7. Clorinda erfreuet sich/ und frolocket sehr/ daß der Himmlische Bräutigamm ihr so trostreich zu Hertzen redet En Dilectus meus loquitur mihi: Surge, Propera, amica mea, columba mea, formosa mea, & veni. Cant. 2. v. 10. Sehe/ mein Geliebter spricht zu mir: Steh' auff/ meine Freundin/ und mache dich auff herzu/ meine Daub/ meine Schöne/ und komme her. 1. Was kan doch auff Erden Geliebet mehr werden/ Als süsses Gesang? Was treibet von Hertzen Behender die Schmertzen/ Als lieblicher Klang? Die Music allein Die Thränen abwischet/ Die Hertzen erfrischet/ Wann sonst nichts hülfflich will seyn. 2. Die Music vertreibet/ Vertilget/ verschreibet Nach Thule 1 das Läid/ Macht Hinckende springen/ Verzagende singen Vor hertzlicher Freud: Sie treibet die Feind' Den Frieden zu schliessen So/ daß sie offt müssen Gezwungen/ werden gut Freund. 2 3. Mit klingender Harffen Hat David den scharffen Sauls- Grimmen gestillt 3 So/ daß er/ offt wütig/ Gleich worden gantz gütig/ Wann David gespilt: Woferren nicht dort Die fromme Propheten Gesungen schön hätten/ Hätt' er sie alle ermordt. 4 4. Die Music den Krancken Macht ringe Gedancken/ Vertreibet das Gifft: 5 Offt haben die Säiten In schwären Kranckheiten Viel gutes gestifft: Der liebliche Thon Die Immlein bethöret/ Daß/ wann sie empöret/ 6 Nicht können fliegen darvon. 5. Die Löwen/ und Bären Sich Freunde erklären Bey klingendem Spiel/ Ja wer sie will fangen/ Kan leichtlich erlangen Durch Music sein Ziel: Die grimmige Thier Hat Orpheûs 7 gedemmet Gezogen/ gehemmet So/ daß zahm worden sie schier. 6. Es hatte dort einer/ Dem gleich vielleicht keiner/ Des Heinrichs Gemüht/ (Als welcher bey Frommen Den Namen bekommen Von freundlicher Güt') 8 Durch künstlichen Klang Zu tödtlichen Schlägen Gar können bewegen/ Den sonst kein Eyfer bezwang'. 7. Als krancken Leibs wegen Franciscus gelegen In schmertzlicher Qual/ Der Music begehrte/ Ihn niemand gewehrte Der Bitte damal; 9 Durch eintzigen Strich Der himmlischen Säiten/ Loß aller Schwachheiten Gleich in Verzuckung hinwich'. 8. Was pranget/ ach! aber Der Music-Liebhaber Mit eitelem Thon? So bald er auffhöret/ Ist alles verkehret In Traurigkeit schon: Ein eintziges Wort Aus Daphnischer Kehlen Von ängstigen Seelen Treibt alle Kümmernuß fort. 9. Wann Daphnis sagt: komme Mein' schöne/ und fromme 10 Hertz-Freundin zu mir/ Der Winter geschlichen/ Der Regen gewichen Ist völlig von hier: 11 Was könnte doch seyn Erwünschter zu hören: Von Englischen Chören/ Als solche Wörter allein. 10. O Music/ vor allen Anmühtigen Hallen Sehr lieblich/ und schön! All Harffen/ und Geigen Still müssen ja schweigen Vor diesem Gethön; Arion 12 selbst muß Die Zitter ablegen/ Darff keine Hand regen/ Sein Spiel ist lauter Verdruß. 11. Als Assuër dorten Mit freundlichen Worten Die Esther gegrüßt/ 13 Da hat er ihr liebes/ Von Kümmernuß trübes/ Hertz völlig ersüßt: Amphion 14 nicht hätt' Mit lieblichem Zicken Sie können erquicken/ Wie Assuër, da er geredt. 12. Hat Assuërs Zungen Der Esther durchdrungen So lieblich das Hertz/ Und ihre Trangsalen Sammt allen den Qualen Verkehret in Schertz? Wie meynst du/ wird nicht Mich Daphnis erquicken/ Mit lieblichen Blicken/ Wann er mir freundlich zuspricht? 13. Als Phœbus 15 auffspilte/ Mit Wunder erfüllte Der Driaden Reich/ 16 Ist Athis 17 vermessen Dort nidergesessen Zu singen ihm gleich; Sie aber hat bald/ Die Frechheit zu büssen/ Vor Lieblichkeit müssen Den Geist auffgeben im Wald. 14. O Daphnis, dein Reden Mir Schwachen/ und Blöden Durchdringet das Marck/ So häuffige Freuden Mir länger zu leyden/ Will werden zu starck! Unfehlbar werd ich Vor Süßigkeit müssen Mein Leben beschliessen/ Wirst du nicht stärcken bald mich. 15. Vor diesem sein' Feindin: Sein' Daube/ sein' Freundin 18 Mich Daphnis jetzt nennt/ Ja auch so gar seiner/ Nicht schlecht -und gemeiner Liebwürdig erkennt; Er ladet mich eyn Ohn alles Verweilen Zu ihme zu eylen/ Was mag die Ursach doch seyn? 19 16. Man könnte der Sachen Die Rechnung bald machen Was Er darmit meint: Die/ welche den Willen Des Daphnis erfüllen Seynd ihme befreundt: 20 Er wollte/ daß ich Die Sünde sollt' hassen/ Die Wollust verlassen/ Und ihm' ergeben gantz mich. 17. Die Dauben in Ritzen Der Felsen gern sitzen/ Zu ruhen alldort/ Ich hab' mich auch eben Mit ihnen begeben Zum sichersten Ort/ Indem ich/ verspehrt In Daphnis halb-runden Blut-trieffenden Wunden Die Zeit mit Seufftzen verzehrt. 18. Der/ welcher vertreulich Von dem/ was bereulich/ Zu Daphnis sich kehrt/ Von seinem Trost-reichen Mund eben dergleichen Wort alsobald hört: Komm/ Freundin/ mein Daub' Zu deiner Belohnung Die stäte Beywohnung Bey mir dir ewig erlaub'. 19. Ihr Harffen erstummet/ Ihr Zincken erkrummet Vor diesem Gethön; Dein Singen ist heulen/ Geh' singe den Eulen/ Kunstreiche Camœn? 21 Auch Orpheûs mich nicht/ Wie künstlich er krätzet/ Wie Daphnis ergetzet/ Wann Er mir lieblich zuspricht. 20. So will ich dann fliehen/ Der Welt mich entziehen/ Und bleiben allein; Von allem Getümmel Und Menschen-Gewimmel Entferret zu seyn/ Auff daß ich die Stimm Des Herren mög' hören/ Und ohne Verstören Mich könn' ergetzen mit ihm. Fußnoten 1 Eine nächtliche unlustige Landschafft an der Welt End. 2 Der Bischoff/ und Hauptmann zu Assis haben Krafft eines Gesangs/ den Frieden geschlossen. Chron. FF. Min. part. 1 lib. 1. c. 93. 3 1. Reg. 16. v. 23. 4 1. Reg. 19 v. 22, 23, 24. 5 Die von dem Tarantula gestochen werden/ können nicht/ als durch Music geheylet werden. Alex, Genial, dierum l. 2. c. 17. 6 Wann sie schwärmen. 7 Ein Lautenschläger. 8 Henrici cognomento Boni. Mendoza Viridar. l. 6. orat. 9. n. 127. 9 Von Assis. 10 Chron. FF. Min. p. 1. l. 2. c. 62. Amica mea, formosa mea. Cant. 2. v. 10. 11 Iam hyems transiit, imber abiit. v. 11. 12 Ein Zitterschläger. Poët. 13 Ego sum frater tuus, noli metuere. Esther 15. v. 12. 14 Ein fürtrefflicher Harffenist. 15 Erfinder der Music. 16 Den Wald. 17 Philomela, oder Nachtigall. Poët. 18 Amica mea, columba mea. 19 Veni propera. 20 Vas amici mei estis, si feceritis, etc. Ioan. 15. v. 14. 21 Musa, oder Kunst-Göttin. Poët.