8. Clorinda erkennt/ daß/ wer auch alle Schätze/Reichthumm/ und Wollüste dieser Welt/ doch ohne die Liebe Gottes/ besitzte/ arm/ elend/ und nichtig wäre; da herentgegen in der Liebe Gottes alles Gutes zu finden Si dederit homo omnem sustantiam domus suæ pro dilectione, quasi nihil despiciet eam. Cant. 8. v. 7. Wann einer alles Gut in seinem Hauß umb die Liebe geben wolt/ so verachtet sie alles/ als nichts. 1. Es ist mein freyes Hertz Dem schwären Aertz/ Und bleichen Gold Nun nicht mehr hold; Ich laß der armen Welt Ihr eitles Gelt/ Und Edelgstein Gar gern allein; Ich geb' umb alle Perel Nicht ein Härel/ Auff Diemant/ und Rubin Steht mein Gemüht nicht hin. 2. Weit einen andern Schatz Hab' ich im Hatz/ Dem keiner gleich In keinem Reich? Des Nereus 1 Reichthumm ist Nur Gänse-Mist/ Was Midas hatt'/ 2 Ein eytler Schatt: Die Tharsi sche Gold-Grufften Seynd nur Klufften Voll Bettlerey/ wovon Gerühmt wird Salomon. 3 3. Wo ist jemahl geweßt Ein Schatz so vest/ Der niemahl hab' Genommen ab? Wer zeiget mir den Platz/ Wo Crœsus Schatz/ Geschätzt so hoch/ Zu finden noch? Von so viel tausend Pfunden Wird gefunden Nicht mehr ein Stäublein schwär/ So auffzuweisen war. 4. Ich will mir sammlen ein Den Schatz allein/ Der sich vermehrt/ Und nicht verzehrt; Und dieser ist die Lieb' Den mir kein Dieb Noch greiffen an/ Noch stehlen kan; Der mir ohn' alle Sorgen Bleibt verborgen/ Ab welchem ewiglich Ich werd erfreuen mich. 4 5. Der/ so die Liebe hat/ Der ist schon satt/ 5 Hat keine Freud' Am Gold-Geschmeid; Gibt alles gern herauß Aus seinem Hauß/ Die theurste Ding Schätzt er gering; Die Lieb/ was man besessen/ Macht vergessen: 6 Allda/ wo sie einschleicht/ Wird alles Gold zu leicht. 6. Den Apffel wirfft das Kind Von sich geschwind/ So bald geneigt Die Amm sich zeigt; Wirfft hin das Tauff-Geschenck/ Sein Halß-Gehenck Hält nicht ein Haar Auff solche Waar; Die zarte Liebes-Flammen/ Zu der Ammen Seynd ihm viel lieber/ als Das Gold an seinem Hals. 7. Ein' zart-verliebte Braut/ Die erst vertraut/ Laßt gern zuruck Den Braut-Geschmuck. Vergnügt sich wundersam Am Bräutigam; Muß sie auch schon Mit ihm darvon; Verlasset all ihr Glücke Gern zurücke; Die reiche Liebe macht/ Daß alles sie veracht. 7 8. Das Zünglein/ vom Magnet Bestrichen/ geht Zu seiner Ruh' Dem Polus 8 zu/ Kein Gold noch Silber kan Es ziehen an; Es laßt gar nicht/ Wie sonst geschicht/ Zum Gold sich von dem Eisen Leicht abweisen; Wo es die Lieb' hinträgt/ Da bleibt es unbewegt. 9. Barlaâm, und Josaphat, 9 Als sie nun satt Der schnöden Welt Sammt ihrem Gelt/ An Liebe Gottes doch Beflammet hoch/ Gott worden seynd Sehr liebe Freund: Mühselig an den Höfen Nach den Schröfen Seynd (arm bey ihrer Kron) Gezogen reich darvon. 10. Viel haben all ihr Gut Mit frischem Muht Verlassen/ und Verachtet rund/ 10 Auff daß sie mit der Lieb (O Himmels-Dieb') Unmäßiglich Bereichten sich: Ihr Gold/ und Silber haben Sie vergraben Durch reiche Wucher-Spend Tieff in der Armen Händ'. 11 11. Recht Paulus alles hat 12 Geschätzt/ wie Kaht/ Die Lieb hat ihn Gereitzt dahin/ Dann wer an Liebe lähr/ Wie reich auch er An Edelgstein/ Und Gold mag seyn/ Der ist vor allen Armen Zu erbarmen/ 13 Weil all sein Haab/ und Gut Nicht einen Häller thut. 12. Ich bin reich 14 (sagst du zwar) Mir fehlt kein Haar/ Und geht nichts ab/ Satt alles hab': Weißt aber nicht darbey Dein' Armuthey/ Wie elend du/ Und blind darzu: Drumb raht ich dir/ zu lauffen/ Einzukauffen/ Ein feurigs Gold von mir: 15 Spricht Gottes Mund zu dir. 13. Wann schon dein Reichthumm groß, Und du gottloß/ Was hilfft es dich Dort ewiglich? Dein Leben heut vielleicht Noch von dir weicht: Dein Gut/ und Gelt Bleibt in der Welt/ Wer wird dir dann dort geben/ Wohl zu leben/ Wann du mit lährer Hand Must in ein fremmdes Land! 16 14. Die Lieb' ist dort der Werth/ Den man begehrt Nohtwendig umb Dein Eigenthumb/ Allweilen gangbar dort Kein andre Sort/ Wer die nicht hat/ Bleibt in dem Kaht/ Wird nicht ein Tröpfflein Wasser/ Gleich dem Prasser/ 17 Dort können kauffen ein/ Zu lindern seine Pein. 15. Wer auch schon in die Wett Fürtrefflich hätt' Der Englen Krafft/ Und Wissenschafft/ 18 Und wär' ihm auch vergönnt So/ daß er könnt' Die gröste Berg Thun überzwerg/ 19 Hätt aber in der übe Keine Liebe/ So hätt'/ und wär' er nichts Am Tage des Gerichts. 20 16. Wann von dem Himmel ferr Die Liebe wär'/ So wär' alldort Kein Freuden-Ort/ Und hätt' sie ihre Stell Auch in der Höll/ So könnte seyn Dort keine Peyn; Aus ihrem Zanck-Getümmel Wurd' ein Himmel: Die Lieb' vertreibt das Läid/ Ohn' sie ist keine Freud. 17. Wer recht zu lieben pflegt/ Gott bey sich trägt/ Er selbst/O Christ/ Die Liebe ist; 21 Und hast du Gott/ was kan Dich stossen an? Kan es bey Ihm Ergehn dir schlimm? Seynd oder deine Kinder/ Schaaff/ und Rinder/ Dein Gelt/ und Gut (O Spott!) Dir besser/ als dein Gott? 18. Das Gelt ist nur ein Last; Je mehr du hast/ Je minder du Wirst haben Ruh'; Viel Reichthumm Tag/ und Nacht Nur Sorgen macht; Wird ohne Müh Besessen nie; Macht den/ der sie besessen/ 22 Gott vergessen: Sein gantzes Thun nur ist Zu füllen seine Kist. 19. Die Lieb macht Sorgen-frey/ Trostreich darbey/ Wer sie besitzt/ Vor Angst nicht schwitzt: 23 Weißt nichts von Kümmernuß/ Noch von Verdruß/ Dann sie versüßt/ Das/ was verdrießt; Macht daß die Tods-Beschwerden Lieblich werden: Wer liebt/ hat allbereit Hier schon die Seligkeit. 20. So will hinfüro ich Befleissen mich/ Daß in der Lieb' Ich stäts mich üb'/ Auff daß ich also reich/ Den Englen gleich/ Wohl immerfort Leb' hier/ und dort/ Will umb die Lieb auch geben Gar mein Leben; Auff daß ich leb' in ihr/ So lebt auch Gott in mir. 24 Fußnoten 1 Was in dem Meer. 2 Ein König der alles/ was er angerührt/ zu Gold gemach Poët. 3 2. Paralip. 9. 4 Vbi neque tinea corrumpis. Matth. 6. v. 20. 5 Si dederit homo, etc. Cant. 8. v. 7. 6 Quasi nihil despiciet cam. 7 Obliviscere populum mum, & domum patris tui, etc. Psal. 44. v. 11. 8 Himmels-Angl/ Sonnen-wend/ Polus Stern. 9 S. Ioan. Damasc. in vita SS. Barlaam & Iosaphat. 10 Ecce nos reliquimus omnia, Matth. 19. v. 27. 11 In calestes thesauros manus pauperum deportaverunt S. Laurent. 12 Sic est, qui siti thesaurizat, & non est in Deo dives. Luc. 12. v. 21. 13 Ad Philipp. 3. v. 8. 14 Dicis, quod dives sum, & locupletatus, & nullius egeo, & nescis, quia tu miser, etc. Apoc. 2. v. 17. & 18. 15 Stulte, hac nocte animam tuam repetent à te. Luc. 12. v. 20. 16 Quæ parásti, cujus erunt? Ibid. 17 Fili, recordare, quia recepisti bona in vita tua. Luc. 16. v. 24, 25. 18 Si linguis hominum loquar, & Angelorum. 1. Corinth. c. 13. v. 1, 2, 3. 19 Vt montes transferam. 20 Charitatem autem non habuero, nihil sum. 21 Deus charitas, 1. Ioan. 4. v. 16. 22 Aus ihrem Gold/ und Silber haben sie abgöttische Götzen gemacht/ daß sie ja umbkämen. Ose. 8. v. 4. Der Geitz ist ein Dienst der Abgötterey, ad. Ephes. 5. v. 5. 23 Timor non est in charitate 1. Ioan. 4. v. 18. 24 Qui manet in charitate, in Deo manet, & Deus in eo. 1. Ioan. 4. v. 16.