5. Clorinda die Schönheit ihres himmlischen Bräutigams betrachtende/ befindet/ daß alle Schönheiten dieser Welt nur Kaht gegen Ihme seyen Dilectus meus candidus, & rubicundus, electus ex millibus. Cant. 5. v. 10. Mein Geliebter ist weiß/ und roht/ auserkohren unter viel Tausenden. 1. Hinweg mit allem Pracht Der menschlichen Schönheiten/ Weil all ihr Glantz Nichts ist/ als eine Nacht Von den Gebrechlichkeiten Verfinstert gantz; Wo Daphnis zeigt sein Angesicht/ Besteht so gar auch Phœbus 1 nicht. 2. Vor seiner Schönheit muß Der tolle Turnus 2 weichen/ Alexis 3 ist Nur gegen ihm ein Ruß/ Der Tamyras 4 desgleichen Nur Kaht/ und Mist: Der schöne Käiser Friderich 5 Vor ihm muß weit verkriechen sich. 3. Des Josephs Leibs-Gestalt/ Ein Wunder in Aegypten/ 6 So lieblich war'/ Daß ihne manigfalt Die Heyden selbst auch liebten/ Und also zwar/ Daß er zur Unehr offt begrüßt Gar mit der Flucht sich schützen müßt. 4. Es ware Jonathas Mit edlen Schönheit-Gaaben Beglückt so zart/ 7 Daß ihn' ohn' Underlaß Die Menschen wolten haben In Gegenwart: Als welcher in dem Schönheit-Streit Die Weiber übertroffen weit. 8 5. Es ist ja Absolon 9 Schier gar ein Gott gewesen An Leibs-Gestalt/ Wann ihn Timanthes 10 schon/ Ein Künstler auserlesen/ Hatt' abgemahlt: So hätt' er seine Schönheit doch Nicht/ wie sie war'/ gebracht so hoch. 6. Adam, das Meisterstück Selbst eigner Händen Gottes/ War' also schön/ Daß Hyas 11 weit zuruck/ Als nur ein bleich- und todtes Bild/ müßte stehn: Wie solte Gott selbst haben nicht Gemacht das schönste Angesicht? 7. Doch waren diese all' Nichts/ als farblose Schatten Ohn allen Schein/ Die gegen dem Crystall Ein solche Gleichheit hatten/ Wie Kisel-Stein; Wie scheinend Holtz bey dunckler Nacht Zu dem gantz vollen Sonnen-Pracht. 8. Daphnis, des Höchsten Sohn/ Ist weit der Schönste under Der Menschen Zahl/ 12 Ab welchem Sonn/ und Mond Erstaunen gantz vor Wunder Am Sternen-Saal; Er ist das wahre Liecht allein/ So allen andern gibt den Schein. 9. Er ist das Freuden-Licht/ Dem stäts die Flügel-Knaben 13 Seynd zugethan/ Als wessen Angesicht Sie groß Verlangen haben Zu schauen an: 14 In welchem auch insonderheit Gegründet ihre Seligkeit. 10. Mein Liebster roht/ und weiß Hat mir mein Hertz verletzet So/ daß auff ihn' Ich nun mit höchstem Fleiß 15 All meine Lieb gesetzet So lang ich bin/ 16 Er ist allein/ dem ich vermähl' Auff ewig mein' verliebte Seel. 11. Er ist viel weisser/ als Der Schnee/ so erst gefallen Zu Winters Zeit; Es muß der Esther Hals/ 17 Gezieret mit Corallen/ Ihm weichen weit/ Dann er ist seines Vatters Glantz/ 18 Und Bildnuß/ so ihm ähnlich gantz. 12. Weiß ist Er von Unschuld/ Weiß von der allerhöchsten Leibs-Reinigkeit/ Bey welchem sich der Huld Ein jeder kan getrösten/ Der allbereit Schon ihm die Reinigkeit auffweißt/ Derselben oder sich befleißt. 13. Roht ist Er von der Lieb/ So Er/ den Dritten wehend/ 19 Zum Vatter trägt/ Roht: wann er Kummer-trüb Offt einer Seel nachgehend Sie nichts erhägt. Roht: weil er mit erhitztem Muht Für uns vergossen all sein Blut. 14. Er ist der schön geziert In rohten Kleidern pranget 20 Von Bosra her/ Der sich im Läid verliert/ Wann man der Welt anhanget Gantz Tugend-lähr; Er ist der sich (vor Lieb gantz roht) Für uns gegeben in den Tod. 15. Drumb ist er auserwehlt 21 Vor allen Menschen-Kindern/ So je gelebt/: Den man hoch billich hält/ Weil er weit von den Sündern Von Gott erhebt; Dann er/ von schöner Lieb erhitzt/ Nun zu des Vatters Rechten sitzt. 16. Wer wolte ihn dann nicht Vor aller Welt erwehlen/ Der also schön/ Daß auch die Sonn ihr Liecht Vor ihme muß verhölen/ Und dunckel stehn? Wer einen solchen Bräutigam 22 Nicht liebt/ verflucht er ist/ als Cham. 23 17. Ich will der Chloris gern Den Neleûs überlassen/ Mit ihm nur fort: Die Phyllis heur/ und fern Mag auff den Liebsten passen 24 Betrübt alldort. Ich lasse gern Caßiope 25 Mit Cepheûs tretten in die Eh'. 18. Nun fort mit euren schon Verfaulten Staub/ und Aschen. Liebt immer sie/ Umb einen Coridon, 26 Der sterblich/ werd' ich waschen Die Wangen nie: Daphnis mein eintzige Begierd 27 Auff ewig mich erfreuen wird. 19. Wie muß man förchten nicht Bey wahrer Lieb das Scheiden Ohn' Underlaß So/ daß offt schier zerbricht Das Hertz/ indem stäts beyden Die Augen naß: Coresus, und Calirrhoë 28 Bezeigen uns des Scheidens-Weh'. 20. So will dann lieben ich Nichts/ was da ist zerstörlich Auch übernacht/ Nichts: was nur schmertzlich mich Betrübt/ und unauffhörlich Erseufftzen macht: Will lieben/ der mich ewig liebt/ Und durch kein Scheiden mehr betrüb'. Fußnoten 1 Die Sonn. 2 Ein schöner Mann Virg. l. 6. Æneid. 3 Ein schöner Knab. Virg. Bucc. Ecl. 2. 4 Ein schöner Poët Völat lat. lib. 10. Antrop. 5 Hertzog von Oesterreich/ nachmalen Käyser. Cuspinianus. A.D. 6 Genes. 39. v. 6. 7 v. 12. ib. 8 2. Reg. 1. v. 26. 9 2. Reg. 54. v. 25. 10 Ein fürtrefflicher Mahler. Plin. 1. 35. c. 9. 11 Ein Sohn des Königs Atlantis, sehr schön von Gestalt. 12 Psal. 44. v. 3. 13 1. Pet. 1. v. 12. 14 D. Thom. 12. q. 3. a. 4. 15 Das ist in Ewigkeit. 16 Psal. 103. v. 33. 17 Esth. 2. v. 15. 18 Sap. 7. v. 26. Hebr. 1. v. 3. Hieron. Greg. Cassiod. Beda. 19 Den H. Geist. 20 Hieron. in Isa. 53. Greg. hic, & in Psal. 4. Pœnit. Isa. 63. v. 1. 21 Vor viel tausenden auserwehlt. Cant. 5. v. 10. 22 1. Cor. 16. v. 22. 23 Gen. 9. v. 2. 3. 24 Demophoon. 25 Alle verliebte Persohnen. 26 Liebhaber. 27 Oseæ 2. v. 19. 28 Haben sich beyde umbgebracht. Paus. in Achaicis.