247. Nachtmahren. Von demselben. Nachtmahren können durch ein Schlüßelloch kommen. Ein Bauernsohn, der mehrere male von einer Nachtmahre gedrückt war, verstopfte das Schlüßelloch, da findet er am andern Morgen die Nachtmahre in der Stube, verwandelt in ein schönes junges Mädchen; sie gefällt ihm so gut, daß er sie heirathet. Nach längerer Frist fragt er sie einmal: »Weißt du noch, wie du mich als Nachtmahre geritten hast?« Aber in demselben Augenblicke war sie auch verschwunden, und er sah sie nie wieder; doch lag jeden Sonntag für den Mann und das Kind, das sie ihm geboren hatte, frische Wäsche vor dem Bette. Vgl. oben Nr. 71, unten Nr. 332; Gebräuche, Nr. 55; Norddeutsche Sagen, Nr. 16 mit der Anm.; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 91-93, 96; Schambach u. Müller, Nr. 245; Panzer, Beiträge, II, 164, Nr. 268 fg.; Meier, Schwäbische Sagen, Nr. 193, 195, 16.; Baader, Nr. 136; ein Ritter, der einer Schwanjungfrau das Gewand geraubt und sie so in seine Gewalt bekommen, heirathet sie; nach sieben Jahren erzählt er ihr den Vorgang und zeigt ihr das Gewand, kaum hat sie es berührt, so ist sie verschwunden; Afzelius, II, 301-304; eine Wöchnerin, die im Kindbett gestorben, muß in jener Welt noch für ihr Kind nähen und waschen; Baader, Nr. 304. Auch eine nörggin, die einen Bauer geheirathet, kehrt, nachdem sie erkannt ist, alle Samstag wieder, die Kinder zu kämmen; Wolf, Zeitschrift, II, 183. Auch die Jungfrauen bei Zingerle in Wolf, Zeitschrift, II, 355-357, werden Nörginnen oder salige Fräulein sein. – Eine fast gleiche Erzählung über eine Laume in Litauen bringt Schleicher, Lituanica, S. 33 fg., sie verschwindet, als der Mann den Stopfen aus dem Loche zieht, zu dem sie hereingekommen, bringt aber den Kindern jede Woche Donnerstag abends weiße Hemdchen. Ueber die ganze Vorstellung vgl. noch Simrock, Mythologie, S. 464 fg. – Einen männlichen Mahr, der so gefangen wird (und zwar einen jungen Offizier), kennt eine rügensche Sage in Wolf, Zeitschrift, II, 139, auch er verschwindet, als er seine Herkunft erfährt und kommt dann nur nachts wieder, um seine Kinder zu beschauen; das scheint fast nur misverständliche Weiterbildung, die die mütterliche Sorge und Liebe gar auf einen jungen Offizier überträgt; allein ein solcher männlicher Mahr ist auch der Schwanenritter, denn der Ritter darf seiner Frau seine Herkunft nicht offenbaren und er muß sie verlaßen, sobald sie danach fragt. Vgl. W. Müller in Pfeifer's Germania, I, 429 fg. Daß die Sagen von Sceaf und Scild mit der Schwanenrittersage (und beziehendlich also auch mit der Mahrtensage) durch den Zug, daß sie auf dem geheimnißvollen Schiff, auf dem sie gekommen sind, zuletzt auch wieder wegfahren, in Verbindung stehen, hat schon Grimm (Mythologie, S. 343) ausgesprochen. Eine weitere Uebereinstimmung mit der Mahrtensage ergibt sich in den Symbolen, Sceaf heißt Garbe und wird auf einer solchen schlafend dem Lande zugeführt, die Mahrte wird oft als Strohhalm gefangen; Sceaf und Scild und der Schwanenritter nahen im Schiff, die Mahrte im Siebrand (Norddeutsche Sagen, Nr. 293; Müllenhoff, Nr. 333) und beides sind Wolkensymbole.