Adalbert Kuhn Franz Felix Adalbert Kuhn (1812–1881) Wilhelm Schwartz (1821–1899) Gymnasiallehrer und Kollege Kuhns, später auch sein Schwager, den Schwartz beim Sammeln der märkischen Sagen und vor allem bei der Sammlung norddeutscher Sagen unterstützt. Aus beruflichen Gründen muß er das gemeinsame Vorhaben allerdings vorzeitig beenden. Biographie 1812 Am 19. November wird Kuhn in Königsberg (Neumark) geboren. 1833 Studium der Klassischen Philologie und Germanistik in Berlin. 1837 Mit der Arbeit »De conjugatione in -?? linguae Sanscritae ratione habita« wird Kuhn promoviert. 1837–1881 Kuhn ist bis zu seinem Tod als Gymnasialprofessor in Berlin tätig. 1843 Die »Märkischen Sagen« erscheinen. Kuhns Einsatz, Sagen und Märchen zu sammeln, ist entscheidend davon bestimmt, daß er sich an Jacob Grimms »Deutscher Mythologie« orientiert. 1848 Die Sammlung »Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche« gibt er zusammen mit seinem Schwager Schwartz heraus, der ihn auch schon bei den »Märkischen Sagen« unterstützt hatte. Die Ausgabe enthält eine umfangreiche Einleitung, gefolgt von 366 Sagen und 19 Märchen und ergänzt um 479 Stücke mit vergleichenden, oft mythologisch orientierten Informationen zu Bräuchen und abergläubischen Vorstellungen. Ein Sachregister erleichtert das Auffinden der Texte. Kuhn hat die Texte nicht nur schriftlichen Quellen entnommen, sondern greift auch auf Texte aus der mündlichen Überlieferung zurück, die er selbst zusammengetragen hat – an Wochenenden und während der Sommer- und Herbstferien. Seine Arbeitsauffassung ist davon bestimmt, daß besonders Sagen als Überlieferungsträger vorchristlicher germanischer Glaubensvorstellungen anzusehen seien. Darum schätzt er auch besonders die Beiträge von Informanten aus ›niederen‹ Schichten, versieht sie aber im Unterschied zu den aus schriftlichen Quellen stammenden Stücken nur pauschal mit der Herkunftsbezeichnung ›mündlich‹ und einer Ortsangabe, hierbei ganz dem Vorbild der Grimms folgend und der romantischen Vorstellung einer kollektiven, ›treu bewahrten‹ mündlichen Überlieferung. 1859 Als zentrales Werk auf dem Gebiet der Mythologie erscheint Kuhns Abhandlung »Die Herabkunft des Feuers und des Göttertranks.« Kuhn betrachtet wie Jacob Grimm die Sprache als ein Hilfsmittel für die Altertumswissenschaft und versucht mit dieser Arbeit aufzuzeigen, daß, wie es abschließend heißt, »der Kern der ältesten und bedeutsamsten Göttermythen der Indogermanen auf Anschauungen der Natur beruhe, die nur ein Spiegel des eigenen Lebens des Volkses waren«. 1859 In diesem Jahr legt Kuhn eine repräsentative Ausgabe des Sagenguts Westfalens vor, »Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen.« Er stützt sich auf Zeitschriftenartikel und Archivalien, greift aber auch auf eigene Informationsquellen zurück. Ausdrücklich hebt er seine Gewährsleute hervor, die durch ihre Beiträge entscheidend zum Gelingen der Sammlung beigetragen hätten. Der Aufbau der Sammlung ist ähnlich wie bei der Ausgabe der »Norddeutschen Sagen.« Anmerkungen und Hinweise sind im Anschluß an die Texte zu finden. Dokumentiert werden auf diese Weise 421 Stücke, gefolgt von 28 Märchen, von denen der größte Teil (die ersten 25 Nummern) Friedrich Woeste, einem Lehrer an Privatschulen, zu verdanken sind. 1872 Die Königliche Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin ernennt Kuhn zu ihrem Mitglied, 1879 wird er Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1881 Am 5. Mai stirbt Kuhn in Berlin.