XI. Weihnachten. 125. Weit verbreitet ist in ganz Norddeutschland beim Landvolk die Sitte, einen bärtigen in große Pelze oder auch in Erbsstroh gehüllten Mann am Weihnachtsabend auftreten zu laßen, welcher die Kinder fragt, ob sie beten können, und wenn sie die Probe bestehn, dieselben mit Aepfeln, Nüßen und Pfefferkuchen beschenkt, dagegen die, welche nichts gelernt haben, bestraft. In der Mittelmark ist der am meisten verbreitete Name desselben de hêle Christ (der heilige Christ) oder Knecht Ruprecht; ebenso Knecht Ruprecht (auch Hans Ruprecht und verderbt Rumpknecht) in der Gegend von Teupitz, Treuenbrietzen, Halle, in der goldenen Aue und am Südharz; im Meklenburgischen dagegen heißt er rû Clås oder der rauhe Clâs, in der Altmark, Braunschweig, Hannover bis nach Ostfriesland hinauf Clås, Clåwes, Clås Bûr und Bullerclås. Zuweilen führt er einen langen Stab und Aschenbeutel, z.B. in Mellin und hat Glocken oder Schellen an seinem Kleide; mit dem Aschenbeutel schlägt er die Kinder, welche nicht beten können, und heißt deshalb auch Aschenclås; zuweilen, wie z.B. in Otternhagen bei Hannover und Deetz bei Brandenburg, Schorau bei Zerbst, reitet er auch auf weißem Pferde umher, das in der bereits mehrfach beschriebenen Weise gebildet wird, und nicht selten hat er auch noch einen Platzmeister bei sich. Von den sogenannten Feien, als alte Weiber verkleideten Männern mit geschwärztem Gesicht, begleitet, tritt er zu Hohennauen bei Rathenow auf und hier wie an andern Orten, z.B. am Elm zu Kl. Scheppenstädt und Cremlingen, erscheint zugleich mit ihm ein in Erbsstroh gewickelter sogenannter bår (Bär), der an langer Kette geleitet wird. An vielen Orten treten der heilige Christ, gewöhnlich ein weiß gekleidetes Mädchen, welcher beten läßt, und der Schimmelreiter als besondere Personen auf, so z.B. in Kemnitz bei Treuenbrietzen. – Auch in Westfalen, z.B. in Bergkirchen und in Basum im Osnabrückschen, erscheint zu Weihnachten oder Neujahr »der Schimmel«; an letzterem Orte heißt er »der spanische Hengst.«