Weltrichter, kommt, nehmt die Kronen in Triumph! Ach, sie gehn überstrahlt zu dem Thron furchtbar Herauf, ernst zur Wagschal' des Gerichts! Geströmt Blut des Altars Golgatha deckt Hell die Palmträger. Siegskronen glänzen um ihr Haupt.« Lange Reihn krystallener hochaufsteigender Berge Sind in dem Stern Sarona. In ihnen sehn die Bewohner Ferne Welten vergrößert und leuchtender; weiter ertönet Dort der Widerhall und melodischer, wenn sich der Ausruf Inniger Freud' ergießt bei neuer Erscheinungen Anblick. Tausende wimmeln dann am Fuß der unendlichen Berge, Tausende haben dann die breite Schulter, die lichte Stirne der Berg' erstiegen und stehn tiefsinnig und schauen. Jetzo schauten sie nicht tiefsinnig; ihr Auge war Wonne; Denn es ging der Triumphheerzug bei Sarona vorüber. Heller ward der Krystall, wo der Gottmensch schwebt' und zu Schönheit Seine Herrlichkeit milderte. Dort ertönte der Nachhall Reiner und neu, als bildet' er Laute des feirenden Heerzugs. Jetzt erhuben im Chor der Seher Debora und Mirjam Ihre Stimme. Den Saiten entscholl bald himmlische Wehmuth, Bald der Ton des Triumphs. Sie sangen gegen die Engel. So, wenn im Walde der Donnersturm stillschweigt, und die Bäume Nicht gebogen mehr stehn, bebt leise von Lüften der Sprößling. »O, Du einst uns Elend, wie entzückst Du Den Geist, Tod! Wer im Nachtthal des Entsetzens Nicht verwesete, strebet umsonst, Zu erreichen des Erwachten Gefühl. Ihr lieft nicht die Laufbahn des Erdulders, Des Pilgers da hinab nicht, wo der Tod war. Ihr Unsterblichen sahet das Grab Nicht eröffnet und gefüllt mit Gebein! Ihr saht nicht, daß furchtbar die Entschlafnen Es hinnahm, die Geliebtern zur Verwesung! Der begrabenden Schaufel Getös, Die mit Erde die Entflohnen bewarf, Erscholl nie Euch dumpf auf von den Grüften Und rief nie Euch Erinnrung, daß Ihr einst auch, Mit entstürzender Erde bedeckt, Bei der Trümmer des Verwesenden lägt!« Aber wie unter Wolken herab von den Felsen sich Ströme Stürzen, so sang, als rief's zum Gericht, das Chor der Propheten: »Todt', erwacht, die Posaun' hallt, Todt', erwacht! Der Nacht Schooß, des Meers Grund und der Erdkreis Bebt dumpf auf, das Gebein hört Herrscherton Herrufen, Erzengel rufen ihn laut. Goldpalast und bemoost Dach stürzen ein. Im Erdgrab und Weltmeer wer entschlummert Schon lang' lag, Der erwacht. Wer lebet, hört Graunvolles Erdbeben, stirbt und erwacht. Nacht noch war's. Das Entsetzen trat einher, Gebot Flucht. Gefild, Hain, des Gebirgs Haupt Versank, warf sich ins Meer hin. Harfe, schweig! Bang ruft, es ruft nun Gebärerinangst. Donner ruft von des Throns Höhn. Harfe, schweig! Laut droh'nd tönt Gerichtsruf der Posaunen Darein. Fürchterlich fliegt, rauscht Donnersturm. Wehklagend ruft drein Gebärerinangst.« Zween Erzengel schwebten voran, da sang der eine: »Sie sind's, ach, die wehdroh'nd der Aufruf schreckt! Sie stehn auch von dem Tod auf! O, verschlöss' Nacht stets In dem Graunthal der Verwesung, Die des Throns Ausspruch in den Abgrund stürzt!« Zween Erzengel schwebten voran, da sang der andre: »Gerichtsdonner, ach, zu furchtbar tönest Du In die Grabmale! Längrer, ewiger Schlaf Ist ihr Flehn; aber sie kommen aus der Nacht Und wehklagen: O, falle, Gebirg, deck uns!« Stille war itzt in den Chören der Siegsbegleiter. Da flogen Leicht, wie Blüthen die Luft fortathmet, Benoni und Mirjam, Lazarus' Schwester, hervor. Wie des Sommers sanftere Mondnacht Und wie der röthliche Frühlingsmorgen schwebten sie vorwärts. Und sie würdigten Satan, dem liegenden Ueberwundnen, Hören zu lassen, wie groß der Triumph der Todten des Herren sei: »Donnr' es, o Gesang, in der Nacht Schrecken hinab, zu Gehenna's Empörer hin: Die am Staub einst Elend und der Tod traf, Sie erwachen zu dem Schaun! Mörder, zu dem Schaun! vom Beginn Mörder, sie Alle, die jemals des Todes Angst, Der Verwesung Graun traf, sie entschwingen Sich dem Grabe da hinauf, Wo zu dem Gericht, Du Genoß Jedes Entsetzens, in schreckender Herrlichkeit Sich gesetzt hat Jesus, der Vollender! Hosianna! er entschwung, Sieger des Empörenden, sich Auch dem umschattenden Thale, der Todesruh, Und verwarf Dich, Satan, Du Verkläger, Der sie Tage vor dem Thron, Nächte vor dem Thron sie mit Grimm Schuldigte! Sünden nicht nur, das Gebrech, Du Feind, Und der Fehle Staub nahmst und umgabst Du Vor dem Rächer mit Gewölk! Zischender Verkläger, Dich stürzt Jesus, der Herrscher, hinab in die tiefe Nacht, Wo die Qual ist, Wehklag' und der Tod ist, Kein Erwachen zu dem Schaun!« Einer der Todesengel erhub die furchtbare Stimme, Also sang er, indem mit der Hand die Posaun' ihm hinsunk: »Wehklagen und bang Seufzen vom Graunthale des Abgrunds her, Sturmheulen und Strombrüllen und Felskrachen, das laut niederstürzt', Und Wuthschrein und Rachausrufen erscholl dumpf auf. Wie der Strahl eilt, schwebten wir schnell und in Wehmuth fort.« Gabriel weinet' und fühlte sie gern, die himmlische Thräne; Also floß mit der Thräne die Stimme des Schauers der Zukunft: »Das Gewand weiß, bluthell, hub zum Thron Sie sich empor, stand ernst, anschaunselig da, Schimmerte die Braut. Sanften Ton, festliche Melodien, Freudigeres Gefühl strömtet Ihr, Donnerer in dem Gericht! Und der Gottmensch sah rein neben sich Sie an dem Thron voll Unschuld stehn, sah sich ihm Heiligen die Braut. Neu erscholl, seligeres Gefühls Strömet' ins Paradies Euer Psalm, Donnerer in dem Gericht!« Hoch erhöht von dieser Begeistrung des Schauers der Zukunft, Schwebt' in lichterem Meere der Himmelsheitre die Heerschaar, Schwebte mit schnellerer Eile dahin; und keine der Harfen Schwieg in den Chören, und aller Posaunen erschütternde Stimmen Redeten ihre Donner, und alle Himmlischen sangen: »Da ihr Gang Flug, und ihr Ausruf Gesang ward der Entzückung, Da vom Gefild her sich der Triumphzug zum Gerichtsthron Emporschwang, nahm zu dem Erb' auf er, den am Kreuz Gott sah, In das Lichtreich auf, die des Altars Blutruf vom Gericht lossprach.« Aber das Chor Erzengel begann von Neuem die Wonne Seiner Gesänge gegen die Seher hinüber zu strömen: »O, die auch in Erdgrab und Weltmeer verwest einschloß Der Gerichtsspruch, den in Eden, da es kühl ward, der Herr aussprach, Erstlinge, schwebt strahlend empor in Triumphflug, eilt, Richtet mit Dem, welchem sich die Höh' und das Gebeinthal bückt! Die Hand kam hervor einst, und Schrift stand: Dich wog Jova! Und es fand Dich, der den Weltkreis, wie er will, herrscht, zu leicht, König! Daß des Gerichts Tag es vernähme, wie leicht Der sei, Welcher an ihm sündigte, gebot es von des Throns Höh' Gott, Gebot so: Es zeug' einst, was lebend des Staubs Sohn that, Des Gerichts Buch! Und mit Schrift, hell, wie der Blitzstrahl durch Nacht herfleugt, Schrieb in das Buch, Rächer, Dein Heer, was der Mensch that, grub's Thränenvoll ein, schweigend, was nunmehr in dem Gericht laut tönt! Am Thron rollt die Heerschaar, als göss' sie ein Meer weit aus, Des Gerichts Bücher voll Ernst auf, und die Glanzschrift erschreckt fern her. Eilet empor, Erstlinge, schwebt den Triumphflug, kommt, Richtet mit Dem, welchem sich die Höh' und das Gebeinthal bückt! Ihn sah Gott herannahn; kein Tag war, wie der Tag ist, So dem Rath Deß, der geherrscht hat vom Beginn an, die Hüll' aufdeckt! Jauchzet und schaut tiefer hinab, denn der Lichttag kam! Wandelt umher froh in Labyrinthe, die hindurch Gott führt! Noch währt er, noch währt er, der Grauntag. Ein Jahr floh schon, Und es säumt noch der Gerichtstag. Noch erschreckt Den des Ausspruchs Ernst, Welchen der Sohn Gottes verwirft. Es entfliehn qualvoll Könige noch, rufen dem Gebirge: O Gebirg, deck uns! Allein deckt Gebirg Euch? Noch säumt stets des Urtheils Tag. Noch entsetzt sich, wer, o Lamm, Dir, das erwürgt ward, wer Hohn Dir sprach. Stürzet, Ihr Berg', über uns her, denn die Allmacht zürnt! Der an dem Kreuz blutete, gebeut von dem Gerichtsthron Tod! Noch strahlt er, der Heiltag. Noch theilt Gott des Lichts Erb' aus. Noch verklärt sich Labyrinthweg. Noch enthüllt Gott der Vorsicht Pfad. Stets noch empfäht weißes Gewand, von des Sohns Blut hell, Kronen empfäht, Palmen, wer dem Sohn bis in den Tod treu war.« Thräne des Himmels im Blicke der Erstlinge Gottes, wie glänztest Dem Du, der einst das Erbe des Lichts den festlichen Tag giebt Seiner Entscheidung! Sie wagten es kaum, voll inniger Demuth, Nach dem Vergelter hinauf, der ihnen strahlte, zu schauen. Säumend begann ihr Harfengetön; als aber der Geber Immer belohnender strahlte, da flog's, und schnell war es Jubel. »O Aufgang aus der Höh', o des Herrn Sohn, Du o Licht Von dem Licht, der erlöst hat, doch dereinst auch auf den Thron Des Gerichts mit der Wagschal' steigt und es wägt, Was gethan hat, wem umsonst floß Golgatha's Blut! O, Preis Dir und Gesang, Du des Herrn Sohn, Du o Licht Von dem Licht, der erlöst hat, die dereinst, ach, an dem Thron Des Gerichts bei der Wagschal' stehn und sein Weh' Mit verkünden, wem umsonst floß Golgatha's Blut! O Urquell, es ergeußt, o des Heils Quell, wie ein Strom, Wie ein Meer – so gebeutst Du – von dem Lichtthron sich herab Der Erschaffenen Glück! Erzengel, merkt auf, Wie das Heilmeer durch den Weltkreis weit sich ergeußt! Ihr, Ihr saht's von Beginn, da die Nacht uns noch umgab, Es der Tod noch verbarg, ach, da noch Gott wir, o der Staub, Aus der Nacht, von dem Grab her, richteten, Gott Mit Erbarmung es vernahm, schwieg, Blitze nicht warf!« Unterdeß, da Jesus den Weg durch die Heitre zum Throne Gottes ging, entschied er von fern das Schicksal der Seelen, Welche das Leben der Sterblichkeit jetzt verließen. Sie mußten Sinken oder steigen, nachdem in ihnen der Richter Trieb' erschuf, sich empor zu der Wonne Gefilden zu heben Oder hinab sich zu senken, hinab, wo die ewige Nacht herrscht. Jetzt rief einer der hohen Triumphbegleiter: »Es steigen, Sieh, aus allen Landen, aus allen Völkern der Erde, Steigen Seelen herauf!« Ein Anderer rief in der Wonne Seines Herzens den Auferstandenen zu: »Der Entschlafnen Seelen machen sich auf und werden Licht; denn ihr Licht strahlt Ihnen entgegen, und vor ihnen geht des Versöhners Herrlichkeit auf!« Der Unsterbliche schwieg. Noch war es den Seelen Unbekannt, wer Der in der Mitte dieses Triumphs sei, Wer die Schaaren um ihn; bald aber erkannten sie Menschen Unter den Schaaren, und süßes Gefühl, daß sie Menschen erblickten, Ueberströmete sie. Doch da sie von Antlitz zu Antlitz Ihre Brüder sahn, erstaunten sie, zweifelten, sanftes Schauers voll. Denn die Auferstandnen, nun Himmlischen, waren Furchtbar und schön, voll Hoheit, wie keine Hoheit sie kannten, Waren vielleicht auch Götter. Allein der Götter einer Sprach zu ihnen, und lieblich erscholl des Redenden Stimme: »Menschen waren wir einst, wie Ihr vor Kurzem noch waret; Aber er hat uns zu dieser Vollendung erhoben, Welchen Ihr wandeln hier bei den Sternen seht, mit des Urlichts Glanze bedeckt und mit Wundenmalen. Lernet, Ihr könnt hier Vieles lernen! Erwählet ihn Euch zum Helfer; erwählet Ihn auch nicht! So frei wie jetzt seid Ihr niemals gewesen.« Dreimal die Zeit, die ein Engel, bevor er von einem Entschlusse Uebergeht zu dem andern, die dann der Unsterbliche zweifelt, Folgten die Seelen jetzo nur nach und blieben auf einem Sterne zurück und warteten dort auf Lehrer, die Jesus Ihnen würde – Gabriel rief's – von dem Thron zusenden. Weit in der Ferne sah des Ewigen Thron die Triumphschaar Und des Allerheiligsten Nacht an des Ewigen Throne. Schon verhüllten ihr Antlitz mit ihren Flügeln der Engel Viele. Das Antlitz Deß, der geopfert auf Golgatha's Altar Blutete, ward lichtheller. Ein Chor Erstandener bebte Freudig, und erst nach langem Verstummen begann es von Neuem Seine Psalme, begann's hinauf nach Sion zu singen: »Begleit ihn zum Thron auf, o Lichtheer, Mit der Harf' ihn, der Posaun' Hall und dem Chorpsalm, Jesus, Gottes Sohn! Menschlich ist er, Gnädig! Das rufest Du laut, blutiger Altar! Es preis' ihn der Toderb' und Seraph, Es erheb' ihn die Versammlung der Gerechten, Jesus! Hehr ist er, heilig! Es gab, Siehe, dem Herrlichen Jehovah das Gericht! Es sing' ihm der Heilerb' und Cherub, O Ihr Chör' all' in dem Lichtheer, Hosianna! Jesus, Sohn, Du bist König der Welt, Ewiger König der Stadt Gottes in der Höh'! Wie wirst Du am Thron Den empfangen, Der es ganz litt, der es ganz that, den Vollender, Vater, Du den Sohn! Donner des Throns, Gebt der Unsterblichen Chor Flügel und Triumph!« Und sie schwiegen. Es schwebt' an einer Sonne Gefilden Langsamer fort ein anderes Chor Erstandne. Sie sangen Ihm, der stets lichtheller des Vaters Rechte sich nahte: »O Vollender, wie wird er, der ewig ist, Dich Auf des Throns Höhn empfangen! Ewiger, wie wirst Du hingehn, des Herrn Sohn den Herrn schaun, der erhabne, Der unendliche Genoß Deß, der sein wird und war! Du o Licht von dem Licht, Gottmensch, groß durch den Tod An dem Kreuz! Hehr Sühnopfer! Herrlicherer Dem, Der abfiel und umkehrt, der, Staub, schlief und darauf erst, Ein Unsterblicher wie sie, Glanz der Engel empfäht! Der erlösende Sohn, Allerheiligstes, ging In die Nacht Deines Grauns ein! Aber wie hat ihn Erhöht Gott! Ihr Knie sinkt dem Aufgang aus der Höhe, Dem Erniederten und Herrn, aller Endlichen Knie! Und wie schallet empor, hoch im Himmel empor Und im Staub ihres Zurufs Wonnemelodie! Erhöht wird des Herrn Sohn, der Gottmensch, der Gesalbte, Dem Unendlichen zum Preis, Gott dem Vater zum Preis!« Auch sie schwiegen, und immer wurden der feirenden Chöre Weniger. Sieben Erstandne, die ersten unter den Menschen, Schwungen sich freudigzitternd hervor und sangen dem Sohne: »Mißt nicht mit Maaß Endlichkeit uns? Wir erheben, Selig dadurch, die Vollendung des Erstandnen. Ach, der Wonne Gefühl soll ewig Tönen im Strom des Gesangs! Aber was ist gegen den Preis der Erschaffnen, Vater, Dein Blick, Du Erhöher zu des Throns Glanz, Dein Anschauen! Verstummt, Strom, stündst Du, Winkte nicht Eile Dir Gott! Danke dem Herrn! Preise, daß er uns vergönnt hat, Endlichen, ihm mit dem Stammeln des Triumphlieds, Ihm mit feirendem Psalm zu singen, Mit der Erstaunungen Ruf! Herrlich ist er, selig ist er, und des Donners Seiner Gewalt, wenn er handelt und beseligt, Nachhall unser Gesang. Strömt, Jubel, Jauchzet den Thaten des Herrn! Mittler, zu Dem steigst Du hinauf! Es erhebt Dich Der zu der Höh', o Messias, zu der Höhn Höh' Seiner Rechte! Begleit ihn, Siegslied, Bis zu dem Fuße des Throns!« Aber hundert Cherubim schwebten hervor und enthüllten Wieder ihr Antlitz und wiesen hoch mit der Palme gen Himmel. »Begleit ihn zum Thron auf, Triumphheer, Mit der Harf' ihn, der Posaun' Hall und dem Chorpsalm, Jesus, Gottes Sohn! Herrscher ist er, Herrscher! Das rufet Ihr laut, Donner um den Thron! Es ruf' ihm der Heilerb' und Cherub, O, Ihr Chör' all' in dem Lichtheer, Hosianna! Jesus, Gottes Sohn, Dulder, Du steigst, Todter, zur Rechte des Herrn, Ewiger, empor!« Jetzo kam der Triumph dem Himmel so nah, daß Jehovah's Thron sie im Glanz herstrahlen der ganzen Herrlichkeit sahen. Da den Triumph, den Triumph die nähesten Engel erblickten, Standen sie alle zuerst erstaunt; bald aber erhub sich Wonnausruf voll frohes Erschreckens. Die Stunde, da Christus Wieder würde, der Ueberwinder, den Himmel betreten, War der Himmlischen keinem bekannt, war's selber der Thronen Ersten nicht. Sie hatten nur fern mit der Welten Getöne Jubel gehört. Von Gebirge rief zu Gebirge, der Cherub Rief: »Der Messias!« dem Cherub; aus Hainen ruften in Haine Seelen und Seraphim sich: »Der Messias!« vom Strahl zu dem Strahle; Bis hinauf zu den Opferaltären, hinauf zu der hohen Wolke des Allerheiligsten scholl: »Der Messias!« hinaufscholl Zu dem Thron: »Der Messias!« daß weit um sie her der Wälder, Daß der Ströme Geräusch unhörbar ward, des Krystallmeers Woge selbst, vor der Stimme der Rufenden. Aber da Jesus, Da der große Vollender nunmehr mit einem der letzten Sonnenschimmer den Himmel betrat, da entsanken der Engel Kronen, da streuten mit sanfterer Freude die Himmlischen alle Palmen auf den erhabenen Weg, der zum Throne des Herrn führt. Auch die Triumphbegleiter, die Seraphim und die Erstandnen Streueten Palmen und gingen einher mit freudiger Demuth. Aber die Seelen, belastet vom neuen Himmelsgefühle, Wären in einem der Haine des Wegs geblieben, hätt' ihnen Gabriel nicht mit der goldnen Posaune zu folgen gerufen. Jesus nahte dem Thron. Da wurde stiller die Stille; Und da rufte den Seelen nicht mehr die Posaune; die Väter Standen; noch folgten die Engel; nicht lang', so blieben auch sie stehn, Sanken nieder, daß sie anbeteten. Gabriel hatte, Keiner der Endlichen sonst, des Thrones unterste Stufe Mit dem Messias betreten. Dort kniet' er, beinah unsichtbar Durch den herunterströmenden Glanz, und schaute zu Gott auf. Siehe, der Hocherhabene war, der Unendliche war, er, Den noch Alle kennen, dem Alle danken noch werden, Aller Freudenthränen noch weinen, Gott und der Vater Unseres Mittlers, der Allbarmherzige war in der vollen Gottesliebe verklärt! Der Sohn des Vaters, des Bundes Stifter, er, der erwürgt von dem Anbeginne der Welt ist, Den noch Alle kennen, dem Alle danken noch werden, Aller Freudenthränen noch weinen, siehe, das Opfer Für die Sünde der Welt, der Getödtete war, der Erstandne, Jesus, der Mittler, der Allbarmherzige war in der vollen Gottesliebe verklärt! So sah den Vater der Himmel Aller Himmel! So sahe den Sohn des Vaters aller Himmel Himmel! Indem betrat die Höhe des Thrones Jesus Christus und setzete sich zu der Rechte des Vaters.