279. Die Lippoldshöhle bei Alfeld. Mündlich. Vgl. Wächter, Heidnische Denkmäler Hannover's S. 155-57. Vor vielen Jahren hat in der Gegend von Alfeld ein gewaltiger Räuber, Namens Lippold, gehaust, der seine Höhle auf einem Berge bei Brunkensen im Braunschweigischen hatte. Diese Höhle ist noch heute vorhanden und besteht aus zwei Abtheilungen, deren eine seine Wohnung, die andre der Stall für seine Pferde gewesen sein soll. Oberhalb derselben befindet sich auch ein Loch, von dem aus man die ganze Gegend überschauen kann und von diesem aus soll der Räuber auf seine Beute gelauert haben. Lange hatte man sich vergeblich bemüht, seiner habhaft zu werden, da er alle möglichen Mittel anwandte, seine Verfolger zu täuschen, namentlich seinen Pferden die Hufe verkehrt aufschlug und dergleichen mehr; nun hatte er aber auch einmal ein Mädchen gefangen, das er bei sich in der Höhle behielt und mit ihr mehrere Kinder zeugte. Dies Mädchen war aus Alfeld und bat ihn endlich einmal, daß er ihr doch erlauben möge, nach Alfeld zu gehn, um Einkäufe zu machen, und da ließ er sich erweichen und gab ihr die Erlaubniß; sie mußte ihm aber vorher den Schwur leisten, ihn keinem Menschen verrathen zu wollen. Nun ging sie nach Alfeld, als sie aber auf den Markt kam, stellte sie sich vor den großen Stein am Rathhause und erzählte ihm ihre Leiden, die sie bei Lippold ausgestanden, und als er das alles mit anhörte, da wurde er, der ursprünglich roth war, aus Mitleiden dunkelblau. Die Erzählung des Mädchens hatten aber mehrere Leute gehört und folgten ihr, als sie wieder nach der Höhle ging, nach; als sie dort ankam, mußte sie wie gewöhnlich den Räuber lausen, und wie er nun schlafend mit seinem Kopf auf ihrem Schooß lag, ließen die Alfelder einen Strick durch das oberhalb befindliche Loch herunter, den schlang sie um seinen Hals und so erdroßelte man ihn. – Andre sagen, sie sei nicht zurückgekehrt und der Räuber sei in seiner Höhle mit heißem Waßer ersäuft worden, das man, als er alle Auswege verrammelt, von oben hineingoß. – Der blaue Stein befindet sich noch am Rathhause und ist auch in das Stadtwappen aufgenommen worden.