Die Wehmuth der Erinnerung 1785. Schöner herbstlicher Tag, dunkel und schön zugleich! Welches heimliche Weh, welche Melankolie Weckt dein traurendes Lächeln In des Jünglings durchstürmten Brust! Welk ist jegliches Grün. Jeder Gesang ist stumm. Jeder Schimmer ist blaß, jeglicher Saft verdorrt. Laublos trauren die Bäume. Einsam grämt sich das Blumrevier. Wenig schwirrendes Laub, golden und roth gefärbt, Wenig welkendes Laub schmücket die Laube noch, Wo ich träumend und wähnend An Odaliens Busen lag. Abend war es. Der Mond flimmerte durch das Laub. Blüthen bebten im Thau. Düfte umwallten uns. Blühender, duftender, reiner Saß Odalia neben mir. Hingesunken an sie, innigst geschmiegt an sie Träumt' ich seligen Traum, schmolz in Vergessenheit, Bis das Flüstern der Blätter Mich dem seidenen Traum' entriß. Itzund flüstern sie nicht. Jedes Gelispel schweigt. Jeder Jubel verhallt. Jedes Gedüft verweht. Schlaff ist jegliche Sehne, Leer der Köcher der Schöpferinn. Jede Blüthe verweht, welche der Lenz gebar. Jede Schöne verwelkt, welche dem Staub' entsproß. – Doch die schönere Seele Blüht unsterblichen schönen Lenz. Ewig jugendlich blüht meine Odalia. Jeden kehrenden Lenz schöner und blühender. Jeden rollenden Aeon Reiner, edler, vollkommener! Ewig flammet die Gluth heiliger Simpathie. Nie ermattet der Zug, welcher mich zu dir zog, Meine Reine, als Ahndung Deines Werthes mein Herz ergriff.