Vorrede an den Gönstigen Leser Wann David/ ein Mann nach dem Hertzen Gottes/und arosser Eyferer der Göttlichen Ehr/ sich nicht nur nicht gescheuht die Geheimnussen der himmlischen Offenbahrungen Gesangs-weise zu verfassen/ sondern ungezweiffelt darfür gehalten/ daß solche Art GOTT die angenehmste/ und ihme selbst die rühmlichste seyn werde/ wie er dann/ Psal. 56. v. 9. mit grosser Frolockung auffgeschryen/ Exurge gloria mea, exurge psalterium, & cithara; Auff/ auff meine Ehr/ auff/auff/ mein Psalter/ und Harff: Wann der. H. Paulus an die Epheser cap. 5. v. 19. auff solche Art GOTT zu loben den ersten Christen anbefohlen: Wann der H. Pabst Damasus, der H. Gregorius Naz. der H. Bischoff Paulinus von Nola: Aurelius, Prudentius, Alcuinus, Avitus Viennensis, Juvencus Presbyter, Cœlius Sedulius, Scotus, Arator Cardinalis, Drepanus Florus, der H. Fortunatus Pictaviensis, und viel andere mehr/ etc. schöne Sachen in Versen/ und Music verfertiget/ welche von der H. Catholischen Kirchen zum Lob Gottes theils noch heutiges Tags gebraucht/und theils sonsten hoch gehalten worden: Wann Christus/ unsers Lebens Richtschnur/ selber zu dem Leyden gehend/ Matth. 26. v. 30. sich des Lobgesangs gebrauchet/ und der himmlische Bräutigamm GOTT der heilige Geist seine Braut/ die Menschliche Seel/durch die hohe Lieder zur Buß/ und Gegen-Lieb locken wollen/ als ziehe ich ungescheuht mein klingendes Flötlein aus meinem Aermel heraus/ (nach dem Beyspiel meines H. Seraphischen Vatters Francisci/welcher durch das Sonnen-Lied/ so er selbst gemacht/die Feindschafft zwischen dem Bischoff und Statthaltern zu Assis auffgehoben und ewige Freundschafft verursachet/ Chron. FF. Min. p. 1. l. 1. c. 93. ) und gelebe der sichersten Zuversicht/ diese meine Schreibens-Art werde auch mir nicht zu Argem ausgedeutet werden. Es möchte mich aber einer fragen/ warumb ich dann die Lauten in meinem Miranten beurlaubet/ziehe hergegen mit einem Flötlein auff? dem gebe ich demühtig zur Antwort/ daß ich die Lauten der Eitelkeit zwar/ wie billich/ verworffen/ nicht aber auch darmit das Gott- preisende Buß-Flötlein/ welches ein jeder Seelen-Hirt unverlierlich bey sich haben solte/auf daß er nicht nur seine Herd in der Nähe vermittelst seiner Zungen/ und aufferbaulichen Wandels/wäide/ sondern auch durch den Klang seines Feder-Flötleins die in die Weite herumb irrende Schäfflein vor dem Anfall deren höllischen Wölffen befreyen möchte/ auff welches dann auch mein meistes Absehen gehet/ nach dem Vorspiel des himmlischen Hirtens Christi/ welcher neun und neuntzig wäidende/umb ein irrgehendes auffzusuchen/ verlassen/ Matth. 18. v. 12. und 13. In Bedenckung/ daß solche/ wann sie lange Zeit von der Herd flüchtig/ gantz erwildet die Stimm der Predigern entweders gar nicht anhören/oder nur auslachen/ von der fetten Wäid der Geistlichen Büchern einen Eckel tragen/ viel minder die heimliche Ermahnungen annemmen/ also/ daß ihres Bekehrens wenig Hoffnung zu schöpffen. Dahero ich mir fürgenommen/ vermittelst eines heiligen Betrugs/durch dieses zwar fürwitzig-klingendes/ doch durchaus geistliche Flötlein gegen solche einen Versuch zu thun/ in Hoffnung/ es möchte etwan das Gedicht von Orpheus/ welcher durch sein Spiel die wilde Thier zahm gemacht/ an etwelchen wild-verstockten Sündern in Mitstimmung der Gnaden Gottes ein Geschicht werden/ wie ich dann solches ihnen von Gott hertzlich anwünsche/ und verlange. Dieses Flötlein bestehet in 30. Elegien, eine jede Elegia in 20. Gesätzlein/ nicht zwar eigentlich zu singen/ weilen sie zu lang seynd/ den Liebhabern der Music aber zu Gefallen habe ich einer jeden Elegia ihr eigene Melodey/ und auff die Sach dienendes Sinnbild in Kupffer beysetzen wollen/ beyneben den Geliebten Leser erinnerende/ daß durch meine CLORINDA keine gewisse/ und absönderliche Person/sondern eine jede sich zu Gott rechtbekehrende Seel/durch den DAPHNIS aber Christus verstanden werde. Daß ich aber ihne Daphnis nenne/ ist die Ursach/theils auff daß sein heiligster Namme nicht etwan von den Unandächtigen in Aussprechung desselbigen entehret werde/ theils weilen der fürnehmste/ wider die wilde Thier sieghafftigste Hirt von den Poeten Daphnis genennt worden/ welcher Namm dann keinem besser als CHRISTO gebührt/ indem Er/ sich selbsten einen guten Hirten nennend/ sein Leben für seine Schäfflein dargegeben/ den Teuffel/ die Sünd/ und die Welt herentgegen überwunden. Ich habe underweilen zu End der Blätteren etwelche Verzeichnussen gesetzt/ auff daß die jenige/ welche der Poeterey unerfahren/ den Sinn desto eigentlicher verstehen mögen/ und wo ich das Wörtlein Poët. setzen lassen/ ist zu wissen/ daß/ was darvon verzeichnet/ und in den Versen fürgebracht worden/ nur ein Gedicht/ und Fabel seye. Und weilen es unmöglich ist/ ein gantzes Buch in Versen zu schreiben/ und sich keiner Poetischen Freyhetten zu gebrauchen/ als hab ich mich underweilen selbiger auch/ aber so bescheiden/ bedienet/ daß sie keine Unlieblichkeit verursachen werden.