Sie und Mai und Nachtigall 1778. Wie leuchtet milde, blaß und schön, Die Abendsonne! Sieh, wie wehn Die Blüthen, röthlich, weiß und bunt, Und überschnei'n den Gartengrund! Wie schwimmt die kühl'ge Abendluft In Mai- und Nachtviolenduft! Wie wölkt sich die Laube blätterschwer So dunkel freundlich um uns her. Und, horch! durch Garten, Busch und Thal, Schlägt ihren Schlag die Nachtigall! Dein Schlag schlägt mir durch Mark und Bein – O Nachtigall, Nachtigall, schone mein! Und, ach! in ihrer Lieblichkeit, In ihrer Schönheit Feierkleid, Wallt neben mir das Mädchen mein! O Mädchen, Mädchen, schone mein! O schone mein, du bist so hold, Viel holder als der Sonne Gold, Viel schöner als die Blüthen all', Viel süßer als die Nachtigall. Dein Aug' ist blau und freundlich gut, Dein Mund in seiner Rosengluth! Dein Blick so lieb! dein Busen rein! O Herzensmädchen, schone mein! In meiner Seele lebt's und webt's. In meinem Herzen strebt's und bebt's. Es wogt und wirbelt Fluth auf Fluth. Es blitzt und lodert Gluth auf Gluth. Und, horch! durch Busch und Blüthen all' Schlägt noch einmal die Nachtigall. Dein Schlag schlägt mir durch Leben und Sein. O Nachtigall, Nachtigall, schone mein! Mir wird so heiß! Mir wird so weh, Um dich, du innig Innige! Wer ist, wie ich, so stark, so held! Ich schlüge für dich mit der ganzen Welt. Ich stürbe für dich den heißesten Tod! Zehntausendfachen grimmigen Tod! Wol grimmig, düster, wild ist er! Doch ist die Liebe noch grimmiger! Wer will mir rauben das Mädchen mein? Zu Staub soll stieben sein Gebein! Wer hadert um meine erwählte Braut? Das Verhängniß hat mir sie angetrau't. O Mädchen, Mädchen, bleib nur mein! So ist mir Welt und Schicksal klein! So reißt mich von dir nicht Gewalt noch Noth, Selbst nicht der eiserne grimmige Tod.