Von der Judentochter die Novelle Es war eine schöne Jüdin, ein wunderschönes Weib, sie hatt ein schöne Tochter, ihr Haar war schön geflochten, zum Tanz war sie bereit. (Des Knaben Wunderhorn) I Sei fremder zu mir, fremd. Laß toten Raum von jetzt sein zwischen meinem Atem und dem deinen. Denn heut wissen wir ja kaum die Grenze mehr von deines Busens Rund zu meinen Augen, deines Schoßes Schaum zu meinen Lefzen, Lefzen wie ein Hund. Komm mir mit Lippen, Zähnen, Zung und Gaum so nicht entgegen mehr! Flieh mich, du Schlund! Drei Tage waren, daß ich dich nicht sah, seit wir uns kennen. Und in dieser Zeit grub ich drei Zeichen in die Ewigkeit, in den drei Tagen, die du mir nicht nah ... Nun wieder aber stehen dir die Zitzen geil ab vom Leibe, spitz wie Nadelspitzen! II Küßt mir den Mund und saugst, ihn küssend: »Nennt er, den ich küsse, mich denn nie mehr wieder scherzend wie oft: Mein Altes Testament ...? Weißt du, das singt, das klingt! Wie Marsch und Lieder einst an die Mauern Jerichos, so rennt das wider all mein Blut! ... Ja! hier durchs Mieder bohrt Judenmädchenbusen! ... Ein Percent vom Juden, Christ, hast auch!« Und ihre Glieder aufrauschen wie der Wildstrom in dem Walde in meiner Heimat. Und ihr Haar ist Sausen in Wipfeln. Ihre Brüste Speere. Grausen zielt nach mir, und ich bin gehetzt. »Du! Skalde! Barde! Sing mir des Judenvolkes Schrei, als ob es Jagd in Odins Wäldern sei!« III Eß ich den Staub von deinen Füßen: wie von Wüste Staub so schmeckt er. Und vermengt mit Manna mundets. Opferblutbesprengt auch. Deine Füße, deine Sohlen, sie haben Vernarbtes, blasse Narben, die sind, weil der Väter Fuß einst ward versengt, von gottszornglühenden Splittern ward versengt aus jenen weggeschmissenen Tafeln. Und nie nie mehr heilt das vollends ... »Wie? Und euere Füße? Wateten euere denn nicht in Meth, bis an die Knöchel in Honigbier? O Süße, längst abgestandener Zucker! O noch weht mich euer Meth-Rausch an aus deinem Mund! Iß dich von meinen Füßen nüchtern und gesund!« IV Und dieses Spiel, grad eh der Vorhang fallen muß: Eine Judenwohnung. Juden an den Wänden auf Bildern. Aus der Abgemalten Lenden lebendige Juden um den Tisch hier. Allen ist Gleiches eigen. Und sie schweigen. Und gefallen sich in dem Schweigen ... Wie soll ichs beenden, der ich hier steh, wie mit gefesselten Händen? Wie? welche Worte mir zum Wurfe ballen und schleudern auf sie alle? Da! vom Wein Trunkene könnten nicht so ähnlich schrein als die Entsetzenstrunkenen hier – Trat ein die meine, durch die Tür, ganz nackt am Leibe. Und sang: »Ihr Judenvolk!« Und tanzte fein: »so hatte je und je er mich zum Weibe!!«