8. Clorinda erwegt die Zergengligkeit dieser betrieglichen Dingen/ und bewäinet ihr verübte Eitelkeit Væ, qui trahitis iniquitatem in funiculis vanitatis! Isa. 5. v. 18. Wehe Euch/ die ihr die Boßheit an denen Stricken der Eitelkeit ziehet! 1. Weh' meiner Eitelkeit/ Der ich so manches Jahr Zu Diensten angewendet/ Von welcher ich verblendet/ Des Himmels gantz und gar Vergessen allbereit! Weh' meiner Eitelkeit/ Die mich mit Gott entzweyt! 2. Sagt mir/ ô werthste Freund'/ Was ist auff gantzer Welt So starck/ und auserlesen In seinem Thun/ und Wesen/ So lang bleib ungequält/ Und frey vor seinem Feind? Wer ist/ an dem das Glück Nicht übe seine Tück? 3. Was ist die schöne Stadt Und Himmels-hohe Maur Des starcken Thurns zu Babl Nunmehr/ als eine Fabl/ An welchem man so saur/ Und lang geschwitzet hat? Wer sie nun finden will Braucht eine scharffe Brill. 4. Wo ist/ ô Assuër, 1 Nunmehr dein schöner Saal Mit Edelgstein gepflastert/ So schön veralabastert Mit Bildern überal/ Als wann er Göttlich wär? In deinem stoltzen Hauß Wohnt jetzt der wilde Strauß. 5. Ach wo ist Salomon Mit allem seinem Pracht/ Und Herrlichkeit hinkommen? 2 Der Tod hat ihn genommen/ Und/ wie er auch verwacht/ Gestürtzt von seinem Thron: Das Helffenbein war' ein 3 Ihm gar kein-Helffenbein. 6. Sein prächtiger Pallast/ Und schönes Gottes-Hauß Sich schon vor längsten haben Mit eignem Last begraben/ Und sehen/ läider! auß/ Daß es ungläublich fast/ Seynd so gerissen ein/ 4 Daß nicht mehr Stein auff Stein! 7. Sein unerhörter Pracht/ (Vor dem die Königin Von Saba sich entsetzte/ 5 Daran so sehr ergetzte/ Daß sie gefallen hin Vor Wunder in Ohnmacht) Ach nur zu gar behend Genommen hat ein End. 8. Obschon er tausendfach Nach Kräfften seiner Witz Der Lustbarkeit genossen/ In dem hervor geflossen Von seinem Glückes-Sitz Ein grosser 6 Nectar -Bach: Was hatte er darvon/ Als Reu/ den Freuden-Lohn? 9. Er selbst hat alle Freud/ Wie hoch ergetzlich sie/ Ein' Eitelkeit genennet/ 7 Indem er klar erkennet/ Daß man sie niessen nie Könn' ohne Seelen-Läid: Dann was den Leib ergetzt/ Die arme Seel verletzt. 10. Wo ist die Majestät/ Und hoher Glückes-Stand Der stoltzen Pharaonen/ Die sich auff göldnen Thronen Dort in Aegyptenland Groß machten in die Wett? Die Zeit hat ihren Pracht Und sie zu Staub gemacht. 11. Wo ist der tolle Götz Nabuchodonosor, Der als ein Gott der Erden Wolt' angebetten werden/ (O Königlicher Thor Wohl würdig des Gespötts!) Er müßt' in Wald hinaus/ Spöttlich/ wie Acheloûs. 8 12. Obschon an jedem Ohr Ein gantzes Königreich Cleopatra getragen/ 9 Und sich auff göldnem Wagen Der stoltzen Juno gleich 10 Geschwungen hoch empor So/ daß ihr keine Lust Verblieben unbewust. 13. Ob sie schon geiler/ als Volupia gelebt/ 11 Und an den weichen Brüsten Der weltlichen Gelüsten Gantz Kletten-zäh geklebt Voll Lusts biß an den Halß/ Obschon diß Venus- Thier In Lust ertruncken schier. 14. Wie lang hat es gedeyt/ Wie lang hat es gewehrt? In ihren besten Jahren Hat sie mit Läid erfahren/ Daß niemand vor dem Schwerdt Des Unglücks sey befreyt: Zwo Schlangen an der Brust Vertrieben ihr die Lust. 15. Wo ist Sardanapal, Der dapffre Kunckel-Held/ Der sich befunden immer Nur bey dem Frauen-Zimmer/ Hingegen in das Feld/ Gewagt sich nicht einmal? Der eitler/ als ein Weib/ Gepflogen seinem Leib? 16. Wie wurd' ihm nicht so theur/ Und scharff die Freud verwürtzt/ Indeme dieser Königs (Gar unglückhaffte) Phœnix Verzweifflend sich gestürtzt Vor Unmuht in das Feur/ Und so auff heisser Gluht Geendet seinen Muht. 17. Sagt/ wo ist Julius, Der Käysern Ruhm/ und Zier/ Der niemahl unterlegen Mit seinem Glückes-Degen: Den die Fortuna schier Ertränckt mit Uberfluß/ Und ihn so hoch geführt/ Daß ihn kein Läid berührt? 18. Ey laß! in bestem Lust Da war' es mit ihm auß/ Dann er von seinen Feinden/ (Vermeinten besten Freunden) In dem befreyten Hauß 12 Erbärmlich sterben mußt: Brutus sein eigner Sohn Riß' ihn von seinem Thron. 19. Der Zucker Gallen macht: Der Wollust folgt das Läid/ Gleich wie dem Leib der Schatten: Der Ochs wird von der Matten/ Wann er fett von der Wäid/ Geführet auff die Schlacht: Das Glück speißt seine Knecht Nur umb das Jäger-Recht. 20. Ade dann Eitelkeit/ Du böse Seelen-Pest/ An wessen göldnen Stricken Nicht wenig Leut ersticken/ Die schier auch mir den Rest Gegeben allbereit/ Wo mich nicht Daphnis Hand Erlößt von deinem Band. Fußnoten 1 Esther. 1. 2 Sexaginta fortes ambiunt ex fortissimis Israël. Cant. 3. v. 7. 3 Salomons Thron ware von Gold und Helffenbein. 3. Reg. 10. v. 18. 4 Matth. 24. v. 2. 5 2. Paralip. 9. v. 4. 6 Götter-Tranck/ alle Wollust. 7 Eccles. 1. v. 2. 8 Acheloûs wurde in einen Ochsen verwandlet. Poët. 9 Königin in Aegypten hat Perl an den Ohren getragen/ die ein Königreich werth. 10 Himmels-Göttin/ Poët. 11 Die Göttin der Wollüst. Poët. 12 Capitolio.